Hin und wieder trifft man am Wettkampfmorgen auf Läuferinnen und Läufer, denen man die vergangene Nacht auf den ersten Blick ansieht: zu wenig Schlaf, zu viel Alkohol, jede Menge Spaß. Dass sie sich trotz Kater in die Laufkleidung und an die Startlinie quälen, verdient fast schon Respekt. Aber ist Joggen mit Kater nicht total ungesund? Wir erklären, warum Sport nach Alkoholkonsum keine gute Idee ist und wie Sie Ihre sportlichen Neujahrsvorsätze nach einer rauschenden Silvesterparty trotzdem umsetzen können.
Die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Körper
Um die Frage zu beantworten, ob Sport mit Kater gesund oder schädlich ist, braucht es im Vorfeld einige Fakten über die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Körper. Alkohol ist ein Nervengift. Unmittelbar nach und schon während des Konsums baut unser Körper Alkohol so schnell wie möglich ab und scheidet die Abbaustoffe über Urin, Haut und Atmung aus. Etwa 0,15 Gramm Alkohol pro Kilogramm Körpergewicht werden wir auf diese Weise pro Stunde wieder los. Das sind hochgerechnet 9 Gramm Alkohol bei einer Läuferin mit 60 Kilogramm Körpergewicht und 12 Gramm bei einem Läufer mit 80 Kilogramm Körpergewicht. Ein halber Liter Weizenbier enthält etwa 20 Gramm Alkohol, ein Glas Sekt (100 ml) etwa 10 Gramm Alkohol, ein Glas Wein (200 ml) etwa 19 Gramm Alkohol und ein Gläschen Whisky oder Korn (20 ml) etwa 6 Gramm Alkohol. Wer also am Geburtstagsabend, auf der Hochzeit des besten Freundes oder in der Silvesternacht drei Gläser Sekt trinkt, ist danach mindestens drei Stunden lang mit dem Abbau des Nervengifts beschäftigt. Bis der Körper alle Abbaustoffe ausgeschieden hat, dauert es noch einige Stunden länger.
Alkohol sorgt dafür, dass unser Flüssigkeitshaushalt durcheinanderkommt und wir häufiger Wasserlassen müssen. Dabei verlieren wir vermehrt Kalzium und Kalium. Alkohol stört die Regulation der Körpertemperatur, sodass wir schneller schwitzen. Auf diese Weise gehen Vitamine und Mineralstoffe wie Magnesium und Eisen verloren. Zudem steht durch einen stärkeren Abbau von Eiweiß, eine erhöhte Freisetzung von Glucose und ein gehemmtes Wiederauffüllen der Glykogenspeicher weniger Energie zur Verfügung. Alkohol wirkt gefäßerweiternd, sodass unser Herz für die gleiche Leistung stärker arbeiten muss. Er hemmt das Immunsystem und verzögert die Heilung von Verletzungen. Wer mit Alkohol im Blut laufen geht, setzt sich aufgrund einer verzögerten Reaktionszeit, mangelnder Feinmotorik, verminderter Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeit und eines verkleinerten Blickfeldes zudem einer erhöhten Verletzungsgefahr aus.
Alkoholkonsum und Sport
Alkohol befördert unseren Körper unmittelbar nach dem Konsum in einen glückseligen Gefühlszustand, in dem Läuferinnen und Läufer manchmal auf wahnwitzige Wettkampfideen kommen. Wer an Silvester mit Teamkollegen zu tief ins Glas geschaut hat, ist plötzlich im Besitz einer Startnummer für den Frankfurt-Marathon oder steht auf der Startliste für den Zugspitz-Ultra. Vielleicht sind Sie aber auch einfach nur hoch motiviert, am kommenden Morgen eine neue Bestzeit über fünf oder zehn Kilometer aufzustellen – beflügelt von dem alkoholbedingten Leichtigkeitsgefühl. Auf das alkoholische Gefühlshoch folgt allerdings der Kater – und der hat es häufig in sich.
Was ist ein Kater oder Katzenjammer?
Unter einem Kater oder auch Katzenjammer nach (zu) starkem Alkoholkonsum versteht man die Kombination aus körperlichen Symptomen wie Übelkeit, Müdigkeit, leichten bis mäßigen Kopfschmerzen und Schwindel. Das allgemeine Unwohlsein entsteht durch übermäßigen Flüssigkeitsverlust, Glucosedefizit sowie Mineralstoff- und Vitaminmangel. Die Symptome beginnen etwa sieben Stunden nach dem Promille-Hochpunkt. Damit man einen Kater bekommt, reichen schon etwa 1,5 Gramm Alkohol pro Kilogramm Körpergewicht aus – also 90 Gramm bei einer Person mit 60 Kilogramm oder 120 Gramm bei einer Person mit 80 Kilogramm Körpergewicht.
Kann man mit einem Kater trotzdem Sport machen?
Den Spruch „Wer trinken kann, kann auch Sport machen!“ kennen Sie sicherlich auch. Sinnvoller und besser für unsere Gesundheit wäre er eigentlich andersherum: „Wer laufen kann, kann auch aufs Trinken verzichten!“ Wenn Sie sich trotz Kater in der Lage fühlen, Sport zu machen, können Sie das grundsätzlich sicher tun. Die Frage ist nur, ob es sinnvoll und gesund ist, den Körper in dieser akuten Überlastungssituation, die ein Kater ja nun einmal ist, über die Laufstrecke zu peitschen. Sie riskieren auf diese Weise negative Folgen für Herz, Kreislauf und Organe, eine Unterversorgung der Muskulatur mit Sauerstoff und setzen sich einer erhöhten Verletzungsgefahr aus.
Tipp: Gönnen Sie Ihrem Körper eine Pause bei einem reichhaltigen Frühstück mit ausreichend salzhaltigen Lebensmitteln wie beispielsweise Rollmops oder Gewürzgurken. Dazu gehören reichlich Mineralwasser, um den Flüssigkeitshaushalt aufzufüllen, einem Glas Fruchtsaft für den Zuckerhaushalt, einem Espresso für den Kreislauf und das Wohlbefinden und notfalls einer Schmerztablette gegen die Kopfschmerzen. Im Anschluss gönnen Sie sich einen entspannten Spaziergang an der frischen Luft.
Wenn die Kopfschmerzen danach nicht besser sind, hilft es, wenn Sie Ihre Schläfen oder die Kopfhaut leicht massieren (Tipp: Pfefferminzöl hat eine schmerzlindernde Wirkung) und sich anschließend für fünf Minuten einen Eisbeutel (Handtuch unterlegen!) an die Stirn halten oder eine Kühlbrille aufsetzen.
Nach etwa 48 Stunden hat sich Ihr Körper weitgehend vom Kater erholt und Sie können ausgeschlafen und fit in die nächste Trainingseinheit starten.
Worauf muss ich achten, wenn ich trotz Kater joggen will?
Wenn Sie trotz Kater joggen möchten, sollten Sie sich eine unbefahrene, ebene Strecke auf Asphalt ohne Steigungen für diesen Lauf aussuchen. So reduzieren Sie das Risiko für Verletzungen und vermeiden starke Belastungen für Herz und Kreislauf. Absolvieren Sie den Lauf im langsamen Lauftempo bei höchstens 75 Prozent Ihrer maximalen Herzfrequenz (HF max) und vermeiden Sie Steigerungsläufe oder Intervalle. Trinken Sie vor dem Lauf ausreichend Wasser, Fruchtsaft(-Schorle) und/oder Milch, um Ihren Flüssigkeitshaushalt aufzufüllen. Am besten nehmen Sie außerdem Wasser in einem Trinkgürtel oder Trinkrucksack mit. Als Snack für unterwegs eignen sich deftige Riegel mit Salzgehalt (zum Beispiel von Zbarz oder Honest & Rare), mit denen Sie Ihren Mineralstoffhaushalt ausgleichen können.
Hilft Sport beim Ausnüchtern?
Nein. Unmittelbar nach starkem Alkoholkonsum ist der Körper, insbesondere die Leber, mit dem Abbau und der Ausscheidung des Nervengifts beschäftigt. Die Leber arbeitet auf Hochtouren. Sport beschleunigt die notwendigen Stoffwechselabläufe nicht, sondern belastet den Körper zusätzlich. Weil die Leber bei Sport mit Kater nicht nur für die Entgiftung zuständig ist, sondern gleichzeitig für die Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels und die Glucosebereitstellung, die für sportliche Aktivitäten zwingend notwendig ist, sorgt man höchstens für eine Überlastung der Leber. Den Ausnüchterungsvorgang beschleunigen Sie so nicht.
Dass man Alkohol ausschwitzen kann, ist eine weitere Idee, die sich großer Beliebtheit erfreut. Da der Abbau des Alkohols allerdings zu 95 Prozent in der Leber erfolgt, nur in minimalen Anteilen über den Schweiß ausgeschieden wird und das Organ durch Sport mit Kater nicht schneller arbeitet, kann man Alkohol auch nicht ausschwitzen. Es stimmt, dass wir nach Alkoholkonsum stärker zu Schweißausbrüchen neigen. Diese sind allerdings eine Folge der durch den Alkohol gestörten Temperaturregulation.
Wie wirkt sich ein Kater auf die Fettverbrennung aus?
Alkohol wirkt sich schon in geringen Mengen auf die Fettverbrennung aus. Solange sich das Nervengift im Körper befindet und der Fokus auf dem Abbau des Alkohols liegt, wird Fett, das Sie dem Körper zuführen, eingelagert und vorerst nicht weiter verstoffwechselt. Wer mit Laufen das Ziel verfolgt, sein Gewicht zu reduzieren, sollte Alkohol deshalb so gut wie möglich meiden oder zumindest aufhören, bevor der Kater kommt.
Wann sollte ich mit einem Kater lieber auf Sport verzichten?
Ein Kater ist grundsätzlich ein Grund, auf Sport zu verzichten. Gönnen Sie Ihrem Körper bei Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen nach dem letzten Glas Alkohol mindestens 48 Stunden Pause, um sich zu erholen.
Wann sollte ich nach Alkoholkonsum wieder Sport machen?
Experten raten, nach dem Konsum von Alkohol etwa 48 Stunden auf Sport zu verzichten. So lange benötigt der Körper, um das Nervengift vollständig abzubauen und auszuscheiden. Nach übermäßigem Alkoholkonsum mit Kater kann dies sogar bis zu drei Tage dauern.
Fazit: Lieber Spaziergang als Sport bei Kater nach Alkoholkonsum
Nach übermäßigem Alkoholkonsum arbeitet die Leber auf Hochtouren, um den Körper von dem Nervengift zu befreien. Den Abbauprozess können Sie durch Sport weder beschleunigen noch kann man Alkohol beim Laufen ausschwitzen. Wer am Vorabend zu tief ins Glas geschaut hat, sollte seinem Körper bei Kater-Symptomen wie Übelkeit, Schwindel oder Kopfschmerzen mindestens 48 Stunden Pause gönnen, bevor er wieder laufen geht. Bieten Sie Ihrem Körper am Morgen nach der Party lieber ein reichhaltiges Frühstück mit salzhaltigen Lebensmitteln und viel Flüssigkeit. Sie haben einen ganz konkreten Neujahrsvorsatz, der sich nicht aufschieben lässt oder möchten aus einem anderen Grund trotz Kater unbedingt joggen? Dann füllen Sie zuerst Ihren Flüssigkeitshaushalt auf, wählen Sie eine einfache, flache Laufstrecke und bleiben Sie während des Laufs im niedrigen Intensitätsbereich bis etwa 75 Prozent Ihrer HFmax.