„Sitzen ist das neue Rauchen“ – diesen Spruch haben Sie sicher auch schon einmal gehört. In Zeiten von Homeoffice ist er aktueller denn je. Und was klingt wie ein dummer Spruch, hat einen wahren Kern: Im Gegensatz zum Rauchen ist Sitzen zwar nicht von Beginn an, aber auf Dauer ähnlich schädlich. Die Dosis macht das Gift: Knackt Ihr Aktivitätstracker an einem einzelnen Tag mal nicht die 1.000 Schritte, ist das keine große Sache. Aber viele von uns sitzen tagsüber fast nur – im Auto, am Schreibtisch oder auf dem Sofa. Die Folge: Laut dem kanadischen Wissenschaftler David Alter könnten Herzkreislauferkrankungen als Folge zu langen Sitzens letztlich für mehr Todesfälle verantwortlich sein als Tabak.
Sie glauben, Sie als Läufer würde das nicht betreffen? Von wegen! Studien zeigen, dass Vielsitzer, auch wenn sie Sport treiben, früher sterben als jene, die wenig sitzen. Dabei ist nicht das Sitzen selbst gefährlich. Das Problem ist der Bewegungsmangel. „Fehlende Muskelaktivität hat verschiedene negative Folgen für den Stoffwechsel“, sagt Alter, „und damit auch für den Zucker- und Hormonhaushalt, den Energieumsatz in den Zellen, das Risiko für Herzerkrankungen und letztlich für die langfristige Gesundheit. Der Körper muss sich regelmäßig bewegen, um optimal zu funktionieren. Stehen Sie also jetzt auf, gehen Sie ein wenig auf und ab und lesen dann weiter.
Die Folgen zu langen Sitzens
Schätzungsweise neun bis zehn Stunden verbringen wir durchschnittlich jeden Tag im Sitzen. Das erhöht unser Risiko für 35 schwerwiegende, teils lebensverkürzende Leiden. Denn vermutlich sind Aufstehen und Bewegung von grundlegender Bedeutung für die Steuerung von Proteinen, Genen und anderen Körpersystemen, die unsere Anfälligkeit für Krankheiten verringern. Hier erklären wir, was fortwährendes Sitzen im Körper bewirkt.
Rücken- und Nackenschmerzen
Schon vierstündiges Sitzen kann eine wichtige Bandscheibe im unteren Rücken komprimieren, was zu Rückenproblemen und anhaltenden Schmerzen führen kann, sagt Gregory Billy, Dozent für Orthopädie und Rehabilitation an der Penn State University (USA). Eine schlechte Haltung kann außerdem zu Bandscheibenproblemen im Nacken führen.
Ängste und Depressionen
Je mehr Sie bei der Arbeit sitzen, desto größer ist Ihr Risiko für Depressionen, auch wenn Sie Sport treiben, ergab eine im Fachblatt „Mental Health and Physical Activity“ veröffentlichte Studie. Die gute Nachricht: Laut einer anderen Studie sind Menschen umso glücklicher, je mehr sie sich im Laufe des Tages bewegen.
Übergewicht, Diabetes und Herzbeschwerden
Wenn Sie viel sitzen, verbrennen Sie nicht nur weniger Kalorien. Auch die Fähigkeit des Hormons Insulin, Glukose aus dem Blut in die Zellen zu transportieren, nimmt ab. Cholesterinwerte und Entzündungsmarker können ansteigen. Ihr Fettstoffwechsel verändert sich und die Funktionalität Ihrer Gefäße kann sich verschlechtern. Laut Studien kann sich Ihr Diabetes-Risiko dadurch fast verdoppeln und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 14 Prozent ansteigen.
Krebs
Das Risiko für Darm- und Gebärmutterkrebs steigt, und zwar auch, wenn man sportlich aktiv ist. Laut einem Artikel im „Journal of the National Cancer Institute“ erhöht sich das Risiko für Darmkrebs mit je zwei Stunden, die man täglich länger sitzt, um acht Prozent, das für Gebärmutterkrebs sogar um zehn Prozent.
Schwache Knochen
Alle Bewegungen, bei denen Gewicht auf dem Skelettapparat lastet, einschließlich Stehen, Gehen und Laufen, fördern dessen Belastbarkeit, denn dadurch wird spezialisierten Zellen in den Knochen signalisiert, altes Gewebe durch neues zu ersetzen. Sitzen Sie zu viel, baut Ihr Körper weniger neue Knochensubstanz auf, als er verliert. Das führt zu labilen Knochen und einem höheren Osteoporoserisiko, speziell im Alter.
Blutgerinnsel
Ein langsamer Blutfluss in den Beinen durch Bewegungsmangel und zu langes Sitzen erhöht – möglicherweise in Kombination mit einem Mangel an gerinnungshemmenden Proteinen im Blut – das Risiko für Blutgerinnsel. Das zeigte eine im „British Medical Journal“ veröffentlichte Studie. Frauen, die mehr als 40 Stunden pro Woche saßen, hatten ein mehr als doppelt so hohes Risiko, dass ein Gerinnsel sich zur Lunge bewegt (Gefahr einer Lungenembolie), wie jene, die weniger als 10 Stunden pro Woche saßen.
Vier Schritte zur Schadensbegrenzung
Mit diesen einfachen Maßnahmen bekämpfen Sie die ungesunden Folgen zu langen Sitzens.
1. Sitzen Sie weniger
Ersetzen Sie mindestens zwei Stunden Sitzen am Tag durch Bewegungspausen. Das hört sich erst mal nach sehr viel an. Doch wenn Sie die Bewegungspausen in Häppchen einlegen, sehen Sie, dass es machbar ist: Zwei Stunden, verteilt auf die ungefähr 16 Stunden, in denen Sie wach sind, bedeuten nur 7,5 Minuten pro Stunde. Probanden einer Studie aus dem „European Heart Journal“ erreichten so einen 11 Prozent niedrigeren BMI, 14 Prozent niedrigere Triglycerid-Werte, einen höheren Wert beim „guten“ HDL-Cholesterin, eine schlankere Taille und eine bessere Blutzuckerregulierung. Sie würden ja gern Pausen machen, denken aber nie daran? Lassen Sie sich von Ihrem Smartphone stündlich daran erinnern.
2. Trainieren Sie mehr
Die empfohlenen 150 Minuten Sport pro Woche sollten es mindestens sein. Wenn Sie können, erhöhen Sie Ihr Trainingspensum auf eine Stunde am Tag. Im Rahmen einer großen Studie, die in „The Lancet“ veröffentlicht wurde, analysierte man Daten von über einer Million Erwachsenen. Das Ergebnis: Durch 60 bis 75 Minuten moderates Kardiotraining pro Tag lässt sich das durch zu viel Sitzen erhöhte Risiko eines frühzeitigen Todes offenbar vollständig kompensieren.

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3. Optimieren Sie Ihre Sitzhaltung

Am Schreibtisch
- Sitzen Sie aufrecht und halten Sie sich mit Ihren Muskeln, nicht mit dem Stuhl. Ihre Lendenwirbelsäule ist leicht nach vorn gewölbt.
- Blicken Sie geradeaus: Stellen Sie den Monitor auf Augenhöhe und beugen sich nicht vor.
- Justieren Sie den Stuhl so, dass die Füße flach stehen und die Knie tiefer als die Hüften sind.
- Schultern zurück und nach unten ziehen, die Hände auf dem Tisch, Ellbogen 90 Grad.
Im Auto
- Fahren Sie den Sitz vor, sodass Sie nicht weit zum Lenkrad greifen müssen, und stellen ihn so hoch ein, dass Ihre Knie leicht gebeugt und tiefer als die Hüfte sind.
- Sitzen Sie aufrecht, Schultern nach hinten-unten, Rücken gegen den Sitz gelehnt.
- Passen Sie die Lordosenstütze an, um ein Durchhängen der Wirbelsäule zu vermeiden.
- Ziehen Sie Ihr Kinn leicht zurück. So bleibt Ihre Kopfhaltung entspannt.
4. Entspannen Sie Ihre Hüftbeuger
Durch falsches Sitzen verhärten sich Ihre Hüftbeuger. Dadurch verringert sich die Aktivität der Bauch- und Pomuskulatur und Sie werden beim Laufen anfälliger für Verletzungen. Und wenn Sie verletzt sind, sitzen Sie noch mehr! Machen Sie jeden Tag nach der Arbeit oder vor dem Training diese Übung:

Legen Sie sich auf den Bauch und platzieren Sie einen festen Ball von der Größe eines Tennisballs (z. B. Faszienball aus Kork) direkt innerhalb Ihres vorderen Hüftknochens. Bringen Sie Ihr Gewicht auf den Ball und stützen Sie sich dabei auf Ihren Unterarmen ab. Beugen Sie ein Bein und bewegen es zunächst nach links und rechts, dann beugen und strecken Sie Ihr Knie (wie gezeigt), um Ihre Gesäßmuskulatur zu aktivieren. Dadurch wird der Hüftbeuger gelöst. Rollen Sie auf dem Ball ein paar Zentimeter in eine andere Position und wiederholen Sie den Vorgang, um einen anderen Teil des Muskels zu lösen. Wechseln Sie anschließend die Seite.