Zukunft der Laufbekleidung: Nachhaltig durch Bio-Materialien

Aktuelle Entwicklungen bei Nachhaltigkeit
Zukunft der Laufbekleidung: bio und recyclebar?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 09.12.2025
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Das Interesse am Thema Nachhaltigkeit war auf der ISPO 2025 groß.
Foto: Markus Broenner

Auf der ISPO 2025 stand das Thema groß im Fokus: Nachhaltigkeit. Nicht nur in der Theorie, wie so oft in den vergangenen Jahren, sondern auch unmittelbar greifbar. So gab es auf der Sportmesse marktreife Produkte zum Anfassen, die nicht mehr erdölbasiert sind, sondern teilweise komplett aus Biomaterialien bestehen. Bislang haben nicht recyclebare Rohstoffe einen Anteil von über 50 % im Textilmarkt, was einen enormen Ressourcenverbrauch und negative Umweltauswirkungen nach sich zieht. Biobasierte Alternativen sollen beispielsweise das viel verwendete Polyester ersetzen und den Textilherstellern ermöglichen, ökoverträgliche, kreislauffähige Sportbekleidung zu produzieren – zu einem leistbaren Preis für den Konsumenten.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem Recycling. Mikroplastik verschmutzt massiv die Umwelt, sodass Forschung und Industrie händeringend nach Wegen für einen ökologisch verträglichen Abbau bzw. eine Wiederverwertung suchen. Welche Lösungen gibt es bereits, was bringt die Zukunft?

Das Laufshirt aus Zuckerrohr – biobasierte Rohstoffe für Sporttextilien

Der Prototyp eines Laufshirts, das zum Großteil aus Zuckerrohr gewonnen wird. Biobasiertes Polyethylen hat dabei ähnliche Eigenschaften wie Kunstfaserbekleidung.
Urs Weber

Ein Sport-Shirt mit biobasierten Materialien, das genauso elastisch und atmungsaktiv ist wie ein reines Kunstfaserprodukt? Was nach Zukunftsmusik klingt, gibt es bereits. Im Rahmen der Forschungsinitiative BIOTEXFUTURE wurde es am Textilinstitut ITA der RWTH Universität Aachen gemeinsam mit Industriepartnern wie Falke entwickelt. Als Basis dienen nachwachsende Rohstoffe wie Zuckerrohr, die bei niedrigen Temperaturen energiesparend zu Bio-PE verarbeitet werden. Biobasiertes Polyethylen (PE) senkt den Energie- und Wasserverbrauch beim Herstellungsprozess um bis zu 50 Prozent, die CO2-Emissionen um bis zu 60 Prozent, wenn es spinngefärbt ist. Bei diesem Verfahren erfolgt die Stofffärbung direkt während des Spinnvorgangs und nicht erst im Anschluss. Da Bio-PE sortenrein ist, lässt es sich einfach recyceln. Und was kann es im Hinblick auf Laufbekleidung ganz praktisch?

Bio-PE-Textilien

  • strahlen Körperwärme nach außen ab und kühlen so passiv den Körper,
  • fühlen sich auf der Haut angenehm kühlend an,
  • nehmen keine Feuchtigkeit auf, sodass Schweiß direkt auf der Haut verdunsten kann
  • und sind ohne Zusatz weiterer Fasern.

Diese Eigenschaften machen Bio-PE zur perfekten Wahl für Funktionsbekleidung. Ob die Textilindustrie diese Vorteile nutzt und das zertifiziert CO2-negative Material künftig einsetzen wird, ist unklar. Bislang handelt es sich bei dem T-Shirt um ein Demoprodukt.

Schuhstrick aus Algen, Elasthan aus Mais

Neben Zuckerrohr dienen der Forschung auch andere Biomaterialien als Rohstoffe für umweltverträgliche Sportartikel. In den BIOTEXFUTURE-Projekten wird mit Algaetex gearbeitet – thermoplastischen Biopolymeren aus Algen. Gemeinsam mit Adidas wurde ein Laufschuh mit Algenstrickoberfläche als erster Prototyp entwickelt. Algen haben gegenüber Landpflanzen den enormen Vorteil, dass ihr Anbau weniger Fläche und keinen Pestizideinsatz erfordert.

Laufschuh mit Oberflächenstrick aus Algen: Adidas Prototyp.
Messe München GmbH

Auch andere Unternehmen wollen den schnell wachsenden und obendrein effektiv CO2 absorbierenden Rohstoff aus dem Wasser für die Herstellung von Textilien und Schuhen nutzen – etwa für Zwischensohlen in Schuhen oder wasserabweisende Beschichtungen auf Algenölbasis.

Rohstoffe für biobasierte Bekleidung zum Anfassen gab es im Material Lab der ISPO, hier Algen.
Markus Broenner

Mais ist ein weiteres nachwachsendes Biomaterial, das vielversprechende Möglichkeiten auf dem Weg zu einer bio- statt erdölbasierten Textilwirtschaft eröffnet. So soll das in Sportbekleidung weit verbreitete Elasthan, das für die Dehnbarkeit der Stoffe sorgt, künftig zu einem Großteil aus Industriemais bestehen. Auch für die Herstellung biobasierter thermoplastischer Folien, die für wasserdichte, flexible und atmungsaktive Produkte zum Einsatz kommen, lässt sich Mais neben anderen biologischen Rohstoffen wie der Rizinuspflanze nutzen.

PFAS-Alternativen für Imprägnierungen

Bei Outer Layern wie Laufjacken besteht die Imprägnierung häufig aus per- bzw. polyfluorierten Chemikalien (PFAS), die umwelt- und gesundheitsschädigend sind. Die EU will sie deshalb verbieten und die Industrie ist dringend auf der Suche nach alternativen Lösungen. Auch hier bietet die BIOTEXFUTURE-Initiative mit SmartBioFinish eine Option an. Die wasser-, öl- und chemikalienabweisende Imprägnierung basiert auf Ankerpeptiden und ist zu 100 % biobasiert. Ankerpeptide sind kurze Eiweißketten, die auf Oberflächen haften. Auch hier gibt es erste Anwendungsbeispiele, darunter Sporttextilien.

Bio- und Gentechnologie im Einsatz für nachhaltige Textilien

Beide Technologien haben bei Verbrauchern nicht den besten Ruf, können aber einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigeren Textilindustrie leisten. So ist der Einsatz von Bakterien in zahlreichen Produktionsschritten möglich. Bestimmte Mikroorganismen produzieren natürliche Farben, Fasern und Stoffe wie etwa bakterielle Cellulose (BC) und helfen, Materialien umweltfreundlich zu modifizieren. Das reduziert beispielsweise die Wasserverschmutzung durch herkömmliche Farbstoffe gravierend.

Mithilfe von Gentechnologie lassen sich kollagenbasierte Hochleistungs-Textilfasern herstellen, die biologisch abbaubar sind. Als Vorlage aus der Natur diente beim BIOTEXFUTURE-Projekt „GOLD“ die sogenannte Goldschlägerhaut, die früher aus Rinderdarm gewonnen wurde. Das Material ist äußerst reißfest und elastisch, so dass es als biologischer Ersatz für das synthetische Elasthan infrage kommt. Die hervorragenden Materialeigenschaften demonstrierten die Forscherinnen und Forscher anhand einer Prototyp-Regenjacke. Mit dem gentechnischen Verfahren GXY sollen sich in Zukunft weitere Textilfasern auf Basis biosynthetischer Proteine mit den gewünschten Eigenschaften von nativen Geweben programmieren lassen.

Recycling und Reparatur von Funktionsbekleidung

Haben Polyester-Laufhose und -Shirt ausgedient, bleiben sie für immer auf der Erde – Kunstfasern verrotten nicht. Durch Recycling sollen sie zumindest wiederverwertet werden. Um aus alten Textilien neue Textilien zu machen („Textile-to-Textile“) kommen derzeit vor allem chemische Verfahren zur Anwendung. Eine umweltverträglichere, nachhaltigere Methode ist der Einsatz von Enzymen. Das chinesische Recycling-Unternehmen REO-ECO hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Polyester nur mithilfe von Enzymen, Wasser und niedrigen Temperaturen wiederverwenden lässt. Die BioCulus genannte Technologie spaltet Textilabfälle auf molekularer Ebene auf – und macht daraus neues Polyester, das sich ohne Qualitätsverlust wiederverwerten lässt. Das Unternehmen recycelt in seiner Pilotfabrik bereits 500 kg Alttextilien pro Tag, 2026 soll auf 10.000 Tonnen jährlich hochskaliert werden.

Dem Recycling von Elasthan widmet sich das Unternehmen Hyosung TNC. Aus produktionseigenen Abfällen entsteht recyceltes Polymer, das wiederum zu Elasthan wird. Parallel entwickelte Hyosung biobasiertes Elasthan aus Zuckerrohr, das in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem österreichischen Tencel-Hersteller Lenzing zu nachhaltiger Sportbekleidung verarbeitet wurde. Tencel besteht aus Lyocell, das aus Holz gewonnen wird.

Neben schonenderen Recyclingverfahren stehen bessere Reparaturmöglichkeiten im Fokus, um Sportbekleidung langlebiger zu machen. Reißverschlusshersteller YKK etwa hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich beschädigte Elemente entfernen und wieder einsetzen lassen – ohne dass der Reißverschluss von der Bekleidung getrennt oder diese gar wegen des Defekts entsorgt werden muss.

Fazit