Saucony Kinvara Pro im Test

Daily-Trainer mit Carbon
Saucony Kinvara Pro im Test

Veröffentlicht am 10.10.2023
Saucony Kinvara Pro
Foto: RUNNER'S WORLD

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Leicht, flexibel, direkt – das war und ist der Saucony Kinvara. Inzwischen gibt es die 14. Variante. Den Kinvara zieht man an, wenn es bei Tempoläufen oder Wettkämpfen schnell werden soll. Nun entwickeln viele Hersteller seit einigen Jahren für diese Einsatzzwecke Laufschuhe mit reaktiven Mittelsohlenmaterialien und steifen Carbonplatten. Diese Carbonschuhe, oft auch Superschuhe genannt, sind zwar ebenfalls leicht und schnell, aber nicht flexibel und auch nicht direkt. Sie sind im Grunde das komplette Gegenteil des Kinvara-Konzepts. Daher ist es schon etwas verwunderlich, dass Saucony ausgerechnet einen Carbonschuh auf dem Markt bringt und ihn Kinvara Pro tauft.

Carbon in der Mittelsohle

Anders als die meisten Carbonschuhe soll der Kinvara Pro allerdings nicht für Wettkämpfe gemacht sein, sondern für das „tägliche Laufen“, wie Saucony schreibt. Gegen die Wahl als Wettkampfschuh spricht schon die Tatsache, dass die Mittelsohle unter der Ferse 42 Millimeter hoch ist. Somit ist der Schuh zwei Millimeter höher, als der Leichtathletik Weltverband (World Athletics) maximal zulässt. Klar, wer nicht um irgendwelche Rekorde auf internationaler oder nationaler Ebene läuft, kann den Schuh natürlich dennoch in Rennen nutzen, aber die Carbon-Wettkampfschuhe wie Nike Vaporfly Next% 3 oder Saucony Endorphin Elite bieten deutlich mehr Vortrieb.

Das liegt hauptsächlich an der vergleichsweise geringeren Reaktivität der Mittelsohle des Kinvara Pro. Der zweiteilige Aufbau aus „PWRRUN PB“ oben und „PWRRUN“ unten, so die Namen der Zwischensohlenmaterialien, bietet im Vergleich einfach nicht so ein federndes Laufgefühl. Die Mittelsohle dämpft angenehm und bietet auch auf langen Distanzen viel Komfort, ist aber deutlich fester.

Saucony Kinvara Pro
Hersteller

Die Carbonplatte, die genau zwischen den beiden Mittelsohlenschichten steckt, versteift den Schuh nicht komplett, sondern lässt leichte Torsion zu. Entsprechend sicherer ist das Laufgefühl. Fühlen sich Carbonschuhen oftmals wackelig und instabil an, vor allem wenn es durch enge Kurven oder über unebene Untergründe geht, läuft sich der Kinvara Pro sehr ruhig. Der breite Aufbau der flächigen Sohle sorgt für zusätzliche Stabilität.

Dennoch spürt man den Effekt der Carbonplatte beim Abrollvorgang, der sanft, aber zügig abläuft. Dabei spielt es keine Rolle, ob man zunächst auf der Ferse, dem Mittelfuß oder dem Vorfuß landet. Der Schuh rollt jeweils angenehm unaufgeregt ab, sodass langsameres Dauerlauftempo und flotte Tempoläufe gleichsam möglich sind.

Plus an Gewicht

Kinvara-typisch verzichtet Saucony auch beim Pro auf eine Außensohle. Die untere Mittelsohlenschicht hat also direkten Bodenkontakt. Interessant ist, dass Saucony hier sogar auf die Minimal-Gummierung der am meisten beanspruchten Bereiche verzichtet. Das kann sich natürlich negativ auf die Haltbarkeit auswirken. Im ersten Eindruck war jedoch keine übermäßige Abnutzung erkennbar. Was zu sagen ist: Der Schuh ist definitiv nur etwas für die Straße oder die Tartanbahn. Der Grip ist dabei auf trockenem und feuchten Untergrund sehr gut. Auf Schotter hingegen hat man bei jedem Schritt leichten Schlupf. Zudem dürften die scharfen Kanten der Steine der "Außensohle" nicht gut bekommen. Eine gute Wahl für Forst- oder Feldwege ist der Schuh so trotz seiner höheren Stabilität nicht.

Saucony Kinvara Pro
RUNNER'S WORLD

Leider führt der Verzicht auf eine Außensohle nicht zu einem besonders niedrigen Gewicht. In Größe US 10/EU 44 wieder der Schuh 296 Gramm und ist damit satte 70 Gramm schwerer als der Kinvara 14. Auch im Vergleich zu den oben genannten Carbon-Wettkampfschuhen ist er je nach Größe 60 bis 80 Gramm schwerer. Dieses Plus an Gewicht nimmt ihm gerade bei sehr hohem Tempo ebenfalls spürbar Dynamik.

Bequem auf langen Distanzen

Obwohl der normale Kinvara immer eher minimalistisch war, kam der Komfort nie zu kurz. Beim Pro-Modell ist das nicht anders. Das Obermaterial ist angenehm weich und schmiegt sich eng um den Fuß. Zunge und Schuhkragen sind im genau richtigen Maße gepolstert. Beim ersten Anziehen fühlt man sich im Schuh genauso wohl, wie nach drei Stunden Laufen – solange man keine sehr breiten Füße hat. Denn wer gerade im Mittelfußbereich viel Platz benötigt, wird sich im Kinvara Pro etwas mehr Raum wünschen. Die Passform ist eher etwas für Läuferinnen und Läufer mit schmalen und normalbreiten Füßen.

Fazit

Der Saucony Kinvara Pro bietet vor allem zwei Dinge: Dynamik für zügige Einheiten und Komfort für lange Distanzen. Er macht sowohl beim langsamen Joggen als auch beim schnellen Laufen richtig Spaß. Im Vergleich zu Carbon-Wettkampfschuhen fehlt ihm jedoch der reaktive, federnde Vortrieb.

Allerdings zweifeln wir sehr stark an, dass es ratsam ist, beim täglichen Dauerlauf einen Carbonschuh zu tragen. Warum? Weil immer mehr Untersuchungen darauf hindeuten, dass Carbonschuhe Verletzungen im Bereich des Fußwurzelknochens und der Achillessehne hervorrufen könnten. Gleichzeitig gilt es aber natürlich, den Körper an Carbonschuhe, die man im Wettkampf tragen möchte, zu gewöhnen. Unser Rat lautet daher: Wer sich für den Kinvara Pro entscheidet, sollte sich auch den normalen, 75 Euro günstigeren, Kinvara besorgen und abwechselnd in beiden Modellen laufen.

Saucony Kinvara Pro in Zahlen

Kategorie: Carbonschuh
Sprengung: 8 Millimeter (42 Millimeter/34 Millimeter)
Gewicht: 272 Gramm Männer, 252 Gramm Frauen
UVP: 220 Euro

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