Wer sich einen Laufschuh zulegen möchte, vielleicht sogar zum ersten Mal, stößt im Laufladen oder auf Hersteller-Websites früher oder später auf den Begriff „Sprengung“. Der Wert variiert zwischen verschiedenen Modellen. Aber was bedeutet er eigentlich? Und welche Sprengung ist die individuell richtige?
Was ist eine Sprengung bei Laufschuhen?
Der Begriff Sprengung bezeichnet bei Laufschuhen den Höhenunterschied zwischen Rück- und Vorfuß im Schuh. Der in Millimetern gemessene Wert gibt also Aufschluss darüber, wie viel höher die Ferse gegenüber dem Vorfuß im Schuh steht. Je höher der Absatz unter der Ferse, desto größer ist die Sprengung. Bei einem Flip-Flop, dessen Sohle aus einer durchgängig dünnen Schaumstoffschicht besteht, wäre die Sprengung gleich null – bei einem Großteil an Laufschuhen ist die Sprengung jedoch höher, und die Ferse steht leicht erhöht wie auf einer Rampe.
Die Sprengung ist unabhängig von der generellen Sohlenhöhe eines Schuhs: Ein Modell kann also insgesamt hoch aufgebaut sein und trotzdem eine niedrige Sprengung aufweisen. Umgekehrt kann es sein, dass der Fuß im Vorfuß auf 12 Millimetern Material steht, im Rückfuß auf 22 – ein recht flacher Aufbau, aber dennoch eine Sprengung von zehn Millimetern.
Der Wert der Sprengung variiert je nach Art des Schuhs. Klassische Dämpfungsmodelle etwa haben meist eine Sprengung zwischen acht und zwölf Millimetern. Lightweight-Trainer, aber auch Wettkampfschuhe liegen meist bei einer Sprengung unter acht oder sogar unter sechs Millimetern.
Sprengung – ein umstrittener Wert
Eine universell ideale Sprengung gibt es nicht. Welche Sprengung sich eignet, hängt ganz von individuellen Faktoren ab. Zudem ist die Sprengung durchaus ein umstrittener Wert, der sowohl Vor- und Nachteile auf sich vereint. Während viele Läuferinnen und Läufer auf eine höhere Sprengung setzen und den Bewegungsapparat dadurch entlastet sehen, nehmen andere gerade in höherer Sprengung eine falsche Belastung für Sehnen und Bänder wahr. Fakt ist: Falsch liegt wohl weder die eine noch die andere Seite.
Um zu verstehen, wie Sprengung in einem Laufschuh die Laufbewegungen verändert, hilft ein genauer Blick auf die Wirkungsweise von Sprengung.
Hohe Sprengung bedeutet im Allgemeinen schonendes Laufen für die Gelenke, vor allem für Fersenläuferinnen und -läufer. Denn wer mit dem Rückfuß zuerst aufkommt, wird von einem Schuh mit hoher Sprengung früher abgefangen. Dies entlastet auch die Fußunterseite und die Achillessehne. Eine hohe Sprengung nimmt dem Körper aber auch einiges an biomechanischer Leistung ab: Gerade die Wadenmuskulatur muss unter Umständen weniger arbeiten. Es kann zu einer Verkürzung der Wadenmuskeln kommen, da das Sprunggelenk nicht allzu stark gebeugt wird.
Andersherum wird zwar bei Laufschuhen mit niedriger Sprengung die Wadenmuskulatur stärker beansprucht, sodass diese flexibler werden kann – allerdings kann gerade dies das Sprunggelenk und die Wade auch überbeanspruchen.
Wichtig ist, zu berücksichtigen, dass kein Läufer und keine Läuferin exakt denselben Laufstil hat. Daher sollte man mit pauschalen Aussagen eher vorsichtig sein. Eine Verletzungsgefahr durch eine „falsche“ Sprengung besteht nur dann, wenn der Wert nicht mit Einsatzzweck, Laufstil und individuellen Bedürfnissen zusammenpasst.
Was man beim Fachsimpeln über die Sprengung außerdem nicht vergessen sollte: Der Wert ist zwar wichtig, aber nur eine Eigenschaft von vielen, wenn es um Laufschuhe geht. Der passende Schuh ist ein Zusammenspiel aus Sprengung, aber auch Dämpfung, Obermaterial, Gewicht, Stabilität und so weiter. Anstatt sich bei der Auswahl eines Modells nur auf die Sprengung zu beschränken, sollte das Ziel ein Schuh mit der bestmöglichen Kombination an Eigenschaften sein.

Für wen eignen sich Laufschuhe mit Sprengung?
Den einen richtigen Wert bei der Sprengung gibt es also nicht. Das macht die Entscheidung im Laufshop nicht einfacher. Es gibt aber einige allgemeine Hinweise, die dabei helfen können, sich beim Thema Sprengung zu orientieren:
- Beim Laufeinstieg sollte man keine zu geringe Sprengung wählen, um den Körper schonend an die Belastung beim Laufen zu gewöhnen. Mit der Zeit können Schuhe mit niedrigerer Sprengung mitgenutzt werden. In der Regel haben gut gedämpfte Laufschuhe, die sich für den Laufeinstieg eignen, ohnehin keine sehr niedrige Sprengung. Wer von Anfang an mit niedriger Sprengung laufen möchte, sollte die Laufumfänge besonders vorsichtig erhöhen.
- Für geübte Läuferinnen und Läufer eignet sich niedrigere Sprengung, da sie einen ökonomischen Laufstil fördert. Auch sind Laufschuhe mit niedriger Sprengung oft leichter, was Lightweight-Trainer zu einer guten Option macht. Allerdings heißt das nicht, dass ambitionierte und geübte Läufer gar nicht auf höhere Sprengung zurückgreifen können oder dürfen: So nutzen selbst Profis für Long Runs und Easy Miles Schuhe mit mehr Dämpfung und Sprengung.
- Für Mittel- und Vorfußläuferinnen und -läufer fühlt sich eine niedrige Sprengung oft angenehmer und natürlicher an. Oft empfinden sie zu viel Material unter der Ferse sogar als störend, da sie nicht mit diesem Teil des Fußes aufkommen. Im Gegensatz dazu empfinden Fersenaufsetzerinnen und -aufsetzer oft eine höhere Sprengung als angenehm, da sie beim Aufkommen die Aufprallkräfte abmildert.
Wann ist ein Laufschuh ohne Sprengung die bessere Wahl?
Laufschuhe mit Nullsprengung, also mit gleichbleibender Sohlenhöhe ohne höher gebaute Ferse, liegen wieder im Trend. Immer mehr Läuferinnen und Läufer setzen auf die sogenannten Zero-Drop-Modelle.
Was es zu beachten gilt: Zero-Drop-Schuhe sind nicht zwangsläufig Barfußschuhe. Diese haben zwar ebenfalls keine Sprengung, aber gleichzeitig auch keinerlei dämpfendes Zwischensohlen-Material: Stattdessen steht der Fuß lediglich auf einer dünnen Einlegesohle und einer Außensohle. Hersteller wie Altra, Topo oder Joe Nimble produzieren hingegen Schuhe, die zwar keine Sprengung aufweisen, aber dennoch mit Dämpfung ausgestattet sind. Diese Modelle fordern die Biomechanik zwar durch ebene Sohle, schützen aber Gelenke und Sehnen durch mehr Komfort.
Sowohl für Zero-Drop-Schuhe mit Dämpfung als auch für Barfußschuhe gilt: Wer vorher noch nie in solchen Modellen gelaufen ist, sollte es beim Umstieg langsam angehen lassen. Ein abrupter Wechsel in Schuhe ohne Sprengung fordert vom Bewegungsapparat schlagartig derart ungewohnte Abläufe, dass es zu Überlastungen kommen kann. Besser ist es, die Zero-Drop-Modelle anfangs nur für einzelne, weniger anstrengende Einheiten zu nutzen und den Körper langsam an die ungewohnte Belastung zu gewöhnen.
Fazit
Die Sprengung eines Laufschuhs beeinflusst die Bewegungsabläufe beim Laufen. Deshalb ist es wichtig, sie bei der Auswahl eines Laufschuhs Gedanken über Einsatzzweck und eigene Bedürfnisse zu machen. Einen "falschen" Sprengungs-Wert gibt es dabei nicht. Stattdessen haben Laufstil, Erfahrung und Trainingsziele einen Einfluss auf die ideale Sprengung.