Was kann ein Laufschuh von Aldi? Ich habe ein aktuelles Discounter-Modell für 14,99 Euro gekauft. Und ich bin damit mal Probe gelaufen, ganz vorurteilsfrei und nicht mit dem Ziel, den Schuh von vornherein zu zerreißen – dann bräuchte ich diese Vorstellung nicht zu schreiben – sondern um zu schauen: Wofür ist denn so ein Discounter-Modell zu gebrauchen? Was kann er, und was kann er nicht? Für wen taugt er sogar eventuell?
Obermaterial: Gut gepolstert
Auf dem Zettel heißt es: „Obermaterial aus Mesh-Textil mit Applikationen“, sowie „Textilfutter mit gepolstertem Kragen“.

Über die voluminöse Einlegesohle heißt es in der Beschreibung: „Vorgeformte EVA-Decksohle mit Gel-Pad und Textilüberzug“. Die Außensohle ist eine „Phylon/TPR Laufsohle“, wobei das Phylon-Material auch der Mittelsohlen-Baustoff unterhalb der Brandsohle ist. Hergestellt wird der Schuh in China.
Passform: Keine halben Größen
Der Schuh ist auf einem relativ geraden Leisten gebaut. Die Passform ist eher breit, allerdings im Zehenbereich auch nicht zu breit; und da die Zehenkappe mit einem äußeren TPU-Besatz geschützt ist, und da es keine halben Größen gibt, sollte hier besonders auf eine ausreichende Passform geachtet werden. Die Größenfindung ist ein Kompromiss. Der Fersensitz ist gut, die Polsterung im Kragenbereich des Schuhs sorgt für guten Fersenhalt. Innen ist eine leichte, aber spürbare Fersenkappe eingebaut. Gut: Rückseitig ist auch ein Reflektorstreifen an der Ferse eingesetzt. Die Schnürsenkel sind eher lang. Aber sie funktionieren gut, die Schleife hält sicher, und die Schnürösen verteilen den Druck gut. Die Lasche ist ausreichend gepolstert.
Wie läuft sich der Schuh?
Die Dämpfung besteht aus einem durchgängigen EVA-Schaum – der zwar in zwei Farben erscheint, aber das ist ein optischer Effekt; die Sohle selbst besteht nur aus einer Dichte aus „Phylon“ (Herstellerbezeichnung). Die Außensohle wird als TPR-Laufsohle beschrieben. Und sie hat hinten an der Ferse und in der vorderen Abstoßzone eine härtere Gummimischung.
Auffällig hohe Sprengung
Auffällig ist die ungewohnt hohe Sprengung. Sie wird zwar nicht in Millimetern angegeben, aber sie ist gefühlt bei etwa 12 Millimetern, die der Rückfuß höher steht; mithin höher als in den allermeisten gängigen Laufschuhen.
Gleichzeitig ist der Mittel- und vor allem Vorfußbereich kaum gedämpft. Einen spürbaren Dämpfungseffekt gibt es nur beim Fersenaufsatz. Und das wird durch zwei Faktoren unterstützt: Mittig unter der Ferse ist eine Sohlen-Aussparung – wie es auch bei hochwertigen Laufschuhmodellen zu finden ist – für die Sohlenverformung.
Zudem ist die EVA-Einlegesohle mit einem Gel-Pad ausgerüstet, das mittig unter der Ferse platziert ist und punktuell die Belastung aufnimmt. Die Einlegesohle macht einen ordentlichen Eindruck; als Herstelleraufdruck von „Style 2“ wird die Sutari GmbH in Göppingen angeführt.

Stabilität durch Sohlenform
Etwas Stabilität verleihen die breite Konstruktion der Sohle (wird bei Trainingsschuhen gerne eingesetzt) und die „Badewannen-Konstruktion: Die Mittelsohle wird seitlich medial und lateral am Fuß hochgezogen.
Gut:
- Angesichts des Preises vernünftige Qualität, ordentliche Einlegesohle
- Guter Sitz des Obermaterials
Negativ:
- Zu geringe Größenauswahl: Nur jeweils 5 Größen erhältlich für Männer und Frauen, keine Halbgrößen
- Wenig Dämpfung im Mittel- und Vorfußbereich
- Geringer Abrollkomfort
Was kann der Crane-Laufschuh für 14,99 Euro?
Eines muss ich klarstellen: Wir können an einen Discounter-Schuh zum Preis für ein Paar Laufsocken nicht dieselben Ansprüche stellen wie an unsere normalen Running-Schuhe. Die Konstruktion des Crane-Laufschuhs orientiert sich an modernen Modellen. Die Verarbeitung ist okay im funktionellen Sinne; die farblichen Verfärbungen der Mittelsohle mal außer Acht gelassen, sie täuschen eine Zwei-Komponenten-Sohle vor. Der Ein-Komponenten-Mittelsohlenschaum ist leicht, der Schuh in Größe 45 wiegt 316 Gramm.
Vergleich mit Asics?
Aber der Schuh bietet keine mit hochwertigen Marken-Laufschuhen vergleichbaren Laufeigenschaften, die gesamte Konstruktion ist nicht vergleichbar. Die Dämpfung ist unausgewogen und auf viel niedrigerem Niveau. Das Crane-Modell hat Bauelemente, die vielleicht sogar von Markenprodukten abgeschaut wurden. Dies betrifft nicht zuletzt die Optik: Das hier getestete Modell kann auf den ersten flüchtigen Blick durchaus für ein Asics-Modell gehalten werden, da das Design des Obermaterials samt Besätzen Ähnlichkeiten zum Asics-Logo aufweist.
Unterschied in der Bewegung
Beim Laufen werden allerdings bereits auf den ersten Schritten deutliche Unterschiede offenbar. Der größte Nachteil beim Abrollen des Fußes im Crane-Schuh ist, dass die Dämpfung nur für explizite Fersenläufer funktioniert. Wer mit dem Mittelfuß landet, platscht geräuschvoll auf den Asphalt – und spürt dabei wenig Dämpfungseffekt. Die Crane-Konstruktion ist dazu nur für leichte bis mittelschwere Läuferinnen und Läufer geeignet; schwerere Läufer laufen die Sohle eher „platt“.

Was spricht gegen den Schuh vom Discounter?
„Bei dem Preis kann man nichts falsch machen“, wird sich manch Läufer denken. „Doch! Kann man!“, lautet die eindeutige Antwort, zumal ein niedriger Preis nicht gleichbedeutend ist mit einem preiswerten Produkt.
Auf jeden Fall kann ein vermeintlich günstiger Schuh teuer sein – wenn er ein Fehlkauf ist. Noch schlimmer wäre, wenn man sich wegen des Schuhs verletzt. Discounter bieten in der Regel ein Laufschuhmodell an, es gibt keine Auswahl. Man kann den Schuh nicht probelaufen oder mit anderen Modellen vergleichen. Bei der Passform gibt es beim Crane-Modell nur ganze Größensprünge. Es gibt keine halben Größen und nur fünf Größen überhaupt je für Männer und Frauen. Darum: Wenn man den Schuh kauft, ihn einmal läuft und dann links liegen lässt, dann ist es ein teurer Fehlkauf. Ein 200-Euro-Schuh, den man 20-mal läuft, ist dann bereits günstiger.
Wo sind die Grenzen?
Der Schuh kommt nicht infrage für Läuferinnen und -Läufer, die regelmäßig laufen. Wie etwa die RUNNER’S WORLD-Userinnen und User, die im Durchschnitt 38 km pro Woche laufen und 6,2 Paar Laufschuhe in ihrer Rotation haben (Quelle: RW-Statistik). – Ich rate in diesem Fall von der Anschaffung eher ab. Laufschuhe sollte man sorgfältig anprobieren, sich beraten lassen, verschiedene Modelle vergleichen und sorgsam zwischen den Modellen auswählen.
Wie rechnet sich ein Laufschuh?
Ein Laufschuh macht sich unabhängig vom Preis bezahlt. Auch ein teurer Laufschuh kann sehr günstig sein, wenn er lange hält. Und wenn du ihn dann noch gerne läufst, ist das im übertragenen Sinne unbezahlbar. Deshalb sind Discounter-Schuhe nicht notwendigerweise preisgünstig; eher ist das Gegenteil der Fall.
Wer kann ihn kaufen?
Schuhe vom Discounter kommen infrage,
- wenn sie eine Motivation für den Laufeinstieg sind,
- wenn man vor Ort zumindest reinschlüpfen kann, um Größe und Passform zu kontrollieren.
Unter diesen Umständen kommt auch der aktuelle Crane-Laufschuh in Betracht: Wenn man zwischen keinem Laufschuh und einem Laufschuh vom Discounter die Wahl hat, dann kann dieser beim Start zum Laufen durchaus unterstützen.
Fazit: Nicht den Laufspaß aufs Spiel setzen
Für Läuferinnen und Läufer, die regelmäßig laufen, gilt: Sie werden mit dem Crane-Laufschuh einen Rückschritt gegenüber ihren gewohnten Laufschuhen erfahren. Daher „lohnt“ sich die Anschaffung nicht. Übrigens rechnet sie sich auch nicht; ein Laufschuh macht sich über die gelaufenen Kilometer bezahlt. Und der Laufspaß ist unbezahlbar.
Der Crane-Laufschuh in Zahlen
- Sprengung: ca. 12 Millimeter
- Gewicht: 316 Gramm (Größe 45)
- Preis: 14,99 Euro (Aktionszeitraum bei ALDI Nord ab 16.6.25) / 17,99 Euro (Aktionszeitraum bei ALDI Süd ab 16.6.25)