In den letzten Jahren hatte das Laufen häufiger auch mal eine schlechte Presse, die suggerierte, dass schon moderates Joggen das Herz schädigen und so die Lebenszeit verkürzen könnte. Wie ich bereits im vergangenen Herbst ausführlich beschrieb, bin ich der Meinung, dass einiges an dieser Botschaft irreführend ist.
Trotzdem zeigte sie Wirkung. Wie Running USA kürzlich berichtete, ist die Anzahl der Finisher von Straßenrennen in den USA 2016 das dritte Jahr in Folge gesunken, von 17.114.800 auf 16.957.100. Im Spitzenjahr 2013 waren es noch mehr als 19 Millionen.
Hierzu eine gute Nachricht. Eine neue Studie, die im Progress in Cardiovascular Diseases veröffentlicht wurde, wirft einen genauen Blick auf das Laufen als „wichtiger Lifestyle-Faktor für Langlebigkeit“ und legt eine positive Bewertung nahe. Bedeutsam dabei ist, dass die Autoren nicht irgendwelche leidenschaftlichen Läufer sind: Die Herzspezialisten Duck-Chul Lee (Iowa) und Carl Lavie (New Orleans) haben bereits an Studien mitgearbeitet, die Fragen über die Gefahren von zu viel Laufen aufgeworfen haben.
Viele der Beweise, die sie nachprüften, werden all denjenigen vertraut sein, die dieser Debatte schon immer gefolgt sind. Grundsätzlich weisen groß angelegte epidemiologische Studien darauf hin, dass die größten Gesundheitsvorteile eher durch geringere Trainingsbelastungen erzielt werden.
Wie viel Lebenszeit bringt das Laufen?
Dazu einige sehr interessante Einblicke in die Analyse. Zum Beispiel: Wie viel zusätzliche Lebenszeit kann man durch das Laufen erhalten? Gleicht man die unterschiedlichen Faktoren mehrerer verschiedener Studien an, ergibt sich eine relativ konsequente Schätzung von ungefähr drei Jahren Extra-Lebenszeit. Interessanterweise bleiben diese Vorteile fast genauso groß, auch wenn Sie erst relativ spät im Leben mit dem Laufen begonnen haben.
Halt, werden Sie jetzt sagen – was bringen mir zusätzliche drei Jahre, wenn ich dafür grundsätzlich so viel Zeit laufend verbringen muss? Dazu würde ich sagen, dass das Laufen doch meist etwas sehr Angenehmes ist. Also wäre ich doch glücklich darüber, etwas mehr Lebenszeit zu haben, auch wenn ich diese beim Laufen verbringen würde.
Aber den Autoren zufolge, geht diese Rechnung sowieso nicht auf. Wenn Sie 2,5 Stunden pro Woche seit 50 Jahren laufen, würden Sie nur 0,74 Jahre für das Laufen verwenden. Alles in allem würde jede Stunde Laufen Ihnen sieben Stunden mehr Lebenszeit bringen.Dies bezieht sich wieder auf einen relativ geringen Trainingsaufwand. Der marginale Nutzen nimmt ab, wenn sich die Kilometerzahl erhöht. Andererseits, wenn Sie 100 Meilen pro Woche für das Laufen aufwenden, tun Sie dies vermutlich auch aus anderen Gründen wie beispielsweise aus purem Vergnügen.
Um zu bewerten, wie sich das Laufen im Vergleich zu anderen Gesundheitsindikatoren auswirkt, ermittelten die Forscher den „Bevölkerungsanteil“ für vorzeitige Todesfälle für die unterschiedlichsten Gesundheitsgefahren. Ihren Zahlen zufolge könnten beispielsweise 11 Prozent der vorzeitigen Todesfälle verhindert werden, wenn alle Raucher auf der Stelle das Rauchen einstellen würden. Wenn alle übergewichtigen Menschen ihren Body Mass Index auf unter 25 bekommen würden, könnten 8 Prozent der vorzeitigen Todesfälle verhindert werden. Die zweitgrößte Todesursache war zu hoher Blutdruck mit 15 Prozent. Und der größte Risikofaktor von allen war mit 16 Prozent, nicht zu laufen.
Ist Laufen besser als andere Trainingsformen?
Laufen ist im Vergleich zu den meisten anderen Bewegungsarten relativ intensiv. Die Forscher führten dazu eine interessante Analyse durch. Sie verglichen das Laufen mit allen anderen Formen der körperlichen Tätigkeit, indem sie ihre Untersuchung in vier Gruppen aufteilten:
1. Inaktive Nichtläufer, die die minimal empfohlene Menge an körperlicher Bewegung pro Woche nicht erreichten (500 MET-Min/Woche (metabolisches Äquivalent), was ungefähr 75 Minuten intensivem Training entspricht).
2. Inaktive Läufer, die laufen, aber deren anderen Formen der körperlichen Aktivität nicht an die 500 MET-Min/Woche heranreichten.
3. Aktive Nichtläufer, die die 500 MET-Min/Woche durch körperliche Aktivitäten erreichten, aber nicht durch Laufen.
4. Aktive Läufer, die laufen und auch 500 MET-Min/Woche durch anderen körperliche Bewegungsformen erreichten.
Nicht überraschend setzen sich die aktiven Läufer deutlich von den anderen Gruppen ab. Aber der interessanteste Vergleich zeigt sich zwischen den aktiven Nichtläufern mit einen 12-prozentigen Mortalitätsvorteil und den inaktiven Läufern mit einen 30-prozentigen Mortalitätsvorteil. In dieser Gegenüberstellung scheint das Laufen ein weitaus stärkerer Gesundheitsindikator zu sein als andere Formen der Bewegung, selbst wenn das empfohlene Bewegungsminimum überschritten wurde.
Natürlich muss auch hier daran erinnert werden: Wenn ich die großen epidemiologischen Studien, die dazu verwendet wurden das Laufen schlecht zu machen, kritisiert habe, komme ich auch bei dieser Studie nicht umhin, auf mögliche Mängel hinweisen. So beruhen die Berechnungen in obiger Darstellung auf selbsteinschätzenden Fragebögen, um das Trainingsniveau der Gruppen zu bestimmen.
Ich würde niemals ernsthaft behaupten, dass Laufen genau 2,5 Mal besser ist als andere sportliche Aktivitäten. Aber es ist gut, mal wieder einige ermutigende Zahlen über die Gesundheitsvorteile des Laufens zu sehen. Bleibt zu hoffen, dass sich dies auch in den Teilnehmerzahlen der Straßenrennen im nächsten Jahr widerspiegelt.