Einfach drauflos laufen ist natürlich möglich. Nimmst du aber regelmäßig an Wettkämpfen teil und möchtest hier bestimmte Zeitziele erreichen, ist eine Trainingssteuerung sinnvoll. Neben einem guten Trainingsplan ist die Periodisierung im Jahresverlauf wichtig. Sie sorgt dafür, dass du deine Leistung kontinuierlich steigerst, die Verletzungsgefahr minimierst und deine Form zum richtigen Zeitpunkt auf dem Höhepunkt ist. Der Wechsel zwischen verschiedenen Trainingsreizen hält außerdem die Motivation hoch und lässt dich Durchhänger leichter überwinden.
Was ist Periodisierung und warum ist sie für Läufer wichtig?
Unter Periodisierung versteht man die systematische Planung und Strukturierung des Lauftrainings über einen längeren Zeitraum hinweg, meistens ein Jahr. Die Trainingsinhalte und -umfänge bauen monats- und wochenweise aufeinander auf: So kannst du eine kontinuierliche Leistungssteigerung erreichen. Da sich Be- und Entlastung abwechseln, kommt es seltener zu Überlastungsbeschwerden. Eine Periodisierung stellt sicher, dass du zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Trainingsschwerpunkte setzt. Ohne Periodisierung besteht die Gefahr, dass du zu einseitig trainiert. Setzt du zu wenig Reize, stagniert die Form. Sind die Einheiten zu hart, kann es zu einem Leistungsabfall kommen.
Eine Periodisierung des Trainings ist vor allem für Fortgeschrittene durch die gezielte Leistungsentwicklung sinnvoll, aber auch Laufeinsteigerinnen und -einsteiger profitieren davon. Eine schrittweise Steigerung von Umfang und Intensität kann einen der häufigsten Anfangsfehler verhindern: Verletzungen durch zu schnelle, zu häufige und/oder zu lange Einheiten. Außerdem siehst du anhand der Trainingsaufzeichnungen, wie groß deine Fortschritte sind. Das fördert die Motivation und lässt dich am Ball bleiben.
Wie funktioniert die Periodisierung grundsätzlich?
Es gibt verschiedene Arten der Periodisierung, aber die grundlegende Vorgehensweise bei der Planung ist immer gleich. Sie umfasst im Wesentlichen diese fünf Schritte:
Ziel- und Bedarfsanalyse
Zu Beginn definierst du dein übergeordnetes Jahresziel, z. B. einen Marathon. Nimmst du an mehreren Wettkämpfen teil, solltest du sie nach Wichtigkeit priorisieren, da du nicht dauerhaft in Topform sein kannst. Zusammen mit deinem aktuellen Leistungsstand leitest du aus der Zielsetzung die Trainingsschwerpunkte ab.
Zyklische Gliederung
Jetzt unterteilst du die Gesamtperiode in überschaubare Einheiten mit klaren Trainingsschwerpunkten auf, etwa Aufbau der Grundlagenausdauer oder der Tempohärte.
Progressive Belastungssteuerung
Innerhalb jedes Zyklus erhöhst du schrittweise Trainingsumfang oder -intensität. Jede dritte oder vierte Woche dient als Erholungswoche mit reduzierter Belastung, um eine Superkompensation zu ermöglichen.
Feedback und Anpassung
Du vergleichst deine Trainingsaufzeichnungen (Tempo, Puls, subjektives Befinden usw.) mit deinen Zielen. Stimmen sie nicht überein, passt du im nächsten Zyklus die Reize an. Bei ausbleibenden Fortschritten kannst du beispielsweise die Intensität steigern.
Regelmäßige Erholungsphasen
Sowohl in den Entlastungswochen als auch am Ende längerer Blöcke (Übergangsphasen und Saisonpausen) planst du passive und aktive Regeneration ein. Das bewahrt die vor Übertraining und hält die Motivation hoch.
Arten der Periodisierung: linear, blockweise oder wellenförmig
Bei der Periodisierung hast du die Wahl zwischen verschiedenen Modellen, auch Mischformen sind möglich. Alle haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile.
Lineare Periodisierung
Die lineare Periodisierung ist ein klassisches Modell, das die Form über die Saison phasenweise in Makrozyklen aufbaut. Den Auftakt bildet eine lange, nochmals unterteilte Vorbereitungsperiode, in der du vor allem deine Grundlagenausdauer aufbaust. Darauf folgen Aufbau-, Wettkampf- und Regenerationsphasen in festgelegter Reihenfolge. Die Intensität steigt dabei sukzessive, das Volumen nimmt ab. Die einfach-lineare Periodisierung ist ideal für Läuferinnen und Läufer mit einem klaren Saisonhöhepunkt und kontinuierlicher Entwicklung. Hast du zwei Highlights geplant, ist das zweifach-lineare Modell die bessere Wahl. Hier durchläufst du das Schema mit kürzeren Perioden zweimal, mit einer Pause dazwischen. Das Konzept ist insgesamt einfach gehalten und vor allem für lange Distanzen wie den Marathon geeignet.
Revers-lineare Periodisierung
Für Vielstarter und Erfahrene kommt noch die revers-lineare Periodisierung infrage. Dieses Modell dreht das klassisch-lineare um und beginnt nach einer kurzen Eingewöhnungsphase mit intensiven, kurzen Intervalleinheiten. Anschließend steigerst du den Umfang. Auf diese Weise erhöhst du schnell deine Belastbarkeit und kannst früher intensiv trainieren. Das ist ein Vorteil, wenn wenig Zeit bis zum Wettkampf bleibt. Allerdings ist auch das Verletzungs- und Überlastungsrisiko höher. Die reverse Periodisierung empfiehlt sich nur, wenn du schon Lauferfahrung hast und gut trainiert bist.
Blockperiodisierung
Bei einer Blockperiodisierung gliederst du dein Training in aufeinanderfolgende Blöcke von jeweils zwei bis vier Wochen (Mesozyklen), in denen nur ein bis zwei Trainingsziele im Vordergrund stehen. Durch die hohe Fokussierung auf beispielsweise die Entwicklung der VO2max innerhalb eines Blocks erreichst du intensivere Anpassungsreize. Vor allem Fortgeschrittene können hier noch was rausholen. Da die übrigen Fähigkeiten während der Blöcke weniger trainiert werden, kann es hier zu kurzfristigen Leistungsrückgängen kommen.
Wellenförmige Periodisierung
Eine wellenförmige Periodisierung bietet viel Abwechslung, denn Intensität und Umfang ändern sich wöchentlich. Hast du mit einer Leistungsstagnation zu kämpfen, kannst du mit dieser Art der Periodisierung eventuell für frischen Wind sorgen und das Plateau verlassen. Durch den schnellen Wechsel der Trainingsreize wird der Körper neu gefordert und muss sich kurzfristig anpassen. Das Modell lässt sich durch die hohe Dynamik gut an den Alltag anpassen, erfordert aber auch eine engmaschige Kontrolle und aufwändige Planung.
Misch-Modelle der Periodisierung
Hybride Modelle versuchen, die Vorteile verschiedener Konzepte unter einen Hut zu bringen. Die wellenförmige Blockperiodisierung etwa wechselt innerhalb der Blöcke Intensität und Umfänge, die revers-wellenförmige Periodisierung verbindet Intensität vor Umfang mit hoher Schwankungsbreite. Mit den Mischformen wird es richtig komplex, sodass eher Profis damit arbeiten.
Die klassisch-lineare Periodisierung im Detail
Aufgrund ihrer Übersichtlichkeit und dem geringen Planungsaufwand wird die klassisch-lineare Periodisierung im Hobbylaufbereich am häufigsten praktiziert. Sie besteht aus folgenden Phasen:
Wie du die einzelnen Laufeinheiten genau gestaltest und dabei die richtige Intensität findest, erklärt unser Beitrag Trainingsplan erstellen.
Beispiel-Trainingsplan für ein Jahr auf Basis der klassisch-linearen Periodisierung
Wie kann nun eine Jahresperiodisierung konkret aussehen? Das kommt maßgeblich auf deinen Leistungsstand an. Im Folgenden findest du zwei Beispielpläne: Der Einsteigerplan bietet sich an, wenn du bereits 20 bis 30 Minuten bzw. 3 bis 5 km durchlaufen kannst.
Für den Fortgeschrittenenplan solltest du bereits seit mindestens sechs Monaten regelmäßig laufen und Wochenumfänge von 60 km und mehr verkraften können – körperlich wie zeitlich. Erfahrung mit Tempotraining ist eine weitere Voraussetzung.
Häufige Fehler bei der Periodisierung
Bei der Periodisierung deines Laufjahrs kann es zu Fehlern kommen oder unvorhergesehene Ereignisse werfen alles über den Haufen. So oder so sind dann Anpassungen nötig. Am wichtigsten ist es deshalb, die Periodisierung nicht in Stein gemeißelt zu betrachten. Häufig treten außerdem diese Probleme bei der Planung auf:
- Mangelhafte Abstimmung von Volumen und Intensität: Der Umfang wird gesteigert, aber die Intensität nicht reduziert. Die Folge ist eine zu hohe Belastung, die zu Verletzungen und Übertraining führen kann.
- Zu wenig Regenerationsphasen: Nach guten Wettkämpfen ist die Lust auf weitere Erfolge und schnelle Trainingseinheiten groß. Lässt du aber Entlastungswochen oder die Saisonpause ausfallen bzw. verkürzt du sie, trainierst du dich auf Dauer in den Keller.
- Keine Anpassung bei Alltagsstress: In Phasen hoher familiärer oder beruflicher Belastung wird die Planung eisern aufrechterhalten, obwohl alles zu viel ist und die Folgen von Stress bereits unangenehm auffallen.
- Taperingphase zu kurz oder zu lang: Fällt das Tapering zu lang aus, zeigt die Formkurve am Wettkampftag schon wieder nach unten. Ist die Phase zu kurz, stehst du nicht gut erholt an der Startlinie.
- Zu viele Wettkampfblöcke: Stehen etliche Marathon-, Halbmarathon- und 10-km-Rennen in deinem Kalender, werden oft zu wenig separate Makrozyklen geplant. Die Phasen überlappen und sabotieren sich gegenseitig.
- Kein Peak-Block: Nicht selten besteht die Periodisierung nur aus Grundlagen-, Aufbau- und Regenerationsphasen. Das Weglassen der spezifischen Wettkampfphase mit den wichtigen Renntempoakzenten führt jedoch dazu, dass du nie deine optimale Form erreichst.
- Fehlende Individualisierung der Periodenlängen: Manche erholen sich schneller und kommen leichter in Form, andere brauchen mehr Zeit. Die Dauer der Mesozyklen sollte deshalb immer individuell angepasst werden.
- Keine Analyse und Anpassung: Die Periodisierung wird nie ausgewertet und justiert. Ein Unterdistanzlauf oder Testwettkampf am Ende eines Mesozyklus gibt am besten Aufschluss darüber, ob der Formaufbau passt.
5 Fragen und Antworten zur Periodisierung
Was ist ein Makro-, Meso- und Mikrozyklus?
Ein Makrozyklus ist der gesamte Trainingszeitraum – zum Beispiel eine Saison oder ein Jahr –, in dem alle Phasen von Grundlagenaufbau über Wettkampf bis zur Regeneration geplant werden. Ein Mesozyklus ist ein mehrwöchiger Trainingsblock mit einem klaren Schwerpunkt, etwa Ausdaueraufbau oder Tempotraining. Ein Mikrozyklus umfasst in der Regel eine Woche und legt die einzelnen Einheiten wie Läufe, Kraft- oder Regenerationstage fest.
Kann ich auch ohne Periodisierung Fortschritte machen?
Ja, vor allem als Anfängerin oder Anfänger. Ohne strukturierte Planung kommt es aber häufig zur Leistungsstagnation und auch das Risiko für eine Überlastung steigt. Eine Periodisierung sorgt langfristig für gezielteren Aufbau und bessere Regeneration.
Was ist der Unterschied zwischen Periodisierung und einem Trainingsplan?
Ein Trainingsplan legt im Detail fest, was du wann trainierst: die Art der Einheit, die Dauer und das Tempo sowie den Wochentag. Eine Periodisierung ist die übergreifende Planung dahinter. Sie teilt den Trainingsplan in Phasen auf, um langfristige Fortschritte zu ermöglichen.
Wie integriere ich Krafttraining in die Periodisierung meines Laufjahrs?
Erhaltendes Krafttraining solltest du auf die Grundlagen- und Aufbauphase beschränken. In der Wettkampfphase lässt du es lieber weg oder machst nur leichte Stabiübungen für deine Schwachstellen. Die Saisonpause ist die ideale Zeit für einen richtigen Kraftaufbau – die Muskulatur ist durch den geringen Laufumfang „frisch“.
Wie passe ich die Periodisierung auf krankheits- und urlaubsbedingte Trainingspausen an?
Fällt eine Woche aus, verschiebst du die Entlastungs- und Belastungsblöcke des aktuellen Mesozyklus um eine Woche und verkürzt den letzten Block um maximal ein bis zwei Wochen. Bei zwei Wochen baust du zunächst eine 2-wöchige Wiedereinstiegsphase mit reduziertem Umfang und geringer Intensität ein. Anschließend verschiebst du alle folgenden Blöcke um zwei Wochen oder komprimierst sie, indem du jeden der nächsten beiden Mesozyklen um eine Woche kürzt. So kannst du den ursprünglichen Wettkampftermin halten.
Fazit: Das große Ganze im Blick mit kluger Periodisierung
Von 0 auf 100 funktioniert genauso wenig wie Dauervollgas. Mit einer Periodisierung stellst du sicher, dass dein Körper schrittweise auf höhere Intensitäten vorbereitet wird, sich rechtzeitig erholt und zum Wettkampf in Bestform ist. Du zoomst quasi aus dem Trainingsplan raus und ordnest ihn in einen größeren zeitlichen Rahmen ein. Die zyklische Abfolge von Grundlagen – Aufbau – Wettkampf – Regeneration ist dabei immer gleich, so dass du über die Jahre eine solide Vergleichsbasis hast und die für dich optimale Periodisierung finden kannst.