Wie sinnvoll ist Rückwärtslaufen?

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Wie effektiv ist Rückwärtslaufen?

Veröffentlicht am 17.11.2023
Rückwärtslaufen
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Als Aufwärmübung oder Teil eines Lauf-ABC hat man das Rückwärtslaufen schon oft gesehen. Doch längst wird die ungewöhnliche Fortbewegungsart nicht mehr nur als Lauftraining genutzt. Seit 2006 werden sogar Weltmeisterschaften im Rückwärtslaufen ausgetragen. Die Zeiten, die die Rückwärtsläufer dabei erreichen, können sich sehen lassen. Der mehrfache Weltmeister und Weltrekordhalter über 100 Kilometer Rückwärtslaufen, Markus Jürgens, lief die 42,195 Kilometer in 3:38:27 Stunden und die 100 Kilometer in 12:20 Stunden. Der Münsteraner ist überzeugt von den positiven Effekten des Rückwärtslaufens. Sowohl Leistungs- als auch Hobbysportler sollen von dieser Wirkung profitieren.

Was trainiert Rückwärtslaufen?

Der Körper ist daran gewöhnt, vorwärtszugehen. Beim Rückwärtslaufen verlagert sich der Körperschwerpunkt und es erfordert gleichzeitig mehr Stabilität, das Gleichgewicht zu halten. Rückwärtslaufen ist daher eine effektive Übung, um das Gleichgewicht zu trainieren. Dr. Thomas Schneider, Leiter des Zentrums für Bewegungs- und Ganganalyse an der Gelenk-Klinik Gundelfing, erklärte im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news, dass das Rückwärtslaufen und vor allem das Rückwärtsgehen neben der Verbesserung des Gleichgewichts noch viele weitere gesundheitliche Vorteile habe. So könne die Fortbewegungsart auch als effektives Muskeltraining genutzt werden: „Generell ist diese Gehvariante empfehlenswert, um Rücken- und Beinmuskulatur zu stärken.“ Besonders der Quadrizepsmuskel im Oberschenkel und die Wadenmuskulatur werden dabei trainiert. Durch das Rückwärtsgehen, so der Experte, ändere sich auch die gewohnte, immer gleiche Belastung des Körpers, was die Koordination und das Zusammenspiel der Muskeln verbessere.

Aber nicht nur das, auch die Körperhaltung kann durch das Rückwärtsgehen verbessert werden. Laut Schneider erfordere das Rückwärtsgehen eine aufrechtere Körperhaltung, zudem werde das eigene Körpergefühl verbessert. Um diesen Vorteil nutzen zu können, sollte man allerdings in einer sicheren Umgebung trainieren, in der man rückwärtsgehen kann, ohne sich ständig umdrehen zu müssen und dadurch den Kopf zu verdrehen. Durch den ungewohnten Bewegungsablauf wird auch die rechte Gehirnhälfte effektiv trainiert. Beim Rückwärtslaufen muss man sich besonders auf die neue Ausführung konzentrieren und neue Bewegungen lernen. Auch dadurch werden die geistigen Fähigkeiten gefördert.


Wie gesund ist Rückwärtslaufen?

Beim Rückwärtslaufen sind die Schritte deutlich kleiner als beim Vorwärtslaufen. Das schont die Gelenke und kann sogar gegen Knieschmerzen helfen, da das Körpergewicht verlagert und gleichzeitig die Waden- und hintere Oberschenkelmuskulatur trainiert wird. Laut Dr. Thomas Schneider verbessere sich durch das Rückwärtsgehen auch die Dehnfähigkeit des Hüftbeugers, was Schmerzen im unteren Rücken reduzieren kann. Weiterhin werden die Fersen beim Rückwärtsgehen deutlich weniger belastet. „Wir haben Patienten, die gerade bei Fersenschmerzen oder Fersensporn von dem Rückwärtsgang profitieren“, so der Experte. Ein weiterer Vorteil des Rückwärtsgehens ist die Verbesserung der Körperstabilität. Beim Vorwärtslaufen fällt der Körper sozusagen in die Bewegung rein, wenn Sie jedoch verkehrt herum laufen, müssen die Muskeln stärker arbeiten. Der Rumpf wird also deutlich besser trainiert.

Dass Rückwärtslaufen auch ein gutes Gedächtnistraining ist, zeigt eine Studie der Universität Roehampton in London. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, denen ein identisches Video vorgespielt wurde. Die Gruppe, die anschließend rückwärtslaufen musste oder sich vorstellte, rückwärtszulaufen, konnte sich besser an den Inhalt des Videos erinnern, als die Gruppe, die vorwärtslief.

Verbrennt man beim Rückwärtslaufen mehr Kalorien?

Beim Rückwärtslaufen verbraucht der Mensch mehr Kalorien als beim Vorwärtslaufen. Durch die Rückwärtsbewegung kann der Fuß nicht wie gewohnt abrollen, stattdessen muss der Körper sein eigenes Gewicht länger halten. Das kostet mehr Kraft und verbraucht dementsprechend mehr Kalorien. Um beim Rückwärtslaufen mehr Kalorien zu verbrennen als beim normalen Laufen, muss man aber auch gleich schnell laufen. Wenn Sie also kein Profi im Rückwärtslaufen sind, können Sie nur begrenzt von dem erhöhten Kalorienverbrauch profitieren. Auch wenn beim Rückwärtslaufen mehr Muskeln als beim Vorwärtslaufen beansprucht werden und der Kalorienverbrauch dadurch höher ist, sollte diese Trainingsmethode nicht Ihre erste Wahl sein, wenn Sie abnehmen möchten. Effektiver wäre eine Mischung aus Lauf- und Krafttraining.

Wichtig fürs erfolgreiche Abnehmen ist allerdings auch, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, um das Gewicht erfolgreich zu reduzieren und langfristig auch zu halten. Mit unserem RUNNER'S-WORLD-Ernährungscoaching können Sie sich einen genau auf Ihre Ziele und Bedürfnisse zugeschnittenen Ernährungsplan mit gesunden, leckeren und alltagstauglichen Rezepten erstellen lassen.

Wie trainiere ich am besten das Rückwärtslaufen?

Wenn Sie das Rückwärtslaufen ausprobieren wollen, beginnen Sie langsam. Ein paar Meter rückwärts reichen aus, um ein Gefühl für die neuen Bewegungsabläufe zu bekommen. Erst langsam rückwärtsgehen, dann rückwärtslaufen. Dr. Thomas Schneider rät, es mit dem Rückwärtslaufen nicht zu übertreiben und diese Bewegungsform nur als Trainingsergänzung zu sehen. Das häufige Umdrehen könne dem Nacken schaden, zudem sei die Unfallgefahr beim Rückwärtslaufen deutlich erhöht.


Wie halte ich beim Rückwärtslaufen am besten das Gleichgewicht?

Beim Rückwärtslaufen ist das Gleichgewicht entscheidend, da die Orientierung anders ist als beim Vorwärtslaufen. Die folgenden Tipps helfen Ihnen dabei:

  1. Körperhaltung: Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung. Wer seinen Körper zu weit nach vorne oder hinten beugt, kann schnell das Gleichgewicht verlieren.
  2. Kleine Schritte: Gehen oder laufen Sie kurze und kontrollierte Schritte. Im Gegensatz zu großen Schritten sind kleine, präzise Schritte besser geeignet, um das Gleichgewicht zu halten und sich an unterschiedliche Geländeformen anzupassen.
  3. Arme verwenden: Benutzen Sie Ihre Arme, um das Gleichgewicht zu halten. Die Arme sollten wie beim Vorwärtslaufen angewinkelt sein und im Rhythmus der Beine mitschwingen.
  4. Training in der Ebene: Laufen Sie auf einer ebenen Strecke ohne Hindernisse. Am besten beginnt man das Training auf einem gepflegten Sportplatz oder einer Tartanbahn, um sich mit der Bewegung vertraut zu machen.

Fazit: Eine gute Trainingsergänzung

Rückwärtslaufen ist nicht nur eine ungewöhnliche Trainingsmethode, sondern hat auch viele gesundheitliche Vorteile. Es trainiert das Gleichgewicht und kann sogar Knie- und Rückenbeschwerden lindern. Durch die Rückwärtsbewegung wird die Rumpfmuskulatur stärker trainiert und die Körperstabilität verbessert. Neben der Rumpfmuskulatur trainieren Sie dabei vor allem den Quadrizeps und die Wadenmuskulatur. Verschiedene Studien belegen zudem, dass das Rückwärtslaufen eine gute Übung für den Kopf ist, bei der die rechte Gehirnhälfte effektiv trainiert wird. Was den Kalorienverbrauch betrifft, so ist dieser beim Rückwärtslaufen zwar höher als beim Vorwärtslaufen, aber nur dann, wenn auch beim Rückwärtslaufen ein hohes Tempo gelaufen wird. Rückwärtslaufen kann eine tolle Ergänzung zum Training sein und zum Beispiel als Aufwärmübung oder als fester Bestandteil eines Lauf-ABC genutzt werden.