Wie sinnvoll ist Sprinttraining?

Sprinttraining für Läufer
Wie sinnvoll ist Sprinttraining?

Veröffentlicht am 12.07.2023
Sprinttraining sollte im Trainingsplan nicht fehlen
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Sicherlich haben Sie schon mal gehört, dass Sprinten und Ausdauerlauf zwei Paar verschiedene (Lauf-)Schuhe sind. Viele Sprinter scheuen den langen Dauerlauf auf ihrem Trainingsplan und Marathonläufer können häufig gar nicht nachvollziehen, wir man lieber 200 Meter schnell rennt, anstatt im lockeren Tempo die Landschaft zu genießen. Doch genau, wie für den Sprinter der Dauerlauf Sinn macht, so unverzichtbar ist das Schnelligkeitstraining für den Langstreckler.

Was bringt mir Sprinttraining als Läufer?

Wer Marathons läuft, kennt es vielleicht: Bei einem kleinen spontanen Sprint wollen die Beine nicht so richtig in die Gänge kommen, fühlen sich fast steif an. Es ist die Langstrecke, auf der die Muskeln ordentlich arbeiten und durchhalten, weil der Körper auf diese Anforderung ausgerichtet ist. Es ist schlichtweg eine Gewohnheitssache, ob Sie trotz Ihres eher auf Ausdauer basierenden Trainings auch Schnelligkeit abrufen können.

Genau aus diesem Grund macht es Sinn, hin und wieder ein Sprinttraining zu absolvieren, auch wenn Sie für einen Halbmarathon oder die ganze Distanz trainieren. Sprinttraining bringt Ihnen mehr Tempohärte und Spritzigkeit, gerade beim Endspurt.

Natürlich werden Sie durch gelegentliches Schnelligkeitstraining nicht zur Sprinterin oder zum Sprinter. Sie sollen auch nicht wie eine Sprinterin oder ein Sprinter trainieren. Um auch mal Gas geben oder einen klasse Endspurt hinlegen zu können, reicht es, wenn Sie ab und an ein paar Sprints absolvieren. Selbstverständlich absolvieren Sie bei einem Halbmarathon oder Marathon ein anderes Tempotraining, als wenn Sie für 5- oder 10 Kilometer Distanzen, oder für noch kürzere Distanzen trainieren.

Was trainiere ich beim Sprinten?

Laufen können Sie in einer großen Spannbreite an Geschwindigkeiten. Sie laufen zwar, aber für Ihren Körper macht es einen großen Unterschied, ob Sie gerade 6 km/h oder 20 km/h rennen. Die Belastung ist durch das unterschiedliche Tempo sehr variabel. Je nach Geschwindigkeit verbrennen Sie unterschiedlich viel Energie, Sie atmen anders und haben beim Sprinten eine völlig andere Schrittfrequenz als bei einem langsamen Dauerlauf.

Je höher das Tempo beim Laufen, desto größer die Schritte. Die Schrittfrequenz erhöht sich und die Bodenkontaktzeit verkürzt sich. Das Knie kommt mit mehr Schwung nach vorne und oben. Die Bewegung wird mit mehr Kraft ausgeübt und ist explosiver und schneller als etwa beim ruhigen Dauerlauf. Deshalb beansprucht Sprinten andere Muskelgruppen. Durch die langen Schritte mit vorne hochgezogenem Knie spannt sich die Bauch- und Gesäßmuskulatur stark an. Auch die Waden, Arme und Brustmuskulatur werden mehr gefordert als beim langsamen Joggen.

Auch die maximale Sauerstoffaufnahme, VO₂max genannt, verändert sich. Wer sprintet, trainiert im anaeroben Bereich. Die Belastungen sind kurz und intensiv und der Körper kommt in eine Sauerstoffschuld, das heißt er kann nicht so viel Sauerstoff aufnehmen, wie er eigentlich benötigt. Das ist der Grund, warum Sie bei schnellen Läufen so sehr außer Atem kommen.

Durch die Sauerstoffschuld greift der Körper verstärkt auf die Kohlenhydrat-Reserven zurück, denn diese sind schneller verfügbar als Fette. Dadurch kommt es zur erhöhten Freisetzung des Nebenproduktes Laktat. Das Laktat trotz Maximalbelastung zu verarbeiten, müssen die Muskeln erst einmal lernen. Das Sprinttraining hilft dabei, diesen Ablauf zu trainieren. Dadurch lernt der Körper langfristig effektiver auf die körpereigenen Energien zurückzugreifen, sodass er resistenter gegenüber der Belastung wird und Sie schneller und länger laufen können.

Wissenschaftler untersuchten die Auswirkung von Sprinttraining auf Profi-Langstreckenläufer, die regelmäßig 100 bis 400 Meter Sprints in ihr Training integrierten. Die Studie zeigt, dass die Ausdauerläufer, die anfangen Sprints in ihr Training einzubauen, signifikante Verbesserungen in ihrer Laufökonomie, also im Bewegungsablauf, erzielten.

Macht Sprinttraining für Langstreckenläufer Sinn?

Sprinttraining und Ausdauertraining sind vor allem in der Kombination effektiv. Wer nur sprintet, baut langfristig keine Ausdauer auf, wer nur langsam läuft, wird nicht schneller. Als Langstreckenläufer ab und an neue Reize in Form von Tempoläufen zu setzen, macht also durchaus Sinn und ist unbedingt empfehlenswert. Allerdings sollten Sie, wenn Sie sich für einen Marathon vorbereiten, den Fokus eher auf längere Tempoläufe ab 800 Meter Länge legen, während Sie bei allen kürzeren Distanzen auch Sprints von 100 bis 300 Meter absolvieren können.

Insbesondere in der Endphase eines Wettkampfs geht es darum, dass der Körper effektiv mit seiner Energie haushaltet und in der Lage ist, Reserven abzurufen. Es schadet also niemandem, ab und an ein Sprinttraining einzubauen, um genau diese Tempohärte aufzubauen. Den Körper aus seiner Komfortzone rauszuholen kann neue Motivation und viel Spaß bringen – denn auch, wenn es für viele von uns Läuferinnen und Läufern um die Leistungssteigerung geht – am Ende des Tages ist es die Freude an dem Sport, die uns dran bleiben lässt.

Wie kann ich Sprinten trainieren?

Das klassische Schnelligkeitstraining für Läuferinnen und Läufer besteht aus Intervalltrainings, Steigerungsläufen und Fahrtspielen.

Beim Intervalltraining wechseln sich Erholungsphasen, in denen getrabt wird, mit schnellen Belastungsphasen, in denen gesprintet oder schnell gelaufen wird, ab. Je nach Wettkampfdistanz veriieren Länge und Tempo der Belastungsphasen. Ein typisches Tempotraining sieht zum Beispiel so aus: 8 x 400 Meter mit jeweils 200 Meter Trabpause dazwischen. Am einfachsten lässt sich ein Intervalltraining auf der Bahn absolvieren, da diese genau 400 Meter misst. Diese sehr kurzen Intervalle eignen sich vor allem für Läuferinnen und Läufer, die für Distanzen über 5, 10 oder 21 Kilometer trainieren.

Marathonläuferinnen und Marathonläufer sollten beim Intervalltraining eher 800 Meter, oder sogar 1000 bis 2000 Meter für die Belastungsphasen in Erwägung ziehen. Das bedeutet schlussfolgernd natürlich, dass sie diese langsamer laufen. Denn immerhin muss das Tempo über die Anzahl der Wiederholungen hinweg durchgehalten werden.

Die Anzahl der Belastungsintervalle und das jeweilige Renntempo hängen von folgenden Faktoren ab: Für welche Renndistanz Sie trainieren, auf welchem Trainingsstand Sie sind und welche Zielzeit Sie anstreben. Seien Sie sensibel beim Training. Ist das Tempo zu hoch, drohen Überlastungsbeschwerden, ist es zu niedrig, stellt sich keine Steigerung ein. Wichtig: Aufwärmen und Cool-Down nicht vergessen!

Steigerungsläufe über 100 bis 200 Meter sind ebenfalls gut, um mit kurzen Sprints neue Reize zu setzen. Sie traben locker los und steigern das Tempo stetig, bis Sie die letzten Meter so schnell rennen wie Sie nur können. Anschließend traben Sie langsam ein bis zwei Minuten oder laufen die 100 bis 200 Metern zurück zum Anfang und beginnen gleich darauf mit dem nächsten Steigerungslauf. So können Sie etwa nach einem gemütlichen Dauerlauf von einer Stunde am Ende drei bis vier Steigerungsläufe dranhängen. Steigern Sie die Anzahl nach und nach.

Das Fahrtspiel eignet sich besonders für diejenigen, die gerade erst mit dem Laufen anfangen. Das Fahrtspiel ermöglicht es, sich spielerisch an Tempoläufe heranzutasten. Sie brauchen dafür weder eine Laufuhr noch eine abgemessene Strecke. Nach dem Einlaufen laufen Sie gefühlte 50 bis 200 Meter schnell, dann folgt eine langsame Trabpause und dann erneut ein schneller Abschnitt. Nach der nächsten Trabpause können Sie einen längeren Abschnitt von etwa 400 Meter bis hin zu einem Kilometer im zügigem Lauftempo absolvieren. Danach folgt eine etwas längere Trabpause und ein weiterer Sprint über 50 bis 200 Meter. Das Ganze ist auch unter Pyramidenlauf bekannt, weil man mit kurzen Distanzen beginnt, dann längere Abschnitte folgen und anschließend wieder auf kurze Distanzen herunterschraubt.

Sprinttraining einmal anders: Welche Übungen machen schneller?

Ein Tipp für schnelle, kräftige Beine lautet: Treppenlaufen. Oberschenkel- und Rumpfmuskulatur werden dabei besonders beansprucht. Durch die kleinen Sprünge nach oben trainieren Sie Ihre Schnell- und Explosionskraft, durch die ungewohnt hohe Steigung muss das Herz-Kreislauf-System extrem viel leisten.

Wer schneller werden will, sollte das Krafttraining nicht vernachlässigen, auch wenn wir Läuferinnen und Läufer das gerne mal tun. Denn je höher die Geschwindigkeit beim Laufen, desto stärker muss etwa die Beinmuskulatur arbeiten. Das bedeutet, je stärker die Beine, desto mehr Kraft hast du, dich vom Boden wegzudrücken und dich beim Aufsetzen nach der Flugphase wieder gut zu stabilisieren. Krafttraining schützt dich also auch vor Laufverletzungen.

Was ebenfalls als effektive Trainingsmethode gilt, sind kurze Hügel- und Bergsprints. Suchen Sie sich dafür eine Steigung von fünf bis acht Prozent, die Sie über 100 bis 150 Meter nach oben sprinten. Die Pause bildet der Weg zurück bergab, bevor Sie wieder umdrehen und hoch sprinten. Achten Sie auf eine gute Haltung im Oberkörper, aktive Armarbeit und einen festen Fußabdruck. Anfänger wiederholen den kurzen Sprint fünf bis zehnmal über 100 Meter, Fortgeschrittene sechs bis zwölfmal. Bauen Sie die Berg-und Hügelsprints einfach in Ihr reguläres Training ein und steigern Sie die Belastungen nur langsam.

Wie oft sollte ich ein Sprinttraining einbauen?

Wie oft Sie Sprinttraining einbauen, hängt davon ab, wie fit Sie sind und wie oft Sie generell laufen. Als Anfänger ist es zunächst wichtig, ausreichend Grundlagenausdauer aufzubauen, dann kann an der Schnelligkeit gefeilt werden.

Grundsätzlich gilt die Regel, dass 70 bis 80 Prozent des Trainings in ruhigem Tempo absolviert werden. Die anderen 20 bis 30 Prozent können aus Tempo- und Sprinteinheiten bestehen. Wer beispielsweise drei bis vier Mal die Woche läuft, kann einen dieser Läufe als Tempoeinheit nutzen. Wer fünf bis siebenmal pro Woche läuft, kann auch zweimal die Woche aufs Tempo gehen. Wichtig: Regeneration ist ein wichtiger Bestandteil des Trainings und gerade nach schnellen Einheiten enorm wichtig.

Kann ich mit Sprinttraining abnehmen?

Grundsätzlich verbrennen Sie mehr Kalorien, umso schneller Sie laufen. Das bedeutet, dass Sie gerade beim Tempotraining die meisten Kalorien und auch das meiste Fett verbrennen. Der Stoffwechsel erhöht sich und der Nachbrenneffekt ist deutlich stärker als bei einer langsamen Einheit. Erachten Sie die neue Sprinteinheit in ihrem Trainingsplan also als ein nettes I-Tüpfelchen, wenn es Ihnen auch ein wenig ums Abnehmen geht. Vergessen Sie allerdings nicht, dass das Wichtigste beim Abnehmen eine ausgewogene Ernährung ist. Ausreichend Bewegung wie Ausdauersport und Krafttraining runden Ihr Vorhaben ab.

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Fazit: Läuferinnen und Läufer sollten ab und an sprinten

Sprinttraining in Form von Intervall- oder Steigerungsläufen bringt auch solchen Sportlerinnen und Sportlern Fortschritte, die es sonst eher auf Ausdauer abgesehen haben. Im Traning kann Sprinten helfen, von einem Leistungsplateau wegzukommen, indem es den Körper vor neue Herausforderungen stellt. Denn Sprinten verbessert langfristig die Schnelligkeit und Tempohärte, vor allem im Endspurt, auch bei langen Läufen. Es verbrennt aufgrund der enormen Energie, die es von uns fordert, eine Menge Fett und auch die Muskulatur wird gestärkt – vor allem hinterer Oberschenkel, Gesäß und Bauch laufen auf Hochtouren, wenn wir schnell rennen.