Ashwagandha ist eine Heilpflanze aus der ayurvedischen Medizin. Seit Jahrtausenden wird die Pflanze bei Leiden wie Schlaflosigkeit, Stress- und Angststörungen eingesetzt. Dieser Heilpflanze werden noch weitere positive Wirkungen im Bereich Muskelaufbau und Leistungsfähigkeit nachgesagt. Deshalb hat sie sich auch den Weg in den Sport gebahnt, findet dort allerdings vor allem im Kraft- und Hochleistungssport Anwendung. Wir erklären, warum und wie.
Was ist Ashwagandha?
Ashwagandha ist eine ursprünglich aus Asien stammende Pflanze, die heutzutage aber auch in anderen warmen Regionen angebaut wird. In Deutschland ist sie unter den Namen Indischer Ginseng, Schlafbeere oder Winterkirsche bekannt. Das Wort Ashwagandha stammt aus dem Sanskrit (altindische Sprachvarianten der Gelehrten des Hinduismus), wo es übersetzt Pferdegeruch heißt, denn die Ashwagandha-Wurzel verströmt einen Pferdeduft. Ihr botanischer Name aus dem Lateinischen lautet Withania somnifera. Er weist auf ihre Pflanzengattung (Withania-Arten) und auf ihre Wirkung hin (somnus = Schlaf, ferre = bringen). Ashwagandha ist die Schlaf bringende Pflanze, die vor allem bei Schlafstörungen hilft. Ihr deutscher Name Schlafbeere ist allerdings irreführend, denn nicht die Früchte werden zu Ashwagandha-Präparaten verarbeitet, sondern die Wurzeln. Die Beeren sind giftig.
Wie wirkt Ashwagandha?
Ashwagandha hat mehrere Wirkstoffe, am besten erforscht sind die verschiedenen Withanolide (man geht von mindestens 40 unterschiedlichen aus). Daneben besitzt die Pflanze unter anderen die Wirkstoffe Alkaloide, Tannine und Flavonoide. Im Ayurveda, also der traditionellen indischen Medizin, sind gleich mehrere therapeutische Wirkungen der Heilpflanze bekannt, die auch durch Studien belegt sind. Die folgenden Heilwirkungen wurden in Studien häufig untersucht und belegt:
- wirkt schlaffördernd
- verringert Angst und Stress
- macht auf Dauer stressresistenter
Aufgrund der entspannenden Wirkungen gehört Ashwagandha in der ayurvedischen Lehre zu den sogenannten Adaptogenen – ein Fachausdruck, der Heilpflanzen beschreibt, die stressresistenter machen. Im Ayurveda findet es daher auch bei psychischen Problemen Einsatz.
Was kann Ashwagandha im Sport bewirken?
Weil es Stress reguliert, wird Ashwagandha auch von Sporttreibenden genutzt. Aber warum eigentlich, wo es doch eher als Schlafmittel auf Pflanzenbasis bekannt ist? In den vergangenen Jahrzehnten ist viel altes Wissen durch die Hintertür in die Sportwissenschaft und den Leistungssport eingetreten. Man denke nur an die Meditation. Was wären die modernen Entspannungsmethoden der Sportpsychologie ohne das alte Wissen aus Asien?
Genauso alt ist Ashwagandha in der indischen Medizin, wo es seit Jahrtausenden als Beruhigungsmittel eingesetzt wird. Es kann den Stresshormonspiegel tatsächlich senken, das ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Denn Ashwagandha wirkt auf den Cortisolspiegel ein. Cortisol ist an und für sich ein wichtiges Stresshormon. Es schützt den Körper vor Stress. Ohne Cortisol, das in der Nebennierenrinde produziert wird, wären wir nicht lebensfähig. Es sorgt zuerst einmal für eine Stressanpassung und macht uns belastbarer. Allerdings schadet ein langfristig erhöhter Cortisolspiegel der Gesundheit, da sich der Körper in diesem Fall nicht mehr entspannen kann, sondern auf Dauerstress programmiert wird. Die Folgen können beispielsweise Probleme des Fettstoffwechsels, Schlafstörungen, Ängste und Stimmungsschwankungen sein (bis hin zur Depression).
Daher wird Ashwagandha im Ayurveda meistens in Kombination mit Meditation als Therapie genutzt, um das emotionale Gleichgewicht der Patienten wiederherzustellen. Da es auch als Therapie für einen guten Schlaf bekannt ist, nutzen es einige Hochleistungssportlerinnen und -sportler zur Beruhigung oder zur besseren Regeneration (im Trainingslager oder auf Wettkämpfen).
Zudem gilt Ashwagandha als Antioxidans, wirkt also entzündungshemmend und kann das Immunsystem langfristig stärken. Um Ashwagandha richtig anzuwenden, ist es sinnvoll, einen Komplementärmediziner, eine Therapeutin oder einen Ernährungsberater zu konsultieren, der sich mit der indischen Medizin und mit der entsprechenden Studienlage auskennt.
Wer hat Nutzen von Ashwagandha?
Medikamente, die Entspannung und guten Schlaf fördern (wie z. B. Schlaftabletten) haben oft Nebenwirkungen und können auf Dauer sogar anhängig machen. Deshalb suchen viele Betroffene pflanzliche Alternativen, was sinnvoll ist. Jedoch nur für Betroffene, wenn also eine Indikation besteht. Hochleistungsathletinnen und -athleten werden in der Regel medizinisch betreut und haben direkte Ansprechpartner. Supplemente können in diesem Bereich sinnvoll sein. Denn sie leiden häufiger unter Mangelerscheinungen, da sie ständig körperlich an die Grenzen gehen (müssen) und bei Wettkämpfen teilweise stark unter Stress stehen, was auch zu Einschlafproblemen führen kann.
Freizeitsportlerinnen und Hobbyläufern hingegen ist es zu empfehlen, sich in erster Linie gesund und vollwertig zu ernähren sowie die gängigen Regenerationsstrategien zu verfolgen. Wer gesund lebt, benötigt keine Nahrungsergänzungsmittel – ob Mineralstoffe, Vitamine oder Pflanzenextrakte.
Wie wird Ashwagandha eingesetzt?
Ashwagandha wirkt eher langfristig, die gewünschte Wirkung setzt meistens nicht sofort ein: Die Untersuchungen dazu liefen über Wochen bzw. Monate. Die Studienlage für die klassischen Wirkungen bei Schlafstörungen und Ängsten sowie im Bereich Hormone (Cortisol, aber auch Schilddrüsenhormone sowie Testosteron) sind recht umfassend, allerdings zumeist nicht groß angelegt (eher kleinere Studien mit weit unter 100 Probanden). Die Untersuchungen bezüglich der Wirkung im Sport sind im Gegensatz dazu dünn; sie werden vermutlich in den nächsten Jahren noch ausgebaut werden.
Als Nahrungsergänzungsmittel (Supplement) ist es als Pulver aus der getrockneten und gemahlenen Wurzel erhältlich, oder wird abgefüllt in Kapseln bzw. gepresst in Tablettenform auf dem Markt angeboten. Außerdem gibt es Wurzelextrakte in hoher Konzentration. Der wesentliche Wirkstoff sind die Withanolide (wird auf der Packung meistens in Prozent bzw. mg angegeben). Es ist in Bioläden, Reformhäusern, Drogerie-Märkten und in der Apotheke erhältlich. Als Bioprodukt aus rein ökologischem Anbau wird es als besonders gut verträglich und wirkungsvoll angepriesen, da diese Produkte keine Pestizide aufweisen.
Wer sich umfassend über Ashwagandha beraten lassen möchte, sollte eine Apotheke besuchen, weil Apotheken-Personal in Pflanzenkunde in der Regel bestens geschult ist. In den Studien zu Ashwagandha, die oft über Monate liefen, wurde es in Tabletten oder Kapseln gereicht, wobei die Dosis zumeist 300 mg betrug und von den Untersuchten bis zu zweimal täglich eingenommen wurde. Das Pulver nehmen einige auch zu den Mahlzeiten (Müsli/Milch) ein. In den Studien wurde es den Probanden jedoch meistens eine Stunde vor den Mahlzeiten oder zwei Stunden danach verabreicht. Die Tageszeit spielte weniger eine Rolle. Allerdings kann es ermüdend wirken, weshalb es im Ayurveda traditionell als Schlaftrunk kurz vor dem Zubettgehen konsumiert wird (das Pulver wird mit heißer Milch oder milchähnlichen Getränken und verschiedenen indischen Gewürzen zubereitet).
Welche Nebenwirkungen hat Ashwagandha, wer darf es nicht nehmen?
Auch pflanzliche Produkte können Nebenwirkungen haben. Schwangere und Stillende dürfen Ashwagandha nicht einnehmen. Ebenso sollten verschiedene Risikogruppen (Autoimmunerkrankungen, Bluthochdruck) von einer Einnahme absehen, denn es kann zu unerwünschten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Es gilt allgemein als nebenwirkungsarm, wenn man die empfohlene Tagesdosis nicht überschreitet. Allerdings können Beschwerden im Magen-Darm-Trakt auftreten, meistens aber nur bei Überdosierung (Bauchschmerzen/Durchfall/Erbrechen). In den Studien wurde den Untersuchten zumeist eine Tagesdosis von 300 bis maximal 500 mg verabreicht. Die Probanden gaben jedoch alle ein Leiden an (wie z.B. chronischen Stress). Falls Sie ähnliche Beschwerden haben sollten, gilt generell: Konsultieren Sie einen im Ayurveda fachkundigen Arzt oder eine Ärztin, um eine optimale Behandlung für Ihre Bedürfnisse zu erhalten.
Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln: Auch rein pflanzliche Mittel können Leberschäden verursachen, wie eine US-Studie belegt. Die Nationale Gesundheits- und Ernährungsuntersuchung (IHANES) in den USA (2023/2024) untersuchte die Wirkung von sechs Pflanzenextrakten in Nahrungsergänzungsmitteln auf die Leber. Dabei wurden rund 10.000 Konsumenten von Nahrungsergänzungsmitteln untersucht. In den USA wird etwa jeder fünfte Leberschaden von Supplementen oder pflanzlichen Mitteln verursacht. Vor allem Kurkuma, Traubensilberkerze und Grüntee können als Extrakte lebertoxisch wirken, ebenso Auszüge aus Garcinia cambogia, auch als Tamarinde bekannt, Rotschimmelreis und das ayurwedische Ashwagandha, bestätigte die groß angelegte Untersuchung. Deshalb ist es wichtig, sich über diese Mittel genau zu informieren, sie niemals falsch zu dosieren und eventuell deren gewünschte Wirkung über bewusste, natürliche Ernährung zu erhalten.
Nahrungsergänzungsmittel werden nicht kontrolliert: Es ist wichtig zu wissen, dass Nahrungsergänzungsmittel rechtlich nicht regelmäßigen Qualitätsprüfungen unterliegen, wie zum Beispiel Medikamente. Sie verfügen nicht über eine medizinische Zulassung, was bedeutet, dass ihre Wirksamkeit nicht zwingend nachgewiesen werden muss, so wie das bei Arzneimitteln der Fall ist. Das Ziel der oben genannten US-Untersuchung ist unter anderen Ärzte stärker zu sensibilisieren, was die Inhaltsstoffe von Supplementen angeht, damit sie besser über diese Bescheid wissen und im Zweifelsfall von der Einnahme abraten können.
Hier geht es zur Oiginal-Ernährungsuntersuchung: Leberschäden durch Supplemente
Ashwagandha und Ausdauersport
Vor allem bei Kraftsportlern, aber auch Hochleistungsathleten anderer Sportarten erfreut sich das pflanzliche Supplement derzeit großer Beliebtheit. Für Kraftsportlerinnen und Kraftsportler interessant: Ein erhöhter Cortisolspiegel hemmt die Ausschüttung des Hormons Testosteron. Testosteron ist eines der wichtigsten Wachstumshormone für den Muskelaufbau. Cortisol dagegen beschleunigt die Glukoneogenese, also die Bildung von Glukose aus Proteinen und damit den Muskelabbau. Daher sind etliche Kraftsportler und Kraftsportlerinnen von Ashwagandha-Supplementen angetan.
Aber was bringt Ashwagandha im Ausdauersport? Eher wenig! Mal abgesehen davon, dass es Stress reduzieren kann, was aber nur Hochleistungsathletinnen und -athleten vor oder nach dem Wettkampf einen Nutzen bringen kann (wenn der Körper noch voller Adrenalin ist, könnte es vielleicht einigen dabei helfen, schneller zur Ruhe zu kommen).
Was bringt Ashwagandha Läufern und Läuferinnen?
Natürlich sind Läuferinnen und Läufer stets an Selbstoptimierung interessiert, ob es nun um Regeneration (Stressabbau, besserer Schlaf), Gesundheit (Immunabwehr) oder Muskelaufbau geht. Allerdings lässt sich dies alles im Laufsport – und das gilt auch für ambitionierte Marathonläuferinnen und -läufer – bestens ohne Supplemente erreichen. Mit einem passenden Trainingsplan, gesunder und sportartgerechter Ernährung, ausreichend Schlaf und der entsprechenden Regeneration nach intensivem Training und Wettkämpfen sind Sie bestens gerüstet und können getrost auf Nahrungsergänzungsmittel verzichten.
Fazit: Natürliche Kost geht immer vor!
- Natürliche Lebensmittel sind Supplementen, also allen Arten von Nahrungsergänzungsmitteln, vorzuziehen. Nur wenn der Energie- oder Nährstoffbedarf durch diese nicht mehr gedeckt werden kann oder ein chronischer Mangelzustand besteht, können Supplemente hilfreich sein.
- Beim Einsatz von Supplementen ist es empfehlenswert, zuvor Fachleute zu konsultieren (Medizinerinnen, Ernährungsberater, Apotheker oder Trainerinnen).
- Pflanzliche Wirkstoffe sind natürlich und daher den chemischen bzw. künstlichen Produkten vorzuziehen, aber auch bei Bio-Heilpflanzen-Pulvern sollte man genau auf die Qualität und Herstellung achten und niemals die empfohlene Tagesdosis überschreiten, denn auch diese haben Nebenwirkungen.
Falls Sie ambitioniert laufen und schon öfter ohne Empfehlung eines Experten bzw. ohne Mangelerscheinung Supplemente getestet haben, möchten wir Sie darauf hinweisen, dass erstens die Wirkstoffe aus natürlicher Nahrung vom Körper besser aufgenommen werden können. Zweitens wird durch bewusste Ernährung allgemein ein gesunder Lebensstil gefördert und etabliert, während mit Pülverchen, Extrakten und Kapseln die Hemmschwelle eher sinkt, noch weitere Tabletten einzunehmen, was langfristig zu Suchtverhalten führen kann. Laufen ist aber eine natürliche Sportart, vielleicht sogar eine der natürlichsten und gesündesten überhaupt. Wer täglich durch die Natur joggt, entspannt sich obendrein. In diesem Sinne können Sie als Hobbyläuferin oder Freizeitläufer getrost auf Nahrungsergänzungsmittel verzichten. Denn Sie tun auch so schon genug für Ihr Wohlbefinden und Ihre Gesundheit.