2019 scheint Ihr Jahr zu sein. Erst haben Sie sich mit einem Halbmarathon in 64:00 Minuten für die US-Marathon-Trials der Olympischen Spiele qualifiziert, dann einen neuen Weltrekord über 50 Meilen (4:50:08 Stunden) aufgestellt und nur Wochen darauf zum zweiten Mal den Streckenrekord beim Western States Endurance Run – dem wohl wichtigsten 100-Meilen-Traillauf – gebrochen. Wären Sie noch besser, wenn Sie sich auf eine Disziplin – Ultra oder Marathon; Straße oder Trail – konzentrieren würden?
Ich denke, dass ich, egal ob ich Trails oder Straße laufe eine solide Grundlage an Ausdauer und Geschwindigkeit brauche. Klar, im Training versuche ich mich entweder auf das eine oder das andere zu konzentrieren und spezifisch zu trainieren – aber ich sehe es auch nicht als Entweder-Oder-Geschichte. Auf Trails gehöre ich zur Weltklasse – dasselbe Niveau auf der Straße zu zeigen, würde definitiv mehr Engagement in diese Richtung erfordern.
Wie entscheiden Sie, welche Ziele Sie anstreben?
Ich versuche mit Spaß und Inspiration an die Sache heranzugehen. Besonders faszinieren mich die härtesten und schnellsten Trail-Rennen. Im Moment habe ich auch Spaß an ein paar Ultra-Straßen-Distanzen, da ich Anfang des Jahres einiges an Training für den Halbmarathon gemacht habe und das Tempo nutzen möchte. In Zukunft möchte ich mich beim UTMB, Comrades Marathon und Sierre Zinal – alles sehr unterschiedliche Rennen – herausfordern.

Wie wirkt sich das auf Ihr Training aus, egal ob Sie für ein Ultra oder ein kürzeres Straßenrennen trainieren?
Die gesamte Grundlage an Kraft und Ausdauer hole ich mir auf den Trails. Diesen Teil des Trainings halte ich im Grunde immer gleich. Jedoch muss ich mein Training spezifizieren, wenn ich mich auf eine Veranstaltung vorbereite. Dabei berücksichtige ich, wo ich im Moment stehe, schaue mir also die letzten Trainingsblöcke an, die ich absolviert habe. Manchmal kann ich bestimmte Bereiche, auf die ich mich im letzten Block konzentriert habe, in den nächsten Trainingsblock übertragen, in dem ich dann wiederrum nicht so viel aus dem spezifischen Bereich machen muss, aber trotzdem noch genug vom Training profitiere. Zudem habe ich auch immer das nächste Rennen im Hinterkopf, um den Übergang in den nächsten Trainingsblock zu erleichtern. Der Prozess geschieht mit Periodisierung und Fokussierung auf Schwächen vor dem nächsten Rennen. Am Wichtigsten ist es, die Strecke des anstehenden Rennens und deren Anforderung zu kennen, um dafür bereit zu sein.
Apropos Training: Wie wichtig sind die Gemeinschaft und das Umfeld in Flagstaff für Ihren Erfolg?
Flagstaff ist wirklich ideal für alle Arten des Laufens. Für uns Trailrunner haben wir direkt aus der Stadt heraus endlose, kilometerlange Single-Trails. In Nord-Arizona können wir eine Menge verschiedener Trails und Wetterkonditionen mitnehmen. Darüber hinaus ist Flagstaff ein Laufmekka für den Straßenlauf: Wir haben eine Menge leicht hügelige Straßen. Außerdem können wir die Höhe mit recht mildem Klima im Winter nutzen. Um uns auf heiße Temperaturen bei Rennen vorzubereiten, können wir weiter südlich Richtung Phoenix laufen. Dort sind die Sommer sehr heiß.
Sie gehören zu einer Gruppe mit dem Namen Coconino Cowboys, bei der man manchmal nicht weiß, ob es sich um eine illustre Trainingsgruppe oder kindische Blödeltruppe handelt. Klären Sie uns auf.
In erster Linie sind wir gute Freunde. Wir pushen uns beim Training gegenseitig und unterstützen uns, besonders wenn jemand nachlässt. Wir alle wissen, was es heißt hier zu sein, hart trainieren zu können und sich gegenseitig zu haben. Doch es geht um viel mehr als das. Wir scheuen uns auch nicht davor, Müll zu reden und den dann auch noch in die Welt hinaus zu posaunen. Wir sind im Grunde eine ziemlich spezielle Gruppe von Freunden, die zufällig auch noch eine Laufgruppe ist.
Sie sind bekannt dafür, vor den meisten Ihrer Rennen große Erfolge (Streckenrekorde, Weltrekorde) anzukündigen. Brauchen Sie diese Art von Druck? Ist das wahres Selbstbewusstsein oder machen Sie das, um die Konkurrenz einschüchtern?
Ich habe das Gefühl, dass ich ehrlich über meine Ziele spreche, wenn ich danach gefragt werde. Ich scheue mich nicht vor meinen Zielen und Absichten, die ich für ein Rennen habe. Schließlich habe ich mir den Hintern aufgerissen, um bereit und zuversichtlich zu sein und es zu schaffen. Wenn es hart auf hart kommt, hilft Druck, egal von außen oder innen, das Beste aus mir herauszuholen.
Eliud Kipchoge ist (bisher) der schnellste Mann auf der Marathon-Distanz. Kilian Jornet wird oft als solcher im Ultra-Trail-Lauf gesehen. Wo sehen Sie sich?
Diese beiden Typen sind ewige Helden. Wenn mein Name in einem Gespräch über die Beiden fällt, kann ich ziemlich stolz sein. Ich würde gerne mehr mit Kilian laufen und ihn hoffentlich bei einigen seiner Rennen wie Zegama oder Sierre-Zinal herausfordern können. An Eliud im Marathon kommt im Moment niemand heran. Ich möchte die Person sein, die beiden am nächsten kommen kann und die verschiedenen Aspekte des Laufens auf den Trails, Bergen, Straßen und der vergangenen Leichtathletik genießen kann.

Wie wichtig ist die Ausrüstung, um Rekorde zu brechen?
Die richtige Ausrüstung zu finden, um hart zu trainieren und gleichzeitig verletzungsfrei zu bleiben, ist extrem wichtig. Natürlich muss man Jahre lang an sich arbeiten, aber seit ich 2015 HOKA ONE ONE als Ausrüster habe, fühle ich mich besser als ich es je in meiner Laufkarriere getan habe. Es schadet auch sicherlich nicht, ganz spezielle Modelle wie den Carbon X am Renntag zu tragen, um sicher zu sein, das Beste geben zu können.