Mitten in der Rüttenscheider Straße in Essen findet man den Laufladen Bunert. „Hier war doch mal ein Lebensmittelgeschäft?“, wunderten sich noch vor ein paar Jahren ortskundige Anwohner. Ja, richtig. Doch als sich die Chance auftat, zog Marc Böhme kurzerhand aus seinem kleineren Laufladen in das viel größere Geschäft mit 1a-Lage. „Das war schon etwas wagemutig“, erzählt der passionierte Läufer. Die Sorge, dass das Kalkül – bessere Lage, viel Fläche – nicht aufgehen könnte, war groß. Doch es war goldrichtig. In der lokalen Laufszene ist der Bunert-Laden mittlerweile eine feste Größe. „Ich wollte immer einen richtigen Laden für Läufer haben“, erklärt Böhme. Sein Traum war, dass die Läufer gleich im Geschäft die Möglichkeit haben sollten, Laufschuhe Probe zu laufen.

Angefangen hat Böhme auf viel kleinerer Fläche, da war nur Platz für ein Laufband. Jetzt, auf den 400 Quadratmetern des ehemaligen Netto-Supermarkts, ist viel Raum. Längs durch den Laden ließen er und sein Team beim Umbau eine 20 Meter lange Laufbahn aus Tartan legen. Die Kleiderständer stehen nicht mehr gedrängt, von jeder Seite kommt man gut an die Ware, die Schuhwand kann man ungehindert abschreiten. Stolze 97 verschiedene Modelle stehen zur Auswahl. Für den nötigen Überblick sorgt ein eingespieltes Team aus neun Mitarbeitern.
Veronika Edeler zählt seit mehr als 20 Jahren dazu. „Sie hat Erfahrung pur“, urteilt einer ihrer Kollegen. Dabei ist Veronika auch diejenige, die über den Tellerrand hinausschaut und den Kunden – neben der Laufschuhberatung – noch ganz andere Themen verständlich vermittelt: von Nordic Walking für Schwangere über Barfußseminare und Blackroll-Workshops bis hin zu Laufkursen. Eine weitere Stütze des Teams ist Jens Wunnenberg, „ein echter Bunert-Jung“, wie Marc ihn anerkennend nennt: Jens stieß vor zehn Jahren zum Team und wurde im Laufladen ausgebildet. Er kennt einerseits die Produkte, andererseits weiß er um die Tücken des Marktes und die Schwierigkeiten des Geschäfts: „Kein Kunde verläuft sich von allein in einen Laufladen, wenn er nichts mit Laufen zu tun hat“, sagt er.

Das weiß auch Sebastian Schmitz. Er ist der Coach im Team, hat Sport studiert und ist von Kindesbeinen an Leichtathlet. Sein Wissen gibt er an die Kunden weiter, seine Trainingstipps sind unbezahlbar“, sagt Marc, zumal sich Kundengespräche oftmals vom Laufschuh weg in Richtung Training ausweiten. Und so hat das Laufschuhfachgeschäft mit den Jahren sein Angebot erweitert: In der angeschlossenen Ausdauerschule gibt es Kurse sowohl für Freizeit- und Hobbyläufer wie für ambitionierte Athleten und zum seit Jahren angebotenen Lauftreff kommen mittlerweile wieder 50 bis 70 Läufer pro Woche. Vor Corona waren es sogar weit über 100.
Mit den Jahren hat sich ein Angebot parallel zum Laufschuh- und Bekleidungsgeschäft entwickelt – und das wird gut angenommen
Zum Bunert-Angebot gehören neben Laufreisen aber auch Leistungsdiagnostik und Biomechanikanalysen. Die aufwendige Bewegungsanalyse, die weit über die einfache Videoanalyse bei der Laufschuhberatung hinausgeht, wird in separaten Räumen neben dem Ladengeschäft angeboten. Diplom-Sportwissenschaftler und Leistungsdiagnostiker erstellen hier mittels einer Spiroergometrie eine detaillierte Leistungsdiagnostik und setzen sie in eine personalisierte Trainingsplanung um.

Marc Böhmes Augen leuchten, er ist kaum zu bremsen, wenn er über seine Aktivitäten spricht. Seit einiger Zeit organisiert er sogar Vortragsabende im Laufladen. Und als der italienische Sportschuhhersteller Diadora ein neues Modell vorstellte, organisierte er einen italienischen Abend mit Sänger Riccardo Doppio, dem „Eros Ramazzotti aus dem Pott“, für den die Karten ebenso schnell ausverkauft waren wie für einen Kabarettabend mit Dieter Baumann. Weitere Unterhaltungsabende sind in Vorbereitung, Marc sprudelt vor Ideen. „Nicht im täglichen Kontakt mit Läuferinnen und Läufern zu stehen, das war für mich das Schlimmste während Corona.“ Da hat jemand seine Berufung gefunden.