Trainingsgestaltung, Ausrüstung und Mentalstrategien: All das war schon Thema während meiner mittlerweile neunwöchigen Halbmarathon-Vorbereitung. Mit einer Sache habe ich mich in dieser Zeit – und auch ehrlich gesagt auch in meiner Läufer-Karriere davor – nicht auseinandergesetzt: Mit einer spezifischen Sporternährung. Mein Wissen darüber beschränkt sich eigentlich darauf, dass ich den Sinn von Carboloading verstanden habe. Aber über die Aufgaben von Proteinen, Fetten und Ballaststoffen habe ich nur rudimentäre Kenntnisse. Deshalb habe ich recherchiert und mit dem Sportmediziner Dr. Paul Schmidt-Hellinger, deutscher Rekordhalter auf 50 Kilometern (2:49 Stunden) und einer der Autoren des Runner’s Guide von Foodspring, gesprochen. Hier einmal kompakt zusammengefasst: Was sollte man über eine optimale Läuferernährung wissen?
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Ausdauerspezifische Sporternährung – Die Basics
Die richtige Ernährung unterstützt die Leistungsfähigkeit und stellt sicher, dass man am Wettkampftag in Bestform ist. Die Grundlage dafür ist eine ausgewogene, abwechslungsreiche und frische Kost. Soweit, so gut. Was sind aber die einzelnen Bestandteile, in welchen Lebensmitteln sind sie enthalten und zu welchem Zeitpunkt haben sie den größten Nutzen?
Kohlenhydrate sind die Energie-Lieferanten Nummer Eins
Kohlenhydrate sind Zuckermoleküle, die Energie für das Laufen – und für alles andere – bereitstellen. Ein Teil ist als freier Blutzucker sofort verfügbar, der Großteil wird als Glykogen in Leber und Muskeln gespeichert. Dieser Vorrat reicht etwa für 90 Minuten Energieversorgung. Sind die Kohlenhydratspeicher leer, beginnt der Körper Proteine, also Muskeln, abzubauen. Sind die Kohlenhydratspeicher übervoll, werden überschüssige Kohlenhydrate in Fett umgewandelt.
Worin kommen sie vor? Einfache Kohlenhydrate (schnelle, aber nicht langanhaltende Energiegewinnung) sind in Weißbrot, Nudeln, Zucker und Obst enthalten. Komplexe Kohlenhydrate (langsame, aber nachhaltigere Energiegewinnung) finden sich in Vollkornprodukten, Kartoffeln oder Haferflocken.
Wann sollten sie gegessen werden? Da sie so essenziell für die Energiegewinnung sind, sollten Kohlenhydrate bei Läufern regelmäßig und ausreichend auf dem Speiseplan stehen – vor allem an Trainingstagen. Am besten so oft es geht in der Vollkornvariante. Bedeutet in der Praxis: Regelmäßig Reis oder Nudeln zum Mittag oder Abendessen und Müsli oder Vollkornbrot zum Frühstück. Und einen leichten Kohlenhydrat-Snack (Energieriegel, Toast, Banane) 45 Minuten vor dem Training.
Tipp vom Sportarzt: „Eine Ernährung nach dem Low-Carb-Prinzip (wo Eiweiß und Fette die Kohlenhydrate ersetzen) ist für Läufer nicht zu empfehlen. Um den Fettstoffwechsel zu optimieren, können Fortgeschrittene gegebenenfalls auf das Train-Low-Compete-High-Prinzip zurückgreifen. Kohlenhydrate werden dort nur vor intensiven Trainingsbelastungen gegessen. Insgesamt kann man sich als Läufer aber von der Idee der bösen Kohlenhydrate verabschieden.“
Proteine bauen Muskeln auf
Proteine werden auch Eiweiß genannt und sind der wichtigste Faktor beim Muskelaufbau. Aber auch als Läufer, wenn Muskelberge eigentlich nicht das Ziel sind, ist eine ausreichende Proteinzufuhr wichtig. Denn beim Laufen werden die Muskeln beansprucht und müssen sich regenerieren, besonders, wenn bei harten Einheiten die Kohlenhydratspeicher aufgebraucht sind, und der Körper beginnt, Muskeln abzubauen.
Worin kommen sie vor? Unter anderem in Milchprodukten, Ei, Hülsenfrüchten, Nüssen, Kernen, Soja, Fleisch und Fisch.
Wann sollten sie gegessen werden? Vor allem in der Regeneration. Und das möglichst bald nach dem Laufen. Die effizienteste Muskelregeneration erreicht man in den ersten 30 Minuten nach der Belastung. Deshalb: Einen Bananen-Milchshake oder einen Joghurt als Snack direkt nach dem Laufen. Etwas später darf es dann gerne eine Mahlzeit mit komplexen Kohlenhydraten sein. (Diese Hinweise richten sich an Sportler, die nicht expliziert Gewicht verlieren möchten.)
Tipp vom Sportarzt: „Neue Forschungen lassen darauf schließen, dass Proteine in einer positiven Wechselwirkung mit Essig stehen. Warum also nicht mal einen mit Essig gewürzten Salat mit Ei und Käse nach dem Laufen probieren."
Fett stellt Energie nachhaltig zur Verfügung
Auch aus Fett gewinnt der Körper Energie. Weil die Speicher dafür größer sind als für Kohlenhydrate, ist der Fettstoffwechsel sogar nachhaltiger – allerdings auch langsamer. Deshalb wird Fett besonders bei langen, langsamen Läufen verbrannt. Je schneller und intensiver das Training wird, desto stärker greift der Körper auf Kohlenhydrate zurück. Statt auf besonders viel Fett bei der Nahrungsaufnahme zu achten, sollte man eher auf hochwertige Omega-3-Fette achten.
Worin kommt es vor? Hochwertige Fette stecken beispielsweise in Nüssen, Samen, Leinöl, Olivenöl und Lachs.
Wann sollte es gegessen werden? Durch die ausreichenden Reserven muss man Fett nicht gezielt vor oder nach dem Laufen aufnehmen. Regelmäßig fetthaltige Lebensmittel in den Speiseplan zu integrieren reicht völlig aus.
Tipp vom Sportarzt: „Wer überflüssiges Fett verbrennen und damit abnehmen will, der sollte auf eine große Mahlzeit nach einer intensiven Einheit verzichten und den appetithemmenden Effekt der laktaziden Belastung ausnutzen. Ein kleiner Recovery-Snack mit 15-20 Gramm Protein und 20-30 Gramm Kohlenhydraten reicht da aus.“
Ballaststoffe sind gut für die Verdauung
Ballaststoffe sind weitestgehend unverdauliche Nährstoffe, die keine Energie liefern. Trotzdem sind sie kein Ballast, sondern wirken sich als Quell- und Füllstoffe positiv auf Verdauung und Darmflora aus.
Worin kommen sie vor? In Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten.
Wann sollten sie gegessen werden? Wie man an den aufgezählten Lebensmitteln sieht, nimmt man Ballaststoffe meist mit Kohlenhydraten zu sich. Auf sie verzichten sollte man allerdings kurz vor intensiven Trainings da sie schwer im Magen liegen.
Tipp vom Sportarzt: „Insbesondere vor dem Wettkampf gilt: Bloß keine Ballaststoffe. Morgens im Hotel also nicht noch schnell mit der gesunden Ernährung anfangen und zu Vollkornbrot und Obstsalat greifen – das kann zu bösen Überraschungen auf der Strecke führen. Hier lieber auf einfache Kohlenhydrate wie Weißbrot mit Marmelade zurückgreifen.“
Zu diesen vier Aspekten kommen natürlich Vitamine, Mikronährstoffe und auch das Thema Nahrungsergänzungsmittel hinzu. Eine erschöpfende Zusammenfassung über die ideale Sporternährung ist fast unmöglich zu geben. Mediziner Paul Schmidt-Hellinger fasst zusammen: „Ist man normalgewichtig und hat seine Essensimpulse unter Kontrolle, hat man meist ohnehin ein gutes Gefühl für die richtige Ernährung. Achtet man dann noch auf abwechslungsreiche, vollwertige Kost ist das schon mehr als die halbe Miete.“