Im vergangenen Jahrzehnt haben sich hochintensive Trainingsintervalle etwas in Form von HIIT-Einheiten an die Spitze der Fitnessliste hochgearbeitet. Sie sind kürzer, zeiteffizienter und genauso effektiv in Sachen Gesundheits- und Fitnesssteigerung – nach manchen Messungen sogar noch effektiver – als das klassische, „kontinuierliche“ Trainieren. Natürlich ist das keine weltbewegende Neuigkeit für Läufer, die seit mehr als einem halben Jahrhundert auf hochintensives Intervalltraining setzen. Roger Bannisters Haupttrainingseinheit in den 1950er Jahren war ein 10-mal 400-Meter-Lauf; Paavo Nurmi machte schon in den 1920er Jahren Kurzstreckensprints.
Aber sind Intervalleinheiten wirklich besser als die Alternative oder sind sie einfach nur anders?
Um diese Frage zu beantworten, muss man sich klarmachen, wie man unterschiedliche Trainingsweisen vergleichen kann, um sicher zu stellen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Müssen in einem Vergleich von Intervall- und kontinuierlichen Training beide gleich lange dauern, die gleiche Entfernung haben oder gleich aufwändig sein? Keiner dieser Vergleiche ist perfekt, da die Trainingsweisen grundlegend verschieden sind.
Intervalltraining ist von Natur aus kürzer und intensiver. Das ist der wesentliche Kompromiss: Man strengt sich mehr an und das Training ist viel schneller geschafft, während es die gleichen Vorteile wie das kontinuierliche Training bietet. In den meisten Fällen stellen die Studien die Gesamtanstrengung beider Trainingsarten vergleichend gegenüber. Das wird am leichtesten mit Trainingsfahrrädern bewerkstelligt, dabei wird die Energie, die es braucht, die Räder zu bewegen, gemessen; doch ähnliche Prinzipien gelten auch für andere Einheiten.
Vor ein paar Monaten schrieb ich beispielsweise über eine Studie, die eine größere mitochondriale Anpassung nach einem Intervalltraining als nach einem kontinuierlichen Training nachwies. Die beiden Trainingsschemata unterteilten sich jeweils nach „Anstrengung“ und nach „Zeit“: entweder durchgehend 30 Minuten bei 50 Prozent maximaler Leistung oder ein Intervall von 5 Minuten bei 65 Prozent maximaler Leistung und eine 2,5-minütige Erholungsphase bei 20 Prozent der Maximalleistung – und das wurde vier Mal wiederholt.
Gleiche Leistung, mehr Erschöpfung?
Rechnet man das nun zusammen, fällt auf, dass beide Einheiten 30 Minuten beanspruchen und eine durchschnittliche Leistung von 50 Prozent haben. Dabei führte das Intervalltraining gewiss zu einem stärkeren Zuwachs an Mitochondrien. Aber wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass die Vorteile nicht ohne Folgen bleiben. Am Ende des Trainings berichteten die Probanden von einer Erschöpfung (auf einer Skala von 1 bis 10) von 3,9 nach dem kontinuierlichen Training und 5,6 am Ende des Intervalltrainings. Wenngleich die Gesamtanstrengung dieselbe war, fühlte sich das Intervalltraining also härter an.
Diesen Sachverhalt untersuchten Forscher der Italico Universitiy in Rom in einer Studie, welche vor einigen Jahren in der PLoS ONE publiziert wurde – darauf wurde ich vor kurzem durch einen Tweet des Intervalltrainingsforschers Martin Gibala aufmerksam.Die Studie vergleicht Intervall- und kontinuierliches Training mithilfe des „Iso-Aufwands“ – ein Konzept, welches der in Norwegen ansässige Forscher Stephen Seiler etablierte, dessen Ziel es ist bei beiden Methoden die gleiche Menge an Aufwand zu erbringen. Die Forscher verglichen 30 Minuten kontinuierliche Belastung mit drei verschiedenen 30-minütigem Trainingsintervallen (feste Einheiten von 20, 30 oder 40 Sekunden wurden jede Minute wiederholt). In beiden Fällen waren die Anweisungen lediglich, dass sich die Probanden bei den Workouts so sehr wie möglich anstrengen sollten.
Das Ergebnis: Das kontinuierliche Training bedingte durchschnittlich einen höheren Puls, Sauerstoffverbrauch und insgesamt eine größere Anstrengung. Dies war eine Kurzzeitstudie, daher gibt es keine Daten darüber, inwiefern sich die Fitnessanpassung über die nächsten Wochen und Monate entwickelt hätte. Es ist jedoch immer noch naheliegend zu fragen, ob sich die offensichtlichen Vorteile des Intervalltrainings bezüglich des mitochondrialen Wachstums, auch noch in dieser Art von Anstrengungsvergleich zeigen würde.
Bedeutet das jetzt, dass Intervalltraining besser ist?
Nicht wirklich. Man sollte sich nur im Klaren darüber sein, was die Vor- und Nachteile sind. Wenn man ständig in Eile ist, scheint „mehr Aufwand innerhalb kürzerer Zeit“ natürlich die beste Option für denselben Effekt. Die große Überraschung des letzten Jahrzehnts war, dass man damit denselben Erfolg wie beim atmungsintensiven, kontinuierlichen Training haben kann – mit dem sehr wichtigen, aber dennoch oft vernachlässigten Vorbehalt, dass man sich trotz allem mehr anstrengen muss.
Die Debatte mit einer „Was ist besser“-Frage zwischen Intervalleinheiten und Dauerläufen darzustellen, ist aber die falsche Herangehensweise. Läufer vertrauen seit Jahrzehnten auf Intervalltraining, aber (mit ein paar erwähnenswerten Ausnahmen) immer als Teil eines abwechslungsreichen Programms, das lange Läufe, kurze Läufe, Tempoläufe und so weiter enthält.
Ein stetiges Verfolgen nur einer dieser Trainingsarten würde zwar zu Verbesserungen führen, aber sie sind auf subtile Weise verschieden, also ist es wohl das Beste, diese zu kombinieren. Auf mehrere Einheiten mit unterschiedlicher Dauer, Intensivität und variierendem Aufbau sowie Aufwand zu setzen, hat auch einen positiven psychologischen Effekt – und vielleicht noch viel wichtiger, es macht alles spannender.