Laufen in den Herbst- und Wintermonaten hat seine Vor- und Nachteile. Manch einer liebt die frische kühle Luft, die man bei Winterläufen einatmet oder die Wärme, die einen durchströmt, während die Landschaft um einen herum in herbstliche Blätter gehüllt ist oder in Schnee und Eis erstarrt. Ein schöner Aspekt des Laufens in den kalten Monaten ist außerdem, dass auf den beliebten Laufstrecken meist weniger los ist – doch nicht alle Läufer und vor allem Läuferinnen schätzen diesen Punkt.
Angst beim Laufen im Dunkeln
Denn mit den dunklen Wintermonaten kommen bei vielen Läufern und Läuferinnen Sorgen auf, wenn sie ihre morgendliche oder abendliche Laufrunde im Stockfinsteren drehen müssen. Irgendwo hat man doch schon mal gelesen oder gehört, dass eine Läuferin überfallen wurde... Weiter will man meist gar nicht denken.
Doch nicht nur im Dunklen, auch mitten am Tag sind viele Menschen von diesen Gedanken nicht frei. Dabei muss man gar nicht immer gleich vom Schlimmsten ausgehen. Auch verbale Belästigungen, die Frauen und auch viele andere Menschen, etwa mit (vermeintlichem) Migrationshintergrund, häufig erleben, hinterlassen ein ekliges Gefühl und haben auf der Laufrunde einfach nichts verloren. Ängste und Beklommenheit haben also ihre Berechtigung und für viele Läufer*innen gehören sie schon fast zum Lauftraining dazu – was schrecklich ist.
Tipps für mehr Sicherheit beim Joggen
Man sollte sich von der Angst aber nicht zu sehr bestimmen lassen und womöglich noch das Laufen bleiben lassen, bis im Frühjahr die Sonne und die anderen Läufer wieder herauskommen. Wir haben einige Tipps zusammengestellt, mit denen Sie sich als Läuferin oder Läufer sicherer auf Ihrer Laufstrecke fühlen können – und dadurch Ihre Läufe hoffentlich mehr genießen.
Tipp 1: Suchen Sie eine sichere Route
Die Wahrscheinlichkeit im dunklen Wald einer Straftat zum Opfer zu fallen, ist weitaus geringer als mitten in der Stadt. Doch wenn etwas in der Abgeschiedenheit passiert, kann niemand zur Hilfe eilen und Schlimmeres vermeiden. Das subjektive Angstgefühl auf einsamen Strecken kommt noch hinzu. Laufen Sie also alleine, so wählen Sie besser eine Route, die belebt und beleuchtet ist. Das ist in Städten natürlich einfacher als in kleinen Dörfern. Absolvieren Sie im Zweifel einfach mehrere Runden auf einer Strecke, auf der Sie sich wohl fühlen als auf einsamen Routen zu laufen. Heben Sie sich die idyllische Waldroute fürs Wochenende auf, wenn sie sie tagsüber laufen können.
Tipp 2: Verabreden Sie sich mit Freunden oder schließen Sie sich einer Laufgruppe an
Zum Glück ist das Laufen ein derart beliebter Sport, dass sich nahezu überall Gleichgesinnte finden. Gemeinsam zu laufen macht Spaß und bringt mehr Sicherheit beim Joggen im Dunkeln oder auf einsamen Strecken. Wenn Sie mit Ihrer Freundin, einem Laufkumpel oder einer ganzen Laufgruppe unterwegs sind, brauchen Sie weniger Angst zu haben, belästigt oder unangenehm erschreckt zu werden. Mit Stirnlampen ausgerüstet können Sie zu mehreren sogar eine Laufrunde auf abgelegenen Feldwegen genießen.

Tipp 3: Wechseln Sie Ihre Laufwege
Dass jemand im kalten dunklen Wald wartet in der Hoffnung, dass zufällig eine Joggerin vorbeikommt, die er überfallen kann, ist äußerst unwahrscheinlich. Dieser jemand würde sich eher dort auf die Lauer legen, wo er mit einem potenziellen Opfer rechnen kann. Um nicht mit der Angst im Nacken zu laufen, jemand könnte gezielt auf Sie warten, laufen Sie nicht immer dieselbe Strecke zur selben Uhrzeit. Laufen Sie stattdessen immer andere Wege und versuchen Sie zu unterschiedlichen Tageszeiten zu joggen. Nehmen Sie Ihre Laufsachen zum Beispiel mit zur Arbeit und laufen Sie zur Abwechslung auch mal dort. Falls Sie Ihre Lauftrainings tracken, überlegen Sie sich, mit wem Sie sie online teilen und ob sie Ihre Strecken wirklich öffentlich teilen wollen.
Tipp 4: Lassen Sie sich tracken – von Freunden und Familie
Mit dem Gedanken zu laufen, Ihre Liebsten wissen immer genau, wo sie gerade sind, gibt ein sehr gutes Gefühl. Verschiedene Apps (viele davon kostenlos) ermöglichen es, sich während des Laufens tracken zulassen, darunter zum Beispiel die sowohl mit iOS als auch mit Android kompatiblen Apps Glympse, FamiSafe, KommGutHeim sowie die Apps von Life360. In einem Test der vom Bundes-Verbraucherministerium finanzierten Plattform Mobilsicher.de hat die App WayGuard gut abgeschnitten. Diese wurde von der Polizei NRW mitentwickelt und stellt ein ganzes Team bereit, welches einen 24-Stunden-Begleitservice bietet und per Notruf direkt alarmiert werden kann. Ebenso die bekannten Lauf-Apps wie Strava, Runkeeper, MapMyRun oder Endomondo bieten Live-Tracking – achten Sie aber bitte immer auf die Einstellungen, mit wem Sie Ihren Standort teilen.

Einige dieser Apps haben die Funktion „Geofencing“. Damit können Sie einen bestimmten Bereich oder eine bestimmte Route eingrenzen. Das Handy Ihres „virtuellen Begleiters“ schlägt Alarm, sobald Sie die zuvor selbst festgelegte Zone verlassen. Eine Alternative ist das Heimwegtelefon, welches man abends und am Wochenende die ganze Nacht anrufen kann. Die Mitarbeiter telefonieren solange mit einem, bis man sich wieder sicher fühlt. Sollte etwas während des Telefonats passieren, kontaktieren die Mitarbeiter sofort die Polizei.
Tipp 5: Aktivieren Sie die Notfall-Taste Ihres Handys
Unser Handy erledigt so vieles in unserem Alltag, da liegt es nahe, dass es uns auch im Notfall hilft. Bei iPhones und einigen Samsung-Modellen gibt es eine Notruf-Einstellung. Ist diese aktiviert, kann man mit einer einzigen Tastenkombination (bei iPhone 8 und neuer: Seitentaste und Lautstärketaste) im Notfall ein Signal aussenden. Der Notfalldienst sowie alle im Vorhinein gespeicherten Notall-Kontakte werden sofort informiert. Sie bekommen nicht nur Ihren aktuellen Standort geschickt, sondern können Ihren Standort eine Zeit lang verfolgen, falls sich dieser ändert. Wer auf diese sehr clevere Funktion im Notfall zurückgreifen will, sollte diese also jetzt aktivieren und sich die Bedienung genau einprägen.

Tipp 6: Lernen Sie, sich selbst zu verteidigen
Natürlich möchte man sich diesen Fall nicht vorstellen, aber kommt einem doch einmal jemand zu nahe, ist es sehr praktisch, wenn man ein paar Tricks auf Lager hat, mit denen man den Angreifer zumindest für einige Sekunden außer Gefecht setzen kann. Außerdem: Wer weiß, dass er sich selbst verteidigen kann, tritt selbstbewusster auf – allein das kann so manchen Übeltäter von seiner Tat abbringen. Im Internet finden Sie viele Anleitungen, wie man die wichtigsten Selbstverteidigungs-Techniken trainieren kann.

Tipp 7: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl
Hören Sie immer auf Ihre Intuition, sobald Ihnen etwas komisch vorkommt oder Sie ein ungutes Gefühl beschleicht. Vielleicht kennen Sie folgende Situation (oder ähnliche Situationen): Kurz bevor Sie die Abkürzung durch den kleinen Park nehmen wollen, geht ein Mann in den Park. Es gibt keinen erkennbaren Grund, Angst zu haben, doch irgendetwas bereitet Ihnen Unbehagen. Sie versuchen sich auf den Boden der Tatsachen zu holen: „Es ist nur ein Mann, der spazieren geht. Die Gegend hier ist harmlos und da drüben sind schon wieder Lichter, jetzt werde nicht paranoid!“ Natürlich sind Ängste nicht immer (sogar sehr selten) rational, aber ist ein Lauf ein schöner Lauf, wenn er – und sei es nur für drei Minuten – von Angst begleitet wurde? Nein! Sie müssen niemanden etwas beweisen. Sie sollen einfach nur ohne Schrecken und Unwohlsein Ihr Lauftraining genießen.
Tipp 8: Alarm! Gehen Sie auf Nummer sicher mit diesen Sicherheits-Gadgets
Sucht man im Internet nach Sicherheits-Gadgets stößt man auf ein riesiges Angebot an kleinen Hilfsgeräten, die einem in der Not helfen sollen, meist indem sie einen Alarm auslösen. Beim Laufen praktisch zu transportieren sind Taschenalarme in Form von Schlüsselanhängern, die eine integrierte Trillerpfeife oder einen Notsignal-Stift haben, Notfall-Armbänder wie die von Safe by Gaia oder die Alarmbands. Sobald Sie belästigt werden oder eine Gefahr vermuten, können Sie per Knopf-Druck ein lautes schrilles Geräusch auslösen und den möglichen Angreifer damit aus dem Konzept bringen. Das Signal-Gerät sollte schnell und einfach zugänglich sein. Im Winter sollte man das Armband also lieber über der Laufjacke tragen und den Schlüsselanhänger in einer Außentasche der Jacke verstauen oder – wer sehr ängstlich ist – gleich in die Hand nehmen. Von Pfeffersprays ist eher abzuraten, denn Sie können das Handling mit einem solchen Spray vorher nicht üben. Das heißt, Sie haben keine Erfahrung damit und fühlen sich im Umgang damit wahrscheinlich auch nicht sicher.

Tipp 9: Stirnlampen sorgen für Licht
Selbst ein harmloser Spaziergänger, den Sie im Dunkeln nicht wahrnehmen, kann Ihnen einen großen Schrecken einjagen. Solche Erlebnisse verhindern Sie, indem Sie sich nicht nur selbst durch Reflektoren und Lichtstreifen erkenntlich machen, sondern Ihre Umgebung mit einer Stirnlampe ausleuchten. Mit einer Stirnlampe, die über eine sehr hohe Leuchtkraft verfügt, können Sie potenzielle Gefahren – ob Tier oder Mensch – sogar blenden. Die passive Sicherheit durch helle oder besser noch reflektierende Kleidung sollten Sie gerade im Straßenverkehr aber ebenfalls nicht vernachlässigen.
Wie reflektierende Kleidung und bestimmte Leucht-Tools beim Laufen im Dunklen helfen, haben wir in einem separaten Artikel beschrieben.

Tipp 10: Helfen Sie anderen!
Die Kraft der Masse ist beim Thema Belästigung nicht zu unterschätzen. Man mag es kaum glauben, aber es gibt Menschen, die bewusst wegschauen, wenn sie eine kriminelle Tat sehen. Sie wollen damit nichts zu tun haben. Manch einer würde gerne helfen, weiß aber nicht wie, hat vielleicht selbst zu große Angst. Und leider ist es so: Wenn keiner hilft, sehen sich andere auch nicht in der Position zu helfen. "Die anderen haben ja auch nichts gemacht", lautet dann die Erklärung, um sich selbst ein besseres Gefühl zu geben.
Dieses Phänomen funktioniert zum Glück aber auch andersherum: Fängt einer an zu helfen, dauert es meist nicht lange, und die nächsten werden aktiv. Seien Sie also mutig, machen Sie den ersten Schritt und handeln Sie so, wie Sie sich es selbst wünschen würden. Klar, als erste Regel gilt: Handeln Sie, wenn Sie sich selbst in Sicherheit fühlen, beispielsweise, wenn Sie mit Ihrem Hund spazieren oder in Begleitung sind. Sie können auch Fremde dazu animieren, mit Ihnen zum "Geschehenssort" zu kommen. Sie brauchen nicht unbedingt nah heran kommen. Ein lauter klarer Satz wie "Hören Sie sofort auf!" kann die Situation für den Täter oder die Täterin schon ungemütlich machen.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es sich tatsächlich um eine Belästigung handelt, können Sie das mögliche Opfer auch ansprechen und somit die Situation entschärfen. Sie können zum Beispiel nach dem Weg fragen oder sagen, dass Sie Ihren Hund suchen und fragen, ob die besagte Person mit suchen helfen könnte. Entweder reicht das schon, den Täter von weiterem Tun abzubringen oder zumindest können Sie in den paar Sekunden einschätzen, in welchem Verhältnis die beiden Personen zueinander stehen und ob weitere Hilfe nötig ist.
Waren oder sind wirklich böse Absichten im Spiel, sprechen Sie weitere Passanten an oder informieren Sie die Polizei. Sind Sie zu zweit, kann die andere Person das Ganze unauffällig mit dem Handy dokumentieren. Beobachten Sie, dass eine andere Läuferin oder ein anderer Läufer belästigt wurde und die belästigende Person verschwindet, bevor Sie helfen können, so können Sie folgendes tun: Sagen Sie der betroffenen Person, dass Sie gesehen haben, was passiert ist und dass Sie ihr die Hilfe anbieten, die Sie jetzt gerade benötigt – sei es, sie nach Hause zu begleiten oder mit ihr zur Polizei zu gehen. Einer Belästigung zum Opfer zu fallen und anschließend alleine da zu stehen, macht das Ganze noch schlimmer. Hier hilft es schon, danach jemanden an der Seite zu haben, der einem Verständnis und Mitgefühl entgegenbringt.