So funktioniert Hitzetraining für Läufer

Trainingstrend der Profis
Schneller durch Hitzetraining

Veröffentlicht am 16.04.2025
Schneller durch Hitzetraining
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Normalerweise vermeiden es Läuferinnen und Läufer, bei großer Hitze zu trainieren. Im Sommer weichen wir auf die Morgen- oder Abendstunden aus, fällt es bei hohen Temperaturen und direkter Sonneneinstrahlung doch deutlich schwerer, die normale Leistung abzuliefern. Doch es ist nicht nur anstrengend, oft wird sogar vor Sport bei Hitze gewarnt.

Seit einiger Zeit liest man jedoch vermehrt von Spitzensportlerinnen und -sportlern, die ganz gezielt bei Hitze trainieren. Dabei geht es ihnen nicht primär darum, sich an die hohen Temperaturen zu gewöhnen. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Hitzetraining Einfluss auf physiologische Parameter hat, die für die Ausdauerleistung relevant sind. Kurzum: Hitzetraining soll leistungssteigernd wirken! Wie beim Höhentraining soll durch gezieltes Training bei hohen Temperaturen die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max) verbessert werden. Aber funktioniert das wirklich? Und solltest du es selbst ausprobieren? Wir beantworten diese und alle weiteren Fragen rund um das Thema Hitzetraining.

Was ist Hitzetraining?

Hitzetraining bezeichnet das gezielte Trainieren bei höheren Temperaturen. Ursprünglich wurde Hitzetraining vor allem von Ausdauersportlerinnen und -sportlern eingesetzt, um sich auf Wettkämpfe vorzubereiten, bei denen sie hohen Temperaturen ausgesetzt sind – es ging ihnen um eine Gewöhnung an die Bedingungen. Inzwischen erkennen immer mehr Athletinnen und Athleten die allgemeine leistungssteigernde Wirkung, die sich durch Hitzetraining ergeben kann. Hitzetraining löst spezifische physiologische Anpassungsprozesse aus, die zu einer allgemeinen besseren Leistungsfähigkeit führen. Welche das sind, erfährst du weiter unten.

Hitzetraining kann dabei unter natürlichen oder künstlichen Bedingungen stattfinden. Entweder nutzt man eine hohe Umgebungstemperatur oder man sorgt dafür, dass die Körperwärme nicht gut abgeführt werden kann. Beim Laufen kann man sich beispielsweise wärmer anziehen, als man es eigentlich tun würde, da mehrere Kleidungsschichten die Ableitung der Körperwärme nach außen verhindern. Oftmals wird auf Indoor-Training gesetzt und auf dem Laufband oder dem Fahrradergometer trainiert. Statt bei offenem Fenster und mit Ventilator dreht man zusätzlich die Heizung auf und/oder trägt auch hierbei mehrere Kleiderschichten. In jedem Fall ist es das Ziel, die Körperkerntemperatur auf über 38,5 °C zu erhöhen.

Neben dem beschriebenen aktiven Hitzetraining, bei dem man unter dem Einfluss höherer Temperaturen Sport treibt, gibt es auch passives Hitzetraining – ohne den „Training“-Teil. Hierbei setzt man sich nach dem normalen Training noch für 15 bis 30 Minuten in die Sauna oder nimmt ein heißes Bad. Der Vorteil des passiven Hitzetrainings: Das eigentliche Lauftraining wird nicht negativ beeinflusst, sodass Intensität und Umfang aufrechterhalten werden können. Allerdings sind die leistungssteigernden Vorteile des aktiven Hitzetrainings bei der passiven Methode nicht gesichert. Im Folgenden gehen wir daher vor allem auf das aktive Hitzetraining ein.

Welche physiologischen Vorteile hat das Hitzetraining?

Allein der Gedanke, in einem ungelüfteten Raum auf dem Laufband zu rennen und dabei auch noch dick angezogen zu sein, treibt vielen vermutlich Schweißperlen auf die Stirn – doch die Schinderei lohnt sich.

Klar, wer bei hohen Temperaturen Sport treibt – und dabei zusätzlich viele Kleidungsschichten trägt –, dem wird warm. In Folge schwitzt man, man dehydriert, die Herzfrequenz steigt und die Leistung fällt ab. Für den Körper ist Hitzetraining Stress – und genau darum geht es. Auf die intensive Belastung reagiert der Körper mit einer Reihe von Anpassungsprozessen, die die Leistungsfähigkeit steigern.

Hier ein Überblick über die physiologischen Anpassungsprozesse durch Hitzetraining:

  • Erhöhtes Plasmavolumen: Der Flüssigkeitsanteil im Blut steigt, was zu einer besseren Kühlung und einer verbesserten Ausdauerleistung führt.
  • Gesteigerte Hämoglobinmasse: Hämoglobin ist der eisenhaltige Proteinkomplex, der als roter Blutfarbstoff in den Erythrozyten Sauerstoff bindet.
  • Vermehrte Erythrozytenbildung: Erythrozyten werden die roten Blutkörperchen genannt, die Sauerstoff im Blut transportieren.
  • Beschleunigte Schweißproduktion: Der Körper startet frühzeitig mit dem Schwitzen, um Überhitzung vorzubeugen.
  • Optimierter Elektrolythaushalt: Der Körper passt sich an, um weniger Elektrolyte über den Schweiß zu verlieren.
  • Erweiterte Blutgefäße: Die Blutgefäße in der Haut weiten sich, sodass Wärme schneller an die Umgebung abgeben werden kann.
  • Verringerte Herzfrequenz: Die Herzfrequenz wird bei gleicher Belastung niedriger und die Belastbarkeit steigt.

Alle genannten Punkte lassen sich in zwei Kategorien zusammenfassen:

1. Hitzetraining verbessert die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff aufzunehmen und zu den Muskeln zu transportieren. Somit kann sich die VO2max erhöhen und die Schwellenleistung verbessern.

2. Infolge des Hitzetrainings funktioniert die körpereigene Thermoregulation effektiver. So wird die Körpertemperatur bei gleicher Intensität abgesenkt, was zusätzliche Reserven freisetzt.

Die genannten physiologischen Anpassungen treten bereits nach wenigen Tagen und Wochen auf, sodass sie gezielt genutzt werden können, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern und sich auf Wettkämpfe vorzubereiten.

Hat Hitzetraining Nachteile oder birgt es gar Risiken?

Der bereits erwähnte Stress für den Körper löst nicht nur positive Anpassungsprozesse aus, sondern kann auch negative Auswirkungen haben. Wer bereits bei großer Hitze Sport getrieben hat, weiß, wie belastend es sein kann. Daher birgt Hitzetraining einige Risiken:

  • Erhöhte Herz-Kreislauf-Belastung: Vor allem bei den ersten Einheiten kann das ungewohnte Training in der Hitze sehr anstrengend sein.
  • Höheres Risiko für Dehydrierung und Hitzschläge: Die massiven Flüssigkeitsverluste und die erhöhte Körperkerntemperatur können bis zur Bewusstlosigkeit führen.
  • Reduzierte Trainingsintensität: In der Hitze kann man nicht lange die gewohnte Laufgeschwindigkeit halten, wodurch die Qualität mancher Einheiten sinken kann.
  • Längere Erholungszeiten: Hitzetraining beansprucht den Körper stark und kann die Regeneration verlangsamen.

Aus diesen Gründen ist eine sorgfältige Planung und ein langsames Herantasten an das Thema Hitzetraining wichtig. Einfach das übliche Trainingspensum unter der Einwirkung von Hitze zu absolvieren, wird mehr Schaden verursachen als Vorteile mitbringen. Ein Beispiel: Wer eine spezifische und intensive Trainingseinheit für einen Halbmarathon absolvieren möchte – etwa 5-mal 2 Kilometer im geplanten Wettkampftempo mit 2 Minuten Pause –, würde das geplante Training bei hohen Temperaturen nicht oder nur mit Ach und Krach überstehen. Es gilt also stets abzuwägen, ob man den Körper an bestimmte Geschwindigkeiten und Intensitäten gewöhnen möchte, oder ob das Hitzetraining der allgemeinen Leistungssteigerung dienen soll.

Wie und wann wende ich Hitzetraining als Läufer an?

Normalerweise brauchen die physiologischen Anpassungsprozesse, die unsere Ausdauer verbessern, viele Monate oder gar Jahre. Beim Hitzetraining reichen wenige Einheiten im Zeitraum weniger Wochen, um physiologische Anpassungen zu erreichen. Diverse wissenschaftliche Untersuchungen zeigen bereits nach zwei Wochen signifikante Auswirkungen. Dabei reichen zwei bis drei Hitzetrainingseinheiten pro Woche aus. Oft wird dazu geraten, jeden zweiten oder dritten Tag ein Hitzetraining zu absolvieren.

In der Trainingswissenschaft und -praxis hat sich eine Methode durchgesetzt: In der Regel wird das Hitzetraining bei recht niedriger Intensität und kurzer Dauer absolviert. Ideal sind Dauerläufe zwischen 30 und 90 Minuten. Auch mit anderen Ausdauersportarten (Rudern, Radfahren) können die positiven Auswirkungen des Hitzetrainings erzielt werden.

So könnte eine Woche mit Hitzetrainings aussehen. Die fett markierten ruhigen Laufeinheiten absolvierst du als Hitzetraining, die intensiven Einheiten absolvierst du wie gewohnt unter kühlen Bedingungen.

Worauf sollte ich beim Hitzetraining achten?

Das Training bei hohen Temperaturen ist eine enorme Belastung für den Organismus. Daher ist es wichtig, auf folgende Punkte zu achten:

Hier die wichtigsten Empfehlungen für den Einstieg:

1

Dauer

2

Hydration

3

Elektrolyte

4

Herzfrequenz

5

Selbstbeobachtung

6

Alternativtraining

7

Körpertemperatur

Wie messe ich die Körpertemperatur?

Die simple Antwort: mit einem Thermometer. Du musst dir aber kein Rektalthermometer während des Laufens einführen, sondern kannst auf spezielle Sensoren setzen. Am verbreitetsten ist der Sensor von Core, der die Hauttemperatur misst und mittels Algorithmen die Körperkerntemperatur und weitere Parameter errechnet. Die dazugehörige App bietet allerlei Auswertungen und Tipps zum idealen Hitzetraining. Hier erkennt man auch, wie sehr man sich bereits an Hitze angepasst hat.

Für wissenschaftliche Untersuchungen und vereinzelt auch im Spitzensport werden kleine Thermometer, die die Form einer Kapsel haben, geschluckt. Im Magendarmtrakt messen sie die Temperatur und übertragen diese über NFC oder Bluetooth nach außen. Beim nächsten Toilettengang wird das Thermometer dann wieder ausgeschieden.

Welches Equipment benötige ich, wenn ich Hitzetraining machen möchte?

Die einfache Antwort: Alles, was du benötigst, um die Körpertemperatur zu steigern. Das gelingt entweder allein mit hohen Temperaturen oder aber mithilfe von mehreren Kleidungsschichten. Praktikabel ist zudem das Training in geschlossenen Räumen. Wer zu Hause oder im Fitnessstudio bei geschlossenem Fenster auf dem Laufband trainiert, wird schnell ins Schwitzen geraten. Mit zusätzlichen Wärmequellen (Heizung, Heizstrahler) kann die Umgebungstemperatur ebenfalls erhöht werden.

Für wen eignet sich Hitzetraining?

Hitzetraining ist eine enorme Belastung für den Körper. Zwar kann es dabei helfen, das ein oder andere Prozent Leistungsfähigkeit aus sich herauszuholen, aber eben nur, wenn man ansonsten schon an dem eigenen individuellen Plateau angekommen ist. Wenn du gerade erst mit dem Laufen begonnen hast oder nur aus gesundheitlichen Gründen joggst, gibt es viele andere Stellschrauben, die du drehen solltest, bevor du an Hitzetraining denkst. Wenn du deine Leistung steigern möchtest, laufe häufiger, länger und/oder intensiver. Nur die wenigsten Sportlerinnen und Sportler benötigen Hitzetraining, um das nächste Level zu erreichen.

Solltest du dich jedoch gezielt auf ein Rennen bei hohen Temperaturen vorbereiten, ist es natürlich ratsam, wenn du ab und an auch bei Hitze trainierst. Hierbei geht es aber weniger um die Leistungssteigerung als vielmehr um die Gewöhnung. Daher ist in diesem Fall auch passives Hitzetraining (Sauna, Badewanne) eine gute Wahl.

Ist Hitzetraining eine Alternative oder eine Ergänzung zum Höhentraining?

Viele der genannten physiologischen Effekte des aktiven Hitzetrainings treten auch beim bereits seit Jahrzehnten etablierten Höhentraining auf. Beide Methoden bewirken Anpassungen, die die Ausdauerleistung verbessern, greifen aber auf unterschiedliche Mechanismen zurück:

  • Höhentraining fördert primär die Bildung roter Blutkörperchen und verbessert die Sauerstofftransportfähigkeit.
  • Hitzetraining optimiert die Plasmavolumenanpassung, die Thermoregulation und die Herz-Kreislauf-Effizienz.

In der Praxis wird Hitzetraining von vielen Athletinnen und Athleten sowie ihren Coaches dennoch als Alternative zum Höhentraining gesehen und genutzt. Grundsätzlich gilt: Hitzetraining ist im Vergleich zum Höhentraining mit weniger Aufwand verbunden. Um in der Höhe zu trainieren, muss man an entsprechenden Orten in bestimmten Höhenlagen sein oder Zugang zu speziellen Höhenkammern/-zelten haben. Hitzetraining kann hingegen selbst im Winter stattfinden, wenn man sich nur warm genug anzieht oder das Training nach innen verlegt.

Während der Höheneffekt nach wenigen Tagen deutlich nachlässt, nehmen Wissenschaftler an, dass die positiven Auswirkungen von Hitzetraining über einen Zeitraum von rund vier Wochen anhalten. Um die Anpassung aufrechtzuerhalten, muss man mindestens ein, besser zwei Hitzetrainings pro Woche absolvieren.

Ob eine Kombination beider Methoden sinnvoll sein kann, ist bislang nicht ausreichend untersucht. Eine Studie zeigte keine zusätzliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit des kombinierten Hitze- und Höhentrainings. In der Praxis gibt es jedoch immer viele Athletinnen und Athleten, die auch in der Höhe zusätzliches Hitzetraining absolvieren. So haben beispielsweise die beiden US-amerkanischen Marathonläufer Clayton Young und Conner Mantz vor dem Olympia-Marathon in Paris 2024 beim Höhentraining in St. Moritz viele Dauerläufe in einem speziellen Hitzeanzug absolviert, wie das folgende Video ab Minute 11 zeigt.

Fazit: Hitzetraining steigert die Leistungsfähigkeit, ist aber vor allem ideal, um sich auf Hitze vorzubereiten

Aktives Hitzetraining verbessert, ohne Frage, die Leistungsfähigkeit. Durch eine Erhöhung des Blutplasmas sowie eine Steigerung der Hämoglobinmasse verbessert sich die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff zu transportieren. Außerdem wird die Thermoregulation optimiert, wodurch die Körpertemperatur unter Belastung verringert werden kann. Allerdings bedeutet Hitze auch großen Stress für den Körper und kann das Training sowie die Regeneration negativ beeinflussen.

Wer nicht bereits viele Jahre ambitioniert trainiert, kann die individuelle Leistungsfähigkeit durch normales Training sicherlich nachhaltiger steigern – zumal der Effekt des Hitzetrainings nur rund einen Monat anhält. Hitzetraining bildet nicht die Basis, sondern die Spitze. Hitzetraining ist daher für sehr ambitionierte Athletinnen und Athleten ratsam, wenn es darum geht, die letzten Prozente an Leistungsfähigkeit herauszukitzeln.

Wenn du dich jedoch gezielt auf ein Rennen vorbereitest, bei dem du hohen Temperaturen ausgesetzt sein wirst, kann ein Hitzetraining in den letzten zwei bis drei Wochen vor dem Wettkampf dabei helfen, den Körper an die Bedingungen zu gewöhnen. Da es hierbei weniger um eine Leistungssteigerung, sondern vielmehr um den Gewöhnungseffekt geht, ist Hitzetraining für alle Leistungsklassen empfehlenswert.