Das Wichtigste bei der Erstellung eines Trainingsplans ist, ein Ziel zu haben. Danach richten Sie Ihr Training aus. Die meisten Pläne beschränken sich auf einen Zeitraum von rund drei Monaten, in dem alles gerichtet werden soll, was zuvor im Jahr vernachlässigt wurde. Sprich: Das Frühjahr und den Sommer über planlos vor sich hin laufen und genau zwölf Wochen vor dem Wettkampftag X ernsthaft mit dem Training beginnen. Der Haken an dieser Strategie: Es darf jetzt nichts schiefgehen. Damit das Ziel mit dieser geballten Vorbereitung auch wirklich erreicht wird, muss in den zwölf Wochen wirklich alles glatt laufen. Sie dürfen kaum ein Training ausfallen lassen und sich nicht verletzten.
Weg vom Hauruckverfahren
Viel klüger ist es, wenn Sie ganzjährig auf Ihr großes Ziel hinarbeiteten – so wie die Profis es tun. Dabei haben Sie verschiedene Trainingsphasen, „Periodisierung“ nennt das der Fachmann. Die bringt Sie auf einen höheren Leistungsstand als einfaches Drauflostrainieren. Erfahrene Läufer und Laufprofis beziehungsweise deren Trainer unterteilen den Weg zum Hauptziel der Saison in drei systematisch aufeinander aufbauende Trainingsphasen. Diese unterscheiden sich durch ihre Dauer, den Trainingsumfang und die Intensität der Einheiten. Sie laufen also in den einzelnen Phasen verschieden viele Wochenkilometer und unterschiedliche Tempi in den Dauerläufen und Intervallen.Systematische Vorbereitung
In der ersten Phase der Periodisierung, der „Grundlagenphase“, wird die Basis für einen Ausbau der Leistungsfähigkeit gelegt. So schaffen Sie die Grundlage für einen Leistungsfortschritt. In der „Vorbereitungsphase I“ entwickeln Sie Schnelligkeit und vor allem Tempohärte. Mit den Trainingsprogrammen kräftigen Sie die Laufmuskulatur, Bänder und das Bindegewebe und bereiten den Körper auf höhere Lauftempi vor. In der „Vorbereitungsphase II“ aktivieren Sie mit Laufeinheiten im Wettkampftempo die schnell kontrahierenden Muskelfasern. Danach erholen Sie sich und lassen das, was Sie trainiert haben, wirken, um im Wettkampf Höchstleistung abzurufen.Wann welche Trainingsphase eingeleitet wird, hängt vor allem vom Termin Ihres Trainingsziels ab. Die meisten und auch die größten Marathonläufe finden im Frühjahr und Herbst statt, wenn es noch nicht oder nicht mehr zu heiß zum ambitionierten Laufen ist (wie im Sommer), aber auch nicht zu kalt. Die traditionelle Wettkampfsaison für kürzere Straßen- und Bahnrennen dagegen erstreckt sich ohne größere Unterbrechung von April und bis Ende Oktober.
1.) Grundlagenphase
Dauer: 12 bis 16 WochenTrainingsinhalt: Ausdauertraining ohne intensive Trainingsreize
WORUM GEHT’S? Das Hauptaugenmerk der Grundlagenphase liegt auf der Ausbildung der aeroben Kapazität. Sprich: Das Training zielt darauf ab, die Mechanismen der Energiebereitstellung und des Sauerstofftransports im Körper zu verbessern. Daher werden über 70 Prozent des Trainings im ruhigen Dauerlauftempo absolviert. Charakteristisch für ein solches aerobes Grundlagentraining sind Belastungen in einem Bereich von 70 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Aber Vorsicht: Da die maximale Herzfrequenz von einer Reihe hoch individueller Faktoren abhängt, lässt sie sich nur ganz grob mit Formeln ermitteln, exakt nur durch einen Belastungstest (Eine genau Anleitung dazu finden Sie hier: Die maximale Herzfrequenz ermitteln).
So könnte eine typische Trainingswoche in der Grundlagenphase aussehen
BEISPIEL 1: Ambitionierter Läufer, der eine Marathon-Bestzeit von etwa 3:30 Stunden hat
MONTAG 50 Minuten lockerer Dauerlauf (Puls etwa 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz, HFmax)
DIENSTAG Leicht belastende Bergaufläufe (etwa 8 x 300-400 Meter zügig bergauf, abwärts langsam traben)
MITTWOCH 80 Minuten langsamer Dauerlauf (70-75 % HFmax)
DONNERSTAG Ruhetag
FREITAG 60 Minuten Fahrtspiel (= wechselndes Tempo nach Gefühl)
SAMSTAG 50 Minuten lockerer Dauerlauf (ca. 80 % HFmax)
SONNTAG 90-120 Minuten langsamer Dauerlauf (70-75 % HFmax)
Extratipp: Am Mittwoch und/oder Sonntag nach den langsamen Läufen fünf bis sechs 100-Meter-Steigerungsläufe machen. Dabei wird das Tempo vom langsamen Trab bis zum Sprint über eine Distanz von 100 Metern kontinuierlich gesteigert. Das heizt die Muskulatur an, bringt demnach ein bisschen Schnelligkeit und verbessert die Laufökonomie. Und das alles, ohne das Herz-Kreis- lauf-System besonders zu belasten.
BEISPIEL 2 Freizeitläufer, der in diesem Jahr seine 10-Kilometer-Bestzeit auf unter 55:00 Minuten verbessern will
MONTAG 40 Minuten lockerer Dauerlauf (ca. 80 % HFmax)
DIENSTAG Alternativtraining (Schwimmen, Radfahren, Skaten etc.)
MITTWOCH 60 Minuten lockerer Dauerlauf (ca. 80 % HFmax)
DONNERSTAG Ruhetag
FREITAG 50 Minuten Fahrtspiel (wechselndes Tempo nach Gefühl)
SAMSTAG Ruhetag oder Alternativtraining
SONNTAG 80 Minuten langsamer Dauerlauf (70-75 % HFmax)
Wichtig: Vernachlässigen Sie nicht das Krafttraining. Läufer brauchen zwar keinen dicken Bizeps und auch nicht unbedingt einen V-förmigen Rücken, aber eine starke Rumpfmuskulatur stabilisiert beim Laufen den ganzen Körper und bewahrt Sie dadurch vor vorzeitiger Ermüdung. In der Grundlagenphase bietet es sich daher an, parallel zum Ausdauerlauftraining ein leichtes Krafttraining zu absolvieren. Mehr als zehn Prozent des Gesamttrainingsumfangs sollte die Kräftigung der Bein- und Rumpfmuskulatur allerdings nicht in Anspruch nehmen.