Der Weg zu einem besseren Läufer
Schlechte Läufer-Gewohnheiten ändern

Manchmal hindern typische Angewohnheiten Läuferinnen und Läufer daran, ihr Leistungspotential auszuschöpfen. Mit diesen kleinen Änderungen bleiben Sie verletzungsfrei und leistungsfähig.
Schlechte Läufer-Gewohnheiten ändern
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In diesem Artikel:
  1. Schlechte Angewohnheit Nummer 1 – Sie sind Ihr eigener Arzt
  2. Schlechte Angewohnheit Nummer 2 – Sie dehnen sich nie
  3. Schlechte Angewohnheit Nummer 3 – Sie schlafen zu wenig
  4. Schlechte Angewohnheit Nummer 4 – Sie verzichten auf Sonnenschutz
  5. Schlechte Angewohnheit Nummer 5 – Sie regenerieren kaum
  6. Fazit – Ihr Weg zum verletzungsfreien und leistungsfähigen Läufer

Knieschmerzen? Laufen sich schon raus, wenn man erstmal fünf Kilometer unterwegs ist. Ruhetage? Völlig überbewertet. UV-Schutz? Wozu? Wir sind ja nicht in der Sahara!

Erkennen Sie sich wieder? Ja, wir Läuferinnen und Läufer neigen dazu, gelegentlich Dinge zu tun, die nicht unbedingt gesundheitsfördernd sind. Um im Trainingsplan nicht den Anschluss zu verlieren, ignorieren wir Schmerzen, betäuben sie vielleicht sogar mit Schmerzmitteln und weil wir möglichst zeitnah schneller werden wollen, verzichten wir auf Regeneration: In Kombination sind diese Angewohnheiten ein explosiver Mix, aus dem Überlastungsprobleme und andere körperliche Beschwerden entstehen können, die uns letztendlich länger lahmlegen als eine großzügige Regenerationsphase dauert. Viele Läuferbeschwerden wie das Schienbeinkantensyndrom (Shin Splints), Knieschmerzen oder Stressfrakturen ließen sich vermeiden, wenn wir besser auf unsere Körper hören und das Thema Regeneration und Tapering als Trainingsboost ansehen würden anstatt es argwöhnisch als Zeitverlust zu betrachten.

Wie sich schlechte Läufer-Angewohnheiten mit kleinen Tricks in gute umwandeln lassen, verraten wir in diesem Artikel.

Schlechte Angewohnheit Nummer 1 – Sie sind Ihr eigener Arzt

Läuferinnen und Läufer horchen sehr genau in ihren Körper hinein. Fallen ihnen Abweichungen von der bekannten Norm auf, werden entweder sofort alle Symptome per Suchmaschine im Internet identifiziert – oder der Trainingsplan wird ohne Rücksicht auf Verluste weiter durchgezogen, frei nach dem Motto: Was nicht diagnostiziert ist, ist auch nicht da! Im ersten Fall hat man schnell diverse Diagnosen zur Hand, meist getrieben von den allerschlimmsten Verletzungsbefürchtungen. Und wir Läufer handeln in so einem Fall sofort, schließlich darf auf keinen Fall ein Trainingstag verloren gehen. Wir vereisen also unser schmerzendes Knie und schmeißen prophylaktisch Tabletten ein, wenn die Achillessehne schmerzt oder es im unteren Rücken zieht. Und wir humpeln natürlich immer weiter, streng dem Trainingsplan folgend. Das versteht sich jawohl von selbst!

Behandlung auf eigene Faust? „Das ist oft ein schwerer Fehler“, sagt Lewis G. Maharam, medizinischer Direktor des New York Road Runners Clubs, des größten Laufvereins der Welt. „Eine unsachgemäße Behandlung kann mitunter zu noch größeren Beschwerden führen und sogar ganz neue Beschwerden hervorrufen.“ So können aus kleinen Verletzungen chronische Beschwerden entstehen, die man irgendwann doch nur noch von Fachleuten behandeln lassen kann.

So machen Sie es besser

Wenn Sie ein Problem haben, das Sie über eine einzelne Laufeinheit hinaus quält, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Schmerzen sind gerade bei Sportlerinnen und Sportlern eine Art Hilferuf des Körpers. Er signalisiert: Hier stimmt was nicht. Tun Sie Ihrem Laufgefährten also den Gefallen und gehen Sie zu einem Sportmediziner, der im Idealfall selbst läuft oder schon öfter mit Läufern zu tun hatte. Bei strukturellen Problemen kann eine Bewegungsanalyse bei einer Physiotherapeutin Asymmetrien und Kraftdefizite aufdecken, die Sie mit einem gezielten Trainingsprogramm heraustrainieren können.

Unser Tipp: Erkundigen Sie sich bei örtlichen Lauftreffs, Ihren Lauffreudinnen oder Vereinskameraden nach deren Erfahrungen mit bestimmten Ärzten und Physiotherapeuten. Ihr ausgewählter Sportmediziner oder Ihre Physiotherapeutin sollten in der Lage sein, die Ansprüche, die das Laufen an den Körper stellt, als potenzielle Ursachen Ihrer Beschwerden zu erkennen. Achillessehnenbeschwerden können zum Beispiel mit falschem Schuhwerk oder einer ungleich ausgebildeten Gesäßmuskulatur zu tun haben, eine abfallende Laufform mit Blutwerten, die einen Eisenmangel bzw. Ferritinmangel zeigen. Bei körperlichem Unwohlsein gehört zu der Routineuntersuchung eines ambitionierten Läufers die Bestimmung des großen Blutbildes. Eventuell schlägt der Sportmediziner auch eine Leistungsdiagnostik auf dem Laufband vor. Lassen Sie sich von ihm beraten.

Schlechte Angewohnheit Nummer 2 – Sie dehnen sich nie

Für viele Läuferinnen und Läufer ist es oft gar nicht so einfach, eine gewisse Laufroutine bei­zubehalten. Dazu sind die Ansprüche von Beruf und Fami­lie zu groß. Gut, dass das Laufen ein so wenig zeitaufwendiger Sport ist, den man immer und überall betreiben kann. Ein regelmäßiges Stretching-Programm? Zeitlich unmöglich! Wir sagen: Es muss sein! Schlecht bewegliche Muskeln führen langfristig zu Verletzungen. Stretching fördert die Regeneration der Muskulatur und lockere Muskeln können besser Glykogen einlagern; die Energie, die man zum Laufen braucht.

So machen Sie es besser

Wärmen Sie sich vor dem Laufen mit dynamischen Mobilisationsübungen auf und beenden Sie das Lauftraining mit zwei bis drei Dehnübungen. Es muss kein 30-Minuten-Programm sein, ein paar Übungen für die entscheidenden Muskel­gruppen, zum Beispiel Wadenmuskeln und Oberschenkelmuskulatur reichen aus. Und die Zeit, die Sie dafür benötigen, ziehen Sie einfach vom Lauftraining ab: Statt 60 laufen Sie nur 52 Minuten und dehnen dafür die verbleibenden acht Minuten. Sehen Sie es so: Nur weil Sie dehnen und Ihre Sehnen, Gelenke und Muskeln mobilisieren, können Sie in den kommenden Monaten, Jahren und Jahrzehnten immer länger und schneller laufen. Dehnen und Mobilisation sind eine Form der Verletzungsprophylaxe.

Schlechte Angewohnheit Nummer 3 – Sie schlafen zu wenig

Läufer, die wenig schlafen (weniger als sechs bis sieben Stunden pro Nacht), laufen nicht nur Gefahr, dass sie sich zwischen den Laufeinheiten nicht ausreichend erholen, sondern dadurch letztlich auch ihr gesamtes Immunsystem nachhaltig schwächen. „Schlaf, also die ab­solute Ruhe, erleichtert das Auffüllen entleerter Energiespeicher und die Wiederherstellung defekter Muskelzellen“, sagt Ralph Downey, der an der Loma Linda University in Kalifornien seit Jahren das Thema Schlaf erforscht.

So machen Sie es besser

Zwar sind sich die Experten einig, dass das Schlafbedürfnis individuell verschieden ist – die einen kommen mit fünf Stunden Schlaf pro Nacht aus, während andere zehn Stunden brauchen. „Aber Läufer, die sich mehrfach wöchentlich auspowern, profitieren definitiv davon, wenn sie dabei nicht den Schlaf zu kurz kommen lassen“, so Downey.

Unser Tipp: Nutzen Sie doch einmal einen Wochenendtag, an dem Sie problemlos ausschlafen können, um zu testen, wie viel Ruhe (also Schlaf) Ihr Körper tatsächlich benötigt: ­Gehen Sie zeitig vor Mitternacht ins Bett, sorgen Sie für Ruhe (Türen und Rolläden schließen) und probieren Sie aus, wie lange Sie ohne Wecker schlafen. In normalen Trainingsphasen sollten Sie auf jeden Fall vermeiden, die ermittelte Stundenzahl um mehr als acht Prozent zu unterschreiten. Und vor und nach einem belastenden Training oder Wettkampf sollten sie sich definitiv die volle Zahl benötigter Ruhestunden gönnen.

Schlechte Angewohnheit Nummer 4 – Sie verzichten auf Sonnenschutz

Läufer haben ein höheres Hautkrebsrisiko als Nichtläufer. Das belegt eine Studie, die bereits 2007 im US-Fachmagazin „Archives of Dermatology“ erschienen ist. Warum? Erstens halten sie sich wegen ihres Lauftrainings ohnehin länger unter freiem Himmel auf als die meisten Nichtläufer und zweitens schwächt ein (zu) hoher Kilo­meterumfang das Immunsystem. Dadurch sind vor allem ambitionierte Läufer empfänglicher für die negativen Wirkungen der UV-Strahlen. Eine andere Studie macht das Schwitzen für das erhöhte Risiko verantwortlich – es steigere die Licht­empfindlichkeit der Haut.

So machen Sie es besser

Vor jedem Lauf in der Sonne sollten Sie Ihre Haut mit einem wasserfesten Sonnenschutzmittel (mindestens Lichtschutzfaktor 15, besser aber LSF30 oder LSF50) einreiben, das gegen UVA- und UVB-Strahlen schützt. Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, dann sollten Sie Lauftrainings bei starker Sonne vermeiden. Falls Sie dennoch bei starker Sonneneinstrahlung unterwegs sind, empfehlen wir Laufbekleidung mit langem Arm- und Beinschnitt. Natürlich so luftig und funktionell wie möglich, das heißt eine Bekleidung, die möglichst wenig Schweiß auf der Haut hält.

Schlechte Angewohnheit Nummer 5 – Sie regenerieren kaum

„Wer nie pausiert, rennt sich zu Tode“, sagt Dieter Baumann. Der Olympiasieger weiß, wovon er spricht. Ein tägliches Training ohne Ruhetage führt bei 99 Prozent der Läufer zum Übertraining. Das zeigt sich durch permanente Müdigkeit, Lustlosigkeit, schlechte Laufergebnisse und häufige Erkrankungen. „Ein Ruhetag ist nicht ‚kein Training‘, sondern er gehört zum Training dazu“, so Baumann. Nur in Regenerationsphasen kann der Körper seine Energiespeicher wieder so auffüllen, sogar übermäßig auffüllen (= Superkompensation), dass ein Leistungsfortschritt erzielt wird.

So machen Sie es besser

In jedes Wochenlaufprogramm gehören mindestens ein Ruhetag sowie zwei bis drei weitere ruhige Lauftage (Tempo: 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz, auch Wohlfühltempo genannt). Am Ruhetag sollte auch kein alternatives Training wie Radfahren, Schwimmen oder Ähnliches auf dem Plan stehen, sondern Sie sollten absolute Sportruhe ein­halten. „Das gesündeste Laufmaß umfasst drei bis vier Lauftage pro Woche mit 40 bis 60 Laufminuten“, meint Baumann, der allerdings selbst sechsmal pro ­Woche läuft. „Bei ambitionierten Läufer geht es nicht ­allein um Gesundheit, sondern auch um Leistungs­entwicklung“, so der Lebensläufer und ehemalige Laufstar, „aber auch für die ist ein Ruhetag ein Muss."

Fazit – Ihr Weg zum verletzungsfreien und leistungsfähigen Läufer

Das Training ist eine wichtige Komponente um leistungsfähiger zu werden. Jedoch hängt nicht alles vom Training ab. Einige Läufer haben Angewohnheiten, die dazu führen, nicht die gewünschte Leistung erbringen zu können. Viele Läufer vernachlässigen beispielsweise die Mobilisation ihrer Gelenke und Muskeln vor oder nach dem Laufen. Das führt schnell zu einseitiger Belastung. Durch gezielte Dehnübungen ermöglichen wir dem Muskel, leichter zu regenerieren und besser wieder Energie (Glykogen) aufzunehmen. Ebenso gehören ausreichend Schlaf und trainingsfreie Tage in den Trainingsplan jedes Läufers. Sollten Sie Schmerzen über mehrere Laufeinheiten hinweg haben, gilt es diese zuerst zu beheben, bevor Sie Ihren Trainingsplan weiter befolgen. Scheuen sie sich nicht, eine Sportärztin oder einen Physiotherapeuten aufzusuchen und Ihre Beschwerden abklären zu lassen.

Die aktuelle Ausgabe
04 / 2023

Erscheinungsdatum 16.03.2023