Joggen und Prostatakrebs

Ausdauersport als Prävention und Therapie
Joggen und Prostatakrebs

Veröffentlicht am 22.11.2024
Fitter mittelalter Mann beim Joggen
Foto: iStockphoto

Der November ist der Monat der Männergesundheit. Dass Männer als „Vorsorgemuffel“ gelten, ist kein Geheimnis – nach Angaben der gesetzlichen Krankenkasse AOK geht nur etwa die Hälfte regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung. Dabei gilt vor allem bei Krebs: Je früher (bösartige) Veränderungen erkannt werden, desto höher die Siegchancen in der Behandlung. Und gerade Läufer wissen doch: Je besser ich für mich sorge, desto besser ist (langfristig) meine Leistung beim Sport.

Die gute Nachricht für joggende Männer ist: Ausdauersport kann das Risiko senken, an Krebs zu erkranken und Prostatakrebs ausbremsen. Regelmäßiger Sport unterstützt die Behandlung und hat einen positiven Einfluss auf den Therapieerfolg. Warum das so ist und was Krebszellen abseits des Sports nicht mögen, erklären wir hier.

Was ist Prostatakrebs?

Ein Tumor in der Prostata ist die am häufigsten diagnostizierte Krebsart bei Männern in Deutschland. Prostatakrebs steht hinsichtlich der onkologischen Todesfälle von Männern auf Platz 3 hinter Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Insgesamt gesehen ist er die fünfthäufigste Todesursache bei Männern. In Anbetracht dieser Platzierung überrascht die Tatsache, dass ein frühzeitig erkanntes Prostatakarzinom eine Heilungschance von fast 90 Prozent hat. Hauptrisikofaktor für die Erkrankung ist das Alter. Zusätzlich spielen männliche Hormone und die Genetik bei Prostatakrebs eine Rolle. Männer mit erkranktem Vater oder Bruder haben ein deutlich höheres Risiko für diese Diagnose. Die Symptome sind, sofern vorhanden, vor allem im Frühstadium unspezifisch.

Vorsorge und Krebsfrüherkennung

Die jährliche Krebsfrüherkennung beim Urologen einschließlich einer Untersuchung der Prostata wird für Männer ab 45 Jahren empfohlen. Sie beinhaltet eine Tastuntersuchung der Genitalien und der Prostata und auf eigene Kosten eine Blutuntersuchung, die der Bestimmung des PSA-Wertes (Prostata-Spezifisches Antigen) dient. Durch den Enddarm kann der Urologe eine Vergrößerung und Gewebeverhärtungen an der Prostata ertasten. Ein erhöhter PSA-Wert kann auf einen Tumor hindeuten. Weil der PSA-Wert durch viele andere Faktoren als Krebszellen erhöht sein und zu überflüssigen weiterführenden Untersuchungen führen kann, ist die Blutuntersuchung umstritten und keine Krankenkassenleistung, solange kein Krebsverdacht besteht. Weiterführende Informationen zur Prostatakrebs-Früherkennung finden Sie hier.

Was passiert bei Verdacht auf Prostatakrebs?

Ergibt sich bei der Tastuntersuchung oder durch einen erhöhten PSA-Wert (> 4 ng/ml) der Verdacht auf Prostatakrebs, wird die Prostata mithilfe von Ultraschall und Biopsie (Gewebeentnahme) untersucht. Vor der Biopsie ist die Durchführung eines MRT sinnvoll, weil es die exakte Lokalisation des veränderten Gewebes zeigt. Anhand des MRT ist eine gezielte Gewebeentnahme aus diesem Bereich möglich. Für das MRT erheben viele Kliniken eine Gebühr in Höhe von rund 400 Euro – ebenfalls keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ohne diese Zuzahlung erfolgt die Gewebeentnahme nach dem Zufallsprinzip. Die Ergebnisse der Biopsie bilden die Grundlage für das Tumor-Staging, also die Beurteilung des Krankheitsstadiums, das für die Behandlungsplanung und Prognose wichtig ist.

Wie wird Prostatakrebs behandelt?

Die Behandlung eines Prostatakarzinoms hängt davon ab, ob es sich um einen lokal begrenzten, lokal fortgeschrittenen oder metastasierenden Tumor handelt. Sie setzt sich zusammen aus Bestrahlung, Hormontherapie, Chemotherapie und/oder einer Operation (Prostata-Entfernung, Prostatektomie). Die Termine für die Bestrahlung erstrecken sich über einen Zeitraum von sieben bis neun Wochen und finden an fünf Tagen pro Woche statt. Die Hormontherapie wird über mehrere Jahre durchgeführt, in denen der behandelnde Arzt alle drei Monate eine Depotspritze verabreicht. Bei einer Prostatektomie werden die gesamte Prostata sowie die Samenblase und ggf. weitere befallene Strukturen entfernt.

Die langfristige Beobachtung und Überwachung der Prostata, auch über das (erfolgreiche) Therapieende hinaus, ist ein wichtiger Baustein der Behandlung. Offizielle Empfehlungen zur Behandlung von Prostatakrebs in allen Stadien finden Sie in deraktuellen „S3-Leitlinie Prostatakarzinom“.

Exkurs zum Verständnis von Prostatakrebs: Männliche Hormone

Testosteron ist das bekannteste Hormon des Mannes. Es gehört zu den Androgenen und wird zum Großteil in den Hoden aus Cholesterin hergestellt. Die Prostata wandelt Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT) um, die biologisch wirksamste Testosteron-Form. Testosteron und DHT binden sich an Organrezeptoren und entfalten so ihre Wirkung. Die beiden Testosteron-Formen unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Bindungsfähigkeit: DHT ist darin deutlich besser und wirkt entsprechend stärker. Der männliche Körper produziert bis zum 45. Lebensjahr zunehmend Testosteron – und von da an nach und nach immer weniger. Dadurch ändert sich das Mengenverhältnis zwischen Testosteron und Östrogenen, den weiblichen Geschlechtshormonen, die ebenfalls aus Androgenen entstehen – bei Männern vor allem in den Fettzellen.

Mögliche Ursache für Prostatakrebs: Veränderungen im Hormonhaushalt

Das Ungleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogenen ab dem 46. Lebensjahr und Veränderungen der Testosteron-Rezeptoren werden als mögliche Ursachen für Prostatakrebs diskutiert. Androgene können das Wachstum eines Prostatakarzinoms fördern, Testosteron ist sozusagen die Energiequelle des Tumors. Ohne Testosteron bzw. gebundene Testosteronrezeptoren stirbt er. Deshalb sind Androgene im Allgemeinen und die Verhinderung der Umwandlung von Testosteron zu DHT ein Ansatzpunkt der onkologischen Behandlung. Die 3-Monatsspritze kann beispielsweise Antiandrogene enthalten. Sie blockieren die Testosteron-Rezeptoren.

Und noch ein bisschen Chemie und Biologie: Der Hormonregelkreis als Angriffspunkt

Ein Hormonregelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Hoden reguliert die Androgen-Bildung. Dieser Hormonregelkreis wird unter anderem von Uhrzeit, Jahreszeit und Alter beeinflusst. Ungefähr alle zwei bis vier Stunden setzt der Hypothalamus luteinisierendes Hormon-Releasing-Hormon (LH-RH) frei. In der Hypophyse entsteht daraufhin unter anderem luteinisierendes Hormon (LH). LH bewirkt in den Hoden die Bildung der Androgene, die anschließend ins Blut abgegeben werden. Den steigenden Androgenanteil im Blut registrieren Hypothalamus und Hypophyse und passen daraufhin ihre Produktion von LH-RH und LH an. Die Hypophyse reagiert auf das LH-RH des Hypothalamus nur, solange es wellenartig im Abstand von mindestens zwei Stunden ausgeschüttet wird. Ist LH-RH dauerhaft im Blutkreislauf vorhanden, reagiert die Hypophyse nicht mehr darauf und der Regelkreislauf kommt zum Stillstand.

Die häufig angewandte Dreimonats-Hormonspritze bei Prostatakrebs tut daher folgendes: Sie setzt ein Depot eines LH-RH-ähnlichen Wirkstoffs (LH-RH-Analoga) unter die Haut, der die Hypophyse zuerst dazu anregt, vermehrt LH und FSH zu bilden – bevor sie aufgrund des dauerhaft vorhandenen LH-RH bzw. der fehlenden LH-RH-freien Zeiträume nicht mehr auf das Hormon reagiert. Das Ergebnis: Die Hypophyse produziert kein LH mehr, die Hoden erhalten keinen Befehl zur Androgenproduktion mehr, die Prostata bekommt kein Testosteron mehr, das sie in DHT umwandeln kann, die Krebszellen werden in ihrem Wachstum nicht mehr durch Testosteron unterstützt. Ein normaler Testosteron-Blutwert liegt übrigens bei 2,5 bis 8,5 ng/ml.

Mögliche Ursache Wachstumsfaktoren

Eine weitere mögliche Ursache für die Entstehung von Prostatakrebs ist IGF-1 (insulinähnlicher Wachstumsfaktor 1). Das Protein steuert das Wachstum und die Teilung unserer Körperzellen und ist unter anderem für das Muskelwachstum und die Regulierung des Glukosestoffwechsels wichtig.

Welche Beschwerden hat man bei Prostatakrebs?

Die Diagnose Prostatakrebs kommt häufig überraschend, ohne sich vorher bemerkbar zu machen. Das gilt vor allem im Frühstadium. Mögliche Symptome sind Beschwerden, die das Urinieren betreffen: ungewohnt häufiger Harndrang, Probleme zu Beginn des Urinierens, ein mehrfach unterbrochener Urinstrahl und/oder Harnverhalt. Erektionsprobleme und/oder ein reduzierter (schmerzhafter) Samenerguss können auftreten. Ähnliche Symptome treten bei einer Blasenentzündung und gutartiger Prostatavergrößerung auf. Blut im Urin oder Sperma sind möglich. Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Beckens bis in die Oberschenkel können auf Prostatakrebs hindeuten, aber beispielsweise auch Symptome eines Lendenwirbelsäulensyndroms, einer Arthrose im Hüftgelenk oder von Ischiasbeschwerden sein.

Mögliche Nebenwirkungen der Behandlung von Prostatakrebs:

Behandlungsbedingte Nebenwirkungen bei Prostatakrebs entstehen vor allem durch hormonelle Veränderungen (weniger Testosteron, geringere Testosteronwirkung) und Beeinträchtigungen der Harnblase und der Harnröhre. Möglich sind:

  • Hitzewallungen und Schweißausbrüche
  • Harninkontinenz
  • Veränderung der Körperzusammensetzung: Verlust an Muskelmasse und Muskelkraft, Abnahme der Knochenmasse, Zunahme der Fettmasse, und damit einhergehend: erhöhtes Risiko für Stürze und Frakturen
  • Schlafstörungen & Schlafprobleme
  • Gesundheit der Knochen, z. B. Osteoporose, und damit einhergehend: erhöhtes Risiko für Knochenbrüche (Frakturen)
  • Veränderungen des Stoffwechsels, z. B. Diabetes Mellitus durch Insulinresistenz
  • Herz-Kreislauf-Beschwerden, Herzerkrankungen
  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Psychische Beschwerden wie Depressionen und Angst
  • Schmerzen
  • Gynäkomastie (Brustwachstum), Schmerzen im Brustbereich
  • Allgemeine Abgeschlagenheit (Fatigue), Müdigkeit
  • Neurologische Beschwerden, z. B. Polyneuropathie (PNP)
  • Sexuelle Dysfunktionen

Wie beeinflusst Joggen die Prostata?

Ausdauersportarten wie Joggen beeinflussen die Prostata vor allem durch die Bildung von Hormonen und die Freisetzung wichtiger Wachstumsfaktoren, die das Zellwachstum steuern und auf das Herz-Kreislauf-System wirken.

Joggen und das Sexualhormon Testosteron

Die Prostata steht unter dem Einfluss von Hormonen und ist auf Androgene, vor allem Testosteron, angewiesen. Sie wandelt das Androgen Testosteron in seine biologisch aktivste Form um. Joggen beeinflussen die Bildung und Freisetzung von Hormonen und führen kurz- und langfristig zu einem geringeren Testosteronwert. Hochintensives Krafttraining hingegen lässt den Testosteronwert initial ansteigen und führt erst bei regelmäßigem Training zu einer leichten Absenkung des Gesamttestosterons.

Joggen und das Sexualhormon Östrogen

Joggen erhöht den Anteil des Sexualhormons Östrogen. Östrogen ist wichtig für die Stabilität der Knochen und hat einen positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Es beeinflusst maßgeblich die Temperaturregulation und wirkt Hitzewallungen und Schweißausbrüchen entgegen.

Joggen und Wachstumsfaktoren

Durch Joggen steigt die Freisetzung des Wachstumsfaktors IGF-1 an. Als notwendige Belastungsdauer und -intensität werden mindestens 30 Minuten bei einer Herzfrequenz von etwa 130 bis 140 Schlägen pro Minute diskutiert. Entsprechend seinem Namen „Insulin-like Growth Factor bzw. Insulinähnlicher Wachstumsfaktor“ hat er eine ähnliche Wirkung wie Insulin und lindert somit die Symptome bei Diabetes Mellitus. IGF-1 regt zudem die Durchblutung und fördert das Muskelwachstum. Und er erledigt wichtige Aufgaben, die für ein gutes Immunsystem wichtig sind. Ja, IGF-1 steht im Verdacht, nicht nur das Wachstum gesunder Körperzellen zu erhöhen, sondern auch jenes von Krebszellen, und deshalb eine Ursache für Prostatakrebs zu sein – Experten sind sich jedoch einig darüber, dass die protektive Wirkung von Ausdauersport den möglichen negativen Einfluss auf das Prostatawachstum übersteigt.

Joggen und Glückshormone

Joggen führt zur Ausschüttung sogenannter Glückshormone. Das hebt die Stimmung und wirkt präventiv gegen psychische Beschwerden wie Depressionen.

Ist Joggen gut für die Prostata?

Sehen wir den Einfluss vom Joggen in Bezug auf Prostatakrebs und mögliche Nebenwirkungen der Behandlung, kann man sagen: Ja, Joggen ist gut für die Prostata. Unter „Wie beeinflusst Joggen die Prostata?“ haben wir gesehen, dass Ausdauersport in Bezug auf Prostatakrebs und seine Symptome viel Positives bewirken kann.

Joggen …

  • senkt (langfristig) den Testosteronspiegel: verlangsamtes Wachstum bösartiger (Tumor-)Zellen
  • erhöht die Produktion von Östrogenen: Stabilisation der Knochen, Vorbeugung von Osteoporose, Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems, Verbesserung der Temperaturregulation
  • beeinflusst die Freisetzung von IGF-1: Linderung von Diabetes-Mellitus-Symptomen, Muskelwachstum, intaktes Immunsystem
  • fördert die Ausschüttung von Glückshormonen: Prävention und Behandlung von Depressionen und Angsterkrankungen

Kann Joggen das Risiko für Prostatakrebs senken?

Eine systematische Übersichtsstudie aus dem Jahr 2011 zeigt: Ja, körperliche Aktivitäten wie Joggen können das Risiko für Prostatakrebs senken – zumindest ein bisschen. Schauen wir beim Thema Prävention einmal auf die Hauptempfehlungen der Leitlinie der amerikanischen Krebsgesellschaft (ACS). Die empfiehlt folgende Ziele: ein gesundes Körpergewicht, regelmäßige körperliche Aktivität, eine gesunde Ernährung mit hauptsächlich pflanzlichen Nahrungsmitteln und möglichst wenig Alkohol.

Dass Joggen und Ausdauersport im Allgemeinen eins der besten Mittel sind, um einen als gesund geltenden Body-Mass-Index (BMI) zwischen 17,5 und 25 zu erreichen, ist kein Geheimnis. Ein erhöhtes Körpergewicht und damit ein höherer Anteil an Fettgewebe, insbesondere im Bauchraum (abdominales Fett), geht mit erhöhten Entzündungswerten einher. Diese entstehen durch Hormone, die von den Fettzellen produziert werden, sogenannte Adipokine. Ein erhöhter Anteil an abdominalem Bauchfett wird immer wieder als Risikofaktor für die Entstehung von Krebs genannt – regelmäßiges Ausdauertraining wie Joggen kann dem nachweislich entgegenwirken.

Die Empfehlung für regelmäßige körperliche Aktivität lautet: 30 Minuten (lieber 45–60 Minuten) mäßiger bis intensiver Sport an fünf Tagen pro Woche. Unter mäßiger Anstrengung verstehen die Autoren der Leitlinie nicht nur lockeres Fahrradfahren oder strammes Spazierengehen, sondern auch anspruchsvolle Gartenarbeit oder Rasenmähen. Oder einfach: Treppe laufen statt Fahrstuhl fahren. Joggen oder Laufen, Schwimmen, Fußball spielen und Langlauf ordnen sie als intensive körperliche Aktivität ein.

Hilft Bewegung bei Prostatakrebs?

Studien belegen: Ja, Sport kann die Symptome lindern, die (als Nebenwirkungen der Behandlung) bei Prostatakrebs auftreten. Selbst, wenn Ihr Arzt bereits Metastasen festgestellt hat, helfen drei sportliche Einheiten pro Woche mit einer Mischung aus moderatem Kraft- und Ausdauertraining und Mobilisationsübungen, das allgemeine Befinden zu verbessern und die Muskulatur zu erhalten. Für deutliche Trainingseffekte sollten Sie sich mindestens 12 Wochen regelmäßig bewegen – die besten Ergebnisse konnten in Studien nach sechs Monaten erreicht werden. Bei der Trainingsplanung sollten Kraft- und Ausdauertrainingseinheiten separat geplant werden, da kombinierte Einheiten (Concurrent Training) zu schlechteren Trainingsergebnissen führen können. Zwischen Kraft- und Ausdauertraining sollten mindestens drei bis sechs Stunden liegen.

Mögliche positive Auswirkungen von Sport auf die Nebenwirkungen der Behandlung bei Prostatakrebs:

  • Hitzewallungen und Schweißausbrüche: Joggen sorgt für eine bessere Temperaturregulation im Alltag und bei körperlicher Belastung.
  • Harninkontinenz: Ein vor der Operation durchgeführtes Schließmuskeltraining (3 x 10 Wiederholungen pro Tag) kann das Risiko für Harninkontinenz vermindern. Ein besserer Trainingseffekt entstand durch die Kombination mit Vibrationstraining (3x pro Woche, jeweils 3x 45 Sekunden mit 60 Sekunden Pause bei jeweils 20 Hz, 2x 60 Sekunden mit 60 Sekunden Pause bei jeweils 40 Hz). Auch nach der Prostatektomie kann bereits zwei Tage nach der Katheterentfernung mit dem Beckenbodentraining begonnen werden: 3–4 Einheiten pro Tag. 10–15 Wiederholungen, 5–10 Sekunden Anspannung, 15 Sekunden Entspannung. Die Funktion der Beckenbodenmuskulatur steht in direktem Zusammenhang mit der erektilen Funktion und kann somit zu einer Verbesserung sexueller Dysfunktionen beitragen. Die besten Ergebnisse in der Behandlung von Blasenschwäche erreicht man mit einem Training unter Anleitung, unterstützt durch Biofeedback, das in regelmäßigen Abständen zusätzlich zum täglichen Training durchgeführt wird.
  • Veränderung der Körperzusammensetzung: Hohe Belastungsintensitäten im Krafttraining führen zu einer höheren Maximalkraft, während niedrig- bis mittelintensives Ausdauertraining wie Walken oder Joggen die Muskelausdauer erhöht und den Anteil der Fettmasse reduziert. Um Muskelmasse und Fettmasse nachhaltig zu erhalten bzw. zu reduzieren, sollten Sie zusätzlich auf eine gesunde Ernährung achten.
  • Gesundheit der Knochen, z. B. Osteoporose: Intensives Krafttraining (6 Übungen, 3 x 8–12 Wiederholungen) scheint Knochen- und Gelenkschmerzen effektiv zu lindern und die Knochenstabilität zu verbessern. Auch gut dosiertes plyometrisches Training kann eine positive Wirkung auf die Knochendichte haben. Grundsätzlich reduziert Sport die Aktivität der Zellen, die Knochensubstanz abbauen (Osteoklasten) und aktiviert knochenaufbauende Zellen (Osteoblasten).
  • Veränderungen des Stoffwechsels, z. B. Diabetes Mellitus: Ausdauersport stabilisiert den Blutzuckerspiegel durch eine bessere Wirkung von Insulin am Rezeptor und die Freisetzung von IGF-1.
  • Herz-Kreislauf-Beschwerden: Aerobes Ausdauertraining verbessert das Herzzeitvolumen, also die Blutmenge, die der Herzmuskel innerhalb einer bestimmten Zeit umsetzen kann, und damit die (Muskel-)Durchblutung. Die Fähigkeit der Blutgefäße, sich zu weiten und zu verengen und sich somit schnellstmöglich an die körperliche Aktivität anzupassen, wird besser.
  • Bluthochdruck (Hypertonie): Aerobes Ausdauertraining führt zu einem niedrigeren Ruhepuls und senkt den Blutdruck.
  • Psychische Beschwerden wie Depressionen und Angst: Ausdauertraining an drei Tagen pro Woche für 30 bis 60 Minuten bei 40–59 % der HFmax und zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche mit sechs Übungen, die Sie 2 x 8–12 Wiederholungen durchführen, können depressive Symptome und Angst lindern.
  • Schlafprobleme: Ein 30-minütiges Ausdauertraining mit 40–59 % der HFmax an drei Tagen pro Woche kann die Schlafqualität verbessern.
  • Allgemeine Abgeschlagenheit (Fatigue), Müdigkeit: Mehr Energie im Alltag und bei körperlichen Aktivitäten erreichen Sie einer Studie zufolge mit hochintensivem Training im Kraft- und/oder Ausdauersport oder drei 30-minütigen Ausdauereinheiten bei 40–59 % der HFmax an drei Tagen pro Woche plus Krafttraining an zwei Tagen pro Woche: sechs Übungen mit 2 x 12–15 Wiederholungen.
  • Neurologische Beschwerden, z. B. Polyneuropathie (PNP): Vibrationstraining, sensomotorisches Training, Ausdauertraining wie Walken und Krafttraining können Taubheitsgefühle, Kribbeln und das Gefühl starker Temperaturwechsel heiß/kalt lindern. Menschen mit PNP in Kombination mit Diabetes Mellitus profitieren auch hinsichtlich eines besseren Gleichgewichts.
  • Darmbeschwerden wie Durchfall (Diarrhoe) und Verstopfung (Obstipation): Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass moderate körperliche Aktivität die Darmentleerung verlangsamt und somit möglicherweise therapiebedingte Beschwerden wie Durchfall mindern kann.
  • Sexuelle Dysfunktionen: Studien, die die Wirkung von Sport auf die Sexualfunktion bei Prostatakrebs untersuchen, führen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Eine Verbesserung der Beschwerden durch eine Kombination von Ausdauer- und Krafttraining ist jedoch möglich. Empfohlen werden beim Krafttraining 2–3 Einheiten/Woche, 10–15 Minuten Aufwärmübungen bei 50–60 % der HFmax, 6–8 Übungen, 3 Serien mit 6–12 Wiederholungen, 10 Minuten Cool-down. Ausdauertraining sollten Sie mindestens 150 Minuten pro Woche bei 60–80 % der HFmax durchführen.

Bewegung hat, abhängig von der Belastungsintensität, immer einen Effekt auf das Immunsystem. Regelmäßiges Training erhöht die Anzahl antientzündlicher Zellen (Zytokine/Myokine). Umgekehrt führt Bewegungsmangel (und daraus möglicherweise entstehendes Übergewicht) zu einer chronischen Entzündungssituation im Körper. Krebserkrankungen scheinen an einer permanenten, geringgradigen Entzündung zu wachsen – die antienzündliche Wirkung regelmäßigen Sports scheint dem entgegenzuwirken. Im Blutbild erkennt man das an einem sinkenden CRP-Wert (C-reaktives Protein).

Sport wirkt außerdem der sogenannten Immunoseneszenz entgegen, also einer reduzierten Immunfunktion, die sich durch Veränderungen des Immunsystems mit zunehmendem Alter ergibt. Die Bestrahlung beispielsweise kann nur in gesundem Zustand durchgeführt werden – kommt ein Infekt dazwischen, müssen Behandlungen verschoben und umgeplant werden. Nicht nur für die Effektivität der Behandlung selbst, sondern auch für die Organisation, ist der stärkende Effekt von Sport auf das Immunsystem durchaus positiv. Je höher die Anzahl bestimmter Zytokine, desto besser außerdem die Überwachung unseres Körpers und somit der Krebszellen durch unser Immunsystem.

Hilft Ausdauersport allgemein gegen Prostatakrebs?

Zuerst müssen wir die Frage klären, was genau Ausdauersport im gesundheitlichen Kontext bedeutet. Für eine positive Wirkung auf die Gesundheit werden mindestens 150 Minuten aerober Ausdauersport bei mittlerer Intensität empfohlen, und mindestens 75 Minuten mit hoher Intensität. Eine Ausdauereinheit sollte mindestens 10 Minuten dauern. Eine Steigerung der Leistungsfähigkeit kann schon durch 5 Minuten zusätzliche körperliche Aktivität pro Woche erfolgen. Und ja, wer im Alltag sportlich unterwegs ist, wirkt einer Ausbreitung des Prostatatumors entgegen und senkt die Wahrscheinlichkeit, an der Erkrankung zu versterben, so eine Studie aus dem Jahr 2018. Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigt, dass insbesondere aerobes Training positive Auswirkungen auf Muskelkraft, Fettmasse, Blutdruck und die Psyche hat. Ob Sie joggen, Fahrrad fahren oder Schwimmen ist dabei nicht ausschlaggebend. Aber Sport macht Sie nicht nur im Kampf gegen den Krebs stärker – körperliche Aktivität hat zusätzlich einen positiven Einfluss auf die Behandlung und das Therapieergebnis.

Um einen größtmöglichen Effekt von Sport in Bezug auf die Gesundheit zu erreichen, sollten Sie moderates Ausdauertraining wie Joggen oder Walken mit hochintensivem Krafttraining (sofern möglich) kombinieren.

Welcher Sport ist bei Prostatakrebs ungefährlich?

Da Prostatakrebs mit Beckenbodenbeschwerden einhergehen kann, sollten Sie Ihr Training an die Leistungsfähigkeit Ihrer Beckenbodenmuskulatur anpassen. Dafür sollten Sie mindestens grob über die Funktion Ihres Beckenbodens Bescheid wissen.

Jede onkologische Erkrankung ist eine Belastungsprobe, nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Entspannungsübungen und Sportarten wie Yoga und Pilates sowie mentales Training sind eine gute Ergänzung für Ihren Ausdauersport. So können Sie Ihr Stresslevel, insbesondere während der Behandlungsphasen, aktiv senken.

Nach einer Prostatektomie sollten Sie mindestens vier bis sechs Wochen auf Joggen und andere sportliche Aktivitäten verzichten. Nutzen Sie die Zeit stattdessen für Beckenbodentraining, Neuroathletiktraining, Mobilisationsübungen und ein schonendes Krafttraining, mit dem Sie Ihre Muskelkraft bestmöglich erhalten. Krafttraining mit geringem Gewicht kann das mentale Befinden und allgemeine Erschöpfung verbessern. Die Trainingsempfehlung einer Studie von 2020 lautet: 10 Geräte, 2 x 10 Wiederholungen an zwei Tagen pro Woche.

Wichtig: Intensive Trainingsphase mit ungewohnt hoher Trainingsbelastung und Wettkampfteilnahmen, besonders im Winter und bei starker Hitze im Sommer, können den Körper unter Stress setzen und für ein erhöhtes Krankheitsrisiko sorgen. Planen Sie Ihr Training deshalb vorausschauend und hören Sie regelmäßig in Ihren Körper hinein, um Überlastung und krankheitsbedingte Trainingsunterbrechungen zu vermeiden.

Es gibt Daten, die darauf hinweisen, dass Menschen mit einer Krebserkrankung ein höheres Risiko haben, an Hautkrebs zu erkranken. Daher sollten Sie bei allen Sportarten, die im Freien stattfinden (z. B. Joggen, Walken, Schwimmen im Freibad) auf einen ausreichenden Sonnenschutz achten.

Was schützt die Prostata außerdem?

Für Läuferinnen und Läufer ist die Ernährung eine wichtige Komponente im Alltag. Die Frage „Welche Nahrungsmittel sind gut für die Prostata?“ konnte anhand von Studien bisher jedoch nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Entsprechend gibt es keine speziellen Ernährungsempfehlungen für eine gesunde Prostata. Viele der folgenden Ernährungstipps wirken jedoch präventiv gegen Erkrankungen, die das Risiko für Prostatakrebs erhöhen, und Beschwerden, die durch Prostatakrebs entstehen können.

Allgemeine Ernährungsempfehlungen zur Prävention von Krebserkrankungen

Empfohlen werden aber überwiegend pflanzliche Nahrungsmittel, wenig (rotes) Fleisch, Vollkornprodukte statt Weißmehl und wenig Alkohol (maximal zwei Getränke (z. B. 0,3 Liter Bier) pro Tag).

Achten Sie bei Fetten auf den Ursprung: Pflanzenfette wie Olivenöl, Leinöl und Walnussöl und Fisch zum Beispiel enthalten gesunde (ungesättigte) Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte wirken antioxidativ, also zellschützend und entzündungshemmend, und enthalten viele Ballaststoffe. Mit Getreide und Hülsenfrüchten nehmen Sie Phytoöstrogene zu sich, die das Prostatawachstum als Gegenspieler des körpereigenen Östrogen verringern können. Tomaten und Grapefruit enthalten Lycopin, einen Farbstoff, der als Radikalfänger gesunde Körperzellen schützt. Gemüse, Salat, grüner Tee und Granatäpfel sind gute Polyphenol-Lieferanten. Polyphenol hat entzündungshemmende Eigenschaften.

Selen wird immer wieder als das Spurenelement diskutiert, das das Risiko für Prostatakrebs senken kann. Eine aktuelle Übersichtsstudie kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Nahrungsergänzung mit Selen selbst das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, nicht verringert. Nachgewiesen wurde aber, dass ein hoher Anteil an körpereigenem Selen mit einem geringeren Krebsrisiko einhergeht. Warum das so ist, ist noch unklar. Auf eine ausreichende Zufuhr zu achten, kann jedenfalls nicht schaden: Selen befindet sich in Vollkornprodukten und Fisch.

Vitamine für die Prostata

Pflanzenöle, Nüsse und (schwach entölter) Kakao haben einen hohen Vitamin-E-Anteil. Vitamin E wirkt als Zellschutz und beugt Muskelschwäche vor. Nahrungsmittel, die Vitamin D enthalten, können zum Erhalt der Knochendichte beitragen. Vitamin D ist zwar in kleinen Mengen in Fisch und Eigelb enthalten, reicht für den täglichen Bedarf jedoch nicht aus. Effektiver ist es, täglich im Hellen an die frische Luft zu gehen. In Absprache mit Ihrem Arzt kann eine Nahrungsergänzung mit Vitamin D sinnvoll sein.

Auf eine ausreichende Energiezufuhr achten

Auch, wenn die Behandlung zu einer Zunahme der Fettmasse führt und die Ernährung ein Ansatzpunkt ist, um dieser körperlichen Veränderung entgegenzusteuern: Eine geringe Energiezufuhr erhöht das Krankheitsrisiko. Das Ziel einer Ernährungsumstellung sollte deshalb nicht eine reine Kalorienreduzierung oder der Verzicht auf Kohlenhydrate sein, sondern ein achtsamer Umgang mit Lebensmitteln, die Zucker enthalten, durch die Herstellung negative Auswirkungen auf den Körper haben können oder „leere“ Kalorien enthalten.

Genug Flüssigkeit trinken

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens 1,5 Liter pro Tag) durch Getränke, die keine Einfachzucker enthalten, ist essenziell für die Verdauung von Ballaststoffen und das Immunsystem. Bei Blasenbeschwerden kann es helfen, vorübergehend weniger Kaffee und schwarzen Tee zu trinken, weil beides (beim Sport) individuell zu mehr Harndrang führen kann.

Fazit: Joggen hat eine positive Wirkung in der Prävention und Behandlung von Prostatakrebs

Prostatakrebs ist die häufigste Krebsdiagnose bei Männern in Deutschland. Maßnahmen zur Krebsfrüherkennung sorgen für eine meist sehr gute Prognose im Behandlungsverlauf. Ausdauersportarten wie Joggen spielen bei der Vorbeugung von Prostatakrebs und für die Linderung von Nebenwirkungen während der Therapie eine große Rolle. Regelmäßiges Ausdauertraining senkt das Risiko für Krebserkrankungen, indem es ein gesundes Körpergewicht fördert, das Immunsystem stärkt und das Bewusstsein für eine ausgewogene Ernährung unterstützt.

Männer mit der Diagnose Prostatakrebs profitieren vom Joggen, weil es die Symptome der Erkrankung und die Nebenwirkungen der Behandlung mit Medikamenten und/oder Bestrahlung positiv beeinflusst. Joggen kann durch Veränderungen des Hormonhaushalts das Tumorwachstum verlangsamen und sekundären Erkrankungen wie Osteoporose, Diabetes Mellitus oder Herz-Kreislauf-Beschwerden entgegenwirken. Körperliche Aktivität verbessert die Temperaturregulation und hilft gegen Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Läufer profitieren außerdem durch eine bessere Schlafqualität und die Ausschüttung von Glückshormonen – beides beugt Depressionen und Angststörungen vor und unterstützt die Behandlung dieser Erkrankungen.