Angst vor Hunden bei Laufen

Tipps gegen Hundeangst auf der Laufrunde
Angst vor Hunden bei Laufen

Veröffentlicht am 09.11.2023
Freilaufender Hund auf einer Laufstrecke
Foto: iStockphoto

Der Hund ist gleich nach der Katze das Lieblingstier Nummer zwei der Deutschen. An die zwölf Millionen Hunde leben hierzulande. Sie gehen tagtäglich mit ihren Frauchen und Herrchen Gassi. Das ist eine Herausforderung für alle Läuferinnen und Läufer, die unter Hundeangst leiden.

Mitten im Lauftraining auf freilaufende Hunde zu treffen, vor allem wenn sie groß sind, löst vermutlich bei allen Läuferinnen und Läufern ein mulmiges Gefühl aus. Das ist alles im normalen Bereich und hier lässt sich mit ganz einfachen Tipps helfen, dazu gleich mehr.

Ängste haben aber eine weite Bandbreite: Sie reichen von Unsicherheit und leichter Nervosität über Furcht bis hin zu Phobien. Phobien sind besonders schlimm, weil sie mit Panikattacken einhergehen können. Davon sind die wenigsten betroffen. Im Folgenden möchten wir möglichst alle Arten bzw. Schweregrade von Hundeangst betrachten.

Zuerst einmal ist es wichtig, wenn sie leicht unsicher sind, realistisch zu bleiben und sich ins Bewusstsein zu rufen, dass die meisten Begegnungen zwischen Laufenden und Hunden friedlich ausgehen, denn der Großteil der Hunde ist gut erzogen. Dennoch passiert es Läuferinnen und Läufern, dass Hundebesitzer(innen) sich wenig einfühlsam zeigen, zum Beispiel, indem sie ihren Liebling nicht an der Leine führen und herablassende Kommentare geben. Ganz selten kommt es zu schlimmen Erlebnissen wie Bissen, die ein schweres Trauma auslösen können. Was in diesem seltenen Fall zu tun ist, darauf werden wir später ebenfalls noch genauer eingehen und uns dazu mit einem Experten unterhalten. Nun kommen wir erst einmal zu den leichten Ängsten und Unsicherheiten.

Wie kann ich besser mit meiner Hundeangst umgehen?

Im Folgenden geben wir Ihnen dazu ein paar Tipps mit auf die Laufrunde, dabei gehen wir auf zwei verschiedene Methoden bei einer leichten Hundeangst ein:

1. Die Vermeidungsstrategie

Die einfachste, am wenigsten zeitaufwändige Methode, freilaufenden Hunden aus dem Weg zu gehen, ist, dass Sie Hundewiesen, Waldbereiche ohne Leinenzwang und Hundestrände als Trainingsgebiet vermeiden. Manche Läufer und Läuferinnen gehen so weit, sogar beliebte Gassi-Geh-Zeiten zu meiden. In Städten finden sich oft ausgewiesene Parks, in denen Hunde verboten sind. Wer diese Einschränkungen aber nicht auf sich nehmen möchte, kann sich seiner Nervosität vor Hunden auch auf eine andere Art und Weise stellen.

2. Informationen und Erfahrungen sammeln

Theoretisches Wissen kombiniert mit praktischen Erfahrungen macht sicherer: Lernen Sie das Verhalten der Hunde besser kennen, um angemessen darauf reagieren zu können. Informieren Sie sich beispielsweise im Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis über Hunde. Oder lesen Sie darüber. Vielleicht kennen Sie ja eine Laufkollegin mit Hund? Nutzen Sie diese Gelegenheit, um Hundeverhalten besser kennenzulernen und eine positive Erfahrung mit einem gut erzogenen Hund zu machen. Beim Laufen mit Hunden werden Sie feststellen, dass die Vierbeiner sich in der Regel mehr für ihresgleichen interessieren als für Menschen. Langfristig gesehen ist diese Strategie natürlich sinnvoller, da sie Ihnen nicht bloß auf der Laufrunde, sondern auch im Alltag dienen kann.

Wie verhalte ich mich richtig, wenn ein Hund mir hinterherläuft?

Wenn ein Hund einem Menschen hinterherläuft, möchte er in den meisten Fällen spielen (Spieltrieb), mit dem Rennenden mithalten (Herdentrieb, bei Hütehunde-Rassen verbreitet, die Rudel zusammenhalten) oder diesen stellen (Jagdtrieb).

Es ist absolut unangemessen, wenn der Besitzer oder die Besitzerin zu Ihnen sagt: „Sie brauchen keine Angst zu haben. Er will ja nur spielen, der ist doch ganz lieb.“ Dies zeugt von mangelndem Respekt und Einfühlungsvermögen – zwei wichtige Voraussetzungen für ein harmonisches Miteinander. Denn das Fehlverhalten liegt nicht bei Ihnen, sondern beim Hundehalter, der seinen Liebling nicht an der Leine führt. Es besteht in fast allen öffentlichen Bereichen Leinenzwang, einschließlich Stadtwäldern und selbstverständlich in Naturschutzgebieten.

Wenn der Hund Ihnen hinterherläuft, sollten Sie:

  • ruhig bleiben, langsam weiterlaufen oder stehen bleiben (keinesfalls fluchtartig wegrennen!)
  • den Hundehalter ruhig und sachlich auf den Leinenzwang hinweisen (das empfiehlt sich auch im Vorhinein, wenn Sie Halter und freilaufenden Hund auf sich zukommen sehen)
  • beim Zusammentreffen Blickkontakt mit dem Hund vermeiden
  • eine möglichst ruhige Körperhaltung bewahren und sich an den Halter wenden, hektische Bewegungen wie Händewedeln vor dem Hund vermeiden

Die Gesetzeslage ist übrigens eindeutig: Hundebesitzer haften bei Fehlverhalten ihrer Hunde. In einer bedrohlichen Lage können Jogger Abwehrmaßnamen einsetzten (Pfefferspray oder Schrill-Alarm) und sollten anschließend den aggressiven Hund sowie dessen Halterin bei der Polizei melden.

Es gab einmal einen Gerichtsprozess in Augsburg, bei dem ein Jogger mit Hundeangst einen Hund mithilfe eines Schrillalarms abwehrte. Dadurch erlitt der Hundebesitzer einen Tinnitus. Er wollte den Jogger auf Schmerzensgeld verklagen. Es stellte sich später heraus, dass der Hund es nicht auf den Jogger abgesehen hatte, sondern auf ein wildes Tier, das sich in der Nähe des Joggers befand. Beim Jagen kam er dem Jogger, der ihn erfolgreich abwehrte, jedoch sehr nah. Die Richter befanden: Der Jogger war im Recht. Das Fehlverhalten sahen die Richter eindeutig beim Hundehalter, der seinen Hund nicht in ausreichender Weise beaufsichtigt und nicht an der Leine geführt hatte (haufe.de)

Hundehalter sind somit verpflichtet, ihre Hunde von anderen fernzuhalten. Der Haufe-Fachartikel fasst als Fazit zusammen: „Als Grundsätze für korrektes Verhalten für Hundeführer arbeitete das Gericht heraus, dass sie aufpassen müssen, dass ihre Hunde nicht auf Jogger zulaufen, sie akzeptieren müssen, dass es Läufer gibt, die Angst vor Hunden haben, sie nicht erwarten dürfen, dass der andere erkennt, ob ihr Hund in Angriffsabsicht auf sie zuläuft oder nicht, sie ihren Hund im Zweifelsfall an die kurze Leine nehmen sollen.“

Wie reagiere ich, wenn ein Hund mich anbellt?

Bellen muss nicht gleich Angriff bedeuten. Einen aggressiven Angriff erkennen Sie vor allem an folgendem Verhalten des Hundes:

  • Anstarren, meist kombiniert mit angelegten Ohren
  • Fletschen der Zähne
  • Knurren und/oder Bellen
  • Schwanzstellung: entweder eingezogen (dann hat der Hund selbst Angst, was auch zum Angriff führen kann) oder starkes Wedeln in Kombination mit den anderen genannten Merkmalen
  • Schnappversuche

Sollten mehrere dieser Merkmale auftreten, ist es ganz wichtig, sich möglichst still und ruhig zu verhalten. „Still stehen und ruhig bleiben beendet meistens den Jagd- oder Spielinstinkt des Hundes. Er endet in dem Moment, wo der Läufer sich gestellt gibt“, sagt Prof. Dr. Oliver Stoll, der als Sportpsychologe an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg lehrt und als Sportpsychologischer Berater und Coach im Spitzensport tätig ist. Vor kurzem arbeitete Stoll mit einer Spitzenläuferin an deren Hundeangst, die auf einem dramatischen Erlebnis basierte. „Sie wurde während ihres Trainings von zwei großen Hunden angegriffen. Bis die Hunde-Besitzerin ihre Hunde in den Griff bekommen hatte, verging einige Zeit. Die Läuferin wurde mehrfach gebissen“, berichtet Stoll. Als Folge habe sie unter Panikattacken gelitten und konnte nicht mehr draußen laufen. Die Arbeit miteinander habe mehrere Monate gedauert, sagt Prof. Stoll. „Sie läuft jetzt wieder draußen“, fügt er hinzu.

Hundephobie heißt in der Psychologie-Fachsprache Kynophobie. Eine Phobie ist eine krankhafte Angststörung, unter der die Betroffenen stark leiden. Sie kann mehrere Gründe haben: „Es gibt verschiedene Ursachen, meistens die zwei: Entweder liegt eine schlechte Erfahrung zugrunde. Oder eine Angst entwickelt sich durch Konditionierung, das heißt, ich habe das erlernt, sozusagen eine erlernte, übertragene Angst, beispielsweise von den Eltern“, sagt Stoll. Phobien kann man nicht in Eigenregie behandeln. Dafür ist eine psychologische Therapie notwendig. „Bei einem Trauma sollte man niemals an sich selbst rumdoktern“, sagt Stoll. Das könne nach hinten losgehen.

Wie fühlt sich ein Mensch mit Hundephobie?

„Traumata entwickeln sich oft erst nach Wochen, es kommt zu Flashbacks, die nur mit professioneller Hilfe behandelt werden können. Das kann soweit führen, dass Betroffene sich nicht mehr vor die Haustür trauen. Kommt ein Hund in ihre Nähe, geht der Herzschlag sofort hoch, die Atemfrequenz ebenso, die Hände schwitzen. Der Körper schaltet dann auf Kampf oder Flucht“, erklärt Prof. Stoll. Eine Therapie sei nur im entspannten Zustand möglich, was bedeutet, dass die Betroffenen erst einmal Entspannungs-Techniken lernen, so Stoll. Was Therapeuten in diesen Fällen häufig tun: „Zuerst Entspannungsverfahren einüben, danach eine Konfrontation mit dem angstauslösenden Stimulus, beispielsweise in Form von Hundefotos. Ich habe der Läuferin später auch Hundefilme gezeigt und den Reiz sukzessive erhöht, also systematisch gegenkonditionieren. Solange ich die Therapie in einem tiefenentspannten Zustand mache, geht das, denn Entspannungszustand und Angst schließen sich aus. Nach einer Zeit hat sich bei ihr die Angst gelöst.“ In dem Fall der Spitzenläuferin habe es einige Monate gedauert, bis sie wieder entspannt draußen laufen konnte. Ganz zum Schluss seien die beiden als Übung miteinander auf einer Hundewiese spazieren gegangen, berichtet Stoll. „Doch sie kannte schon Entspannungsverfahren wie autogenes Training, progressive Muskelrelaxation, Achtsamkeitsübungen und Meditation aus dem Training.“ Wer diese Techniken noch nicht beherrscht, benötigt mehr Zeit, so Stoll.

Wie überwinde ich meine Angst vor Hunden auf der Laufrunde?

Je nach Stärkegrad Ihrer Angst fällt die Antwort darauf verschieden aus. Bei leichten Ängsten können Sie sich an unsere Tipps halten. Zusätzlich könnten Sie Entspannungs-Techniken üben (wie z. B. Atemtechniken), die Ihnen dabei helfen, ruhig zu bleiben, wenn Sie auf Hunde treffen. Bei starken Ängsten ist es sinnvoll, psychologische Hilfe zu suchen. Hundephobie ist therapierbar, Geduld ist dabei wichtig.

Fazit: Bei leichten Ängsten vor Hunden helfen Tipps, bei starker Angst brauchen Sie Unterstützung

Beherzigen Sie die folgenden Tipps, wenn Sie leichte Angst vor Hunden haben oder sich unwohl fühlen:

  • Informieren Sie sich über die Welt der Hunde und sprechen Sie mit Freunden, die mit Hunden joggen.
  • Bleiben Sie bei einer Begegnung ruhig, meiden Sie Blickkontakt mit dem Hund und wenden Sie sich an den Halter.
  • Auf bei einem Angriff sollten Sie sich still und ruhig verhalten, um den Spiel- oder Jagdtrieb des Hundes zu unterbrechen.
  • Sprechen Sie über Ihre Hundeangst, denn Ängste können im Verborgenen wachsen: Das Sprechen kann ein erster Schritt zur Besserung sein.

Bei starker Hundeangst sollten Sie psychologische Unterstützung haben. Halten Sie sich immer vor Augen: Sie sind nicht allein, andere Läuferinnen und Läufer teilen diese Angst. Auch hier gibt es Hilfe, wie unser Experte oben schildert. Zögern Sie nicht, diese in Anspruch zu nehmen.

Sind Sie Hundehalter oder Hundehalterin, bedenken Sie, dass es Menschen gibt, die Angst vor Hunden haben. Damit das Laufen für Sie, Ihren Hund und für alle, denen Sie auf Ihrer Laufrunde begegnen, ein schönes Erlebnis wird, haben wir Ihnen die wichtigsten Tipps für das Training mit dem Vierbeiner zusammengestellt.