Die Sirtfood-Diät unter der Lupe

Gesunde Gewichtsabnahme oder sinnlose Qual?
Die Sirtfood-Diät unter der Lupe

Veröffentlicht am 10.06.2025
Eine Frau mixt sich mit einem Smoothiemaker einen grünen Smoothie.
Foto: Getty Images

Gewicht verlieren wollen viele mal. Andernfalls wären mehr oder weniger vielversprechende Diät-Konzepte in den letzten Jahren wohl kaum so erfolgreich gewesen. Mit den unterschiedlichsten Ansätzen versuchen sie uns davon zu überzeugen, dass genau dieser Weg zum lang ersehnten Abnehm-Erfolg führt. So auch die Sirtfood-Diät. Wir wollen im Folgenden einmal genauer hinschauen, was sie verspricht, was Sirtfoods überhaupt sind und inwiefern ein gesunder Gewichtsverlust hier realistisch ist.

Was ist die Sirtfood-Diät?

Die Sirtfood-Diät oder Sirtuin-Diät, wie sie auch genannt wird, wurde von den amerikanischen Ernährungswissenschaftlern Glen Matten und Aidan Goggins entwickelt. Ursprünglich gedacht als Anti-Aging-Diät, ist sie als Geheimrezept zum Abnehmen erst durch Adele so richtig bekannt geworden. Sie verlor durch diese Ernährungsweise stolze 45 Kilogramm Körpergewicht. Aber wie funktioniert das?

Sirtfoods leiten sich ab aus den sogenannten sirtuinreichen Lebensmitteln. Was genau Sirtuine sind, klären wir gleich. Es geht bei dem Diät-Plan um den gezielten Verzehr von Sirtuin-aktivierenden Produkten. Diese sogenannten Sirtfoods sind vorwiegend pflanzliche, kalorienarme Lebensmittel. Außerhalb der Sirtfood-Liste sollten alle anderen Lebensmittel laut Plan aus der Ernährung gestrichen werden. Parallel erfolgt eine strenge Kalorienrestriktion. Das Ziel der Sirtuin-Diät ist eine rasche Gewichtsabnahme in einem gesunden Rahmen. Weiterhin soll sie zu einer langfristigen, gesunden Ernährungsweise führen, mit der schlussendlich das Wunschgewicht einfach gehalten werden kann.

Was sind Sirtuine?

Sirtuine sind eine Gruppe von Enzymen. Sie steuern die Aktivität zahlreicher Gene, insbesondere solcher, die mit Alterung, Zellschutz und Stoffwechsel zusammenhängen. Der Mensch besitzt sieben verschiedene Sirtuine. Aktiviert werden sie durch bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe in Lebensmitteln – sogenannte Polyphenole – wie sie etwa in grünem Tee, Kurkuma, dunkler Schokolade oder Rotwein vorkommen. Besonders bekannt ist das Polyphenol Resveratrol, das nachweislich SIRT1 aktiviert, das erste der sieben Sirtuine.

Außerdem benötigen Sirtuine das Molekül NAD+ als Cofaktor, dessen Menge im Körper durch Fasten oder kalorische Restriktion ansteigt. Tierstudien zeigen, dass eine verstärkte Aktivität von SIRT1 nicht nur den Stoffwechsel ankurbelt und die Fettverbrennung fördert, sondern auch mit einer längeren Lebensspanne in Verbindung steht. Genau hier setzt das Prinzip der Sirtfood-Diät an: durch gezielte Auswahl von Lebensmitteln sollen die körpereigenen Sirtuine aktiviert und damit Gesundheit, Zellschutz und Fettstoffwechsel unterstützt werden.

Wie funktioniert die Sirtfood-Diät?

Dieser Diät-Plan besteht aus drei Phasen und beginnt mit einer deutlichen Einschränkung der Energiezufuhr – auf weniger als die Hälfte deines normalen Tagesbedarfs.

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Phase 1

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Phase 2

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Phase 3

Sirtfood-Lebensmittel

Diese Lebensmittel kannst du in jeder Phase in deine entsprechenden Mahlzeiten integrieren:

Übrigens: Der sirtuin-aktivierende Stoff Resveratrol ist im Rotwein nicht vom Alkoholgehalt abhängig, sondern befindet sich in der Schale roter Trauben. So hat alkoholfreier Wein oder Traubensaft denselben Effekt. Außerdem müsste man knapp 10 Liter Rotwein trinken, um die Mengen aufzunehmen, ab denen Resveratrol seinen Effekt hat.

Komplett vermeiden solltest du in der Diät verarbeitete Lebensmittel, zuckerhaltige Getränke, raffinierte Kohlenhydrate, Transfettsäuren und Alkohol.

Warum ist Sirtfood für Läufer interessant?

Viele der sogenannten Sirtfoods enthalten sekundäre Pflanzenstoffe mit antioxidativer Wirkung, die deinen Körper dabei unterstützen können, im Training entstehende Entzündungen zu reduzieren. Lebensmittel wie grüner Tee, Kurkuma, Buchweizen oder Beeren können somit deine Regeneration fördern und helfen, Zellstress zu minimieren.

Ein weiterer interessanter Punkt für Läuferinnen und Läufer: Die Aktivierung von Sirtuinen steht im Zusammenhang mit einer effizienteren Energiebereitstellung auf zellulärer Ebene – vor allem durch eine bessere Funktion der Mitochondrien, also der Kraftwerke deiner Zellen. Das kann langfristig die Ausdauerleistung verbessern. Zusätzlich begünstigt Sirtfood in Verbindung mit leichtem Kaloriendefizit die Fettverbrennung – was gerade bei längeren Läufen ein Vorteil sein kann, wenn dein Körper darauf trainiert ist, Fett als Energiequelle zu nutzen.

Wichtig ist jedoch: Die Sirtfood-Diät solltest du nicht mit einem intensiven Trainingsplan kombinieren – vor allem in Phase 1, wenn die Kalorienzufuhr stark eingeschränkt ist. Für dich als Läuferin oder Läufer: Setze lieber auf eine angepasste, ausgewogene Sirtfood-Ernährung, die ausreichend Energie liefert und deinem Trainingsniveau gerecht wird. So kannst du die gesundheitlichen Vorteile nutzen, ohne an Leistungsfähigkeit einzubüßen.

Ein Sirtfood-Tagesplan für Läufer

Hier kommen ein paar beispielhafte Rezepte, wie du die Diät-Phasen gestalten könntest:

Phase 1: Eine Hauptmahlzeit + zwei Smoothies

  • Buchweizen-Bowl (Zwiebel; Tomate; Möhre; Tofu; Basilikum, Thymian, Rosmarin), Chiliöl, Erdnüsse
  • Grünkohlsmoothie
  • Beerensmoothie

Phase 2: Zwei Hauptmahlzeiten + einen Smoothie

  • Süßkartoffelsuppe mit Grünkohl
  • Breakfast Quinoa
  • Möhren-Orangen-Drink

Phase 3: 3 Hauptmahlzeiten

  • Chiapudding mit Heidelbeeren & Banane
  • Buchweizen mit Brokkoli
  • Grapefruit-Avocado-Salat

Welche Risiken oder Nebenwirkungen kann die Sirtfood-Diät haben?

Auch wenn die Sirtfood-Diät mit schnellen Erfolgen lockt, solltest du dir der möglichen Risiken bewusst sein – besonders, wenn du sie langfristig umsetzen willst. Die erste Phase der Diät sieht eine drastische Kalorienreduktion auf rund 1000 Kalorien pro Tag vor. Für viele Menschen ist das deutlich zu wenig, was langfristig zu einem Verlust an Muskelmasse führen kann. Auch das Immunsystem kann unter der dauerhaften Unterversorgung leiden. Die Lebensmittelauswahl ist zudem sehr eingeschränkt, da ist es kein Wunder, dass du abnimmst – schließlich nimmst du weit weniger Energie zu dir, als du verbrauchst. Viele der empfohlenen Sirtfoods enthalten kaum verwertbare Kohlenhydrate, was kurzfristig das Gewicht reduziert, aber nicht unbedingt nachhaltig ist.

Hinzu kommt, dass wissenschaftliche Belege fehlen, die einen direkten Zusammenhang zwischen Sirtuin-aktivierenden Lebensmitteln und erleichterter Gewichtsabnahme beim Menschen zeigen. Weiteres Problem: Vollkornprodukte kommen in der Diät kaum vor. Sie sind wichtige Quellen für Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Ihr Fehlen kann auf Dauer zu Verdauungsproblemen und einer unausgewogenen Nährstoffversorgung führen. Wer sich nicht intensiv mit den erlaubten Lebensmitteln und deren Zubereitung auseinandersetzt, läuft Gefahr, in einen Mangelzustand zu geraten.

Ein oft übersehener Punkt: Nach einer stark kalorienreduzierten Diät befindet sich dein Körper im sogenannten Energiesparmodus. Das bedeutet, dass er später zugeführte Kalorien effizienter speichert – was das Risiko für den Jo-Jo-Effekt deutlich erhöht. Und nicht zuletzt: Jeder Mensch hat einen individuellen Kalorienbedarf – ein pauschaler Einstieg mit 1000 kcal ist aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht für alle geeignet.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bewertet die Sirtfood-Diät kritisch. Zwar befürwortet sie die Empfehlung, viel Obst und Gemüse zu essen, doch sie warnt ausdrücklich vor der Verharmlosung von Alkohol – selbst kleine Mengen Rotwein sind nicht zwangsweise gesundheitsfördernd. Die DGE empfiehlt eine abwechslungsreiche und saisonale Ernährung, was sich nur schwer mit einer einseitigen Fokussierung auf bestimmte Sirtfoods vereinbaren lässt. Und was das Abnehmen betrifft: Als gesund gilt laut DGE ein Gewichtsverlust von maximal 0,5 Kilogramm pro Woche – um sicherzustellen, dass dabei keine Muskelmasse verloren geht, alle Nährstoffe abgedeckt sind und kein Jo-Jo-Effekt eintritt.

Für wen ist die Diät nicht geeignet?

So verlockend die Sirtfood-Diät auch klingen mag – sie ist nicht für jeden geeignet. Kinder und Jugendliche befinden sich noch im Wachstum und benötigen ausreichend Energie sowie eine vollwertige Ernährung, um sich körperlich und geistig gesund zu entwickeln. Auch Schwangere und Stillende sollten die Finger von stark kalorienreduzierten Diäten lassen. In dieser Lebensphase ist eine vielseitige, ausgewogene und uneingeschränkte Ernährung besonders wichtig, um Mutter und Kind optimal zu versorgen.

Wenn du unter Adipositas leidest oder bereits gesundheitliche Probleme hast, solltest du vor dem Start unbedingt eine*n Ernährungsberater*in zurate ziehen. Die Diät ist zwar kurzfristig gewichtsreduzierend, aber ohne fachliche Begleitung kann es schnell zu Mangelerscheinungen kommen. Gleiches gilt für Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen – hier kann es zu Wechselwirkungen oder unerwünschten Effekten kommen, wenn sich dein Körper plötzlich in einem Kaloriendefizit befindet oder du bestimmte Nährstoffe nur eingeschränkt aufnimmst.

Auch für Leistungssportler und -sportlerinnen ist die Sirtfood-Diät eher ungeeignet. Sie benötigen eine hohe Energiezufuhr und ein umfassendes Spektrum an Makro- und Mikronährstoffen, um Leistung zu bringen, sich zu regenerieren und Muskeln aufzubauen – all das lässt sich mit einer stark reduzierten Kalorienzufuhr und eingeschränkter Lebensmittelauswahl kaum vereinbaren.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Sirtfoods

Kann ich mit Sirtfood meine Laufleistung steigern?

Wie wirkt Sirtfood auf Muskeln und Regeneration?

Kann ich mit Sirtfood dauerhaft abnehmen?

Fazit: Die Sirtfood-Diät ist nicht ganz unbedenklich

Die Sirtfood-Diät bietet einige spannende Ansätze – vor allem durch den Fokus auf pflanzliche, antioxidativ wirkende Lebensmittel, die Entzündungen reduzieren und die Zellgesundheit fördern können. Besonders für Läuferinnen und Läufer kann die gezielte Aktivierung von Sirtuinen durch ausgewählte Nahrungsmittel potenziell zur Verbesserung der Energieverwertung und Regeneration beitragen. Auch die rasche Gewichtsabnahme in der Anfangsphase mag kurzfristig motivieren.

Gleichzeitig birgt das Konzept Risiken: Die starke Kalorienreduktion zu Beginn ist für aktive Menschen oft nicht praktikabel und kann zu Leistungsabfall, Muskelabbau und Nährstoffmangel führen – besonders, wenn die Ernährung nicht sorgfältig geplant ist. Die Diät ist daher eher als kurzfristiger Impuls für eine bewusste Ernährungsumstellung geeignet, weniger als dauerhafte Lösung. Als sportlicher Mensch – speziell im Ausdauersport wie Laufen – solltest du daher auf eine angepasste Umsetzung achten, die dir genügend Energie und Nährstoffe liefert. Letztlich ist es entscheidend, die positiven Aspekte der Sirtfood-Diät in eine ausgewogene, vollwertige Ernährung zu integrieren – ohne in extreme Restriktionen zu verfallen.