Der Versuch von Faith Kipyegon, am Donnerstagabend in Paris als erste Frau die Meile unter vier Minuten zu laufen, ist krachend gescheitert. Mit rund sechseinhalb Sekunden war die Diskrepanz am Ende so groß, dass man das gesamte Unternehmen „Breaking 4“ in erster Linie als PR-Aktion eines US-amerikanischen Sportartikel-Unternehmens einordnen muss. Dies schmälert jedoch nicht die außerordentliche Leistung der kenianischen Ausnahmeläuferin, die über die genau 1.609,344 Meter lange Distanz mit 4:06,42 Minuten die schnellste je gelaufene Meilen-Zeit einer Frau erreichte. Das Rennen war jedoch nicht Rekord-konform, so dass die Zeit von Faith Kipyegon entgegen anders lautender Meldungen nicht als Weltrekord anerkannt werden kann und auch nicht in die Bestenlisten aufgenommen wird.
1954 war es der Engländer Roger Bannister, der als erster Athlet die „Traum-Meile“ lief. Die 4:00,00 Minuten waren damals die Schallmauer für die schnellsten Mittelstreckenläufer der Welt. In Oxford lief Bannister 3:59,4 Minuten. Kenias Ausnahmeläufer Daniel Komen rannte gut vier Jahrzehnte später als erster zwei „Traum-Meilen“ hintereinander. 1997 verbesserte er den Weltrekord über zwei Meilen in Hechtel (Belgien) auf 7:58,61.
Könnte die 31-jährige Faith Kipyegon als erste Frau eine „Traum-Meile“ laufen? Dreimal hintereinander hatte die Kenianerin die olympische Goldmedaille über 1.500 m gewonnen, zudem hält sie die Weltrekorde über 1.500 m (3:49,04) und die Meile (4:07,64). Über 5.000 m gehört Kipyegon mit ihrer Bestzeit von 14:05,20 Minuten zu den schnellsten Läuferinnen aller Zeiten und zu den ganz wenigen, die das Potenzial haben, als erste eine Rekord-konforme Zeit von unter 14 Minuten zu erreichen.
Doch Faith Kipyegon und ihr Management-Team entschieden sich zunächst für das sicherlich finanziell deutlich attraktivere aber weit weniger realistische Projekt: den Angriff auf die „Traum-Meile“. Die 5.000 m folgen möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt, allerdings könnte Kipyegon bis dahin auch eine andere Läuferin zuvor kommen. Um die Meilen-Zeit von unter vier Minuten zu erreichen, hätte Faith Kipyegon die 1.500-m-Marke in einer Zwischenzeit passieren müssen, die einige Sekunden unterhalb ihres eigenen Weltrekordes liegt - und dann wären es immer noch knapp 110 Meter bis zum Meilen-Ziel gewesen. Wer die Entwicklung des 1.500-m-Weltrekordes kennt, dürfte wohl gezweifelt haben.
Nur auf den ersten 100 Metern war Faith Kipyegon am Donnerstagabend in Paris in einem in weiten Teilen menschenleeren Stadion auf Kurs für die Traumzeit. Alle folgenden Zwischenzeiten deuteten auf ein Ergebnis von über 4:00,00 Minuten hin. Bei der 1.000-m-Zwischenzeit von 2:30,68 war Faith Kipyegon gut 1,5 Sekunden zu langsam und im letzten Drittel des Rennens konnte sie ihr Tempo nicht halten. Am Ende stimmte nicht einmal die Zieluhr: Angezeigt wurden zunächst 4:06,91 Minuten, dann wurde die Zeit später auf 4:06,42 geändert.
Auch eine große Gruppe von elf männlichen Tempomachern, die in einer speziellen Formation liefen, und ein neuer Schuh, der noch nicht für offizielle Wettkämpfe zugelassen ist, brachten für Faith Kipyegon in Paris keinen entscheidenden Vorteil. „Ich bin sicher, dass es möglich ist, unter vier Minuten zu laufen. Wenn ich es nicht schaffe, dann wird eine andere kommen“, sagte Faith Kipyegon. Das allerdings dürfte doch noch längere Zeit dauern.

Kipyegon lief mit dem Nike Victory Elite FK. Dieser hat eine ZoomX-Mittelsohle, eine durchgehende Carbonfaserplatte, eine kleine Zoom Air-Einheit im Vorfuß und ein luftiges Mesh-Obermaterial.
Hier findest du den Breaking4-Lauf als Video
Wie genau das Breaking4-Projekt ablief, siehst du im folgenden, auf Nikes YouTube-Kanal zu findenden Video.