Was den Touristen das Hofbräuhaus, ist den Läufern die Lauf-bar: eine echte Institution. In Erstem wird seit 1589 der Durst nach bestem Bier gestillt, in Zweitem seit 2001 der Durst nach bester Schuhberatung.
Als Volker Haußmann damals seine ersten Kunden im Laufsportgeschäft begrüßte, kauften die Deutschen Waren für 1,6 Milliarden Euro im Internet ein, heute sind es mehr als 80 Milliarden. Wie behauptet sich der Unternehmer erfolgreich gegenüber dem Online-Handel? Ein Rezept: „Manche Kundenwünsche wollen wir nicht erfüllen“, sagt Haußmann, „die beste Beratung und den besten Preis bekommen die Kunden bei uns nicht.“ Die beste Beratung, bei aller Bescheidenheit, wohl.
Manche Kundenwünsche wollen wir nicht erfüllen.
Dafür nimmt sich das Team Zeit. Über die Website können Kunden einen Zeitraum für eine halbstündige Beratung buchen. Bereits wenn der Kunde den Laden betritt, scannt das geschulte Auge von Haußmann den Körperbau: Größe und Gewicht des Kunden, die Beinstellung und die Pronation kann der diplomierte Sportwissenschaftler einschätzen, noch bevor der Kunde zum Fragen ansetzt.

Wie ein Arzt bei der Anamnese machen sich Haußmann und sein Team beim Gespräch ein detailliertes Bild davon, für welchen Einsatzzweck der Kunde den Schuh nutzen möchte. Aufschluss über die Abrollbewegung des Fußes liefert die Laufbandanalyse. Aus seinen Erkenntnissen empfiehlt Haußmann zwei, maximal drei Paar Schuhe – meistens ist ein Volltreffer dabei. Zu guter Letzt kann der Kunde den Laufschuh auch draußen vor der Ladenzeile noch einmal testen.
Den Wert dieser umfassenden Beratung bemisst Haußmann mit 30 Euro, der tatsächliche Nutzen, das weiß er selbst, ist viel größer. „Sicherlich verkaufen wir uns ein bisschen unter Wert. Die Leistung besteht schließlich nicht nur darin, einen Schuh zu verkaufen. Nein, wir individualisieren dein Sportgerät für dich!“ Er berichtet von begeisterten Kunden, die nach einer Beratung und dem Kauf des richtigen Schuhs endlich wieder schmerzfrei Sport machen konnten. Was M sind da schon 30 Euro?
»Unsere Leistung besteht nicht nur darin, einen Schuh zu verkaufen. Nein, wir individualisieren dein Sportgerät für dich«
Wenn der Einzelhändler also weiß, wie wichtig die Beratung beim Schuhkauf ist: Beißt es sich nicht, dass Haußmann über seine Website auch E-Commerce betreibt? „Nein“, findet Haußmann. „Der Kunde wählt, ob er eine Beratung möchte, die eine gewisse Garantie für den Einkauf bedeutet, oder eben nicht.“
Wobei es untertrieben wäre zu behaupten, dass im Webshop keine Beratung stattfindet. Zu jedem Schuh im Sortiment pflegt das Team Empfehlungen zum Laufuntergrund, das Gewicht, die Sprengung, die Dämpfung, das Obermaterial, die Stabilität und die Passform ein. Und doch: „Der Körper ist kein mathematisches Konstrukt“, merkt Haußmann an. Darauf weist das Team im „Lauf-bar Magazin“ hin, einem Blog, in dem Haußmann und sein Team eigene Artikel veröffentlichen. „Das Magazin gewinnt an Relevanz. Unser Ziel ist es, Unique-Content zu schaffen, um Reichweite zu bekommen und unser Knowhow zu proklamieren.“

Als weiteres Schmankerl für die Kundschaft hat sich Haußmann „Laufbar MAX“ ausgedacht. Die kostenlose Club-Mitgliedschaft verschafft den Kunden je nach Jahresumsatz Prozente beim Einkauf und exklusive Angebote. Darüber hinaus können sie seit einem halben Jahr kostenlos einmal pro Woche am Performance-Lauftreff „Max your Run“ teilnehmen, bei dem eine professionelle Trainerin mit ihnen an Athletik, Koordination und Lauftechnik arbeitet. „Unser Ziel ist es, Vorreiter in Service und Qualität zu sein. Das geht nur, wenn wir unsere Kunden besser kennenlernen, indem wir mit Zusatzservices die On- und Offlinewelt verknüpfen“, erklärt Haußmann.
Dann, und nur dann wird der stationäre Einzelhandel nicht vom Online-Handel geschluckt. Die Laufbar scheint gewappnet.