Adidas 4D FWD mit 3d-Technologie im Test
Der neue Adidas 4D FWD im Test

Der neue Adidas-Laufschuh 4D FWD mit neuer Mittelsohlen-Technologie im Test: Wie läuft sich die Mittelsohle aus dem 3D-Drucker?
Adidas-4D-FWD
Foto: RUNNER'S WORLD

Bei Laufschuhherstellern wurde das Thema 3D-Druck für die Mittelsohlen sehr schnell begeistert aufgenommen. Die freie Gestaltung und Formung versprach große funktionelle Gestaltungsfreiheit – und war optisch ein absoluter Hingucker, ein dreidimensionales Kunststück statt eingefärbtem Kunststoffschaum. Allerdings kam funktionell nicht auf der Straße an, was optisch versprochen wurde. Bisherige 3D-Strukturen waren funktionell noch nicht mit herkömmlichen Kunststoffschaum-Sohlen auf einer Höhe, zudem meistens zu schwer.

Adidas will das jetzt ändern – und hat bislang schon einige Erfahrung mit 3D-Technologie. Der erste Schuh war bereits in Rio bei den Olympischen Spielen zu sehen, wo Nationen, die von Adidas ausgerüstet wurden, den Schuh für Siegerehrungen erhielten – allerdings war der mit traditioneller 3D-Technologie hergestellt und war funktionell nicht so weit voraus, wie es der optische Eindruck glauben machen ließ. Geschenkt, denn den Schuh erhielten nur Topathleten. Anders als den 2017 vorgestellten 4D Futurecraft mit 3D-Sohle. Darauf folgte der Alphaedge in 2018 und der 4D-Run in 2020, der dem jetzt vorgestellten 4DFWD zumindest optisch schon nahekommt und leichter als die Vorgängermodelle war.

Aber der neue 4DFWD, das Kürzel FWD in der Modellbezeichnung steht für FORWARD (=vorwärts), spielt doch bereits in einer anderen Liga und startet eine neue Phase der Sohlentechnologie. Das liegt an der neuen Herstellungstechnologie, die von Hersteller Carbon aus dem Silicon Valley in Kalifornien stammt, die noch niemand zuvor realisiert hat und nichts mehr mit „traditionellem“ 3D-Druck zu tun hat. Das Verfahren nennt sich Digital Light Synthesis – und Adidas und Carbon schwärmen davon, lassen aber nicht so richtig Licht an die Sache. Stephan Scholten, maßgeblich bei der Entwicklung beteiligt, deutet an, dass es um drei Komponenten geht, „das Material, UV-Licht und Sauerstoff“, wobei das „Material“ nicht genauer definiert wird.

Neues Verfahren aus dem Silicon Valley

Adidas 4DFWD
Hersteller

Dieses neue Verfahren erlaubt jedenfalls ein sehr präzises Feintuning der Gitternetzstruktur. Stephan Scholten betont: „Die Entwicklung muss sich nicht nach den Eigenschaften eines Mittelsohlenmaterials richten, sondern die Entwickler bestimmen die Eigenschaften der Mittelsohle.“ Diese reagiert beim 4DFWD dynamisch auf die beim Abrollvorgang einwirkende Belastung. Deshalb spricht Adidas-Entwickler Bob Kirk Leite des „Future Innovations Team“ in Oregon auch von einer vierten Dimension: „Die Bow-Tie-Form des Gitters formt die vertikal auftreffenden Kräfte in horizontale Kräfte um!“ Bei von oben auftretender Belastung wird das Gitter also nicht einfach zusammengedrückt, sondern verschiebt sich in Laufrichtung. Bok Kirk: „Wir sehen das auch in der High-Speed Videoaufnahme und wenn wir die einzelnen Bilder analysieren: Die Sohle bewegt sich nach vorne. Wir sehen da wie die Aufprallkräfte verringert werden. Aber das wichtigste für uns ist natürlich, dass das auch fühlbar ist beim Laufen.“ Die Gitternetzstruktur der Mittelsohle (Sprengung: 11 Millimeter) ist äußerst flexibel. Die Hohlkammern erinnern in ihrer Form an eine gebundene Fliege: Dieses Muster hat sich bei Computersimulationen als am effizientestn erwiesen in Sachen Kraftumwandlung. Das Entwicklungsziel war, so wie es Bob Kirk beschreibt, die vertikale Krafteinwirkung beim Auftritt in horizontale Kraftrückgabe umzuwandeln. Der Effekt, so zeigt der RUNNER’S WORLD-Test, ist tatsächlich spürbar. Ein Testläufer sprach von „einer sanft und dynamisch nach vorn treibenden Energie, die von der Sohle ausgeht.“ Sie ist also nicht nur optisch ein Hingucker, in der High-Tech Sohle steckt viel Potential. Das klingt nach Effekten, wie sie seit gut zwei Jahren durch Carbonsohlen in Verbund mit reaktiven Mittelsohlenschäumen erreicht werden. Adidas-Entwickler Kirk hält den Vergleich für durchaus angebracht, wenngleich der 4DFWD als Trainingsschuh positioniert ist (Gewicht: 333 g in US 9).

Für die Sieger in Tokio

Zu der futuristischsten Mittelsohle passt das Obermaterial, ein neu gestaltetes Primeknit aus teilweise recyceltem Polyester. Es ist superleicht, sehr luftdurchlässig und bietet hohen Tragekomfort. So harmoniert es gut mit dem Mittelsohlendesign. Übrigens: In einer Designvariante wird dieser Schuh auch bei den Siegerehrungen der Olympischen Spiele in Tokio getragen werden. Die Passform ist eher schmal, vor allem im Zehenbereich läuft der Schuh spitz zu, sollte im Vergleich zu anderen Running-Modellen von Adidas daher eher eine halbe Nummer größer gewählt werden. Allerdings ist eventuell etwas Geduld hilfreich, zunächst ist der Schuh nur über die Adidas-App, dann über den Store und in Kürze auch frei erhältlich.

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Fazit. Der 4DFWD zeigt zum ersten Mal bei einem Laufschuh, welches Potential in der Technologie der 3D-Sohlen steckt, welche Performance möglich ist, welche Dynamik von der Mittelsohle ausgehen kann – und was in Zukunft dabei zu erwarten ist. Adidas hat eineinhalb Jahre Entwicklungszeit gemeinsam mit dem Spezialhersteller der 3D-Sohle gesteckt: Beim „Digital Light Synthesis“- Herstellungsverfahren der Firma Carbon aus Kalifornien kann jeder Millimeter des filigranen Gitternetzes in der Sohle in Höhe, Stärke und Gestalt angepasst werden. In naher Zukunft kann somit auch eine individuelle Anpassung an den Läufer erfolgen - bei Funktionalität und Passform. Wenn dies noch ergänzt wird durch die bereits im letzten Jahr gezeigten Technologien für die Gestaltung der Obermaterialien (Adidas Strung), dann wird es nicht mehr lange dauern, bis ein individualisiertes, auf den Fuß und die persönlichen Anforderungen abgestimmtes Produkt gestaltet werden kann. Der 4DFWD gibt davon eine Ahnung, dämpft, bietet Komfort und liefert einen spürbaren Vorwärtseffekt – ein Meilenstein und eines der technischen Highlights dieses Laufschuh-Jahres. Dazu kommt: die filigrane Anmutung der Mittelsohle ist ein ästhetischer Genuss für Laufschuh-Aficionados, und für alle anderen ein Hingucker.

  • Gewicht: 300 g (Männerversion)
  • Sprengung: 11 mm
  • Preis: 200 Euro