Mentaltraining: Mit Gedanken zum Erfolg

Mit Gedanken zur Bestleistung
Mentaltraining im Laufsport

Veröffentlicht am 20.06.2024
Mentale Stärke beim Laufen
Foto: Stephen Cheetham

Heute schon trainiert? Wahrscheinlich! Aber auch den Kopf? Mentales Training und seine Wirksamkeit werden immer populärer. Aber wie trainiert man eigentlich seine Gedanken und wie soll das beim Sport helfen? Wir haben mit dem Mentaltrainier Patrick Thiele, Mentaltrainer im Spitzensport, gesprochen, der uns diese Fragen beantwortet hat.

Gedanken beeinflussen, wie wir uns fühlen, wie wir handeln und wie wir unsere Umgebung und uns selbst wahrnehmen. Demnach formen Gedanken unsere Realität. Oftmals beherrschen sie unseren ganzen Tag, ein innerer Dialog, der unbewusst oder bewusst abläuft. Er basiert auf Erfahrungen und Erlebnissen aus der Kindheit, der von unserem näheren Umfeld wie Familie, Schule und Freunde geprägt ist und das Ziel hat, eine Erkenntnis zu gewinnen. Mentales Training kann helfen, diesen inneren Prozess besser zu steuern.

Zwar wird das Wissen um mentale Stärke im Sport immer bekannter. Profisportler wie, der Fußballspieler Christiano Ronaldo, Tennisspieler Roger Federer und Novak Djokovic integrieren Achtsamkeitsübungen bewusst in ihren Trainingsplan. Oft wird Mentaltraining im Leistungssport, ebenso wie im Hobbybereich, von Trainern und Sportlern jedoch vernachlässigt. Meist sind die Vorteile nicht bekannt oder das körperliche Training wird priorisiert. Das erste Training nach einer längeren Pause, der Lauf bei schlechtem Wetter, intensive Intervallläufe und lange Dauerläufe sind Situationen, in denen der innere Schweinehund besiegt werden muss. Was dabei hilft? Mentale Stärke. Wir stellen Ihnen verschiedende Methoden sowie mentale Tricks, Tipps und Routine vor, mit denen Sie Ihre Willenskraft trainieren können.

Was ist mentales Training?

Das Mentaltraining ist kein körperliches Training, sondern fordert den Kopf. Wahrscheinich kennen Sie die innere Stimme, die immer wieder sagt, dass Sie nicht gut genug sind oder etwas nicht schaffen. Typische Szenarien für Läufer sind der 7. Kilometer bei einem 10-km-Lauf oder das Marathontief um Kilometer 35, der sogenannte "Mann mit dem Hammer". In solchen Fällen hat der Körper eigentlich noch Energie, aber da das Gehirn die Aufgabe hat, uns vor Gefahren zu schützen und uns am Leben zu halten, sendet es unserem Körper Signale der Erschöpfung. Typische Anzeichen sind das Brennen der Lunge oder schwere Muskeln. Oftmals legen wir dann eine Pause ein, obwohl wir eigentlich mehr schaffen könnten.

Mentales Training knüpft genau da an. Verschiedene psychologische Methoden helfen dabei, die negativen Gedankenspiralen zu stoppen und in ein positives Mindset zu verwandeln. Sie stärken die emotionale Kompetenz, das Selbstbewusstsein sowie das Wohbefinden und verbessern die geistige und körperliche Belastbarkeit und damit einhergehend die sportliche Leistung. Und genau das wollen wir doch als Läufer, oder?

Mentaltraining hat seinen Anfang in der Sportpsychologie. Das Ziel von mentalem Training ist es, die eigenen Gefühle und Konzentration steuern zu können und Herausforderungen einfacher zu bewältigen. Es dient der Entspannung und Stressbewältigung, wodurch wir belastbarer und leistungsfähiger werden. Beim Mentaltraining im Laufsport liegt der Fokus oft darauf, Handlungsabläufe zu optimieren, Willensstärke zu entwickeln und eine bessere Selbstführung zu erlernen. Übrigens: Willensstärke hilft Ihnen nicht nur beim Training und beim Erreichen höherer sportlicher Ziele, sondern auch bei anderen, dem Training zuträglichen Vorhaben, wie früh ins Bett zu gehen oder gesundes Essen zu zubereiten.

Für wen eignet sich Mentaltraining?

Kurz: Für jeden Mensch, denn denken, müssen wir alle. Mentales Training ist aber besonders für die Menschen geeignet, die das Ziel haben, erfolgreicher, effizienter und glücklicher zu werden. Mentales Training hilft unabhängig von Leistungsniveau, Altersstufe oder Sportart. "Mentales Training ist für Hobbysportler der entscheidende Faktor dafür, ob das Training Spaß macht oder zum Kampf wird. Viele Sportler kritisieren sich ständig, stellen unnötig hohe Erwartungen an sich selbst oder können mit dem Druck bei einem Wettkampf nicht umgehen. Im Leistungssport hilft mentales Training, die erlernten Fähigkeiten aus dem Training bei einem Wettkampf anzuwenden und in entscheidenden Momenten die letzten Prozente zu mobilisieren", so Patrick.

Welche Vorteile hat Mentaltraining für Läuferinnen und Läufer?

Studien zufolge, entscheidet die mentale Stärke zu 50% über den Erfolg, manche Sportler glauben sogar an einen höheren Anteil. Wissenschaftler vom Center for Applied Coaching and Sport Science der West Virginia University in Morgantown (USA) untersuchten, worin sich weniger erfolgreiche und erfolgreiche Olympiateilnehmer unterscheiden. Es konnte herausgefunden werden, dass die erfolgreicheren Sportler Optimisten waren und sich auf die Chancen statt auf die Probleme konzentrieren, sobald sie ein Problem erkannten, handelten sie lösungsorientiert.

Optimisten sind nicht nur besser im Sport, sie leiden weniger unter Stress, haben ein besseres Immunsystem und leiden seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankung und Depression. Sie haben mehr Erfolgschancen, mehr Freude und Zufriedenheit, sind resilienter und stabiler in Krisen. Aber keine Sorge, Optimismus lässt sich üben!

Im Laufsport soll mentales Training hauptsächlich dazu dienen schneller in den "Flow-Zustand" zu kommen, auch "Runners-high" genannt. "Regelmäßiges mentales Training verhilft Läufer*innenn den eigenen Fokus zu steuern. Wenn Läufer*innen sich immer wieder an ihre persönliche Grenze bringen, entwickeln sie ein Schweregefühl in den Beinen und verlieren sich oft in diesem Gefühl, worunter letztendlich die Leistung leidet. Legt man den Fokus jedoch auf etwas anderes – einen anderen Läufer, die Umgebung oder andere Körperteile – wird der Kopf abgelenkt und kommt automatisch in einen Flow", erklärt Patrick.

Zudem verbessern sich durch regelmäßiges Training die Bewegungsabläufe, der Laufstil und die Kondition. Studien zeigen, dass besonders Langstreckenläufer vom Mentaltaining profitieren. "Wenn mentales Training regelmäßig in den Trainingsplan integriert und dadurch ein besserer Umgang mit Druck und Stress erlernt wird, dann profitiert man auch in anderen Bereichen und kann das erlernte Wissen übertragen", weist Patrick Thiele hin.

Wie funktioniert Mentaltraining bzw. wie trainiere ich meine mentale Stärke?

Im Folgenden geben wir Ihnen verschiedene Tipps und Tricks, um ein positives Mindset zu trainieren. Sie können sich für eine Methode entscheiden oder jeden Tag eine andere nutzen. Wichtig zu wissen ist, dass mentales Training – genau wie körperliches Training – nicht von heute auf morgen seine große Wirkung zeigt. Das Gehirn ist eben auch ein Muskel, der stärker wird, umso öfter man ihn trainiert. Es braucht Zeit und Routine, damit die Verbesserungen spürbar werden und nachhaltig sind. Also üben Sie regelmäßig, aber vor allem in der Wettkampfvorbereitung!

1

Visualisieren Sie das gewünschte Ergebnis

2

Nutzen Sie positive Glaubenssätze

3

Reflektieren Sie mit Journaling

4

Auf das positive Fokussieren

5

Umfeld anpassen

6

Meditation

7

Atmen

8

Dankbarkeit praktizieren

9

Realistische Ziele setzen

10

Praktizieren Sie positiven Perfektionismus

11

Mit Routinen Willensenergie sparen

Zur Trainingsumsetzung: „Das Wichtigste ist, sich für die mentale Entwicklung Zeit zu geben. Genau wie beim Sport, handelt es sich auch hier um einen Trainingsprozess. Die meisten geben zu schnell auf, wenn nicht sofort eine Veränderung spürbar ist", erklärt der Patrick Thiele. Er empfiehlt für eine nachhaltige Veränderung mindestens drei Monate einzuplanen. Der Fokus soll darauf gelegt werden, eine Routine aufzubauen. "Zu Beginn reichen zwei bis dreimal die Woche. Nach der Integration kann Häufigkeit und Intensität gesteigert werden – für Hobbysportler reichen drei Male in der Woche", so der Mentaltrainer.

Wer ist Patrick Thiele?

Patrick Thiele ist Mentaltrainer und einer der Gründer von PRO MIND ATHLETE. Gemeinsam mit seinem Team verhilft er Sportlerinnen und Sportlern durch mentales Training zu Bestleistungen. Schon in jungen Jahren machte Patrick selbst die Erfahrung seine sportliche Leistung in Drucksituationen nur bedingt abrufen zu können. Daher beschäftigte er sich mit Strategien, seine Nervosität zu regulieren und den Fokus besser legen zu können. Später absolvierte er ein Studium als Sportmentaltrainer und gründete 2018 das Unternehmen. Mittlerweile trainierte er verschiedene Sportler, darunter den Hürdenläufer Constantin Preis, den Sprinter Patrick Schneider und die Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl und verhalf Ihnen zu persönlichen Bestleistungen und Goldmedaillen. 2023 veröffentliche er sein erstes Buch "Flowhacking - mit Leichtigkeit zur Höchstleistung".

Fazit:

Mentales Training wird zunehmend im Spitzensport thematisiert und ausgeführt, jedoch immer noch oft vernachlässigt. Dabei wird durch mentales Training vor allem Willensstärke trainiert, die benötigt wird, wenn Sie vor einer Herausforderung stehen und Ihr Kopf Ihnen erzählen möchte, dass Sie etwas nicht schaffen oder nicht können. Dieses negative Mindset beeinflusst Ihre Leistung und ist ein entscheidender Faktor über Ihren Erfolg. Studien konnten nämlich herausfinden, dass erfolgreiche Sportler optimistischer waren als die weniger erfolgreichen Sportler. Statt auf Probleme konzentrierten Sie sich eher auf die Chancen und Lösungen. Mentales Training gibt Ihnen mentale Tricks an die Hand, um vor Herausforderungen Ihre Nervosität zu reduzieren und die Selbstzweifel zu blockieren. So sind Sie konzentrierter, motivierter und wettkampffähiger. Für Läufer bietet es den Vorteil, schneller in den "Flow-Zustand" zu kommen und die Bewegungsabläufe zu verbessern. Studien zeigen das gerade Langstreckenläufer von mentalem Training profitieren. Da das Gehirn ein Muskel ist, muss es regelmäßig über einen längeren Zeitraum trainiert werden – umso öfter, desto besser.

Im Spitzensport wird oft die Methode der Visualisierung genutzt, also sich vorzustellen, wie der perfekte Bewegungsablauf aussehen würde. Zudem sollten Sie Ihre negativen Glaubenssätze durch positive Mantras austauschen, also "Ich bin nicht gut genug" durch "Ich bin gut genug" ersetzen. Fokussieren Sie sich zudem auf das Positive. Denken Sie an vergangene Erfolge oder etwas, was Sie glücklich macht. Wichtig ist auch, Ihr Umfeld anzupassen, umgeben Sie sich mit freudigen Menschen, die erfolgreich sein wollen. Ein Tool, dass Sie jederzeit nutzen können: Ihren Atem. Durchatmen entspannt Kopf und Körper. Dankbarkeit zu praktizieren ist ein weiteres Tool. Denken Sie an eine Sache, für die Sie dankbar sind und warum, um sich positiv zu stimmen. Eine weitere hilfreiche Methode ist, sich genaue Ziele zu setzen. Das motiviert. Auch positiver Perfektionismus kann hilfreich sein, also gehen Sie direkt mit der Einstellung rein, dass etwas schieflaufen wird, aber Sie versuchen daraus das Beste zu machen, was völlig ausreicht. Suchen Sie sich eine Methode aus oder wechseln Sie die Strategie täglich, so wie es für Sie stimmig ist. Wichtig: Praktizieren Sie regelmäßig und über einen längeren Zeitraum.