Pilates ist doch nur etwas für Frauen, höre ich oft. Quatsch! Pilates ist gut für jeden – vor allem für Läuferinnen und Läufer. Ich bin selbst Läuferin und als Pilatestrainerin sehe ich, was vielen Läufern aller Leistungsklassen fehlt: Beweglichkeit, Koordination, Gleichgewicht, Tiefenmuskulatur. Als ich die ersten Kurse in Laufvereinen angeboten habe, war die Skepsis groß, doch inzwischen hat sich ein fester Stamm von Leuten gefunden, die sich von mir auf die Matte schicken lassen. Damit auch Sie von Pilates profitieren, habe ich auf den folgenden Seiten einen laufspezifischen Zirkel konzipiert, bei dem die Übungen und Bewegungen aufeinander abgestimmt sind.
Wer Zeit sparen möchte, kann Warm-up und Stretching weglassen. Ganz wichtig aber: die Atmung und die kontrollierte Übungsausführung. Die Körpermitte ist das Kraftzentrum, in dem die Spannung erzeugt wird. Daher gilt: Bei der Anstrengung durch den Mund ausatmen und den Bauchnabel nach innen, in Richtung Wirbelsäule ziehen. Bei der Entspannung durch die Nase einatmen. Seien Sie nicht frustriert, wenn Sie bestimmte Bewegungen anfangs nicht sauber ausführen oder Posen nicht lange halten können. Wer dranbleibt, macht schnell Fortschritte und profitiert bald auch beim Laufen.
Übrigens: Der Namensgeber Joseph Hubertus Pilates soll mit seiner selbst erfundenen Trainingsmethode in den 1920er-Jahren die Polizisten der Stadt Hamburg fit gemacht haben. Er ist auf der Plakette auf der Säule im Bild oben zu sehen.
Stellen Sie sich aufrecht hin und lassen Sie die Arme seitlich hängen. Beugen Sie nun den Oberkörper nach vorn, bis Sie mit den Händen den Boden berühren – beugen Sie im Zweifel die Knie. Position kurz halten, dann kontrolliert aufrichten. 5-mal langsam wiederholen
Ausfallschritt: hinteres Bein gestreckt, vorderes gebeugt, Ober- und Unterschenkel im 90-Grad-Winkel. Mit geradem Rücken Oberkörper vorbeugen, bis die Finger den Boden berühren. Nun das vordere Bein strecken, bis Sie eine Spannung im hinteren Oberschenkel spüren. Gerader Rücken! 5-mal dynamisch in die Dehnung gehen, Seite wechseln
Stellen Sie sich aufrecht hin und lassen die Arme seitlich am Körper hängen. Die Handflächen zeigen nach vorn. Nun das Gewicht gleichmäßig auf alle Zehen verteilen und aus den Waden hochdrücken. Langsam absenken. 10-mal wiederholen
Die Arme mit den Handflächen zueinander auf Schulterhöhe nach vorn strecken. Nun den rechten Arm nach rechts führen und den Oberkörper öffnen, ohne das Becken zu drehen. 5-mal je Seite wiederholen
In Rückenlage die Arme senkrecht nach oben strecken. Wirbel für Wirbel den Oberkörper aufrichten, möglichst weit vorbeugen. Schultern nicht zu den Ohren ziehen, sondern die Länge aus dem unteren Rücken generieren. Langsam zurück. 10- bis 15-mal wiederholen
In Rückenlage beide Beine nach oben strecken. Die Beine können leicht gebeugt sein. Das rechte Bein mit beiden Händen an Wade oder Oberschenkel umgreifen. Nun das linke Bein möglichst weit absenken und das rechte zum Körper ziehen (B). Kurz halten, zurück zu Position A. Wechselseitig 10-mal je Bein wiederholen
In Rückenlage die möglichst gestreckten Beine in die Senkrechte bringen. Finger seitlich am Kopf, Ellenbogen weit auseinander. Aus dieser Position die Beine langsam senken und wieder anheben. Wichtig: den unteren Rücken bewusst in den Boden pressen, um ein Hohlkreuz zu vermeiden. 15-mal wiederholen
In Seitenlage auf den unteren Arm sowie das untere Knie stützen. Die Beine sind angewinkelt, die Füße liegen aufeinander. Oberkörper, Becken und Oberschenkel bilden eine Linie. Nun das obere Knie anheben, sodass sich das Becken wie eine Muschel öffnet. Wichtig: Becken bewusst nach vorn schieben. Obere Position kurz halten, langsam zurück. 10-mal wiederholen, dann Seite wechseln
Aus der Muschelposition (siehe Übung 4, Position B) den oberen Arm senkrecht strecken und das gestreckte obere Bein anheben. Dabei nicht mit dem Becken abkippen. Position kurz halten, zurück zur Ausgangsposition. 10-mal wiederholen, dann Seite wechseln
Aus der Sternposition (siehe Übung 5, Position B) das gestreckte obere Bein nach vorn bringen, dabei die Zehen in Richtung Schienbein ziehen. Kurz halten und kontrolliert zurückführen. 10-mal wiederholen, dann Seite wechseln
Ausgangsposition: Seitstütz mit gestrecktem linken Arm. Die Hand ist unter der Schulter, der rechte Arm nach oben gestreckt, der Körper bildet eine Linie. Nun Körper eindrehen und den rechten Arm Richtung Ferse des hinteren Beins ziehen. 10-mal wiederholen, dann Seite wechseln
Füße in Rückenlage aufstellen. Gesäß Wirbel für Wirbel vom Boden anheben, sodass nur noch Schultern und Füße den Boden berühren. Oberschenkel, Rumpf und Oberkörper bilden eine Linie. Nun ein Bein heben und in Richtung Oberkörper führen. Wichtig: Becken in einer Linie halten und nicht zur Seite abkippen. Wechselseitig 10-mal je Bein wiederholen
Liegestütz-Grundpositon, Hände unterhalb der Schultern, Füße hüftbreit. Nun ein Bein anheben und über die Zehen des anderen Beins den Körper leicht nach vorn bewegen, sodass die Schultern etwas über dem Handgelenk stehen. Wichtig: Beim Anheben des Beines das Becken stabil halten. Zurück, Bein absetzen. Wechselseitig 10-mal je Bein wiederholen
Knien Sie sich auf den Boden. Die Fußspanne zeigen zum Boden, die Füße und Knie sind hüftweit auseinander, die Arme waagerecht nach vorn gestreckt. Nun den Körper wie ein Brett gerade nach hinten lehnen. Mit der Kraft der Oberschenkel wieder aufrichten. 15-mal wiederholen
Mit gestreckten Beinen auf den Boden setzen, die Hände unterhalb der Schultern platzieren. Das Gesäß vom Boden lösen, bis Beine, Rumpf und Oberkörper eine Linie bilden. Brustbein und Becken bewusst vorschieben. Position kurz halten, langsam absenken. 15-mal wiederholen
Bäuchlings hinlegen, Arme und Beine schweben über dem Boden. Nun diagonal das rechte Bein und den linken Arm anheben und den Körper bewusst in die Länge ziehen. Bauchmuskulatur anspannen, Schulterblätter zusammenziehen. Wechselseitig 10-mal je Seite wiederholen
Bäuchlings hinlegen, Fußspanne zeigen nach unten. Nun den Oberkörper aus dem unteren Rücken anheben. Dabei die Ellenbogen auseinanderziehen, um Spannung zwischen den Schulterblättern zu erzeugen. Kurz halten, langsam wieder absenken. 15-mal wiederholen
Im Stand das Gewicht aufs rechte Bein verlagern. Linkes Bein beugen und anheben, bis der Oberschenkel waagerecht ist. Nun den Oberkörper vorbeugen, dabei beide Arme über den Kopf und das linke Bein nach hinten strecken. Nur so weit vorbeugen, wie Sie das Becken stabil halten können. Wichtiger als eine waagerechte Position ist, dass Arme, Rücken, Hüfte und gestrecktes Bein eine Linie bilden. Das Standbein kann leicht gebeugt werden. Zurück in Position A. 15-mal wiederholen, dann Bein wechseln
Rücklings hinlegen, Knie zur Brust ziehen, Füße von außen greifen. Unteren Rücken in die Matte pressen. Füße nach unten ziehen, bis Sie eine Dehnung in der Leiste spüren. 30 bis 60 Sekunden halten
Hinknien, Füße zusammen, Knie mattenweit auseinander. Gesäß möglichst an die Fersen bringen. Vorbeugen, Arme lang machen und das Schlüsselbein absenken. 30 bis 60 Sekunden halten
Rücklings hinlegen, linken Arm zur Seite ablegen. Mit der rechten Hand das linke Knie greifen und das Becken zur Seite ziehen, um den unteren Rücken zu dehnen. 30 bis 60 Sekunden halten, dann Seite wechseln
Ivonne Lamp, Pilatestrainerin und die Autorin dieser Strecke, bietet in Hamburg Kurse für Privatleute, Unternehmen und Laufvereine an: www.pilatestribe.de