Morgens mit der Stirnlampe los, abends im Sonnenuntergang noch einmal auf die Strecke – doppelte Laufeinheiten haben etwas von Profi-Feeling. Doch auch ambitionierte Freizeitläufer können vom „Twice-a-Day“-Ansatz profitieren – wenn sie es richtig angehen. Wir erklären, wann zwei Läufe pro Tag im Marathontraining wirklich Sinn ergeben, wie du sie optimal kombinierst und worauf du achten musst, damit dein Körper im Gleichgewicht bleibt.
Warum überhaupt zweimal täglich laufen?
Der zentrale Vorteil doppelter Einheiten liegt im intelligenten Umgang mit der erhöhten Trainingsbelastung. Gerade bei hohen Wochenumfängen von über 100 Kilometern ist es ab und zu sinnvoll, die Laufstrecke auf zwei Einheiten zu verteilen:
- Bessere Trainingsverteilung: Anstatt einen 24-Kilometer-Dauerlauf in einem Stück zu absolvieren – was Gelenke, Muskulatur und Psyche stark beansprucht – kann es ab und zu Sinn machen, denselben Umfang aufzuteilen: z. B. 16 km morgens, 8 km abends. Der Körper wird dabei zwar ähnlich gefordert, aber mit geringerer akuter Belastung.
- Gezielte Trainingsreize setzen: Die Doppelsessions ermöglichen es dir, verschiedene Trainingsarten zu kombinieren. Ein lockerer Morgenlauf kann die Regeneration fördern, während du abends einen Tempodauerlauf einbaust. Oder du trainierst morgens im Grundlagenausdauerbereich und arbeitest abends an Koordination und Lauf-ABC.
- Effektive Ermüdungssimulation: Marathonlaufen bedeutet: Leistung unter Erschöpfung abrufen. Doppelläufe am selben Tag simulieren diese kumulierte Ermüdung realitätsnah – und fördern sowohl die muskuläre als auch mentale Belastungstoleranz.
Wann doppelte Einheiten sinnvoll sind
Nicht jede Trainingsphase eignet sich für Doppelläufe. Sie sind ein Werkzeug für eine spezifische Zielsetzung:
- Ab einem Trainingsvolumen von 100 km pro Woche: Wer regelmäßig darunter liegt, profitiert oft mehr von gezielten Qualitätseinheiten als von doppelten Belastungen. Es besteht sogar die Gefahr, seine Regeneration durch doppelte Trainings zu stören. Erst mit einem steigenden Gesamtumfang ist man trainiert genug, um vom Doppelschlag zu profitieren, sodass sich erst dann die Aufteilung lohnt.
- In der spezifischen Marathonvorbereitung (Wochen 6 bis 2 vor dem Wettkampf): Diese Phase ist ideal, da der Körper bereits an Belastung gewöhnt ist und das Trainingsziel (Marathonleistung) greifbar wird. Tage mit doppelten Trainingseinheiten können helfen, lange Belastungen vorzubereiten – ohne das sehr hohe Verletzungsrisiko durch zu lange Einzelläufe.
- Für Läufer mit engem Zeitbudget: Wer zwischen Familie, Job und Alltag keine Zeitfenster für lange Läufe findet, kann mit 2×45 Minuten Training pro Tag zwar nicht dieselben, aber ähnliche Reize setzen – mit etwas anderen, aber nicht völlig anderen physiologischen Effekten.
Vorsicht: Diese Fehler solltest du vermeiden!
Doppelläufe können ebenso schnell nach hinten losgehen, wenn du sie ohne Plan integrierst. Beachte daher Folgendes:
- Tägliches Doppellaufen vermeiden: Selbst Profis absolvieren maximal 2–3 Double Days pro Woche. Die restlichen Tage dienen der aktiven Erholung oder konzentrieren sich auf einzelne, hochwertige Einheiten.
- Intensiv + intensiv = No-Go: Nie beide Einheiten richtig hart gestalten. Mindestens eine Einheit muss locker (Regenerationsbereich oder Zone 1) sein – sonst steigt die Gefahr für Übertraining massiv.
- Unterschätzte Regeneration: Wer zweimal täglich läuft, braucht deutlich mehr Schlaf und Regenerationssupport (z. B. Ernährung, Faszienarbeit, Cool-downs). Mindestens 8 Stunden Schlaf sind Pflicht – bei hoher Belastung gerne mehr.
Beispiel für einen Double Day in der Marathonvorbereitung
Woche 4 vor dem Wettkampf:
- Montag:
- Morgens: 8 km regenerativ (Zone 1), Fokus auf Mobilität
- Abends: 6×1.000 m bei Schwellenpace (ca. 90% max. HF), Trabpause 2 min
- Donnerstag:
- Morgens: 10 km locker, Lauf-ABC + Steigerungen
- Abends: 10 km ruhig, mit Endbeschleunigung auf den letzten 2 km
- Samstag:
- Morgens: 12 km locker, Fokus auf ökonomischen Laufstil
- Abends: 8 km zügig (Marathonpace), gleichmäßiger Rhythmus
Die Kombination aus Belastung, Erholung und gezielten Reizen führt zu höherer Ausdauer, besserer Tempotoleranz – und letztlich mehr Sicherheit für den Wettkampftag.
Fazit: Zwei Läufe pro Tag sind kein Muss
Double Days ein mächtiges Werkzeug im Marathontraining, allerdings nur für Fortgeschrittene. Wenn du sie zur richtigen Zeit, in der richtigen Dosis und mit klarer Zielsetzung einsetzt, kannst du dein Training auf das nächste Level heben. Entscheidend ist die Balance: zwischen Belastung und Pause, Qualität und Quantität, Fokus und Achtsamkeit.