Daniela Oemus im Gespräch: „Es muss einfach alles passen“

Daniela Oemus im Gespräch
„Es muss einfach alles passen“

Veröffentlicht am 02.09.2024
„Es muss einfach alles passen“
Foto: the.adventure.bakery

Daniela Oemus lebt mit ihrer Familie in Jena und ist begeisterte und professionelle Trailläuferin. Ursprünglich war sie Straßenläuferin; 2017 wechselte sie jedoch endgültig auf die Trails, denn das Laufen in der Natur und in den Bergen hatte es ihr angetan. Spätestens mit ihrem Sieg beim legendären Trail-Marathon in Zegama 2023 machte die 35-jährige in der internationalen Szene auf sich aufmerksam. Als weitere Erfolge kann die Nike-Athletin unter anderem den sechsten Rang bei der Trail-WM 2023 auf dem „Short Trail“ verbuchen. Beim OCC, der 50-Kilometer-Distanz der renommierten UTMB-Wettkampfreihe, wurde sie 2023 fünfte Frau.

Wir trafen Daniela im französischen Örtchen Chamonix im Rahmen der diesjährigen UTMB-Woche, wo sie ihre zweite Teilnahme am OCC leider mit einem „DNF“ (Did Not Finish) beenden musste. Nicht einmal 24 Stunden später feilte sie jedoch schon wieder an Plänen für das nächste Rennen…

Liebe Daniela, wie geht es dir heute mit 44 Kilometern und mehr als 2.500 Höhenmetern in den Beinen?

Körperlich geht es mir gut, aber die Enttäuschung über das abgebrochene Rennen sitzt natürlich tief. Das wird sich innerhalb der nächsten Tage auch erstmal nicht ändern. Man braucht auf jeden Fall ein wenig Abstand zum Wettkampf, um zu verstehen, was genau eigentlich schiefgegangen ist, und um mit einem etwas neutraleren Blick auf das Ganze zu schauen.

Gibt es auch Dinge, die während des Rennens gut liefen, und die du als positives Take Away mitnimmst?

Auf jeden Fall. Meine Ernährung hat funktioniert, meine Ausrüstung war ideal, ich habe mich super vorbereitet gefühlt. Manchmal reichen gute Voraussetzungen aber nicht für ein perfektes Rennen. Es muss dann einfach alles passen. Während des OCC waren mein Kreislauf und meine Atmung der Grund, weshalb ich letztendlich auch aufgeben musste. Aber abgesehen davon haben tatsächlich auch viele Dinge gepasst.

Geht es für dich nun schon in die Off Season?

Noch nicht, ich möchte unbedingt noch schauen, was in dieser Saison noch rauszuholen ist. Ich denke, dass es schon im Oktober wieder einen Wettkampf für mich geben wird.

Wie gehst du nun mental mit einem Rückschlag um, damit du beim nächsten Wettkampf wieder mit Energie an der Startlinie stehen kannst?

Wenn es nicht optimal läuft, obwohl man gut trainiert hat, liegt es meiner Erfahrung nach eher an zu viel als an zu wenig Training. Deshalb werde ich meinem Körper jetzt etwas Zeit gönnen und die Intensität des Trainings etwas reduzieren, bis ich mich merke, dass die Leistungsfähigkeit wieder steigt. Das ist gut für Kopf und Körper und ermöglicht mir hoffentlich, rundum fit ins nächste Rennen zu starten. Was das Körperliche angeht, muss ich außerdem vermutlich noch etwas an der Planung schrauben. Dieses Mal bin ich zwölf Tage vor dem OCC aus dem Training auf 1.600 Meter Höhe zurückgekommen – ich bin aber nicht der Typ, der nach der Höhe direkt fit ist, und hätte hier vielleicht noch etwas mehr Zeit gebraucht.

Dein Mann und deine zwei kleinen Töchter haben dich nach Chamonix begleitet…

Genau, und auch, wenn das Reisen als Familie logistisch manchmal herausfordernd ist, bin ich immer froh, sie um mich zu haben. Tobias und die Mädels waren gestern auch direkt da, um mich nach dem Rennen aufzubauen.

Wie organisierst du im Alltag dein Training rund um Familienleben und deinen Job als Assistenzärztin?

Einfach ist es nicht immer, aber irgendwie finden wir immer Wege, alles unter einen Hut zu bekommen. Momentan habe ich noch einmal Elternzeit genommen, weil ich für die Facharztprüfung lerne. Wenn ich regulär arbeite, ist mein Training unter der Woche insgesamt eher kürzer, nach der Arbeit ist dann oft nur noch eine Stunde drin. Am Wochenende bringe ich dann meine längeren Läufe unter. Da mein Mann selbst auch viel läuft, wechseln wir uns dann oft ab – während ich trainiere, schnappt Tobias sich die Kleinen für einen Spielplatz- oder Zoobesuch, oder umgekehrt. Gerade am Wochenende fällt schon auf, dass wir selten einen ganzen Tag für Unternehmungen als Familie haben, aber ich denke, wir machen das Beste draus und finden dennoch ausreichend Zeit für gemeinsame Ausflüge. Ich finde, wir sind da recht flexibel und kreativ.

Beginnt nach deinem Rennen im Oktober deine Off-Season?

Wenn es sich ergibt und alles passt, könnte ich mir auch im November noch einen Wettkampf vorstellen. An irgendeinem Punkt möchte ich aber auf jeden Fall in eine entspanntere Zeit starten, um dem Körper hier etwas Erholung zu gönnen.

Wofür möchtest du die gewonnene Zeit nutzen?

Natürlich für viel Zeit mit meiner Familie. Aber ich werde die Off Season auch zum Lernen für die Facharzt-Prüfung nutzen. Das bedeutet also viel Zeit am Schreibtisch. Nach der Prüfung kann ich mich dann wieder voll aufs Laufen konzentrieren und mich hoffentlich topfit auf das kommende Jahr vorbereiten. Darauf freue ich mich schon sehr.