Schnellster Marathonläufer der Welt
Geoffrey Mutai so schnell wie keiner zuvor

Beim Boston-Marathon 2011 lief Mutai die schnellste Marathonzeit der Welt. Jetzt will er auch den offiziellen Weltrekord.
Geoffrey Mutai so schnell wie keiner zuvor
Foto: picture alliance

Als 21-Jähriger hatte er den Laufsport schon aufgegeben, doch acht Jahre später ist Geoffrey Mutai der schnellste Marathonläufer aller Zeiten. In sensationellen 2:03:02 Stunden gewann der Kenianer im April den Boston-Marathon. Damit war er gleich 57 Sekunden schneller als Haile Gebrselassie (Äthiopien) bei seinem Weltrekord in Berlin 2008. Dass Mutais famose Leistung nicht als Rekord anerkannt werden kann und Gebrselassie weiterhin der offizielle Weltrekordler ist, hängt damit zusammen, dass es sich in Boston um eine Punkt-zu-Punkt-Strecke handelt und das Ziel zudem 139 Meter niedriger liegt als der Startpunkt (erlaubt ist maximal ein Gefälle von 42 Metern). In der Tat wehte in Boston an jenem 18. April ein eher seltener Rückenwind, der die Läufer begünstigte.

Doch unabhängig davon ist klar, dass der Boston-Marathon aufgrund einer Reihe von Hügeln alles andere als eine einfache Strecke ist. Wenn Geoffrey Mutai dort 2:03:02 laufen kann, müsste er in der Lage sein, auf einem schnellen Rundkurs, wie beispielsweise beim Berlin-Marathon, diese Zeit auch ohne Rückenwind ebenfalls zu erreichen und sie sogar noch zu unterbieten. Es ist also vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, wann Geoffrey Mutai auch der offizielle Weltrekordler im Marathon sein wird. Allerdings ist er nicht der einzige Kenianer, der das Vermögen hat, die Zeit von Haile Gebrselassie zu unterbieten. Es kann ihm also auch ein anderer zuvor kommen.

Als 10-Jähriger die Olympischen Spiele im Fernseher verfolgt

Geoffrey Mutai stammt aus dem Koibatek-Gebiet, das zwischen Eldoret und Nairobi in der Provinz Great Rift Valley liegt. Er ist das älteste Kind der Familie und hat acht Geschwister, von denen bisher aber kein anderer läuferisch erfolgreich ist. „Laufen ist in meinem Blut“, hat Geoffrey Mutai einmal gesagt. Als Zehnjähriger, so erzählte er der kenianischen Zeitung „The Nation“, bezahlte er fünf kenianische Schillinge, um mit Freunden zusammen in der nahen Ortschaft die Olympischen Spiele 1992 auf einem Schwarz-Weiß-Fernseher verfolgen zu können.

Mit dem Laufen begann Geoffrey Mutai in der Grundschule, für die er als 12-Jähriger bei Wettkämpfen startete. „Ich habe damals schon täglich trainiert. Ohne das Laufen habe ich mich nicht wohl gefühlt“, erzählt Geoffrey Mutai, der es sich später nicht mehr leisten konnte, auf die Oberschule zu gehen. „Nach meiner Grundschulzeit verlor mein Vater seine Arbeit in einer Textilfabrik in Eldoret.“ Das Schulgeld für Geoffrey fehlte. So konzentrierte er sich frühzeitig auf das Laufen und sah darin eine Chance.

Als 18-Jähriger wechselte er auf die 3.000-m-Hindernisstrecke. Nachdem er sich bereits für die Junioren-Weltmeisterschaften 2002 qualifiziert hatte, zog Kenias Leichtathletik-Verband seine Nominierung wieder zurück, weil er keine Geburtsurkunde besaß. Einige Monate später erlitt Geoffrey Mutai einen weiteren Rückschlag, als er sich eine Achillessehnenverletzung zuzog. „Danach entschloss ich mich, das Laufen aufzugeben und mir eine Arbeit zu suchen“, erzählt Geoffrey Mutai, der dann für die Elektrizitätswerke Bäume fällte, die als Strommasten gebraucht wurden.

Kilimandscharo-Halbmarathon als Sprungbrett nach Europa

„Doch nach einer Weile merkte ich, dass mir das Laufen fehlte. Also rannte ich jeden Morgen vor der Arbeit.“ Als er mit 23 Jahren seine Arbeit verlor, begann Geoffrey Mutai wieder mit richtigem Training. Er brauchte mehrere Anläufe und Glück, um schließlich eine echte Chance zu bekommen. Nachdem er sich einem Leichtathletik-Verein in Eldoret angeschlossen hatte, wo er heute noch Mitglied ist, startete er 2006 beim Kilimandscharo-Halbmarathon in Tansania. Dort belegte er Platz sechs. Entscheidend war dann, dass beim Eldoret-Marathon 2007 Gerard van de Veen auf ihn aufmerksam wurde. Nachdem Geoffrey Mutai dort Zweiter geworden war, bot ihm der holländische Manager an, ein Rennen in Europa zu vermitteln. Der Kenianer nutzte die Chance seines Lebens: Geoffrey Mutai gewann im März 2008 den Monte Carlo-Marathon in 2:12:40 Stunden. Noch im gleichen Jahr steigerte er sich um fast fünf Minuten: Im Oktober siegte er beim Eindhoven-Marathon in der Streckenrekordzeit von 2:07:50. Ein Jahr später kehrte er nach Eindhoven zurück, gewann erneut und steigerte seine Bestzeit auf 2:07:01.

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04 / 2023

Erscheinungsdatum 16.03.2023