Bereits in der zwölften Auflage fand das RUNNER'S WORLD Symposium im Rahmen der ISPO München statt – diesmal auf der großen Konferenzhauptbühne. Das spiegelt den anhaltenden Boom des Sports wider: Laufen ist weiterhin ein Wachstumsmarkt, allen wirtschaftlichen Verwerfungen zum Trotz. RUNNER'S-WORLD-Redakteur Urs Weber lieferte dazu gemeinsam mit seinen Gästen aus dem Bereich Marktforschung beeindruckende Zahlen. Insbesondere die großen Stadtmarathons erfreuen sich riesiger Nachfrage und sind innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. Das Beispiel Berlin-Marathon zeigt die enorme Relevanz einer solchen Veranstaltung für die heimische Wirtschaft. 2024 generierte Deutschlands größter Lauf über die 42,2 Kilometer laut einer Untersuchung von Nielsen Sports einen gesamtwirtschaftlichen Wert von rund 470 Millionen Euro!
Hohe Ausgabebereitschaft für Laufschuhe und Ausrüstung
Nicht minder potent stellt sich der deutsche Laufschuhmarkt dar – im letzten Jahr legte er nach sechs Jahren Stagnation um ein Fünftel zu, berichtete Dietmar Brandl. „Über 90 Prozent des Sportschuhmarktes entfallen auf Freizeit- und Laufschuhe“, so der Marktanalyst von Circana. Im Schnitt besitzen deutsche Läuferinnen und Läufer 6,3 Paar Laufschuhe, für ihr meistgenutztes Modell geben sie 147 Euro aus, ergänzte Weber. Auch die weitere Ausrüstung ließen sich die Sportbegeisterten hierzulande etwas kosten. Für eine neue GPS-Uhr etwa planen sie 445 Euro ein. Das heißt aber nicht, dass Laufen ein Luxussport ist. Heruntergebrochen auf das, was zum Laufen notwendig ist und umgerechnet auf die Haltbarkeit einer guten Ausrüstung, kann Laufen mit einer Basisausrüstung bereits „für die Investition von einem Euro pro Stunde betrieben werden“, kalkulierte Weber – und ist damit als sehr kostengünstiger Sport ausgeübt werden.
Laufen in Deutschland – Daten zu Umfängen, Untergründen und Co.
Was sind die Durchschnittsumfänge, wer läuft wie lange, wo und wie viel? Eine Erhebung unter 9.650 Sportbegeisterten aus der RUNNER'S WORLD Community liefert interessante Antworten.
- Die größte Altersgruppe stellen mit 57 Prozent die 31- bis 50-jährigen.
- 66 Prozent laufen länger als fünf Jahre.
- Im Schnitt wird 3,6 x pro Woche gelaufen, die Durchschnittsstrecke ist 10,5 Kilometer lang.
- 75 Prozent der Befragten laufen allein.
- Nur 14 Prozent liefen 2024 kein Rennen, 51 Prozent eines bis fünf und 35 Prozent mehr als fünf Wettkämpfe.
- 10 km und Halbmarathon sind die beliebtesten Strecken.
- Der Trail-Anteil liegt bei 33 Prozent.
Marc Anderman, Analyst von Sporting Insights, ordnete die Zahlen in einen europäischen Kontext ein. Fazit: In Deutschland ist im Vergleich zu Frankreich beim Trailrunning noch Luft nach oben, beim Thema Laufen mit anderen haben die Briten die Nase vorn.
Setzt sich der Lauf-Boom in den nächsten Jahren fort?
Vieles spricht dafür. So sieht Weber in den hohen Anmeldezahlen ein Indiz, besonders auch bei den Nachwuchsläufern. „Beim Hamburg Marathon Kids Run waren 12.000 Plätze innerhalb von einer Stunde ausgebucht“, berichtete der RUNNER'S-WORLD-Redakteur. Das zeige die Begeisterung für diesen Sport bei den jüngeren Altersgruppen, die nach dem Einstieg häufig auch als Erwachsene die Laufschuhe schnürten. Die große Gruppe der 25- bis 30-jährigen käme oft über 5- und 10-Kilometer-Volksläufe sowie B2B-Runs langfristig zum Laufen. Und nicht zuletzt dürfe man nicht vergessen, dass fast 50 Prozent der Bevölkerung inaktiv sei: Eine riesige Zielgruppe, die sich noch fürs Laufen begeistern lassen könnte. Zumal es laut Weber „noch nie so einfach war mit dem Laufen zu beginnen, wie heute.“
Auch für Marktanalyst Dietmar Brandl ist klar, dass der Boom anhalten werde: „Der große Sprung auf ein neues Level von 2024 auf 2025 wird sich nächstes Jahr wahrscheinlich nicht halten lassen, aber es wird ein Wachstum geben.“ Daran habe auch die Trendsportart Hyrox, die in Deutschland mittlerweile von über einer Million Menschen ausgeübt wird, ihren Anteil.
Neurozentrisches Training – der Booster für Longevity und Laufleistung
Die auf der gesamten ISPO stark in Erscheinung tretende Frauen-Power steuerte beim RUNNER‘S WORLD Symposium Luise Walther bei. Die Personal Trainerin aus Berlin machte dem Publikum während ihres Vortrags zum Thema „Ist Laufen der ideale Weg zu einem langen Leben?“ Beine – wortwörtlich. Mit Übungen zum Mitmachen veranschaulichte sie ihren Ansatz, mit neurozentriertem Training die Leistungsfähigkeit zu steigern, die Gesundheit zu verbessern und langfristig zu erhalten. Laufen verlängere das Leben zwar nachweislich um drei bis sechs Jahre, aber es komme auf die Bewegungsqualität an. Und die lasse oft zu wünschen übrig. „Viele Läufer leiden an Verletzungen wie Achillessehnenbeschwerden oder Fersenschmerzen“, so Walther, „und dann ist Laufen eben nicht gesund.“ Häufig fehle die sensomotorische Stabilität, was alle im Saal gleich selbst mit einem Einbeinstand bei geschlossenen Augen testen konnten. Für viele überraschend: Durch simple Übungen wie eine Neutralstellung der Zungenposition, eine bewusste Atmung, Blickstabilisierung und Hüftmobilisierung lassen sich enorme Verbesserungen erzielen. „Es geht darum, wie der Fuß mit dem Gehirn verbunden ist – so lässt sich das Laufen optimieren“. Als Effekte zählte die Spezialistin für neurophysiologisches Training eine Erhöhung der VO2max, eine schnellere Pace, bessere Bewegungsökonomie, weniger Verspannungen und schnellere Regeneration auf.
Ältere Läuferinnen und Läufer verlören als Erstes die neuronale Effizienz, nicht die Ausdauer, Motivation oder Schnelligkeit. Deshalb ist das Training des Gehirns Walther zufolge so wichtig. Schon mit kurzen Übungen lasse sich viel bewirken – oft mehr als mit harten Einheiten oder stundenlangem Grundlagentraining. Wer an seiner Hüftflexibilität arbeite und beim Laufen auf die Zungenposition und Nasenatmung achte, trainiere effektiver und erhalte die Funktion des Nervensystems bis ins hohe Lebensalter.
Sonstige ISPO-Highlights und Abschied aus München
Ein auf dem RUNNER'S WORLD Symposium wie auch in den Messe- und Konferenzhallen spürbarer Wermutstropfen war die Tatsache, dass die ISPO 2025 letztmalig in München stattfand. Nach 55 Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt zieht die Sportmesse nach Amsterdam um. Das tat dem facettenreichen Programm der letzten Auflage in Deutschland keinen Abbruch. Ein großes und wichtiges Thema war Nachhaltigkeit, das wir in einem eigenen Beitrag noch näher beleuchten werden. So viel vorweg: Es tut sich viel Spannendes bei biobasierten Materialien, die bereits heute Kunststoffe in Funktionstextilien ersetzen können. Und auch das Thema Recycling von Polyester und Co. nimmt Fahrt auf.
Weitere Themenschwerpunkte waren Gesundheit und Langlebigkeit. Healthfluencer wie Dr. Alexander Auer zeigten, mit welchen Routinen sich die eigene Gesundheitsspanne verlängern lässt und warum das oft am besten in Communitys klappt – ob privat organisiert oder im Unternehmen. Auer betonte: „Viele eigentlich Gesunde fühlen sich heute nicht mehr hundertprozentig gesund.“ Und genau hier könne Longevity ansetzen. Die Basics seien dabei weder kostspielig noch zeitaufwändig. Schlaf, Ernährung, Bewegung, Vorsorge und Stressmanagement durch beispielsweise Meditationen oder Atemtechniken bildeten eine solide Grundlage. Für Motivation zum Dranbleiben sorgten Communitys wie seine eigene, die nicht nur in den Sozialen Medien verortet ist. Auch im wirklichen Leben fänden regelmäßig Treffen statt.
Die KI ist als das große Thema schlechthin natürlich auch in der Sportwelt präsent. Ob durch künstliche Intelligenz gestütztes Training und Coaching, mit ihrer Hilfe erstellter Content oder ihr Einsatz im Sportmarketing und Breitensport – auf der ISPO war KI allenthalben anzutreffen.













