Über zwei Tage hinweg trugen die besten Triathleten der Welt in Nizza an der Côte d’Azur die Weltmeisterschaft über die Ironman-70.3-Distanz aus. Am Samstag starteten 43 Profi-Frauen ihren Kampf um die WM-Krone, am Sonntag folgten 51 Profi-Männer. Auch die Altersklassen-Athleten kürten ihre Weltmeister.
Für runnersworld.de war der Fotograf Ingo Kutsche bei der Ironman 70.3 Weltmeisterschaft 2019 in Nizza vor Ort. Seine schönsten Impressionen von den Rennen finden Sie in den Bildergalerien ober- und unterhalb sowie inmitten dieses Artikels.
Im Mittelpunkt des Wochenendes stand die selektive Radstrecke auf den Col de Vence hinauf. Nach 1,9 Kilometern Schwimmen im Mittelmeer folgte der etwas über 90 Kilometer lange Radkurs. Über 1.200 Höhenmeter wollten von den insgesamt 5.700 Athleten, die an diesem Wochenende starteten, bezwungen werden. Dabei führte die Strecke bis auf den 962 Meter hohen Col de Vence hinauf, bevor eine lange, kurvige Abfahrt zurück Richtung Wechselzone folgte. Die abschließenden 21,1 Kilometer Laufen wurden auf zwei Wendepunkt-Runden direkt an der französischen Riviera ausgetragen.
Das Rennen der Frauen
Lucy Charles-Barclay auf dem Col de Vence ausgebremst
Um sieben Uhr fiel für die Profi-Athleten der Startschuss. Danach folgten zuerst am Samstag 2.000 Frauen, die in den Altersklassen starteten. Am Sonntag gingen nach dem Profi-Feld gar rund 3.700 Männer auf die Strecke. Schnell entwickelte sich im Rennen der Frauen das gewohnte Bild: Die 25-jährige Lucy Charles-Barclay schwamm einmal mehr in einer eigenen Liga. Nach 25:23 Minuten stieg sie als Erste aus dem Wasser. Rund eine Minute hatte sie auf die elfköpfige Verfolgergruppe um die vierfache Weltmeisterin Daniela Ryf und Mitfavoritin Holly Lawrence herausgeschwommen.
Auf dem Rad zeigte sich schnell, wie hoch die Leistungsdichte unter den Besten der Welt ist. In der Renndynamik schenkten sich die Schnellsten auf ihrem Weg den Col de Vence hinauf nichts. Oben angekommen bog die Zweite des Vorjahres und zweifache Vize-Weltmeisterin von Hawaii, Lucy Charles-Barclay, in die Penalty Box ab und musste eine fünfminütige Strafe wegen Windschattenfahrens absitzen. Damit war für sie der Kampf um das Podium nahezu ausgeschlossen. Daniela Ryf bewies unterdessen ihre Abfahr-Künste und legte immer mehr Zeit zwischen sich und ihre drei stärksten Verfolgerinnen, der Britin Holly Lawrence, ihrer Landsfrau Imogen Simmonds und der Australierin Amelia Watkinson.
Daniela Ryf lässt mit 1:18:37-Stunden-Halbmarathon nichts mehr anbrennen
Auf über zweieinhalb Minuten konnte Ryf ihren Vorsprung bis in die zweite Wechselzone ausbauen. Simmonds und Lawrence gingen in der Verfolgung gemeinsam auf die Laufstrecke. Watkinson lag bereits knapp zwei Minuten hinter dem Podium, Charles-Barclay folgte gut sieben Minuten hinter Ryf immer noch auf Platz fünf liegend. Auf den ersten Kilometern kam Lawrence zwar etwas näher an die große Favoritin Ryf heran – diese zeigte allerdings keine Schwächen.
Mit einem Halbmarathon in 1:18:37 Stunden sicherte sich die Schweizerin den fünften Ironman-70.3-Weltmeistertitel nach 4:23:04 Stunden. Lawrence beendete nach langwierigen Verletzungspausen ihr Rennen nach 4:27:02 Stunden als neue Vize-Weltmeisterin. Überraschender war dahinter Platz drei von Imogen Simmons in 4:28:10 Stunden. Charles-Barclay wurde letztlich Fünfte (4:31:50 Stunden) hinter der US-Amerikanerin Chelsea Sodaro (4:31:07 Stunden). Deutsche Mitfavoritinnen wie Anne Haug oder Laura Philipp verzichteten auf einen Start. Beste Deutsche wurde Anne Reischmann auf Platz 20 in 4:49:48 Stunden.
Das Rennen der Männer
Alistair Brownlee, Rodolphe Von Berg und Gustav Iden mit Vorentscheidung auf dem Rad
Wie auch im Rennen der Frauen bestach der Titelkampf der Männer am Sonntag, den 8. September durch eine enorm hohe Leistungsdichte. 17 Männer umfasste die erste Gruppe, die nach 23:15 Minuten vom Australier Josh Amberger angeführt aus dem Meer stieg. An Position zwei befand sich mit Doppel-Olympiasieger Alistair Brownlee zugleich der wohl größte Favorit auf den Sieg – am Ende der Gruppe mit dem US-Amerikaner Rodolphe Von Berg, der in Frankreich aufwuchs, der amtierende Europameister. Auch Vorjahres-Dritter Javier Gomez (Spanien) und Weltbestzeit-Halter Kristian Blummenfelt (Norwegen) waren vorne mit dabei. Mit etwas Rückstand stieg der 23-jährige Norweger Gustav Iden nach 23:55 Minuten als 18. aus dem Wasser – gefolgt von Patrick Lange (24:31 Minuten).





Sebastian Kienle, der schon zwei Mal die Ironman-70.3-Weltmeisterschaft gewinnen konnte, erwischte mit 26:50 Minuten und Platz 37 keinen guten Start und startete von nun an seine Aufholjagd. An der Spitze ergriff unterdessen Brownlee die Initiative und sorgte im langen Anstieg für ordentlich Tempo. Kurzzeitig konnte er sich sogar leicht absetzen. Auf dem Col de Vence angekommen lag Florian Angert in der Top Ten, direkt vor dem zehntplatzierten Gomez. In der langen, technischen Abfahrt bildete sich schnell eine Dreier-Gruppe aus Brownlee und den aufschließenden Von Berg sowie Iden, die gemeinsam die Vorentscheidung suchten – und diese auch fanden. Drei Minuten hatten sie nach gut 2:17 Stunden auf dem Rad auf den viertplatzierten US-Amerikaner Ben Kanute und gar viereinhalb Minuten auf den fünftplatzierten Mitfavorit Blummenfelt herausgefahren.

23-jähriger Norweger Gustav Iden dominiert den Halbmarathon in 1:08:10 Stunden
Als herausragender Läufer ergriff Brownlee einmal mehr die Initiative und rannte seinen Verfolgern Iden und Von Berg davon. Doch nach nur wenigen Kilometern hatte Iden ihn wieder ein- und gleich überholt. Konstant setzte sich der junge Norweger ab und lief seinem immer sicher scheinenden Sieg entgegen. Mit Platz zwei beim Ironman 70.3 Bahrain – hinter Landsmann Blummenfelt, aber seinerseits ebenso fast fünf Minuten unter der damaligen Weltbestzeit – hatte der Kurzdistanz-Athlet von Weltformat schon auf sich aufmerksam gemacht.
Dennoch wurde Iden von vielen Kennern der Szene unterschätzt. Niemand konnte mit dem 23-Jährigen Schritt halten. Nach einem offensiven und aggressiven Radfahren lief er den Halbmarathon in 1:08:10 Stunden und sorgte nach 3:52:35 Stunden für einen Sensations-Sieg. Brownlee belegte, wie im Vorjahr hinter Jan Frodeno, den zweiten Platz nach 3:55:19 Stunden. Mit Platz drei für seine offensive Renngestaltung belohnt wurde der 25-jährige Von Berg nach 3:56:45 Stunden.
Sebastian Kienle als zweitschnellster Läufer Fünfter, Florian Angert Elfter, Maurice Clavel 19.
Ebenfalls knapp unter 70 Minuten lief Blummenfelt den Halbmarathon. Doch mit Rückstand auf das Führungs-Trio vom Rad kommend, war für ihn nicht mehr als Platz vier drin, den er nach 3:59:21 Stunden sicher hatte. Dahinter zeigte Kienle nach schwachem Start eine starke Aufholjagd. Mit der fünftschnellsten Radzeit erreichte er als Elfter die zweite Wechselzone und ließ den zweitschnellsten Halbmarathon aller Profis folgen. Nur 1:09:31 Stunden benötigte der Hawaii-Champion von 2014 und verbesserte sich damit nach 4:00:18 Stunden noch auf Platz fünf als bester Deutscher.
Florian Angert verlor beim Laufen drei Plätze und verpasste als Elfter nach 4:05:08 Stunden knapp ein Top-Ten-Resultat. Maurice Clavel war nach 4:09:20 Stunden als 19. und drittschnellster Deutscher im Ziel. Patrick Lange überquerte nach 4:11:18 Stunden als 23. die Ziellinie. Mit einem Halbmarathon in 1:11:22 Stunden verbesserte er sich zwar noch fünf Plätze, konnte aber damit nicht zufrieden sein. Wie Kienle auf dem Rad viele Plätze gut machen konnte Andreas Dreitz, der in aussichtsreicher Position liegend nach einem Sturz auf der Abfahrt das Rennen jedoch nicht beenden konnte.









