Wieso wolltest du eigentlich am TDS teilnehmen und nicht am prestigeträchtigeren UTMB?
Die Rennen, die im Rahmen der UTMB-Woche ausgetragen werden, sind für mich die allerwichtigsten. Mit Abstand. Ehrlich gesagt, wollte ich auch, genau wie vor zwei Jahren, den UTMB laufen. Aber Dima (so nennt Ekaterina ihren Ehemann Dmitry, Anmerkung der Redaktion) war diesmal dran, nachdem er vor zwei Jahren den TDS lief. Und wir wollten auf keinen Fall beide im selben Rennen laufen, damit wir uns gegenseitig unterstützen können.
Dein Ehemann ist auch dein Trainer. Wieso trainierst du dich nicht selbst, wo du doch Sportwissenschaften studiert hast und auch Trainerin bist?
Es stimmt, ich habe sechseinhalb Jahre lang studiert und arbeite als Trainerin. Gemeinsam mit Dima leite ich unsere Trailrunning School, in der wir Camps und Coachings anbieten. Ich trainiere Frauen, Dima die Männer. Natürlich weiß ich genau, worauf es ankommt, aber ich finde es nicht gut, sich selbst zu trainieren. Es ist zwar nicht immer leicht, wenn der Partner auch der Trainer ist, doch ich sehe darin auch einen großen Vorteil: Dima sieht mich jeden Tag und weiß genau, wie es mir geht. Entscheidend ist, dass ich ihm vertraue. Viele Leute haben enorme Ambitionen und einen riesigen Siegeswillen, aber das allein reicht nicht. Das Wichtigste ist, einen guten Plan zu haben und diesen Plan zu erfüllen.

Wie lief deine Vorbereitung auf den TDS?
Die Vorbereitung lief fantastisch. Während des Winters habe ich vor allem auf dem Fahrradergometer und im Fitnessstudio trainiert. Hier am Elbrus, wo wir wohnen, liegt viel Schnee. Erst im Mai und Juni habe ich wirklich mit dem Lauftraining angefangen. Der Fokus lag ganz klar auf dem Kilometerumfang. So habe ich sehr, sehr viele Kilometer in einer Höhe von 2.000 bis 4.000 Metern gesammelt. Für die direkte Vorbereitung sind wir Ende Juni, also zwei Monate vor dem Rennen, nach Chamonix gekommen, um auf den Trails rund um den Mont Blanc zu trainieren. In der Zeit habe ich zwei Vorbereitungsrennen absolviert, die auch beide recht gut liefen.
Lass uns über dein Rennen reden. Du warst die große Favoritin und hast das Podium knapp verpasst. Bist du zufrieden?
Nein, ich bin ziemlich traurig. Das Rennen fing gut an. Das Wichtigste bei einem Ultratrail ist, die Herzfrequenz, Kalorienaufnahme und Trinkmenge im Auge zu behalten. Alles war im grünen Bereich und lief genau nach Plan. Ich war die meiste Zeit in Führung und habe mich in der Nacht auch an vielen Männern vorbeigeschoben. Ich liebe es, nachts zu laufen. Doch nach der Hälfte der Distanz bekam ich Probleme. Meine Wade tat weh, ich konnte kaum noch bergab laufen. Nach 92 Kilometern machte dann auch noch die Verpflegung Probleme. Ich bekam nichts mehr runter. Ich hatte derartige Probleme bis dahin nie, aber mir war klar, dass ich nicht ins Ziel komme, wenn ich keine Kalorien aufnehme.

Was hast du getan?
An der nächsten Verpflegungsstelle gab mir Dima richtige Lebensmittel. Davon bekam ich etwas runter. Zu dem Zeitpunkt war ich immer noch erste Frau, aber die Muskelschmerzen wurden nicht weniger. Ich konnte kaum noch laufen. Dann war ich Zweite. Und 22 Kilometer vor dem Ziel hörte ich dann von dem schrecklichen Unfall.
Ein Läufer aus Tschechien ist in der Nacht nach etwas mehr als 60 Kilometern am Pralognan-Pass gestürzt und verstorben. Nur jene Athletinnen und Athleten, die die Unglücksstelle bereits passiert hatten, durften das Rennen fortsetzen. Was ging dir durch den Kopf, als du davon erfahren hast?
Ich war schockiert, habe geweint. An der Stelle, an der das Unglück passiert ist, hatte ich tatsächlich ein ungutes Gefühl. Es war sehr technisch, es war kalt und es regnete. Ich dachte: Das ist ganz schön gefährlich hier.

Wie liefen die letzten Kilometer bis ins Ziel nach Chamonix für dich?
Ich wusste, dass der Sieg nicht mehr drin ist, aber ich wollte das Podium retten. Die Energie der vielen Zuschauer an der Strecke und die Unterstützung meines Teams von Adidas Terrex, allen voran von Dima, machten es mir unmöglich, einfach auszusteigen. Ich ging mehr, als dass ich lief, und wurde wieder von einer Frau überholt. Und auf den letzten sieben Kilometern nochmal. Ich war plötzlich nur noch Vierte, als ich Chamonix erreichte. Es war mein härtestes Rennen!