Immer wenn es besonders hart wird, weil die Voraussetzungen für eine Top-Leistung eigentlich nicht gegeben sind, läuft Hendrik Pfeiffer seine besten Rennen. Das war schon 2016 so, als er sein Marathon-Debüt in Düsseldorf lief. Wenige Tage vor dem Rennen hatte er derartige muskuläre Probleme, dass er kaum gehen konnte. Dann qualifizierte sich Hendrik Pfeiffer sensationell für die Olympischen Spiele in Rio. Dass er in Brasilien jedoch verletzungsbedingt nicht starten konnte, war einer der Tiefpunkte seiner inzwischen zehnjährigen Marathon-Karriere, die sich wie eine Achterbahnfahrt extremster Gefühle darstellt. In Valencia erlebte Hendrik Pfeiffer, der für Düsseldorf Athletics startet, am vergangenen Sonntag einen Höhepunkt: Mit 2:06:46 Stunden lief er trotz erheblicher Magenprobleme zu einer persönlichen Bestzeit.
Den 2016 verpassten Olympia-Start hatte Hendrik Pfeiffer nach langwierigen Verletzungsproblemen 2021 in Japan nachgeholt. Ein Jahr später gehörte er bei der EM in München zum siegreichen deutschen Marathon-Team, das die integrierte Europa-Cup-Wertung gewann - die EM in Berlin 2018 hatte er verletzungsbedingt verpasst. Sein nächstes außergewöhnliches Rennen über die 42,195 km in Houston folgte im Januar 2024. Mit einer zu knappen Vorbereitungszeit, Magenproblemen und ohne jegliche Tempomacher sorgte er an der Spitze des Rennens durchweg alleine für die Pace. Am Ende wurde er Dritter mit einer beachtlichen Bestzeit von 2:07:14 - doch das große Ziel, die Qualifikation für Olympia in Paris, hatte er um ärgerliche zehn Sekunden verpasst.
Nach Platz sieben in London 2024 und Rang acht in Berlin im September 2025 ging es für Hendrik Pfeiffer nun in Valencia wieder um alles oder nichts. Denn die weitere Zugehörigkeit zur Sportfördergruppe der Bundeswehr - eine wichtige finanzielle Komponente für den Profi-Läufer - war an eine Zeit von zumindest 2:07:00 geknüpft. Das ungewöhnlich warme Wetter in Berlin hatte Hendrik Pfeiffer vor zweieinhalb Monaten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er musste die Zeit noch in diesem Jahr erreichen, um den Bundeswehr-Status zu erhalten - auch wenn die Vorbereitungszeit eigentlich zu knapp war.
Frühzeitige Magenprobleme beim Valencia-Marathon waren kein gutes Zeichen für Hendrik Pfeiffer. Doch irgendwie kämpfte sich der 32-Jährige durch, konnte auf den letzten 5 km noch zulegen und taumelte, gequält von den Problemen, nach 2:06:46 ins Ziel, wo er sich sofort übergeben musste. Mit einer enormen Willensleistung lief er zu einem Happy End. „Ich bin sehr froh. Ich hatte in den letzten Wochen hart dafür gearbeitet“, sagte Hendrik Pfeiffer. „Aber das ging aufgrund der Magenprobleme über die Schmerzgrenze hinaus, ich lief in Valencia im roten Bereich.“
Das Beispiel von Hendrik Pfeiffer zeigt einmal mehr, unter welchen Druck auch die besten deutschen Marathonläufer geraten können - und dass die Regeln für die Förderbedingungen für sie nicht passen. Aufgrund der extremen Belastungen in Training und Wettkampf waren früher nur zwei Marathonrennen im Jahr aus gesundheitlichen Gründen sinnvoll, inzwischen sind es durch die neue Schuh-Generation vielleicht drei. Ein Mittelstreckenläufer kann im Vergleich ein mehrfaches an Startmöglichkeiten nutzen.
„Ich würde grundsätzlich sehr gerne für Deutschland bei den Europameisterschaften in Birmingham im nächsten Jahr starten. Aber ich muss auch die Kader-Norm im Blick haben. Da mein Ergebnis von Valencia nicht für das nächste Jahr zählt, beginnt dann gleich wieder die nächste Norm-Jagd“, sagt Hendrik Pfeiffer. Bei großen Meisterschaften im Sommer sind in der Regel keine schnellen Zeiten möglich. „Was das Fördersystem betrifft, müsste man den Marathonläufern mehr Vertrauen schenken. Es wäre sehr sinnvoll, die Ziele längerfristiger angehen zu können. Keiner von uns will sich ausruhen, wenn er auf diesem Niveau ist. Wir wollen immer besser werden. Aber dafür brauchen wir mehr Freiheiten und Zeit“, sagt Hendrik Pfeiffer.
Nach einer Pause und einem Urlaub wird sich Hendrik Pfeiffer Anfang des nächsten Jahres mit einem Trainingslager in Kenia auf die nächsten Ziele vorbereiten. „Ich möchte weiter Top-Platzierungen bei großen Rennen erreichen. Mein Erfolg in Valencia ist eine Motivation dafür“, sagt Hendrik Pfeiffer, der ab 2026 beim Training eine große Unterstützung erhalten wird. Denn Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg), der in Valencia mit 2:08:55 am Sonntag ebenfalls eine Bestzeit lief, kommt nach Düsseldorf. „Simon ist ein ganz starker Trainingspartner, ich freue mich sehr auf diese Zusammenarbeit. Die Zukunft sieht gut aus.“












