„Save The Events – Rettet unsere Läufe“ – mit dieser Petition will die Interessengemeinschaft der deutschen Straßenlaufveranstalter, German Road Races (GRR), erreichen, dass die bedrohliche Situation, in der sich viele Organisatoren und ihre Rennen weiterhin befinden, von der Politik verstanden und wahr genommen wird. „Wir brauchen jede Stimme, um den Laufsport zu retten“, sagt Horst Milde, der GRR-Vorsitzende.
Von Absperrungen bis Zeitnahme: Eine Branche steht auf der Kippe
Die Corona-Pandemie hat so gut wie alle Läufe und Events gestoppt, die Veranstalter und Vereine bangen um ihre Existenz. Viele weitere Unternehmen sind im Hintergrund abhängig von solchen und natürlich auch jeglichen anderen Events in den Bereichen Sport und Kultur, – zum Beispiel trifft dies die Sparten Medaillen, Zeitnahme, Messen, Security, Technik oder Absperrungen. Hier steht inzwischen eine gesamte Branche auf der Kippe.
Der Aufruf zur Abgabe der Stimme unter www.openpetition.de/petition/online/save-the-events-o-rettet-unsere-laeufe erhält prominente Unterstützung. Zuerst machten sich Deutschlands Topläufer Alina Reh und Philipp Pflieger dafür stark – weitere bekannte Persönlichkeiten aus dem Laufsport folgen nach und nach.
Philipp Pflieger: „Es wird Zeit, dass sich auf Bundesebene mit der Problematik beschäftigt wird“
„Als Profisportler bin ich meist relativ nah dran an den Organisatoren großer Laufveranstaltungen und fühle dementsprechend mit ihnen in der derzeitig schwierigen Situation. Hinter diesen Veranstaltern stehen aber auch noch eine ganze Menge weiterer Dienstleister, die durch die aktuelle Corona-Krise um ihre Existenz fürchten müssen und natürlich fühle ich mich auch diesen verbunden“, sagt Philipp Pflieger. Der deutsche Top-Marathonläufer, der für LT Haspa Marathon Hamburg startet und seinen zweiten Marathon-Olympiastart anstrebt, fügt hinzu: „Es wird höchste Zeit, dass sich auf Bundes- und Landesebene endlich intensiv mit dieser Problematik beschäftigt wird, denn ansonsten wird das gravierende Folgen haben für die Laufszene, wie wir sie kannten. Deswegen begrüße ich diese Initiative und unterstütze sie gerne.“

Alina Reh: „Vor allem die Lauf-Veranstalter trifft es hart“
Ohne Lauf-Veranstaltungen wäre Alina Reh vielleicht nie zum Laufsport gekommen. Die Europameisterschafts-Vierte über 10.000 Meter des SSV Ulm, die ihr großes Potenzial im Straßenlauf bereits mehrfach bewiesen hat, sagt: „Nicht nur wir Sportler trauern der Absage von vielen Straßenläufen nach, sondern vor allem die Veranstalter dieser Läufe trifft es hart. Vereine und viele Unternehmen, die an solchen Events hängen, bangen um ihre Zukunft und Existenz. Laufsport verbindet und ist der einzige Sport bei dem Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Leistungsniveaus an der gleichen Startlinie stehen und die gleiche Strecke bewältigen. Gerade Kinder kommen bei Straßenläufen das erste Mal in Kontakt mit dem Laufsport und können sich gegenseitig messen. So hat auch bei mir alles begonnen. Durch Bambini- und Schülerläufe habe ich die Freude am Laufen gefunden und bin erst dann zur Leichtathletik gekommen. In diesem Sinne brauchen wir viele Stimmen, um die Zukunft des Straßenlaufes und somit die Zukunft des Läufernachwuchses sowie die läuferische Bewegung in der Gesellschaft zu retten. Bitte unterstützt alle diese Initiative.“
Fabienne Königstein: „Laufsport stärkt das Wir-Gefühl der Gesellschaft“
Die Marathon-Läuferin Fabienne Königstein, vielen noch unter ihrem Mädchennamen Amrhein bekannt, äußert sich: „Es geht beim Laufen ja nicht nur um Erfolge und Bestleistungen. Die Vereine und Veranstalter von Straßenläufen schaffen ein Umfeld, in dem Sportsgeist, Miteinander und gegenseitiger Respekt gelebt werden. Diese zentralen Werte unserer Kultur zu erhalten und auszuleben, das ist gerade in der aktuellen Zeit von ganz besonderer Wichtigkeit. Laufsport integriert und stärkt das Wir-Gefühl innerhalb unserer Gesellschaft. Es ist unfassbar frustrierend und schade, dass Veranstalter, Vereine, Verbände, Trainer, Manager und Athleten mit allergrößter Mühe und Kreativität umfassende Hygienekonzepte erarbeiten, die dann von den Behörden einfach blockiert werden und die Straßenläufe abgesagt werden müssen. Man fragt sich, wo ist die Unterstützung der Politik in Zeiten, in denen die Athleten keine Medaillen für Deutschland nach Hause bringen? Wir brauchen sie jetzt!“

Christoph Kopp: „Der Mut der Veranstalter darf nicht bestraft werden“
Christoph Kopp ist seit Jahrzehnten im Laufsport tätig – als Koordinator der Elitefelder für alle international bedeutenden deutschen Marathonläufe und eine Reihe von weiteren Straßenrennen. Der Berliner betreut mit seinem Team des International Sport Service (ISS) zudem als Athleten-Manager etliche deutsche Top-Läufer. „Ich hoffe, dass Beispiele wie jüngst das vom London-Marathon, der immerhin als reiner Elitelauf stattfinden wird, auch andere Veranstalter animieren, ähnliche Rennen zu organisieren. Natürlich sind wir weit weg von der gewohnten Form, aber Rennen wie London sind doch ein wichtiger Motivationsanreiz für die vielen leistungsorientierten Läufer. Deren Auftreten hat dann sicher auch Sogwirkung auf die Masse der Freizeitläufer, die dann ebenfalls motiviert an den mannigfaltigen virtuellen Laufangeboten teilnehmen können. Wichtig ist dabei, dass Veranstalter, die sich jetzt schon mit der Umsetzung von kleineren Läufen beschäftigen, finanziell nicht im Regen stehen gelassen werden. Deren Mut darf nicht bestraft werden. Wünschenswert wäre auch, dass die politischen Entscheider die meist hervorragenden Hygienekonzepte einzelner Veranstalter individuell prüfen und nicht gleich mit einem allgemein gehaltenen Verbot antworten. Gemeinsame Lösungen sind gefragt.“
Irina Mikitenko: „Straßenläufe motivieren Jugendliche zu einem gesünderen Leben“
„Straßen- und Volksläufe haben für die Spitzen- wie auch für die Breitensportler eine große Bedeutung. Bei keiner anderen Sportveranstaltung ist der Kontakt zwischen beiden so unkompliziert und eng. Das motiviert auch Kinder und Jugendliche zu einem sportlichen, bewegten und gesünderen Leben. Auch als Zuschauer ist man immer wieder begeistert von der Stimmung bei diesen Events“, sagt Irina Mikitenko. Sie ist nach wie vor einzige deutsche Läuferin, die über die Marathondistanz eine Zeit von unter 2:20 Stunden erreichte: 2008 gewann sie den Berlin-Marathon in 2:19:19 Stunden. Seitdem steht dieser Rekord.

„Die Krise hat ein großes Loch in den Veranstaltungskalender der Läufe gerissen. Mit den zahlreichen Straßenläufen brechen für unseren Sport und unsere Gesellschaft wichtige Veranstaltungen weg, woraus wiederum strukturelle Schäden in unserem Zusammenleben entstehen, die auch in den kommenden Jahren nur schwer oder auf lange Zeit gar nicht mehr zu beheben sein werden“, erklärt Irina Mikitenko. „Ich finde es sehr traurig, dass die Politik nichts unternimmt, um den Laufsport zu unterstützen. Es ist sehr wichtig, dass über Jahrzehnte gewachsene Laufveranstaltungen erhalten bleiben, und dass das finanzielle Überleben der Spitzenathleten und der Veranstalter sowie aller Beteiligter gesichert wird. Deswegen unterstütze ich diese Initiative. Wir brauchen jede Stimme, um den Laufsport zu retten.“
Arne Gabius: „Laufveranstaltungen leben vom Herzblut großer und kleiner Veranstalter“
Arne Gabius (Therapie Reha Bottwartal) verbesserte 2015 in Frankfurt den 27 Jahre alten deutschen Marathon-Rekord von Jörg Peter auf eine Zeit von 2:08:33 Stunden. Der Rekordhalter erklärt: „Ich unterstütze die Petition, da die deutschen Laufveranstaltungen von der wunderbaren Vielfalt und dem Herzblut großer und vieler kleiner Veranstalter leben. Es gibt so viele schöne, über Jahrzehnte gewachsene Läufe. Um diese – unsere – Laufwelt und auch den Wettbewerb unter den Veranstaltern zu erhalten, ist eine staatliche Unterstützung notwendig und sinnvoll.“
Katharina Steinruck und Katrin Dörre-Heinig: „Die Situation ist ernst“
Katharina Steinruck hat mit ihrer Marathon-Bestzeit von 2:27:26 Stunden sehr gute Chancen auf einen olympischen Startplatz bei den Spielen in Japan 2021. Die 31-Jährige wird von ihrer Mutter Katrin Dörre-Heinig trainiert. Die frühere Weltklasse-Marathonläuferin ist auch Marathon-Bundestrainerin. Mutter und Tochter gaben gemeinsam dieses Statement: „Die Situation für Veranstalter, Elite-Läufer und alle anderen, die beruflich mit dem Laufsport verbunden sind, ist ernst. Viele Rennen stehen auf der Kippe, es geht für viel mehr Menschen als man denken könnte um den Job und die Existenz. Deswegen unterstützen wir die Petition.
Für Hobbyläufer, die ein- oder zweimal im Jahr bei einem Marathon starten und vielleicht noch bei ein paar anderen Rennen, ist es bitter, wenn sie aufgrund der Corona-Pandemie eine Zeit lang auf große Rennen verzichten müssen. Aber ihre Existenz ist im Gegensatz zu den Profiläufern nicht gefährdet. Die Topläufer müssen mit Start- und Preisgeldern dieser Rennen sich selbst und ihre Trainingslager finanzieren. Viele Hobbyläufer kennen sicherlich nicht die Hintergründe, wie solche Veranstaltungen funktionieren. Daher können sie auch nicht die Gefahr erkennen, die uns allen hier droht. Es ist aber wichtig, dass sich die Läufer mit der Thematik beschäftigen und diese Petition unterschreiben, wenn ihnen ihr Sport wirklich etwas bedeutet.
Laufveranstaltungen sind sehr komplex und jedes Rennen ist anders strukturiert. Bei großen Veranstaltern gibt es in der Regel einen hauptberuflichen Kern von Mitarbeitern, viele Zulieferer oder freiberufliche Mitarbeiter sowie natürlich Ehrenamtliche. Nur mit Start- und Sponsorengeldern finanzieren sich diese Organisationen. Wir hoffen, dass die meisten Veranstalter durch diese Krise kommen, wenn ihr Rennen nur einmal nicht stattfinden kann. Aber bei längeren Ausfallzeiten wird vieles wegbrechen – wenn kein Geld mehr da ist und das Veranstaltungs-Team auseinander fällt, ist es vorbei.
Viele nationale und internationale Topathleten haben zurzeit finanzielle Schwierigkeiten, denn sie sind abhängig von den Geldern, die sie normalerweise bei den Straßenläufen verdienen. Hier stehen Karrieren auf dem Spiel und es droht zudem der Verlust unserer Lauf-Talente.Es muss etwas passieren, ansonsten geht vieles kaputt. Die politisch Verantwortlichen müssen sich mit dem Thema beschäftigen. Um das zu erreichen, brauchen wir eine starke Petition. Daher bitten wir alle, die mit dem Laufsport verbunden sind, die Petition zu unterschreiben.“
Jan Fitschen: „Weniger Laufevents bedeuten weniger fitte Menschen“
Jan Fitschen feierte bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Göteborg 2006 den größten Erfolg seiner Karriere: Überraschend lief er damals im 10.000-Meter-Finale zur Goldmedaille. Einige Jahre später startete der Läufer des TV Wattenscheid auch auf der Straße und erreichte dabei im Marathon eine persönliche Bestzeit von 2:13:10 Stunden. Jan Fitschen ist nach wie vor eng mit dem Laufsport verbunden, unter anderem als Buchautor („Wunderläuferland Kenia“). Fitschen erklärt: „Gerade die Corona-Krise zeigt uns, wie wichtig es ist, durch Bewegung unsere Gesundheit zu verbessern. Laufen ist dafür einfachste Weg. Und für hunderttausende in Deutschland sind die kleineren und größeren Laufevents die ultimative Motivation um regelmäßig Sport zu treiben. Weniger Laufveranstalltungen bedeuten daher direkt weniger fitte Menschen. Und das darf nicht sein. Daher unterstütze ich die Petition #SaveTheEvents.“

Mark Milde: „Laufveranstaltungen haben präventiv-medizinische Rolle in unserer Gesellschaft“
Mark Milde ist seit über 20 Jahren der Race-Direktor des Berlin-Marathons sowie verschiedener anderer hochklassiger Straßenrennen. Milde sagt: „Der Laufsport, so wie wir ihn kennen und schätzen, ist in akuter Gefahr, im Strudel der Corona-Pandemie unterzugehen. Natürlich wird weiter gelaufen, das wird sich hoffentlich auch in der Zukunft nicht ändern – was immer auch passiert. Aber die Läufer merken mehr und mehr, dass ihnen etwas fehlt. Immer alleine zu laufen und dann bei virtuellen Rennen an den Start zu gehen, das ist eben nicht der letzte Schrei und auf Dauer nicht motivierend. Das Gemeinschaftserlebnis, bei einem echten Rennen teilzunehmen, ist nicht zu ersetzen. Es sind nun einmal die Veranstaltungen, die Spitzen- und Breitensportler gemeinsam begeistern und auch Zuschauer in ihren Bann ziehen und dazu bewegen, es selbst einmal zu versuchen. Diese eindrucksvolle Entwicklung haben wir in Berlin über viele Jahrzehnte verfolgt. Die Laufveranstaltungen und alles was damit zusammenhängt, haben längst auch eine enorm wichtige präventiv-medizinische Rolle in unserer Gesellschaft. Denn Laufen ist ein gesunder Sport.
Für uns Veranstalter ist es inzwischen ein Lauf auf der „Rasierklinge“. Und das Problem ist: Es ist kein Ziel in Sicht. Wir wissen nicht, wie es 2021 weiter geht. Wenn Veranstaltungen ein zweites Jahr in Folge nicht stattfinden können, wird das für die meisten ohne entsprechende finanzielle Unterstützungen die Pleite bedeuten. Dies beträfe dann nicht nur die Veranstalter-Teams sondern auch viele Unternehmen, die als Zulieferer in diesem Bereich tätig sind. Aber auch die nationalen und internationalen Eliteläufer wären betroffen – und den Nachwuchsathleten ginge eine wichtige Perspektive verloren.
Es wird höchste Zeit, dass sich die Politik mit diesem Thema beschäftigt, die Lage erkennt und endlich eine Differenzierung von Veranstaltungen vorgenommen wird. Mehr und mehr deutet darauf hin, dass an der frischen Luft bezüglich einer Ansteckung wenig passiert. Hier müsste es zum Beispiel Pilotprojekte in Kooperation mit Laufveranstaltern geben sowie anschließende Untersuchungen. Dann müssten entsprechende Konzepte entwickelt werden, damit auch größere Läufe ab dem nächsten Frühjahr auf sichere Weise wieder stattfinden können. Um das Ziel zu erreichen, brauchen wir jede Stimme für eine starke Petition.“
Keine Lobby für den Laufsport während der Corona-Krise
Der GRR-Vorsitzende Horst Milde und Cecilia Wenig, die Initiatorin der Petition, erklären gemeinsam: „Hier steht ein Sport auf der Kippe, der einmalig ist: Breitensportliche Läufer und Läuferinnen verschiedenster Nationen, Kulturen und Religionen starten gemeinsam mit Eliteathleten in einem Rennen. Integration und Zusammengehörigkeit sind Grundpfeiler der Veranstaltungen, hinzu kommt die enorm wichtige präventiv-medizinische Bedeutung des Laufsports, auch durch die Kinder- und Jugendläufe sowie Walking- und Nordic-Walking-Gruppen. Wer Läufe als Zuschauer erlebt, wird motiviert, selbst diesen gesunden Sport zu betreiben. Diese Entwicklung hat über Jahrzehnte dazu geführt, dass alleine in Deutschland viele Millionen diesen Sport heute betreiben. Doch in der Krise gibt es für den Laufsport keine Lobby. Die Politik muss sich endlich genauer mit dieser Krise beschäftigen und aktiv nach Lösungen suchen.“
Bereits mehrfach hat sich German Road Races über das Bundes-Innenministerium für die Einrichtung eines Finanz-Hilfsfonds für Veranstalter eingesetzt, der für viele Organisatoren überlebensnotwendig ist. Denn aufgrund der Zugangsbedingungen zu den gängigen Hilfsfonds fallen etliche Lauf-Veranstalter hier durch das Raster. Auch nach einem Vierteljahr ist jedoch noch nichts passiert.