Wurdest du bereits von einer Lauffreundin oder einem Lauffreund nach deiner VO2max gefragt? Oder hast du dich gewundert, was es mit diesem Wert auf sich hat, den dir deine Laufuhr anzeigt? Die VO2max ist derzeit jedenfalls in aller Munde. Wir verraten dir in diesem Artikel, was die VO2max eigentlich ist, warum sie im Ausdauersport von großer Bedeutung ist und wie du deine VO2max verbessern kannst.
Wofür steht VO2max?
Die VO₂max gibt an, welches Volumen (V) an Sauerstoff (O₂) unter Belastung vom Körper maximal (max) aufgenommen und in die Zellen transportiert werden kann. Man nennt die VO₂max auch häufig „maximale Sauerstoffaufnahme“, oft schreibt man auch VO2max. Gemessen wird sie in den Grundeinheiten Volumen (d. h. Milliliter Sauerstoff) pro Zeiteinheit (d. h. pro Minute). Zur Vergleichbarkeit wird in der Regel noch das Körpergewicht in Betracht gezogen. Die VO₂max bezeichnet also die maximale Sauerstoffaufnahme pro Kilogramm Körpergewicht und ist damit das direkte Maß für den aeroben Energieumsatz.
VO₂max = maximale Sauerstoffaufnahme (in Millilitern) pro Minute und pro Kilogramm Körpergewicht
Die entscheidenden Prozesse sind dabei:
- Sauerstoffaufnahme über die Lunge
- Sauerstofftransport über das Blut
- Sauerstoffnutzung in den Körperzellen
Was sagt der VO2max-Wert aus?
Die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit ist ein Gradmesser für die aerobe Fitness. Die Fähigkeit, große Mengen Sauerstoff ins Blut aufzunehmen, zu transportieren und zu verarbeiten, ist entscheidend für die Ausdauerleistungsfähigkeit. Stark vereinfacht ausgedrückt: Je höher die VO₂max, desto besser die Ausdauerleistung.
Außerdem weisen viele wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der VO2max und der Gesundheit sowie der Lebenserwartung besteht. Menschen mit einer überdurchschnittlichen VO2max leiden seltener unter den üblichen Zivilisationskrankheiten und sind seltener übergewichtig. Hierbei sei natürlich erwähnt, dass die höhere VO2max das Resultat eines aktiven und oft auch generell gesünderen Lebensstils ist. Kurzum: Die VO2max steigt, wenn wir Sport treiben, was sich wiederum direkt auf unsere Gesundheit auswirkt.
Was beeinflusst die VO₂max?
Neben der Fitness haben auch allerlei andere Faktoren Einfluss auf die VO₂max: Geschlecht, Veranlagung und Alter. Um die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit individuell vergleichen zu können, muss zudem zwingend das Körpergewicht einbezogen werden, was durch die standardisierte Berechnung der relativen VO₂max (Sauerstoffaufnahme (in Milliliter) pro Minute und pro Kilogramm Körpergewicht) geschieht. Da aber ein Mensch mit vielen Muskeln deutlich schwerer ist, als einer mit viel Fett, können allein mit dem Körpergewicht keine interpersonellen Vergleiche stattfinden. Wenn man die Herz-Kreislauf-Funktionen innerhalb einer Gruppe vergleichen möchte, ist die Körpermagermasse (Gewicht ohne Fett- und Knochenanteile) die beste Berechnungsgrundlage, um Auskunft über die tatsächliche Sauerstoffaufnahmefähigkeit der Gruppenmitglieder zu erhalten. Der Grund dafür, dass größere Leute mehr Sauerstoff verbrauchen, besteht darin, dass sie eben auch mehr Muskeln haben – und schließlich sind es die Muskeln, die den Sauerstoff brauchen, um den aeroben Stoffwechsel zu unterstützen.
Was ist ein guter VO2max-Wert?
Wie beim Abschnitt zuvor geschildert, ist die VO₂max abhängig von allerlei Faktoren. Die folgenden Tabellen, basierend auf Daten der Deutschen Berufsakademie Sport und Gesundheit, sollen daher nur eine Orientierung geben. Die Werte sind in der gängigen Einheit (ml/min/kg) angegeben.
Wie messe ich meinen VO2max-Wert?
Es gibt verschiedene praktische Messmethoden und theoretische Rechenmodelle, um die maximale Sauerstoffaufnahme zu bestimmen. Meist wird die VO₂max im Rahmen einer Leistungsdiagnostik gemessen, die auf einem Laufband oder Fahrradergometer durchgeführt wird. Für leistungsorientierte Läuferinnen und Läufer empfiehlt sich das Laufband, da die Belastung sportartspezifisch ist und anhand der Messwerte aussagekräftigere Analysen erstellt werden können. Um die VO₂max zu messen, ist eine Atemgasanalyse (Spiroergometrie) erforderlich. Hierfür bekommt der Sportler eine Atemgasmaske aufgesetzt, die das Atemvolumen misst. Um die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität zu erreichen, wird die Intensität – also die Geschwindigkeit – stufenweise bis zur vollen Ausbelastung erhöht.
Mittlerweile zeigen auch viele GPS- und Pulsuhren einen VO₂max-Wert an. Die Werte sind dabei Schätzungen, die mittels Algorithmen errechnet werden. Diese Schätzungen können der tatsächlichen maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit sehr nahekommen, aber auch deutlich abweichen. Um die Schätzgenauigkeit zu erhöhen, ist es wichtig, dass die Uhr deine Daten (Körpergröße, Alter, Körpergewicht) kennt und du möglichst mit einem Pulsgurt trainierst – Messfehler, die bei der optischen Herzfrequenzmessung immer wieder auftauchen, verfälschen die Bewertungsgrundlage. Logisch, denn wenn die Daten ungenau sind, kann auch das Ergebnis nicht stimmen.
Auch mithilfe eines Cooper-Tests ist es möglich, die VO₂max einzuschätzen, wobei auch hier Abweichungen von der tatsächlichen Sauerstoffaufnahmefähigkeit wahrscheinlich sind.
Warum sollten Läuferinnen und Läufer ihre VO₂max steigern?
An dieser Stelle sei ein kurzer Ausflug in unseren Energiestoffwechsel erlaubt. Für jede Kontraktion benötigen unsere Muskeln Energie, welche aus einer chemischen Reaktion entsteht. Bei geringer Belastung erfolgt diese hauptsächlich aus der Oxidation von Fetten, bei zunehmender Belastung wird der Kohlenhydratanteil (Glykogen) am Stoffwechsel immer größer. Das Stichwort Oxidation deutet bereits darauf hin, dass dieser Prozess mit Sauerstoff abläuft. Doch irgendwann gibt es eine Schwelle, an der wir über Lunge und Blutkreislauf nicht mehr so viel Sauerstoff aufnehmen können, wie wir eigentlich benötigen. Der Bereich unterhalb dieser Schwelle heißt aerob (mit Sauerstoff), der darüber anaerob (ohne Sauerstoff) – man spricht daher von der aerob-anaeroben Schwelle. Möglichst viel Sauerstoff verarbeiten zu können, ist also von enormer Bedeutung für unsere Leistungsfähigkeit.
Allerdings können wir die Intensität, bei der die maximale Sauerstoffaufnahme erreicht wird, nicht sehr lange (je nach Trainingszustand 30 bis 120 Sekunden) aufrechterhalten. Daher ist im Ausdauersport nicht nur entscheidend, wie hoch unsere VO2max ist, sondern auch, wie viel Prozent wir über welche Dauer abrufen können. Hier kommt die aerob-anaerobe Schwelle ins Spiel. Sie bezeichnet den Belastungsbereich, in dem das Sauerstoffangebot und der Sauerstoffverbrauch in den Körperzellen gerade noch ausgeglichen ist. Es ist die größtmögliche Belastungsintensität, die über einen längeren Zeitraum (30 bis 90 Minuten) aufrechterhalten werden kann. Je nach Trainingszustand entspricht sie einer Intensität von 60 bis 85 Prozent der VO2max. Je näher unsere aerob-anaerobe Schwelle an unserer VO2max ist – 80 Prozent sind besser als 60 Prozent – und je länger wir diese Intensität halten können – 90 Minuten sind besser als 60 Minuten –, desto besser. Es kommt also nicht nur darauf an, dass wir eine möglichst hohe VO2max haben, sondern dass wir den Sauerstoff auch möglich effizient nutzen.
Zudem sorgt eine hohe VO₂max dafür, dass ...
- … man sich generell besser fühlt und weniger gestresst is,
- … man die alltäglichen Herausforderungen, wie Treppensteigen, einfacher meistert,
- … man sein Risiko für koronare und kardiovaskuläre Herzkrankheiten senkt und
- … man die Alters-Uhr zurückdreht (das äußerliche und geistige Älterwerden verzögert sich)
Wie steigere ich meinen VO2max-Wert?
Da die maximale Sauerstoffaufnahme VO₂max ein wichtiger Indikator für die Leistungsfähigkeit im Ausdauersport ist, ist es für Läuferinnen und Läufer, die sich verbessern möchten, wichtig, ihre VO₂max zu trainieren. Wichtig: Es gibt nicht die eine Trainingsmethode oder -einheit, um die VO₂max zu erhöhen. Vielmehr empfehlen Trainerinnen und Sportwissenschaftler einen sogenannten bipolaren Trainingsaufbau. Dabei werden einerseits kurze und intensive, andererseits lange und ruhige Einheiten absolviert.
Kurze, intensive Belastungen
Schnelles Laufen, bei dem du während einer recht kurzen Dauer viel Sauerstoff aufnehmen musst, bildet einen Pol des Trainings ab. Dazu zählen zum einen kurze Sprints und längere Tempoläufe. Entscheidend ist die Belastungsintensität, die bei etwa 90 bis 100 Prozent der VO₂max liegen sollte.
- Sprints: mehrere (etwa 10 bis 15) maximale Belastungen über 20 bis 60 Sekunden, Pause: halbe bis volle Dauer der Belastung. Hinweis: Eine Studie, veröffentlicht im Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, hat herausgefunden, dass schon 10-sekündige Sprints einen positiven Effekt auf die Steigerung von VO₂max haben. Die Krux bei Sprints: Sie sind sehr intensiv und entsprechend belastend für den Bewegungsapparat. Wenn du Sprints nicht gewohnt bist, empfehlen wir daher eher die etwas längeren Tempoläufe, die schnell, aber kontrolliert gelaufen werden.
- Tempoläufe: 2 bis 4 Minuten Belastung, Pause: halbe bis volle Dauer der Belastung. Insgesamt solltest du bei einer VO2max-Intervalleinheit auf 12 (Einsteiger) bis 24 Minuten (Fortgeschrittene) Belastungszeit kommen. Das wären bei 3-minütigen Belastungen also vier bis acht Läufe.
Lange, ruhige Belastungen
Den zweiten Pol bilden langsame Dauerläufe, die mit einer geringen Intensität (55 bis 65 Prozent der VO₂max) absolviert werden sollten.
- Dauerläufe: mindestens 60-minütige bis mehrstündige Dauerläufe mit geringer Belastung
Um in den genannten Trainingsbereichen, die in Relation zu deiner VO₂max stehen, trainieren zu können, ist natürlich eine vorherige Ermittlung der VO₂max im Rahmen einer Leistungsdiagnostik nötig. Wer regelmäßig eine Leistungsdiagnostik absolviert, kann zudem feststellen, wie gut das Training wirkt.
Wer ohne vorherige Bestimmung seiner VO₂max ebenjene trainieren möchte, sollte darauf achten, dass wirklich bipolar trainiert wird – einerseits wirklich intensiv, andererseits wirklich locker. Mittlere Intensitäten, wie etwa ein zügiger Dauerlauf, sollten im Rahmen des VO₂max-Trainings vermieden werden.
Wichtig ist überdies, dass vom Gesamtumfang des wöchentlichen Trainings der Großteil ruhig trainiert wird und nur ein geringer Teil intensiv. Verbreitet ist dabei die 80/20-Methode, nach der du 80 Prozent deines Kilometerumfangs bei geringer Intensität und 20 Prozent bei hoher Intensität trainierst. Bei 50 Wochenkilometern läufst du also 40 Kilometer ruhig und 10 Kilometer intensiv.
Verbesserungen der VO2max treten bereits nach wenigen Wochen auf. Dabei gilt: Jemand, der bereits sehr fit ist, kann sich weniger stark und schnell verbessern als jemand, der weniger gut trainiert ist. Gleiches gilt für das Alter: Eine 25-Jährige hat größere Anpassungsreserven als eine 55-Jährige. Um das individuelle Maximum zu erreichen, sind viele Jahre konsistenten Trainings notwendig. Grundsätzlich ist die VO₂max zudem genetisch und physiologisch beschränkt und nicht endlos optimierbar.
Fazit: Die VO2max ist ein wichtiger Indikator für Leistungsfähigkeit und Gesundheit
Die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max) ist zu Recht ein beliebtes Gesprächsthema unter Läuferinnen und Läufern. Je höher der Wert, der am besten mittels einer Leistungsdiagnostik ermittelt werden kann, desto besser steht es um die individuelle Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Zwar ist die VO2max abhängig von Geschlecht, Alter und Genetik, aber mit dem richtigen Training kann man die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff aufzunehmen, deutlich steigern.