Der aus Amerika stammende Begriff „Longevity“ (Langlebigkeit) ist heute in aller Munde. Es gibt sogar schon einen Forschungszweig dazu. Es ist ein eigenständiger Forschungszweig innerhalb der Biowissenschaften und der Medizin, der sich mit den biologischen, genetischen und lebensstilbedingten Faktoren beschäftigt, die das Altern beeinflussen. Bewegung, Sport und Ernährung spielen bei dieser Forschung eine wesentliche Rolle. Mit dem Ziel, Methoden zu finden und Empfehlungen zu geben, wie gesunde Lebensjahre verlängert werden können.
Sicher hast du auch schon mal darüber gelesen, wie effektiv Sport als Gesundheitsprophylaxe wirkt und wie vielen Krankheiten du durch Laufen vorbeugen kannst. Aber der Sport hat darüber hinaus auch einen entscheidenden Einfluss auf unsere Lebenserwartung. Zu diesem Ergebnis kamen Langzeitstudien aus Amerika. Die Wissenschaftsteams waren verblüfft, wie stark sich dieser Vorteil auswirkt, sogar bei spätberufenen Sporteinsteigern. Im Folgenden bekommst du einen Überblick über die Studienlage und Tipps für dein Training.
Wie beeinflusst Laufen die Lebenserwartung laut aktueller Forschung?
Vor allem Joggen schnitt bei den gesunden Sportarten gut ab. Läuferinnen und Läufer leben länger als Unsportliche, stellten amerikanische Langzeitstudien fest. Bei den Studienteilnehmenden, die regelmäßig liefen, setzten körperliche Beschwerden im Durchschnitt deutlich später ein als bei den unsportlichen Kontrollgruppen. Im Schnitt erkrankten routinierte Läuferinnen und Läufer rund 15 Jahre später als unsportliche Menschen. Auch die Sterberate beeinflusste Sport stark: Bei den unsportlichen Teilnehmenden starben in den langen Beobachtungszeiträumen (oft 20 bis 30 Jahre) doppelt so viele wie bei den Sportlichen. Dies lag nicht zuletzt daran, dass die Sportlichen deutlich weniger krankheitsanfällig waren.
Diese drei entscheidenden Vorteile haben Sportler gegenüber Unsportlichen:
- Sportler leben länger (bis zu 16 Jahre länger im Vergleich zu Nichtsportlern).
- Sportler haben eine stabilere Gesundheit bis ins hohe Alter: Sie sind weniger anfällig für Erkrankungen.
- Sportler senken das Risiko, frühzeitig zu versterben, durch regelmäßigen Sport um ca. 30 Prozent.
Die wichtigsten wissenschaftlichen Studien im Überblick
Aussagekräftige Untersuchungen über den Zusammenhang von Sport und Langlebigkeit sind selbstredend nur Langzeitstudien, die unterschiedliche Gruppen über Jahrzehnte hinweg beobachten.
Die Langzeitstudien zum Einfluss von Sport auf die Lebenserwartung wurden vor allem in den USA gemacht. Eine vielzitierte amerikanische Studie stammt von einem Team an Forschern der Harvard T. H. Chan School of Public Health (Boston).
Die Ergebnisse dieser Langzeitstudie aus Boston: Schon 20 Minuten Sport am Tag können das Leben deutlich verlängern. Wer 30 bis 40 Minuten am Tag verschiedene Sportarten betreibt, ist besonders gut dran. Wer sich weniger Zeit nimmt (beispielsweise durchschnittlich nur zehn Minuten pro Tag), kann dennoch gute Werte erreichen, sollte aber dafür intensiver trainieren. Die Forscher beobachteten die Bewegungsgewohnheiten von insgesamt über 116.000 Menschen 30 Jahre lang. Sie verglichen anhand dieser Gewohnheiten das Risiko, während der Studie an einer beliebigen Krankheit zu sterben. Insgesamt starben während der Studie über 47.000 Teilnehmende. Die Forschenden verglichen verschiedene Aktivitäten miteinander: nicht nur Joggen, sondern auch Spazierengehen, Gewichtheben, Training mit dem eigenen Körpergewicht sowie weitere Ausdauersportarten wie Radfahren, Schwimmen und Aerobic. Auch Yoga und Tanzen wurden erwähnt. Laut Studie ist der entscheidende Faktor die Regelmäßigkeit: Nur wer regelmäßig über Jahre hinweg Sport treibt, profitiert von dem Vorteil, sein Leben dadurch zu verlängern. Dabei scheint die Sportart nicht so wichtig zu sein.
Späteinsteiger profitieren genauso
Eine ebenfalls großangelegte Studie mit rund 315.000 amerikanischen Teilnehmenden aus den 90er Jahren (Diet and Health Study, National Institutes of Health-AARP), deren Daten bis Ende 2011 analysiert wurden, kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Regelmäßiger moderater bis intensiver Sport steigerte die Überlebenswahrscheinlichkeit laut Studie stark. Das galt auch für Studienteilnehmer, die erst im Alter zwischen 40 und 60 Jahren mit Sport anfingen. Spätzünder sollten sich anfangs aber nicht überfordern, sondern beim Training auf ihr Gefühl hören.
Eine weitere kleinere amerikanische Studie ist die der Standford University speziell mit Läufern, die 1984 startete. Über einen Zeitraum von 24 Jahren verglich das Forscherteam 538 Jogger, die zu Beginn der Studie alle bereits 50 Jahre und älter waren, mit einer Gruppe Menschen ähnlichen Alters, die nicht regelmäßig liefen.
Es lohnt sich also immer, mit dem Laufen zu beginnen. Wer in der Lebensmitte damit anfängt, hat der Studienlage zufolge ebenfalls die Chance, seine Gesundheit und sein Wohlbefinden deutlich zu steigern und lange zu erhalten.
Wie stark verlängert regelmäßiges Joggen das Leben?
Einen Kurzüberblick über die Ergebnisse und Tipps, die aus den genannten Studien zum Themenbereich „Sport, Lebensstil, Gesundheit und Lebenserwartung“ hervorgingen, haben wir in folgenden acht Punkten zusammengefasst. Hier finden sich einige Ergebnisse der Langzeitstudien, die sämtliche Sportarten untersuchten, aber auch der Studie der Stanford University und einer Studie aus Boston (Brigham and Women’s Hospital). Die beiden Letzteren untersuchten ausschließlich Läuferinnen und Läufer:
Länge und Häufigkeit des Trainings
Wer sich fünf bis zehn Stunden pro Woche moderat bewegte (wie z. B. lockeres Joggen), hatte eine bis zu 30 Prozent geringere Sterbewahrscheinlichkeit im Vergleich zu wenig sportlichen Menschen.
Halb so viel ist auch schon top
Wer halb so viel Sport trieb, also zweieinhalb bis fünf Stunden die Woche, reduzierte sein Sterberisiko (während des Studienzeitraums) um rund 20 Prozent im Vergleich zu Nichtsportlichen.
Regelmäßigkeit ist wichtiger als die Sportart und Intensität
Die Sportart ist laut der Harvard T. H. Chan School of Public Health-Langzeitstudie nicht so wichtig wie deren konsequente Durchführung. Auch zügiges Spazierengehen zeigte schon eine Wirkung. Fürs Laufen gilt: Lieber regelmäßig mehrmals in der Woche 30 bis 40 Minuten joggen mit maximal zwei Tagen Pause dazwischen als nur ein- bis zweimal die Woche knallhart oder stundenlang am Stück.
Hochintensives, umfangreiches Marathon-Training schadet nicht, bringt aber auch keinen Zusatznutzen
Wer noch mehr und intensiver trainierte (sechs bis zehn Stunden pro Woche, teilweise hochintensiv) hatte weder einen weiteren Vorteil im Vergleich zu fünf Stunden pro Woche moderaten Trainings noch einen Nachteil (wie dies zuvor eine kanadische Studie nahegelegt hatte, deren Ergebnisse darauf hindeuteten, dass hochintensives Marathon- und Triathlon-Training das Risiko von Herzerkrankungen erhöhen kann).
Läufer halten ihren Körper länger jung und gesund
Am Ende der Untersuchung hatten zwar genauso viele Läufer wie Nicht-Läufer körperliche Probleme, aber bei den Joggern setzten die Beschwerden im Durchschnitt erst 16 Jahre später ein als bei den Unsportlichen.
Stark verringertes Sterberisiko
Die Jogger blieben nicht nur länger gesund, sie starben auch seltener eines frühen Todes. Nach rund 20 Jahren waren 15 Prozent der Läufer gestorben, bei der eher unsportlichen Vergleichsgruppe waren zu diesem Zeitpunkt aber schon 34 Prozent tot. Durchschnittlich liefen die Jogger zu Beginn der Studie (1984) rund vier Stunden pro Woche. Gegen Ende der Studienzeit, als viele der Teilnehmenden im fortgeschrittenen Alter von 70 bis 80 Jahren waren, kamen sie noch auf zirka eine Stunde und 15 Minuten Training wöchentlich.
Läufer pflegen generell einen bewussteren Lebensstil
Den Forschern zufolge achten Läuferinnen und Läufer besser auf ihre Ernährung und Gesundheit, sie pflegen häufiger einen ganzheitlich gesunden Lebensstil.
Es ist nie zu spät!
Eine groß angelegte mehrjährige Studie in Boston (Brigham and Women’s Hospital) mit rund 18.000 über 70-jährigen Frauen kam zu dem Ergebnis, dass auch über 70-jährige Frauen mit Training ihre Lebenserwartung noch steigern können. Die Seniorinnen, die am häufigsten und intensivsten trainieren, schnitten dabei am besten ab.
Warum Laufen den Körper jung und gesund hält
„Sitzen ist das neue Rauchen“, kennst du diesen Spruch? Während Rauchen durch Verbote in vielen Bereichen aus der Öffentlichkeit verschwunden ist, haben sich unsere Sitzzeiten in den vergangenen Jahrzehnten noch einmal stark verlängert. Aber zu viel Sitzen ist eben auch Gift für den Körper. Deshalb geben Medizinerinnen und Mediziner auf der oben genannten Studienlage basierend Empfehlungen, stundenlanges Sitzen gezielt mit Sport zu kompensieren, um Erkrankungen vorzubeugen. Das Laufen ist dabei oft an erster Stelle. Viele Mediziner raten zu einem Laufeinstieg, weil das Laufen eine recht einfache, nicht technische Sportart ist. Jede und jeder kann es erlernen und damit schnell gesunde Ziele erreichen, wie zum Beispiel eine bessere Ausdauer und Gewichtsabnahme.
Fünf Stunden Sport pro Woche sind erforderlich, um acht Stunden Sitzen pro Tag auszugleichen, zu diesem Ergebnis kam eine weitere Studie. Ohne diesen Ausgleich steige das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei sitzendem Alltag um 80 Prozent (fasst das Deutsche Ärzteblatt 2019 die Studienlage zusammen). Wer drei bis fünf Stunden pro Woche läuft und in seinen Trainingsalltag zudem noch ein bis zwei Stunden pro Woche Abwechslung mit Krafttraining sowie Alternativsport einbaut, hat einen optimalen Ausgleich zum Büroalltag.
Wenn du mindestens dreimal pro Woche 45 Minuten oder länger am Stück läufst, bleibst du nicht nur länger gesund und fit, sondern siehst auch länger jung aus, denn mit diesem Training aktivierst du das Enzym Telomerase, das sich verjüngend auswirkt. Du kannst deine Zellen also mithilfe von Joggen verjüngen!
Wie oft und wie intensiv sollte ich laufen, um länger zu leben?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt konkrete Empfehlungen, die auf der Studienlage fußen. Sie gibt folgende Tipps zur körperlichen Bewegung, wobei sie keine spezielle Sportart hervorhebt: mindestens zweieinhalb Stunden moderates Training oder 75 Minuten intensives Training pro Woche, beides kann gemischt werden. Zudem sollten an mindestens zwei Tagen pro Woche Krafttraining sowie Dehnübungen eingebaut werden. Wer noch mehr Sport macht, steht laut amerikanischen Langzeitstudien sogar noch besser da.
Wer die Zeit aufbringen kann, in seinem Alltag fünf Stunden Sport pro Woche unterzubringen, sollte das tun! Mehr ist noch besser. Wichtig ist aber, dass das Laufen ein Ausgleich zum Alltag bleibt, also nicht zum weiteren Stressfaktor wird. Diese Komponente ist sehr individuell: Während die eine Läuferin am liebsten zehn Stunden Sport pro Woche macht, kann das für andere Läufer Stress bedeuten.
3 häufige Fragen zur Lebenserwartung
Die Ernährung ist neben Bewegung und Sport der Hauptfaktor für ein gesundes und langes Leben. Ein bewusster, pflanzenbetonter Ernährungsstil senkt das Risiko für chronische Krankheiten und erhöht die Aussicht auf ein langes Leben. Eine Ernährung mit viel pflanzlicher Kost, wenig Zucker und Alkohol und einem an die Bewegung und Lebensumstände angepassten Kalorienkonsum kann die Lebenserwartung stark verlängern, insbesondere wenn man zudem noch Sport treibt und auch sonst einen gesunden Lebensstil pflegt.
Fast, aber nicht ganz. Tägliches Gehen kann ähnlich gute Effekte wie Joggen haben – wenn es zügig und regelmäßig gemacht wird. Joggen ist aber deutlich intensiver und bringt daher schnellere Ergebnisse. Wer aber nicht joggen kann, ist auch mit Spazierengehen gut bedient. Denn täglich eine halbe bis volle Stunde richtig zügig zu gehen, kann gesundheitlich nahezu denselben Effekt haben wie ganz lockeres, moderates Jogging.
Ja, die gibt es bezüglich der gesundheitlichen Effekte von Gehen und Joggen. Diese Unterschiede beruhen auf biologischen Faktoren wie Muskelmasse, Hormonhaushalt und Herz-Kreislauf-System. Männer haben im Durchschnitt mehr Muskelmasse und eine höhere maximale Sauerstoffaufnahme (VO₂max). Frauen haben meistens eine höhere Ruheherzfrequenz, und es ist für die jüngeren unter ihnen empfehlenswert, zyklusorientiert zu trainieren. Lauftraining bringt natürlich beiden Geschlechtern starke Vorteile, aber die optimale Intensität hängt von den genannten biologischen Faktoren plus individuellen Voraussetzungen wie Fitnesslevel und Alter ab. Am besten ist eine Kombination von Gehen und Laufen: regelmäßiges Gehen für den Alltag und die Grundfitness und Laufen in der Freizeit (mit verschiedenen Trainingselementen, darunter auch Tempoeinheiten).
Diese Krankheitsrisiken reduziert regelmäßiges Laufen besonders
Wer regelmäßig über Jahre hinweg läuft, hat viele Vorteile und beugt mit seinem Training etlichen Krankheiten vor. Wir fassen hier einige zusammen:
- Laufen reduziert Stress und stärkt die Immunabwehr.
- Laufen ist die beste Prävention gegen Bluthochdruck (es versorgt unseren Körper mit Sauerstoff und weitet die Blutgefäße, damit unser Körper ideal durchblutet wird und der Sauerstofftransport besser funktioniert).
- Laufen stärkt unser Herz.
- Laufen stärkt zudem die Darm- und Lungenfunktion: Wer regelmäßig läuft, bildet mehr Lungenbläschen, so kann der Körper besser mit Sauerstoff versorgt werden; der Stoffwechsel wird angekurbelt: Läuferinnen und Läufer verdauen leichter.
- Laufen hellt die Stimmung auf, denn dabei werden Glücksstoffe produziert: Es kann wie ein Antidepressiva wirken. Deshalb wird Lauftraining auch als Therapieform bei Depressionen und Suchterkrankungen eingesetzt.
- Laufen trainiert das Gehirn: Es fördert die Konzentration und das räumliche Denken. Durch regelmäßiges Laufen entstehen neue Verknüpfungen im Gehirn, auch im Alter scheint das noch zu funktionieren (dies belegen einige Studien aus Amerika und mittlerweile gibt es dazu auch Studien in Deutschland).
- Regelmäßig betriebener Sport kann helfen, das Risiko für Krebserkrankungen zu senken, weil dadurch die Immunabwehr gestärkt wird.
Stressabbau und psychische Gesundheit: Die Auswirkungen vom Laufen
Jogging reduziert Stress, denn es wirkt sich auf unseren Stresshormon-Haushalt positiv aus. Es beeinflusst die Hormone Adrenalin und Noradrenalin, aber vor allem das Cortisol (auch als Stresshormon bekannt) und bringt den Hormonhaushalt wieder in die richtige Balance, weil stressabbauende Hormone produziert werden und wir uns dadurch besser entspannen können. Die Produktion von Glücksstoffen steigt, im Gegenzug sinken Blutzucker, Blutfette und der Cortisolspiegel. Das Laufen fördert Schlaf und Regeneration sowie Konzentration.
Wichtig sind das richtige Maß beim Lauftraining und die Anpassung der Ziele an das Alter: Wer schon einen stressigen Alltag hat, sollte sich nicht noch zusätzlich mit dem Laufen oder Zielzeiten Stress machen, sondern ein lockeres Training ohne ehrgeizige Ziele für Wettkämpfe wählen. Denn nur so verschafft uns der Sport einen schönen Ausgleich zum Alltag. Das gilt auch fürs zufriedene Altern: Wer sein Lauftraining und seine Ziele dem Alter anpasst, hat die besten Chancen, ein zufriedener Lebensläufer bzw. eine glückliche Lebensläuferin zu werden!





