Beim diesjährigen UTMB lief Mathieu Blanchard im S/LAB Genesis auf den zweiten Platz. Dass der Salomon-Athlet bei dem rund 170 Kilometer langen Trailwettkampf rund um das Mont-Blanc-Massiv dieses neue Trailschuhmodell gewählt hat, deutet schon darauf hin, für welche Art von Rennen der Genesis konzipiert wurde: lange, ruppige Trailläufe, bei denen Komfort und Schutz essenziell sind. Was den Schuh auszeichnet, verraten wir in diesem Testbericht.
Reißfestes Obermaterial
„Ist der Schuh wasserdicht?“, fragte ein Testläufer, als er den Salomon S/LAB Genesis zum ersten Mal aus dem Schuhkarton holte. Die ungewöhnliche Oberflächenstruktur des Obermaterials machte ihn stutzig. Die Antwort ist: Nein, der Genesis ist nicht wasserdicht, dafür äußerst robust. Dafür sorgen Aramidfasern, die die meisten von uns wohl eher unter dem Namen Kevlar kennen. Sie machen Westen kugelsicher und Handschuhe schnittsicher. Im Falle des Genesis sind sie mit dem Obermaterial verwebt und sorgen für hohe Reißfestigkeit, viel Stabilität und vermutlich auch eine lange Lebensdauer.
Schmale Passform
Gleichzeitig ist das Obermaterial durch die Aramidfasern weniger dehnfähig. Das sollte man bedenken, denn wie man es von anderen S/LAB-Modellen kennt, ist die Passform eher schmal – wer breite Füße hat oder einfach gerne viel Platz für die Zehen wünscht, wird sich sicherlich eingeengt fühlen. Bei allen anderen schmiegt sich der Schuh angenehm um den Fuß. Dank des sockenähnlichen Schafts hält der Schuh auch schon, bevor man das Schnellschnürsystem festgezurrt hat. Mit einem simplen Ziehen an den „Quicklaces“ sitzt der Schuh dann wirklich fest um den Fuß, sodass man selbst bei den steilsten An- und Abstiegen weder vor- noch zurückrutscht. Wie man es von Salomon kennt, gibt es eine Schnürsenkeltasche im oberen Bereich der Zunge.

Übrigens ist das Obermaterial trotz der Aramidfasern nicht hart oder steif. Schon beim Hineinschlüpfen fühlt man sich wohl. Der Schuhkragen ist als integrierte Gamasche gestaltet, die weich um den Knöchel liegt und nicht drückt oder reibt. Im Inneren ist der Schuh im Bereich der Ferse und der Zunge angenehm gepolstert.

Für den nötigen Schutz vor Steinen und Wurzeln sorgt eine umlaufende Gummierung auf dem Obermaterial, die im Rückfußbereich quasi die Fersenkappe bildet. Der Fersenbereich ist keineswegs steif, hält den Fuß aber sicher und schlupffrei im Schuh.
Dicke Mittelsohle
Im Vergleich zu den beinahe ikonischen „S/LAB Sense“-Modellen ist der Genesis recht hoch gebaut. Ein Hinweis darauf, dass auch Salomon mehr und mehr von den minimalistischen zu den eher komfortorientieren Wettkampfschuhen tendiert. Immerhin 30 Millimeter dick ist die „Energy Surge“-Mittelsohle unter der Ferse. Unter dem Vorfuß ist sie 22 Millimeter stark. Entsprechend beträgt die Sprengung 8 Millimeter. Die Dämpfungseigenschaften sind hoch, auch wenn sich der Trailrunningschuh nicht superweich anfühlt. Und auch wenn man vom Untergrund nicht viel mitbekommt, hat man dennoch das Gefühl, stets die Kontrolle zu haben.
Bei der Konstruktion des S/LAB Genesis fällt die vorne und hinten stark aufgebogene Sohle auf. Dennoch kann man den Schuh nicht in die Rocker-Kategorie einordnen, denn unter dem Mittelfuß ist die Sohle leicht nach oben gebogen. Von dieser Welle spürt man beim Laufen zum Glück nichts. Der Schuh rollt stets angenehm flüssig ab. Generell ist die Mittelsohle gerade im Vorfußbereich für einen so hohen Trailschuh überraschend flexibel.
„Mir gefällt, dass sich der Schuh bei hohem Tempo genauso gut anfühlt wie beim langsamen“, urteilt ein Testläufer. Komfort und Dynamik schließen sich beim S/LAB Genesis definitiv nicht aus. Hierbei spielt auch das geringe Gewicht eine wichtige Rolle. Salomon gibt für das Unisex-Modell 258 Gramm an. Wir haben den Schuh in Größe US 10/EU 44 mit 280 Gramm nachgewogen, was für einen Trailschuh mit einer so dicken Mittelsohle wirklich nicht zu viel ist. Klar, für die ganz kurzen, ganz schnellen Rennen gibt es leichtere Modelle, aber der S/LAB Genesis bietet eben auch deutlich mehr Komfort und Schutz, ohne sich dabei auch nur annähernd wie ein steifer Berg- oder Wanderstiefel anzufühlen.
Viel Führung

Zu erwähnen sind noch die beiden hochgezogenen Elemente auf der Innen- und Außenseite der Mittelsohle. Was aussieht wie klassische Stabilitätselemente, greift in Wahrheit nicht spürbar in die Abrollbewegung ein. Vielmehr umschließen die beiden Elemente die Ferse von unten wie eine Klammer und sorgen dafür, dass der gesamte Rückfuß ein Stück weit geführt und sicher gehalten wird. Vor allem auf langen Distanzen spielt diese Konstruktion sicherlich ihre Stärken aus.
Grobes Profil

Zu beanstanden gibt es beim S/LAB Genesis eigentlich nur eine Sache: Die „Contagrip“-Gummimischung in der Außensohle, die auch bei vielen anderen Salomon-Modellen Verwendung findet, mag keine Feuchtigkeit. Schlamm ist kein Problem, was am eher groben Profil – die Stollen sind 4,5 Millimeter hoch – liegt. Aber auf nassen Steinen oder Wurzeln, wo das Profil weniger entscheidend ist als die Gummimischung, vermittelt die Außensohle einfach keinen sicheren Laufeindruck. Bei trockenen Bedingungen kommt man mit dem Schuh aber sowohl auf Forstwegen als auch im Geröll sehr gut zurecht. Auch bei Passagen auf Asphalt fällt die Außensohle nicht durch Schwammigkeit auf.
Fazit
Der Salomon S/LAB Genesis ist ein Trailschuh, der für kürzere, schnelle Läufe genug Dynamik mitbringt, seine Stärken in Form von Komfort und Schutz aber definitiv auf längeren Läufen durchs Gelände bishin zu Ultratrails ausspielt. Im Vergleich zum ebenfalls sehr gut getesteten Salomon Pulsar Trail ist der S/LAB Genesis rund 20 Gramm leichter und weniger weich gedämpft, bietet aber dennoch mehr Stabilität und Reserven für die langen Abenteuer in den Bergen.
Die wichtigsten Zahlen zum Salomon S/LAB Genesis
Kategorie: neutraler Traillaufschuh
Gewicht: 280 Gramm (Männer: US 10/EU 44)
Sprengung: 8 Millimeter
UVP: 190 Euro
Derzeit hat Salomon wie viele andere Hersteller auch mit Lieferengpässen zu kämpfen, weshalb der S/LAB Genesis online fast überall ausverkauft ist. Aber schauen Sie doch mal im Laufladen Ihres Vertrauens vorbei – dort könnte es den Genesis oder ein vergleichbares Modell wie den The North Face Vectiv Enduris II noch geben.