Hyperoxisches Training ist Training unter erhöhter Sauerstoffzufuhr. Kann das schneller machen? Wenn wir an variable Sauerstofflevel während des Trainings denken, haben wir zuerst einmal Höhentraining im Kopf. Der Körper soll daran gewöhnt werden, mit weniger Sauerstoff auszukommen, damit er effizienter mit dem vorhandenen Sauerstoff umgeht. Eine andere gerade diskutierte Methode ist das hyperoxische Training. Dabei trägt der Läufer eine Sauerstoffmaske, die ihn mit mehr Sauerstoff versorgt, als wenn er normal atmen würde. Damit kann er – so die Theorie – schneller und länger laufen bis zur Ermüdung.
Kann das funktionieren? Ich bin erstmal skeptisch. Wissenschaftler und Trainer untersuchen hyperoxisches Training schon seit Jahrzehnten (eigentlich sogar länger, denn Roger Bannister veröffentlichte bereits in den 1950ern eine ausführliche Studie zu diesem Thema, bevor er die Meile zum ersten Mal in vier Minuten lief). Bannisters Ergebnisse zeigen, dass man mit zusätzlich eingeatmetem Sauerstoff schneller und weiter laufen kann. Bei einem Versuch auf dem Laufband lief Bannister mit einem Tempo von 10 km/h und einer 14-prozentigen Steigung. Bei normalem Sauerstofflevel (21 %) lief er 8:45 Minuten bis zur Erschöpfung. Bei einem Sauerstoffanteil von 66 Prozent rannte er doppelt so weit ohne gänzlich erschöpft zu sein.
Kann man auch ohne Sauerstoffmaske Erfolge erzielen?
Die Frage nun ist: Kann man durch dieses Training auch ohne Sauerstoffmaske schneller laufen? Solche Trainingseffekte werden allerdings anscheinend durch keine wirklich gute und vernünftig durchgeführte Untersuchung belegt.
Ein Problem des hyperoxischen Trainings ist auch die Durchführbarkeit. Es funktioniert gut auf einem Heimtrainer oder Laufband, allerdings sind beides keine optimalen Trainingsbedingungen. Forscher der University of Western Australia hingegen ließen Läufer ein Intervalltraining absolvieren und versorgten eine Gruppe in den Pausen mit zusätzlichem Sauerstoff. Alle Läufer mussten 10 x 3:00 min mit 85 % VO2max laufen und hatten Pausen von 1:30 min.
Wie erwartet, normalisierte sich die Sauerstoffsättigung im Blut bei der Sauerstoffgruppe schneller als bei Vergleichsgruppe. (Normalerweise fällt die Sauerstoffsättigung während eines harten Intervalltrainings um 8-13 %.) Allerdings führte das nicht zwangsläufig zu besseren Leistungen. Insbesondere sollte bei der Untersuchung herausgefunden werden, ob die Sauerstoffzufuhr Entzündungen und oxidativen Stress nach dem Training reduzieren kann. Das Diagramm zeigt die Konzentration von Interleukin-6, welches die Entzündungsreaktionen im Körper reguliert (pg/ml = Pikogramm pro Milliliter).

Ergebnis: Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppe. Das gleiche wurde bei dem Marker für oxidativen Stress festgestellt.
Noch ist dieses Gebiet nicht gut genug untersucht
Wir müssen also festhalten, dass wir noch nichts wirklich Aussagekräftiges über hyperoxisches Training wissen. Im Gegensatz zu einigen Trainingsmitteln, die wirklich Schwindel sind (z. B. Powerarmbänder), hat zusätzlicher Sauerstoff offensichtlich echte und signifikante psychologische Auswirkungen. Die eigentliche Frage ist, ob es ein brauchbares Trainingsmittel ist und wenn ja, wie genau es angewendet werden soll. Letzten Endes kann man ja durch bergab rennen auch schneller laufen, aber trotzdem ist es noch lang keine revolutionäre Trainingsmethode.