Ich erinnere mich noch, wie ich beim Hamburg-Halbmarathon so ab Kilometer 15 ständig dachte: „Wow, das ist noch ganz schön weit, und wow, ich bin schon ganz schön fertig.“ Diese Gedanken führen dann nicht dazu, dass man das Wettkampftempo hochhalten kann, sondern dazu, dass einem alles noch viel anstrengender vorkommt – und man im Endeffekt langsamer wird.
Wie kann man also die Gedanken beim Laufen stärker steuern? In Wochen acht des Halbmarathon-Trainings – genau einen Monat vor dem Brooklyn-Greenway-Half – habe ich nach Tipps gesucht.
1. Assoziiern und Dissoziieren
In der Psychologie unterscheidet man zwischen assoziierenden (verknüpfenden) und dissoziierenden (trennenden) Mentalstrategien. Konzentriert man sich etwa auf den eigenen Körper, auf die Schritte, Haltung und Atmung, dann verfolgt man eine assoziierende Strategie – man ist ganz bei sich. Lenkt man sich eher vom eigenen Körper und der Anstrengung ab, arbeitet man dissoziierend. Das geht zum Beispiel über Musik, die Wiederholung von Mantras oder durch Konzentration auf die Zuschauer.
Mehr dazu kann man hier lesen: Mentalstrategien für Läufer
2. Sich selbst positiv zureden
„Zuerst gibt immer der Kopf auf“, schreibt Mentalcoach Wolfgang Seidl auf dem Blog Marathon Vorbereitung. „In schwierigen Situationen schlagen zuerst die Selbstgespräche ins Negative um (z.B. „Ich kann nicht mehr“ oder „Ich schaffe das nicht“) bevor du körperlich einen Gang zurückschaltest oder sogar aufgibst“, beschreibt er. Die Lösung ist, diese negativen Gedanken in positive umzuwandeln: Satt zu vor dem Start Angst vor der harten Belastung und den Schmerzen zu haben, lieber die Herausforderung annehmen und sich auf das Ziel freuen. Satt sich an der Startlinie zu fragen, ob man wirklich genug trainiert hat und mit den anderen Läufern mithalten kann, lieber auf sich selbst konzentrieren und keine Zweifel-Spirale zulassen.
Den ganzen Beitrag gibt es hier: Warum Selbstgespräche im Wettkampf hilfreich sein können
3. Positive Bilder hervorrufen
Ganz ähnlich lautet auch der Tipp von Coach Christian, der es als mehrfacher Ironman-Finisher wissen muss: "Während des Halbmarathons wird definitiv der Punkt kommen, an dem es hart wird und schmerzt. Es gilt dann, über diesen Punkt der Erschöpfung hinwegzulaufen. Und da hilf es enorm, sich positive Bilder in den Kopf zu rufen." Das bedeutet, man sucht sich Fixpunkte, die eine positive Grundhaltung hervorrufen. Zum Beispiel das Finisher-Bier hinter der Ziellinie oder wie toll es eigentlich ist, dass man überhaupt an den Start gehen kann. "Man muss versuchen, den Schmerz zu ignorieren und mit einer positiven Erfahrung zu ersetzen." Er betont aber auch, dass das eine Übungssache ist und vor dem Rennen im Wettkampf geübt werden sollte.
4. Szenarien durchdenken
Indem man sich vorher überlegt, was alles schiefgehen könnte, nimmt man realen Problemen den Wind aus den Segeln. Und wenn man auch schon die Lösungen für die einzelnen Situationen nachgedacht hat, kann man mit einem guten Gefühl starten. Situation: Die Wunschzeit gerät außer ReichweiteReaktion: Versuchen, den Lauf zu genießen und die Zielzeit etwas zurückzustecken.
Situation: Die Wunschzeit gerät außer Reichweite
Reaktion: Versuchen, den Lauf zu genießen und die Zielzeit etwas zurückzustecken.
Situation: Müdigkeit, schwere Beine
Reaktion: Von Abschnitt zu Abschnitt (Verpflegungsstation, Kilometermarkierung) denken und an das eigene Training erinnern
Diesen und weitere Tipps sind hier nachzulesen: Mentale Wettkampfvorbereitung
5. Dran denken: Durststrecken gehen vorbei
Wer bereits häufiger Wettkämpfe gelaufen ist, weiß, dass es zwischendurch schlechte Phasen gibt. Die halten aber nicht ewig. Wenn man daran denkt, dass das Gefühl der Erschöpfung auch wieder vorbeigeht, hilft das durch die schwierigen Phasen. Der Körper kommt wieder hoch, wenn er merkt, dass er muss.
Dieser Tipp stammt aus dem Runner’s Guide von foodspring, mit dem ich mich auf den Halbmarathon in New York vorbereite. Das Buch hat ein ganzes Kapitel mit vielen praktischen Tipps zum richtigen Mind-Set vor dem Wettkampf auf Lager.