„Eat the rainbow“ lautet ein bekannter Satz, wenn es um das Thema gesunde Ernährung geht. Doch so ein bunter Teller sieht nicht nur hübsch aus, sondern kann uns auch helfen, schneller und länger zu laufen. Verantwortlich dafür sind sekundäre Pflanzenstoffe. In diesem Artikel werfen wir einen Blick darauf, wie die bunten Pflanzenbestandteile unseren Körper unterstützen und warum sie für Läuferinnen und Läufer so wertvoll sind.
Was sind sekundäre Pflanzenstoffe?
Sekundäre Pflanzenstoffe entstehen im Stoffwechsel von Pflanzen während des Wachstums. Sie gehören nicht zu den für uns essenziellen Nährstoffen, und dennoch nehmen wir sie jeden Tag mit unserer Nahrung auf – und das ist auch wichtig. Denn die chemischen Verbindungen, welche im Sekundärstoffwechsel von Pflanzen entstehen, üben viele positive Einflüsse auf diverse Stoffwechselprozesse in unserem Körper aus. Damit können sie unsere Gesundheit unterstützen und sogar unser Erkrankungsrisiko für Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.
Bislang sind etwa 100.000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe bekannt, von denen ca. 5.000 bis 10.000 in der menschlichen Ernährung vorkommen. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung können sie in 10 Gruppen eingeteilt werden:
- Polyphenole
- Phytoöstrogene
- Carotinoide
- Glucosinolate
- Sulfide
- Monoterpene
- Sapoine
- Protease-Inhibitoren
- Phytosterine
- Lektine
Weitere sekundäre Pflanzenstoffe sind Chlorophyll und Phytinsäure. Diese lassen sich jedoch keiner der Gruppen zuordnen.
Innerhalb einer ausgewogenen Ernährung nehmen wir ca. 1,5 Gramm sekundäre Pflanzenstoffe täglich auf. Bei Vegetariern und Veganerinnen ist dieser Anteil deutlich höher. Allgemeine Zufuhrempfehlungen für die Menge sekundärer Pflanzenstoffe gibt es bislang nicht. Zwar nimmt die Forschung an ihrer potenziell gesundheitlichen Wirkung in den letzten Jahren stark zu, genaue Wirkmengen sind aber noch nicht bekannt.
In welchen Lebensmitteln sind die meisten sekundären Pflanzenstoffe?
Wie der Name bereits verrät, stecken sekundäre Pflanzenstoffe ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln. Die Pflanzen produzieren sie als Abwehrstoffe gegen Fressfeinde oder mikrobielle Angriffe. Außerdem können sie als Wachstumsregulatoren wirken. Sie stecken vor allem in Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Getreide oder Nüssen und Samen. Die folgende Tabelle zeigt dir, welche Gruppen in den jeweiligen Lebensmitteln vorkommen:
Quelle: DGE
TippWelcher Stoff in den Lebensmitteln enthalten ist, kannst du auch an der Farbe des Lebensmittels erkennen. Carotinoide befinden sich in allem, was gelb/orange bis rot ist, Chlorophyll färbt Obst und Gemüse grün, Polyphenole, genauer Anthocyane, sorgt für eine blaue Farbe und schwefelhaltige Verbindungen machen Lebensmittel beige (Zwiebeln, Knoblauch).
Die Bioverfügbarkeit sekundärer Pflanzenstoffe ist je nach Gruppe sehr unterschiedlich. Sapoine und Phytosterole werden beispielweise nur schwer vom Körper aufgenommen, wohingegen Glucosinolate, Monoterpene oder Phytoöstrogene eine hohe Bioverfügbarkeit aufweisen. Wie immer spielt hier auch die Zubereitung eine Rolle: Carotinoide aus unerhitzten Lebensmitteln (rohe Möhren) besitzen eine geringe Bioverfügbarkeit, wohingegen sie aus erhitzten Lebensmitteln sehr gut vom Körper aufgenommen werden können.
Wie unterscheiden sich primäre und sekundäre Pflanzenstoffe?
Man unterscheidet zwei Kategorien an Stoffen, die in Pflanzen vorkommen: primäre und sekundäre Pflanzenstoffe.
Unter die primären Pflanzenstoffe fallen [Link auf Beitrag 135738]Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Sie sind für das Überleben der Pflanze essenziell, da sie ihr als Energiequelle und Bausubstanz dienen. Die primären Wirkstoffe sind außerdem Hauptnährstoffe für Menschen und Tiere.
Sekundäre Pflanzenstoffe hingegen sind nicht direkt für das Überleben der Pflanze essenziell. Dennoch besitzen sie viele wichtige Funktionen. Pflanzen produzieren sie beispielsweise als Abwehrstoffe gegen Fressfeinde, als Farbstoffe zur Anlockung oder Abschreckung und als Schutz vor Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung. Zu ihnen zählen die oben genannten 10 Gruppen mit ihren verschiedenen Arten. Für den Menschen sind sie, wie schon erwähnt, auch nicht lebensnotwendig, bieten aber viele gesundheitsfördernde Eigenschaften.
Wieso sind sekundäre Pflanzenstoffe wichtig für Läufer?
Wie alles, was unsere Gesundheit unterstützt und unseren Körper leistungsfähiger machen kann, sind auch sekundäre Pflanzenstoffe für Läuferinnen und Läufer äußerst relevant. Dabei wirken sie auf verschiedenen Ebenen:
- Antioxidative Wirkung: Bei körperlicher Anstrengung entstehen im Körper freie Radikale, welche Zellschäden verursachen können. Sekundäre Pflanzenstoffe neutralisieren diese Radikale und schützen damit unsere Zellen.
- Entzündungshemmende Wirkung: Unser Immunsystem ist während und nach dem Sport durch die Anstrengung belastet und kann weniger effizient Erreger abwehren. Sekundäre Pflanzenstoffe helfen, Entzündungen im Körper zu reduzieren. Das erleichtert auch die Regeneration nach dem Training.
- Verbesserung der VO2max: Sie wirken indirekt auf die VO2max, indem sie die Anpassungsfähigkeit des Körpers an einen steigenden Trainingsumfang erleichtern. Außerdem können beispielsweise Flavonoide die Sauerstoffaufnahme im Körper verbessern.
Wie baue ich sekundäre Pflanzenstoffe am besten in meine Ernährung ein?
Da sekundäre Pflanzenstoffe ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten sind, solltest du den Anteil dieser in deiner Ernährung im Blick haben. Möglichst buntes Obst und Gemüse, dazu Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte sind alles, was du für eine ausreichende Versorgung mit den sekundären Wirkstoffen benötigst.
Dabei gilt: je bunter, desto besser. Je vielfältiger deine Mahlzeiten sind, sprich je mehr pflanzliche Komponenten sie enthalten, desto umfangreicher ist deine Aufnahme sekundärer Pflanzenstoffe. Achte auch auf Vollkorn statt Weißmehlprodukte. Nüsse und Samen können dir zwischen den Mahlzeiten als kleiner Snack noch ein paar sekundäre Pflanzenstoffe liefern.
Bei der Zubereitung deiner Lebensmittel solltest du auf schonendes Erhitzen oder Garen setzen. Außerdem ist es ratsam, die Schale, wenn möglich, dranzulassen. Hier befinden sich in einigen Sorten sogar die meisten sekundären Pflanzenstoffe.
Die Supplementation mit sekundären Pflanzenstoffen ist nicht empfohlen, da du über eine ausgewogene Ernährung bereits ausreichend versorgt bist. Außerdem besteht dann die Gefahr einer Überdosierung. Willst du deine Aufnahme erhöhen, greife lieber zu mehr Obst und Gemüse. Die meisten Wirkstoffe können ohnehin besser im Verbund innerhalb der Lebensmittel vom Körper verstoffwechselt werden.
Fun-Fact: Hartnäckig hält sich das Gerücht, Rotwein sei gut für unser Herz-Kreislauf-System. Diese Wirkung ist zurückzuführen auf den sekundären Pflanzenstoff Resveratrol, ein Polyphenol. Er befindet sich in der Schale roter Trauben und wird mit dem Schutz der Blutgefäße und entzündungshemmenden Eigenschaften in Verbindung gebracht. Jedoch ist das Resveratrol eben in den Trauben, nicht im Alkohol, weshalb du nicht zwingend Wein konsumieren musst, um von entsprechenden Effekten zu profitieren.
Fazit: Bunte Teller – starke Zellen
Sekundäre Pflanzenstoffe sind zwar keine essenziellen Nährstoffe, spielen aber eine bedeutende Rolle für unsere Gesundheit. Sie unterstützen den Körper durch antioxidative, entzündungshemmende und regulierende Wirkungen auf viele Stoffwechselprozesse – besonders relevant auch für Läuferinnen und Läufer. Mit ihrer Hilfe lässt sich nicht nur das Immunsystem stärken und die Regeneration verbessern, sondern auch die Leistungsfähigkeit optimieren.
Da sie ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen, lohnt es sich, den Anteil an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen in der täglichen Ernährung bewusst zu erhöhen. Bunte, vielfältige und schonend zubereitete Mahlzeiten liefern die nötige Vielfalt an sekundären Pflanzenstoffen – ganz ohne Nahrungsergänzungsmittel. Wer zu natürlichen Lebensmitteln greift, profitiert nicht nur von den Wirkstoffen selbst, sondern auch von deren optimaler Aufnahme im natürlichen Verbund.