- Was ist Intervallfasten?
- Welche Intervallfasten-Methoden gibt es?
- Was ist so gesund am Fasten?
- Mein Speiseplan fürs Intervallfasten
- Vorteile des Intervallfastens für Läufer
- Was passiert beim Intervallfasten im Körper?
- Intervallfasten im Läuferalltag
- Wie vertragen sich Fasten und Laufen?
- Mein persönliches Fasten-Fazit
Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler – mit dieser Ernährungsweisheit bin ich, wie vermutlich die meisten, groß geworden. Dahinter steckt die Annahme, dass man gestärkt durch ein ausgiebiges Frühstück besser durch den Tag kommt. Klingt ja auch irgendwie logisch. Dennoch mache ich es seit einigen Jahren anders: morgens nichts, mittags viel, abends am meisten. Sprich: Bei mir gibt’s kein Frühstück. Dennoch kann man mein erstes Mahl gegen Mittag getrost als Breakfast bezeichnen, denn der englische Begriff heißt nichts anderes als „Fasten brechen“. Und das, was ich mache, ist eine Form des Fastens. Man nennt es intermittierendes Fasten oder auch Intervallfasten, und es ist ein Riesentrend.

Was ist Intervallfasten?
Beim Wort Fasten denken die meisten an mehrtägigen oder wochenlangen Nahrungsverzicht. Mal etwas Brühe hier oder ein Löffel Honig da – mehr landet etwa beim Heilfasten über bis zu drei Wochen nicht im Magen. Wer es richtig ernst meint, setzt sich für mehrere Tage auf Entzug, isst nichts und trinkt nur Kalorienfreies. Daneben gibt es religiöses Fasten: Ob im Christentum, Islam oder Hinduismus – fast jede Glaubensrichtung fordert ihre Anhänger zum zeitweisen Verzicht.
Aber diese Formen des Fastens bedeuten Stress für den Körper. Sport ist während langer Fastenphasen gar nicht oder nur schlecht möglich. Die allermeisten Experten raten auch Schwangeren, Stillenden, Kindern, Kranken, Alten und Untergewichtigen, die Finger davon zu lassen. Für das intermittierende Fasten gilt diese Warnung nicht. Bei dieser Art des Fastens verzichtet man je nach Variante maximal 24 Stunden lang auf Nahrung. Darauf folgt ein gewisser Zeitraum, in dem man wieder etwas essen darf, und anschließend beginnt das nächste Fasten-Intervall. Essen und Fasten wechseln sich also ständig ab. Der Vorteil: Im Gegensatz zu den traditionellen Formen des Fastens lässt sich diese "Diät" auch dauerhaft anwenden.
Welche Intervallfasten-Methoden gibt es?
Die verschiedenen Formen des Intervallfastens unterscheiden sich in der Dauer und im Rhythmus des Nahrungsverzichts. Bei der 5:2-Methode etwa wird an fünf Tagen in der Woche normal gegessen und an zweien nichts oder nur wenig. Bei der 6:1-Variante ist gar nur ein Fastentag in der Woche angesagt. Am verbreitetsten ist die 16:8-Variante, die ich selbst betreibe. Dabei öffnet sich jeden Tag für acht Stunden ein Zeitfenster, in dem gegessen werden darf. In den verbleibenden 16 Stunden wird gefastet.
Was ist so gesund am Fasten?
Doch ganz gleich, welcher Fastenform man frönt, man hält damit den Schlüssel zu Wohlbefinden und Gesundheit in der Hand – sagt zumindest die Wissenschaft. Studien aus aller Welt bestätigen fast einhellig: Fasten senkt das Risiko für Krebs, Arthrose, Demenz, Diabetes, Herzinfarkt und was sich noch Volkskrankheit nennt. Auch auf das Immunsystem, den Schlaf, die Sexualität beziehungsweise Fruchtbarkeit und bei Allergien soll sich Fasten positiv auswirken. Ach, und es wirkt obendrein stimmungsaufhellend, lindert Depressionsbeschwerden, fördert Hirnfunktion, Konzentration und Bewegungsdrang. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es aber nicht.
Für mich persönlich war keiner der genannten positiven Effekte der Grund, weshalb ich damit anfing, mein Frühstück ausfallen zu lassen. Wenn ich mir zu erklären versuche, warum mein Körper so funktioniert, wie er funktioniert, kommt mir unsere urzeitliche Genetik in den Sinn. Auch wenn wir in Häusern statt Höhlen wohnen, ist unser Körper immer noch so programmiert wie vor Zehntausenden von Jahren. Einen Kühlschrank hatte weder der Neandertaler noch der Homo erectus. Und ich behaupte einfach mal ganz kühn, dass das Frühstück folglich an den meisten Tagen ausgefallen sein dürfte. Es musste erst etwas gesammelt oder gejagt werden, bevor gegessen werden konnte. Jedenfalls führte nur Bewegung zum kalorienhaltigen Ziel.
Die permanente Verfügbarkeit und das enorme Überangebot von Kalorien sind eine Entwicklung der Moderne. Und das ist ein Problem, laufen in unserem Körper doch noch dieselben Prozesse ab wie anno dazumal: Energie, die wir nicht benötigen, wird umgehend in Fettdepots gelagert. Wer weiß, wann es das nächste Mal etwas zu Futtern gibt, denkt sich unser Körper. Wussten Sie, dass ein normalgewichtiger Mann ausreichend Fettreserven hat, um mehr als einen Monat zu fasten? Übergewichtige könnten theoretisch sogar mehrere Monate hungern.
Beim Fasten geht es mir aber weder ums Abnehmen noch um die zahlreichen gesundheitlichen Aspekte. Ich möchte meinem Körper bloß eine Pause vom Verdauen gönnen. Denn Nahrungsaufnahme bedeutet zuerst einmal Arbeit für den Körper. Für Anhänger der Steinzeiternährung (Paleo-Diät) ist die Konsequenz aus der Rückbesinnung auf die menschliche Urgeschichte vor Ackerbau und Viehzucht, dass sie sich hauptsächlich von Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse und Nüssen ernähren. Milchprodukte, Getreide und verarbeitete Lebensmittel sind für sie tabu. Bei mir führt die Rückbesinnung eben dazu, dass ich meinem Körper Ruhephasen gönnen und ihn nicht durchgängig mit der Verdauungsarbeit beschäftigen möchte. Für mich und viele Wissenschaftler steht fest: Der Mensch ist dafür gemacht, auch mal etwas Hunger zu verspüren. Merksatz: Unsere Vorfahren darbten, daher sollten wir es ab und an auch tun!
Mein Speiseplan fürs Intervallfasten
Morgens starte ich meist gegen 6:30 Uhr in den Tag. Bevor ich mich auf den Weg in die Redaktion mache, gibt es zwei Tassen Kaffee. Dazu gesellen sich im Lauf des Vormittags meist eine weitere Tasse plus rund ein Liter Wasser oder Kräutertee. Die ersten Kalorien nehme ich erst mittags auf. Oft esse ich gegen 13 bis 14 Uhr Porridge, also warmen Haferbrei mit Obst (meist Apfel und Banane), dazu ein riesiger Kleks Erdnussmus. Nachmittags gegen 16 Uhr dann gern noch ein wenig Obst oder auch mal ein Stück Kuchen oder Schokolade.
Die wichtigste Mahlzeit ist bei mir das Abendessen. Gegen 19 Uhr gönne ich mir mindestens zwei, eher drei Portionen Selbstgekochtes. Als Bettfhupferl verspeise ich um 21 Uhr noch einmal eine ordentliche Portion Mango-Nicecream – das ist selbst gemachte Eiscreme aus gefrorenen Früchten. Und wenn ich mich anschließend schlafen lege, beginnt die 16-stündige Fastenphase. Das ist ja das Geniale am Intervallfasten: Einen Großteil davon erledigt man im Schlaf. Und so habe ich eigentlich nie das Gefühl, das mir etwas fehlt, Hunger leide ich nur selten.
Vorteile des Intervallfastens für Läufer
Neben der Ruhephase für meine Verdauung hatte ich übrigens noch einen weiteren Grund, mit dem intermittierenden Fasten zu starten: Ich wollte meinen Fettstoffwechsel trainieren. Sicherlich haben Sie schon mal von Nüchterntraining gehört. Dabei wird vor dem Training keine Energie aufgenommen. Dadurch soll der Körper gezwungen werden, anstelle von Kohlenhydraten, das in Form von Glykogen in Muskeln und Leber steckt, verstärkt Fett zu verstoffwechseln. Wieso das gut sein soll? Weil die Glykogenspeicher begrenzt sind und bei langen Ausdauerbelastungen wie einem Marathon schnell zur Neige gehen – zu schnell, um die Distanz allein mit den vorhandenen Kohlenhydraten zu bewältigen. Daher droht irgendwann der Mann mit dem Hammer.
Das Nüchternlaufen soll den Körper lehren, sparsamer mit den Kohlenhydraten umzugehen und stattdessen vermehrt Fette zur Energiebereitstellung zu nutzen. Wichtig: Wer abends ordentlich gegessen hat und am nächsten Morgen gleich nach dem Aufstehen 40 Minuten läuft, trainiert nicht nüchtern, da die Glykogenspeicher dann noch gut gefüllt sind.
Was passiert beim Intervallfasten im Körper?
Erst nach rund 14 bis 16 Stunden ohne Nahrung kommt der Fettstoffwechsel richtig in Schwung – bei Frauen früher als bei Männern, bei sportlichen Personen eher als bei unsportlichen. Die Glykogenspeicher in den Muskeln sind leer. Auch die Vorräte in der Leber gehen zur Neige. Immer mehr Fett aus den Fettzellen wird als Brennstoff herangezogen. Treiben wir während dieser Phase Sport, wird dieser Prozess verstärkt – wir trainieren den Fettstoffwechsel.

Intervallfasten fördert den Fettstoffwechsel
Im verstärkten Fettstoffwechsel liegt auch eine wesentliche Erklärung für die geradezu wundersame gesundheitliche Wirkung des Fastens. Wenn nach 14 bis 16 Stunden die Glykogenspeicher erschöpft sind, stellt die Leber aus Fettsäuren, die wiederum aus Fettzellen stammen, Ketone her. Diese Ketonkörper kann der Körper anstelle von Glykogen als Energiequelle nutzen. Während dieser sogenannten Ketogenese ist das Körperfett Energiequelle Nummer eins – bis wieder frische Energie in Form von Kohlenhydraten aufgenommen wird.
Der Ketogenese werden neben den Auswirkungen auf das Körperfett auch viele andere der zahlreichen Effekte des Fastens zugeschrieben. Die Fettzellen sind nämlich das Endlager des Körpers für alle möglichen Giftstoffe. Der verstärkte Fettstoffwechsel sorgt dafür, dass diese Zellen sauber gehalten werden – und zudem weniger Fett enthalten. So kann man durch einen verstärkten Fettstoffwechsel abnehmen. Studien an Mäusen zeigen: Essen sie durchgehend, werden sie nicht nur fett, sondern auch krank. Nehmen sie hingegen die exakt gleiche Nahrungsmenge in einem Zeitraum von nur acht Stunden auf, bleiben sie gesund und schlank. Und eben dieser Effekt ist auch beim Menschen zu beobachten.
Als wäre all das noch nicht genug, deuten aktuelle wissenschaftliche Studien darauf hin, dass durch die Ketogenese verstärkt Zellen neu gebildet werden. Das würde erklären, warum sich bei fastenden Probanden die Gedächtnisleistung verbessert, und ist für viele Wissenschaftler ein vielversprechender neuer Ansatz im Kampf gegen Demenz, Alzheimer, Parkinson und vielleicht sogar das Altern an sich.

Intervallfasten wirkt entzündungshemmend
Viel wichtiger als die nahende Unsterblichkeit ist für mich als Sportler, dass Fasten einen Prozess der Selbstheilung anstößt. Fettzellen lösen schon von sich aus Entzündungsprozesse aus. Auch durch intensives Training und Umweltfaktoren flammen im Körper immer wieder kleine Entzündungsherde auf. Fasten kann diese Entzündungen hemmen und so helfen, schneller zu regenerieren.
Wer sich mit den Auswirkungen des Fastens auf den Körper beschäftigt, kommt an der Autophagie nicht vorbei. Erst 2016 gab es für die Erforschung dieses Recyclingsystems der Zellen den Nobelpreis. Stark vereinfacht ausgedrückt, geht es dabei um die Selbstverdauung von Körperzellen. Im Lauf ihres Lebens sammeln sich in unseren Zellen nämlich immer mehr beschädigte Proteine: Zellmüll.
Wie die Ketogenese kommt auch die Autophagie so richtig in Fahrt, wenn im Körper wenig Insulin ausgeschüttet wird, was voraussetzt, dass der Blutzuckerspiegel konstant niedrig ist und nicht durch Aufnahme größerer Kohlenhydratmengen steil ansteigt. Bildlich gesprochen ist die Autophagie eine Art Putztrupp, der jeden Tag durch den Körper zieht und einmal ordentlich durchfeudelt.
Welche enormen Heileffekte dem Fasten zugeschrieben werden, überraschte mich bei meiner Recherche für diese Geschichte sehr. Wie eingangs erwähnt, ging es mir ursprünglich lediglich darum, mir längere Pausen der Verdauung zu gönnen und meinen Fettstoffwechsel zu trainieren, um als Läufer davon zu profitieren. Zugegeben, zunächst war ich skeptisch, ob mir das Frühstück fehlen und es mich jeden Tag Überwindung kosten würde, darbend das Haus zu verlassen. Zudem beschäftigte mich die Frage, ob ich als ambitionierter Läufer, der in der Marathonvorbereitung schon mal 120 Wochenkilometer absolviert, genügend Nährstoffe und genügend Energie bekomme, um hart zu trainieren.
Intervallfasten im Läuferalltag
Diese Zweifel sind längst vergessen. Es ist für mich heute völlig normal, bis mittags nichts zu essen, dabei habe ich früher selbst stets das Frühstücken propagiert. Es ist reine Gewohnheit. Ich verspüre morgens nie Hunger. Die Frage nach der Energie fürs Training lässt sich nicht ganz so schnell beantworten. Selbst nach 16, 18 manchmal auch 20 Stunden ohne jegliche Kalorienzufuhr kann ich problemlos 20 Kilometer laufen. In der Marathonvorbereitung absolviere ich auch schon mal lange Läufe von 35 Kilometer Länge nüchtern. Das konnte ich früher nicht. Da war ich schon froh, wenn ich nicht nach einer Stunde schon völlig unterzuckert war und ausgepowert immer langsamer wurde. Ich bin fest überzeugt, dass sich auch durch das Fasten mein Fettstoffwechsel verbessert hat und mein Körper beim Laufen länger auf körpereigene Fette setzt.
Wie vertragen sich Fasten und Laufen?
Und jetzt kommt das große Aber: Das gilt nur für Dauerläufe bis zu einem bestimmten Tempo. Für hartes, intensives Training benötigt der Körper Kohlenhydrate. Dafür habe ich inzwischen ein recht gutes Körpergefühl entwickelt: Einen kürzeren Tempodauerlauf am Morgen oder Mittag, bei dem ich 20 bis 30 Minuten schnell laufe, kann ich nüchtern machen. Da ich meine intensiven Einheiten (Tempoläufe) meist am Abend mache, fallen sie in das Essensfenster. Sollte ich sie morgens oder mittags machen, würde ich vorher etwas Energiereiches essen oder trinken – also das Fasten brechen. Gleiches gilt bei Wettkämpfen: Vor und während eines Rennens wird nicht gefastet. Ich möchte schließlich mit vollen Glykogenspeichern am Start stehen.

Mein persönliches Fasten-Fazit
Sportlich hat mir das Fasten sicher nicht geschadet. Ich fühle mich gut, habe Energie. Übrigens bin ich all meine Bestzeiten als fastender Athlet gerannt. Klar, ich habe auch trainiert, kann und möchte dies also nicht allein dem Fasten zuschreiben. Mein letztes großes Blutbild zeigt: alles tipptopp. Auch sonst sind meine Fitness- und Körperdaten besser als früher. Laut meiner letzten Leistungsdiagnostik bin ich heute rund zwei Kilo leichter als vor vier Jahren, habe einen geringeren Körperfettanteil und nicht nur prozentual, sondern auch absolut einen höheren Anteil an Muskulatur. Sprich: Ich habe trotz Intervallfastens Muskeln aufgebaut.
Den Mythos des zwangsläufigen Muskelschwunds durchs Fasten konnte inzwischen auch die Wissenschaft entkräften. Beim Intervallfasten ist dieser durch die tägliche Nahrungsaufnahme ohnehin nicht zu befürchten. Und selbst bei mehrtägigen Fastenkuren fällt er vernachlässigbar gering aus. Allerdings fällt hierbei auch der Sport aus, denn wer gar nichts isst, kann auch keine Leistung bringen. Daher wäre ein klassisches Heilfasten nichts für mich. Intervallfasten ist weniger radikal und auch alltagstauglicher. Ich merke nicht mal, dass ich faste. Es ist überhaupt kein Verzicht. Ich esse während des achtstündigen Essensfensters alles, worauf ich Lust habe. Es ist sogar einfacher, als sich ständig zu zügeln – kein Zucker hier, weniger Fett da.
Intervallfasten braucht keine Regeln
Zugegeben, ich esse bewusst, aber man sieht mich auch oft mit einer Tüte Chips und einer Tafel Schokolade aus dem Supermarkt kommen. Ich zähle keine Kalorien und halte mich an keine starren Regeln. Und falls ich doch mal morgens etwas essen möchte, tue ich das. Etwa wenn ein Kollege zum Geburtstag ein Stück Kuchen mitbringt. Das ist in meinen Augen das Beste am Intervallfasten: Man hat jeden Tag eine neue Chance, einen Fastenzyklus zu starten. Probieren Sie es doch mal aus.