Du wunderst dich, warum deine Pulsuhr bei genau demselben Trainingslauf und Tempo einen anderen Wert anzeigt als die Uhr deiner Trainingspartnerin? Das hängt mit der maximalen Herzfrequenz zusammen, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist! Die maximale Herzfrequenz wird von drei entscheidenden Faktoren mitbestimmt: Geschlecht, Alter und Trainingszustand. Aber auch innerhalb dieser Kategorien kann sie deutlich variieren. Wenn beispielsweise zwei gleich alte und ähnlich gut trainierte Läuferinnen gemeinsam joggen, können deren Pulswerte bei identischer Belastung dennoch unterschiedlich ausfallen. Wir erklären dir gleich, warum das so ist.
Was ist die maximale Herzfrequenz und was sagt sie aus?
Deine maximale Herzfrequenz, von vielen auch Maximalpuls genannt, ist der Herzfrequenzwert, den du unter größtmöglicher körperlicher Anstrengung erreichen kannst. Die gängige Abkürzung dafür lautet: HFmax. Sie wird in Herzschlägen pro Minute gemessen (Abkürzung: bpm, beats per minute) und ist individuell sehr unterschiedlich. Es gibt also Läuferinnen und Läufer mit niedrigerer oder auch deutlich höherer maximaler Herzfrequenz als nach Faustformeln (siehe unten) zu erwarten wäre, oft auch über 200 Schläge pro Minute. Sorgen brauchst du dir aber auch dann keine zu machen, denn eine hohe maximale Herzfrequenz ist nicht gefährlich. Du solltest es nur wissen, um dein Lauftraining optimal danach auszurichten. Wieso die HFmax so individuell ist und wie du dein Training am besten auf sie abstimmst, erfährst du gleich.
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Wieso variiert die maximale Herzfrequenz individuell so stark?
Der Maximalpuls hängt (wie oben bereits angedeutet) vor allem mit drei Faktoren zusammen: Lebensalter, Geschlecht und Trainingszustand, wobei das Alter die größte Rolle spielt. Neben diesen drei Faktoren ist aber auch die individuelle genetische Anlage wichtig, die jeder Mensch mitbringt.
Generell gilt:
- Ältere Menschen haben eine niedrigere maximale Herzfrequenz als jüngere, im Laufe der Jahre sinkt der Maximalpuls ganz grob um einen Schlag pro Lebensjahr ab.
- Männer haben im Schnitt eine etwas niedrigere maximale Herzfrequenz als Frauen.
- Ausdauertrainierte haben in der Regel eine etwas niedrigere maximale Herzfrequenz als Untrainierte. Eine Steigerung der maximalen Herzfrequenz erreichst du mit mehr Ausdauertraining also gerade nicht. Allerdings sinkt in der Regel der Ruhepuls mit zunehmendem Trainingszustand ein wenig ab.
Allerdings kann die HFmax individuell sehr verschieden sein: Zwei gleich alte Läuferinnen mit gleicher Leistungsfähigkeit können sehr unterschiedliche Maximalpulswerte erreichen. Daher ist der Maximalpuls kein Gradmesser für die Leistungsfähigkeit. Vielmehr ist der Ruhepuls ein Gradmesser für Leistungsfähigkeit: Er wird in der Regel sinken, sobald der Trainingszustand sich verbessert. Hier kannst du mehr erfahren über den Ruhepuls.
Wie berechne ich die einzelnen Herzfrequenzzonen anhand der HFmax?
Für ein pulsorientiertes Training ist es wichtig, seine maximale Herzfrequenz möglichst genau zu kennen. Denn von der HFmax ausgehend kann man die verschiedenen Trainingsbereiche bzw. Trainingszonen bestimmen. So läuft man etwa beim regenerativen Dauerlauf mit einer Herzfrequenz von 70 bis 75 Prozent der HFmax und beim zügigen Dauerlauf mit einem Puls zwischen 85 und 88 Prozent der HFmax. Das Training nach Herzfrequenz lässt eine sehr genaue Steuerung der Belastung zu. Denn bei jeder körperlichen Anstrengung reagiert das Herz sofort, die Herzfrequenz steigt. Die Anzahl der Schläge pro Minute wird zum Gradmesser für die körperliche Belastung. Mit Hilfe der HFmax kannst du also dein Training optimieren, und das nicht nur beim Laufen bzw. Joggen, sondern generell beim Sport, insbesondere beim Ausdauersport. Auch wir bauen daher unsere Trainingspläne auf der Basis der Trainingssteuerung nach Herzfrequenz auf.
Wichtig für den Einstieg in die Ausdauerwelt: Wer gerade erst mit dem Laufen oder dem Ausdauersport begonnen hat, sollte kurz nach dem Trainingseinstieg mit einer etwas größeren Veränderung der Trainingsherzfrequenz rechnen. Überprüfe daher deine maximale Herzfrequenz anfangs in halbjährlichen Abständen. Wenn sie sich im Vergleich zum letzten Test verändert hat, passe deine Trainingsherzfrequenzen für die verschiedenen Dauerlauftempi an, zum Beispiel mithilfe unseres Herzfrequenzrechners.
Falls du erst seit kurzem läufst, dich noch nie mit deinen Pulswerten beschäftigt hast und auch noch keine Pulsuhr besitzt, kannst du erstmal nach der Borg-Skala bzw. mit dem Training nach RPE, also deinem individuellen Belastungsempfinden, ins Training einsteigen, bevor du dann mit Pulstraining weitermachst, um dich gezielter zu verbessern.
Wie ermittle ich meine maximale Herzfrequenz?
Jetzt möchten wir dir noch zeigen, wie du deinen Maximalpuls ermitteln kannst. Dafür gibt es drei Möglichkeiten: per Formel, mittels einer Leistungsdiagnose oder im Selbsttest. Die erste Variante ist allerdings eher ungenau, mit der Formel bekommst du nur einen „Richtwert“. Größere individuelle Abweichungen sind im Einzelfall möglich. Die Leistungsdiagnose dagegen ist sehr genau und hat den Vorteil, dass du dich während des Tests unter medizinischer Aufsicht befindest. Der Selbsttest ist ebenfalls sehr genau, erfordert aber eine gute Grundkondition und eignet sich nur für dich, wenn du komplett gesund bist und bereits seit längerer Zeit trainierst, er ist nur für erfahrene Läuferinnen und Läufer geeignet.
Wir stellen dir nun die drei Methoden vor:
1. Wie berechnet man den Maximalpuls? – Die HFmax-Formel mit Tabelle
Als Faustformel empfehlen wir die Formeln des ambitionierten Läufers und Lauftrainers Winni Spanaus, der eine geschlechsspezifische Formel zur Bestimmung der HFmax entwickelte, die auf unterschiedlichen Tests basiert:
Maximalpuls bei Frauen: HFmax = 226 – Lebensalter
Maximalpuls bei Männern: HFmax = 223 – 0,9 x Lebensalter
Für einen ersten Überblick findest du in der Tabelle einige nach diesen Formeln berechnete Werte für die HFmax bei Frauen und Männern.
Es gibt sicher ein Dutzend Formeln, die aber alle ähnlich sind und somit ähnliche Ergebnisse ermitteln. Da die HFmax von sehr vielen individuellen Gegebenheiten (nicht nur dem Geschlecht) abhängt, kann die individuelle HFmax nicht genau berechnet werden. Die beschriebenen Faustformeln sind daher zur Ermittlung einer Trainingsherzfrequenz nur sehr grob, also maximal als „Annäherungswert“ geeignet. Werden die Herzfrequenzen von zwei Personen gleichen Alters, Geschlechts, Gewichts und Trainingszustandes verglichen, kann es zu einem Unterschied von bis zu 30 Schlägen pro Minute kommen.
2. Die Leistungsdiagnose
Die beste Methode zur Feststellung der individuellen Herzfrequenzbereiche ist ein sportmedizinischer Leistungstest in Form einer Leistungsdiagnose mit Bestimmung der Laktatkonzentration unter standardisierten Bedingungen. Der entscheidende Vorteil: Du bist unter ständiger ärztlicher Betreuung. Einen solchen sportmedizinischen Leistungstest können daher alle machen, auch ältere Menschen oder Anfänger und Einsteigerinnen mit Risikofaktoren wie z. B. starkem Übergewicht. Unser Tipp: Wähle am besten ein renommiertes Leistungsdiagnose-Zentrum mit ärztlicher Betreuung.
3. Der Selbsttest
Wenn du gesund und körperlich fit bist und schon längere Zeit trainierst, kannst du deine maximale Herzfrequenz mit diesem Selbsttest bestimmen:
- Laufe dich zuerst 10 Minuten locker ein.
- Laufe anschließend 3 x 3 Minuten im gesteigerten Tempo. Die erste der drei Minuten gemütlich, die zweite, sodass du schon fast außer Atem kommst und die dritte Minute „volle Pulle“. Nach jeder Drei-Minuten-Belastung trabst du nur ein bis zwei Minuten, sodass du „unerholt“ in die nächste Drei-Minuten-Belastung startest.
- Zum Schluss läuft du 10 Minuten aus.
Die Herzfrequenzen, die du bei den „volle Pulle“ gelaufenen Minuten misst, stellst du in einen Vergleich. Die höchste gemessene Herzfrequenz ist dein Maximalpuls. Am einfachsten ist es natürlich, wenn du bei diesem Selbsttest einen Pulsmesser trägst. Wenn du keinen besitzt, bleibe nach den schnellen drei Minuten sofort stehen, suche deinen Puls an der Halsschlagader oder dem Handgelenk und zähle fünfzehn Sekunden lang die Pulsschläge. Multipliziere diesen Wert mit 4, so erhältst du deine HFmax. Hinweis: Wenn du eine ganze Minute lang zählst, sinkt dein Puls in dieser Zeit je nach Trainingszustand schon deutlich ab, was den Wert verfälschen würde.
Warum sinkt die maximale Herzfrequenz mit dem Alter?
Auch wenn die maximale Herzfrequenz ein sehr individueller Parameter ist – eines ist bei allen Menschen gleich: Im Laufe des Lebens sinkt der Maximalpuls ab, denn das Herz kann im Alter nicht mehr so schnell schlagen wie in jungen Jahren. Ab dem 20. Lebensjahr fällt die HFmax durchschnittlich alle fünf Jahre um etwa vier bis fünf Schläge pro Minute. Zu dieser altersabhängigen Verschiebung kommt in geringerem Maße noch der Faktor Trainingsanpassung hinzu. Ausdauertrainierte haben in der Regel eine etwas niedrigere maximale Herzfrequenz als Untrainierte.
Fazit: Die maximale Herzfrequenz zu kennen, ist die Voraussetzung für pulsgesteuertes Training.
- Die HFmax variiert von Mensch zu Mensch, denn sie ist eine individuelle Größe.
- Sie hängt von Geschlecht, Alter und Trainingszustand ab, aber eben auch noch von anderen Begebenheiten.
- Es gibt drei Wege, sie zu ermitteln: eine Formel, einen Selbsttest und die Leistungsdiagnose.
- Wer sie ermittelt hat, kann mit gezieltem Pulstraining beginnen.