Sollten Frauen ihr Ausdauertraining anders gestalten als Männer?

Geschlechtsspezifischer Konditionsaufbau
Training der Ausdauer: Frauen vs. Männer

ArtikeldatumVeröffentlicht am 17.10.2025
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Ein Läufer und eine Läuferin freuen sich auf einer Laufbahn über ihren Erfolg.
Foto: Getty Images

Frauen sind anders – eine banale Feststellung, die aber in der Lebenspraxis überraschend oft ignoriert wird. Auch beim Training der Kondition wird selten auf die Unterschiede geachtet: So kursieren im Internet tausende von Unisex-Marathon-Trainingsplänen, aber nur ganz wenige, die spezifisch auf das weibliche Geschlecht zugeschnitten sind. Das ändert sich langsam, seit in der Sportwissenschaft häufiger Themen wie das zyklusbasierte Training auf der Agenda stehen. Im Folgenden erfährst du, wie sich Frauen und Männer bei der Ausdauer unterscheiden und was das ganz konkret für dein Training bedeutet.

Die physiologischen Unterschiede beim weiblichen und männlichen Körper haben einen Effekt auf die Ausdauerleistungsfähigkeit. Insbesondere Herz, Lunge, Muskelmasse und Hormonsystem beeinflussen, wie und welches Konditionstraining bei Frauen und Männern optimal wirkt und welche Erholungszeiten für eine Superkompensation nötig sind.

Das zeichnet Männer und Frauen beim Sport aus:

Dass du als Frau ein kleineres Herz und ein anderes Hormonsystem hast, daran kannst du nichts ändern – das Training lässt sich aber darauf abstimmen.

Wie Hormone das Training beeinflussen

Für so manche Sportlerin ist das zyklusbasierte Training ein Gamechanger. Gerade wenn du starke Menstruationsbeschwerden hast, bringt ein auf die Zyklusphase angepasster Plan viel. Die Hormone beeinflussen nämlich nahezu alles, was fürs Ausdauertraining wichtig ist, von der Belastungstoleranz bis zur Energiebereitstellung. Wer hier nicht gegen den Körper arbeitet, sondern die Höhen und Tiefen smart handelt, läuft, radelt oder schwimmt deutlich freudvoller und effektiver.

Wichtig zu wissen: Wie stark diese Effekte sind, ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Merkst du gar nichts oder wenig, ist das völlig normal. So hat eine Metastudie gezeigt, dass die Zyklusphasen bei Frauen mit normaler, regelmäßiger und beschwerdefreier Menstruation nur geringe Auswirkungen in puncto Ausdauertraining haben. Grundsätzlich gilt aber Folgendes:

Follikelphase

In den Tagen nach der Menstruation steigt der Östrogenspiegel allmählich an. Das Hormon sorgt dafür, dass sich deine Gefäße erweitern und die Durchblutung verbessert wird: Die Sauerstoffaufnahme in der Muskulatur steigt. Auch auf den Fettstoffwechsel wirkt sich Östrogen positiv aus, der Körper kann länger Energie aus den Fettdepots gewinnen. In dieser Zyklusphase kannst du häufig effizienter trainieren und brauchst weniger Erholung.

Eisprung

Noch stärker macht sich das Östrogen bemerkbar, wenn es rund um den Eisprung den höchsten Spiegel erreicht. Deine Muskeln arbeiten jetzt quasi auf Hochtouren, du fühlst dich belastbar und energetisch. Da Östrogen anabol, also aufbauend, wirkt, ist auch Krafttraining in dieser Phase besonders effektiv.

Lutealphase

Nach dem Eisprung steigt der Progesteronspiegel signifikant an und damit deine Körpertemperatur sowie die Atem- und Herzfrequenz. Das gleiche Training wie in der Vorwoche fühlt sich jetzt viel anstrengender an. PMS-Symptome wie Stimmungsschwankungen tun ihr Übriges, dass du dich mit sportlichen Belastungen schwertust. Der Energiestoffwechsel verschiebt sich in Richtung Kohlenhydratnutzung, die Fettverbrennung ist gedrosselt. Nüchterntraining ist jetzt kontraproduktiv.

Menstruationsphase

Während der Periode sinken Östrogen und Progesteron ab. Deine Leistungsbereitschaft ist in der Regel vermindert und du hast schlichtweg keine große Lust auf Sport. Aber auch hier gibt es keine Allgemeingültigkeit, manche Frauen empfinden den Beginn der Menstruation als Motivationsschub. Eine generelle Leistungsminderung ist wissenschaftlich nicht nachweisbar.

Da Männer einen stabileren Hormonspiegel haben, ist bei ihnen der Einfluss auf das Training gering. Das wichtigste Hormon Testosteron schwankt nur leicht, die anabole Wirkung steht vergleichsweise konstant zur Verfügung.

Kurzum: Frauen profitieren häufig von einer flexiblen, individuellen Trainingsanpassung an die Hormonlage, während Männer weitgehend gleichbleibend trainieren können.

Frauen vs. Männer: Trainingsintensität und Belastung

Die genannten physiologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen wirken sich bei der Ausdauer direkt auf die Belastungsfähigkeit aus. Sportler zeigen im Allgemeinen eine höhere Toleranz für hochintensive Trainingseinheiten, während Frauen hinsichtlich Trainingsumfang und -frequenz überlegen sein können. Sie vertragen längere und häufigere Trainingseinheiten, weil sie sich besser davon erholen. Vor allem bei moderater Belastung funktioniert die Fettverbrennung bei Sportlerinnen effizienter. Männer können also in höheren Intensitätszonen trainieren – etwa in Form von Tempoläufen oder Radintervallen –, während es bei Frauen gleichmäßiger und länger sein darf. Typische Einheiten wären hier lockere Dauerläufe, lange Radausfahrten oder Schwimmeinheiten im gleichmäßigen Tempo.

Erholung und Regeneration: Wie viel Pause brauchen Männer und Frauen?

Eine pauschale Antwort gibt es nicht, da die Regenerationsfähigkeit bei Frauen ja zyklusabhängig sein kann. Eine Untersuchung zur Recovery nach HIIT-Einheiten zeigt, dass sich bei männlichen Radfahrern und Triathleten der Puls schneller beruhigte und sie sich rascher erholt fühlten als die Sportlerinnen. Das deutet daraufhin, dass Frauen nach harten Einheiten länger brauchen, um ihre maximale Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen.

Bei moderatem Ausdauertraining wie lockeren Dauerläufen oder gleichmäßigen Radausfahrten sind die Erholungszeiten dagegen weitgehend gleich. Beide Geschlechter sind in der Regel innerhalb von 24 Stunden vollständig regeneriert. Da Frauen tendenziell eine höhere Fettverwertung bei moderater Belastung aufweisen, könnten sie hier in puncto Erholung leicht im Vorteil sein.

Training in verschiedenen Lebensphasen: Jugendliche, Schwangerschaft, Menopause und Co.

Die Ausdauerleistungsfähigkeit und damit das Training verändern sich im Laufe des Lebens – bei Frauen wie bei Männern.

Mädchen und Jungen

Bei weiblichen Jugendlichen wirkt sich der steigende Östrogenspiegel in der Pubertät unter anderem auf die Fettverteilung und Gelenkstabilität aus. Jungen bauen durch die Zunahme des Testosterons eine größere Muskelmasse auf. In dieser Phase ist ein ausgewogenes Training, das Ausdauer, Kraft und Koordination fördert, besonders sinnvoll. Eine übermäßige Intensität könnte Wachstum und Entwicklung negativ beeinflussen.

Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft bleibt die Ausdauerleistungsfähigkeit bei moderater Belastung meist weitgehend erhalten, kann aber bei hoher Intensität aufgrund erhöhter Herzfrequenz, gesteigerter Sauerstoffanforderung und Gewichtszunahme leicht eingeschränkt sein. Ideal ist nicht zu intensives Training, etwa langsames Joggen, Walking, Schwimmen oder moderates Fahrrad fahren. Bist du bereits gut trainiert, kannst du häufig fast bis zur Geburt Sport treiben. Maßgeblich ist, was deine Ärztin bzw. dein Arzt sagt: kein Trainingsprogramm ohne Rücksprache!

Wechseljahre

In der Menopause sinkt der Östrogenspiegel, was Muskelmasse, Knochendichte und Regeneration beeinflussen kann. Auch Männer erfahren im mittleren Alter hormonelle Veränderungen: Die Andropause geht oft mit einem langsamen Testosteronabfall einher, der sich ebenfalls auf Muskelmasse, Ausdauerleistung und Erholung auswirkt. In beiden Fällen unterstützt ein kombiniertes Training aus Ausdauer und Kraft den Erhalt der Leistungsfähigkeit und Gesundheit.

6 praktische Tipps fürs geschlechtsspezifische Training

Wie lassen sich nun die geschlechtsspezifischen Unterschiede ins Ausdauertraining für Frauen und Männer ganz praktisch integrieren?

1

Zyklus beachten

2

Intensität nutzen

3

Verletzungsanfälligkeit berücksichtigen

4

Variabilität einbauen

5

Belastung steuern

6

Regeneration aktiv unterstützen

FAQ zu Ausdauer: Frauen vs. Männer