Die meisten Läufer, vor allem diejenigen, die gerade erst mit dem Sport begonnen haben, laufen zu schnell. Das richtige Lauftempo für Anfänger ist nur wenig schneller als das Gehtempo. Am Anfang kommt es nicht auf das Lauftempo an, der Körper muss sich erst einmal an die neue Bewegungsform gewöhnen. Denn was das Laufen vom Gehen – selbst bei gleichem Tempo – unterscheidet, ist der größere Energieumsatz. Beim Laufen heben Sie Ihr gesamtes Körpergewicht Schritt für Schritt vom Boden ab und fangen es wieder auf. Beim Gehen wird das Gewicht dagegen immer von einem Bein gestützt.
Doch nicht nur Laufanfänger tun gut daran, sich mit dem Thema "richtiges Lauftempo" intensiv zu beschäftigen. Für Fortgeschrittene und Wettkampfläufer ist das passende Tempo enorm wichtig, um Überlastungen entgegenzuwirken und um einen effektiven Leistungszuwachs zu erzielen.
Der Sprechtest als Tempokontrolle
Ihr ideales Lauftempo haben Sie gefunden, wenn Sie sich problemlos mit Mitläufern unterhalten können – oder könnten, falls Sie alleine laufen. "Problemlos" bedeutet, dass Sie beim Unterhalten während des Laufens nicht zwischen den Worten nach Luft schnappen müssen und nur noch flach atmen. Sowohl für das Sprechen als auch für das Laufen brauchen Sie Luft: Reicht Ihre Puste für beides, bewegen Sie sich in einem optimalen Tempobereich. Die Laktatproduktion ist dann sehr gering, die Fettstoffwechselrate aber relativ hoch (prozentual, d. h. im Verhältnis zur Energiegewinnung durch eingelagerte Kohlenhydrate), weil für die Energiegewinnung genügend Sauerstoff vorhanden ist. Die gesundheitsfördernden Effekte des Ausdauertrainings, vor allem die positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System, werden genau in diesem Intensitätsbereich erzielt.
Auch ambitonierte Läufer laufen zu schnell
Das zu schnelle Dauerlauftempo ist aber nicht nur ein typischer Anfängerfehler, sondern auch viele ambitionierte Läufer laufen regelmäßig im Training viel zu schnell. Gerade die ersten Minuten eines Laufes sollten betont langsam gelaufen werden. Und gerade, wer sich auf einen Wettkampf vorbereitet, muss lernen, sich effektiv zu belasten. Kaum einem Läufer gelingt es auf Anhieb, den für ihn richtigen Trainingsbereich blind zu finden. Folge: Nicht nur Laufeinsteiger, sondern auch ambitionierte Läufer verbauen sich eine Steigerung ihres Leistungsvermögens durch zu intensives Training, sprich Lauftempo. Aus dieser Unsicherheit kann die Messung der Herzfrequenz heraushelfen.
Die Herzfrequenz bestimmt das Lauftempo
Gerade Laufanfänger können über ihre Herzfrequenz leicht Belastungen wohl dosieren und Leistungsfortschritte erkennen. Dazu müssen Sie nicht ständig mit dem Finger am Puls und den Augen auf dem Sekundenzeiger joggen, sondern sich nur eines sogenannten „Herzfrequenzmessers” bedienen. Dieser besteht aus einem Brustgurt und einer passenden Laufuhr und ist im Sportfachhandel erhältlich. Vom Sender im Gurt wird die Herzfrequenz drahtlos an den Empfänger in der Armbanduhr übertragen und ermöglicht eine permanente Überprüfung der aktuellen Herzfrequenzwerte. Wichtigste Frage: Wieso entspricht die Herzfrequenz der Belastungsintensität? „Mit jedem Herzschlag wird eine konstante Menge Blut und Sauerstoff durch den Körper gepumpt. Bei einem einstündigen Dauerlauf etwa 10000 x bis zu 200 ml Blut. Der Anstieg der Herzfrequenz entspricht ungefähr dem Anstieg der Sauerstoffaufnahme sowie dem Energieverbrauch und damit auch der Belastungsintensität”, sagt Dr. Kai Röcker, ambitionierter Läufer und Sportmediziner der Universität Freiburg.
Und welches ist die richtige Herzfrequenz?
Wer einen Herzfrequenzmesser besitzt, sollte zunächst wissen, dass Trainingspartner bei demselben Tempo und derselben Anstrengung unter Umständen völlig unterschiedliche Pulswerte erreichen. Hintergrund: Die Herzfrequenz ist ein sehr individuelles Maß. Wie Körper- oder Schuhgröße kann sie von Läufer zu Läufer sehr unterschiedlich sein. Zwar existieren einige Faustregeln zur Angabe eines „idealen” Belastungspulses, wie zum Beispiel „220 minus Lebensalter” oder „210 minus Lebensalter mal 0,65”, diese sind allerdings zur Ermittlung einer geeigneten Trainingsherzfrequenz nur sehr bedingt geeignet.
Die maximale Herzfrequenz ist entscheidend
Individuelle Belastungsbereiche lassen sich am besten über die maximale Herzfrequenz ermitteln. Von dieser lassen sich ganz exakte Pulsangaben für entsprechende Belastungsbereiche von leicht (kaum belastend) bis schwer (extrem belastend) „in Prozent der maximalen Herzfrequenz” ableiten. Die maximale Herzfrequenz ist die Pulsfrequenz, die ein Sportler unter maximaler Belastung erreicht. Dazu muss man sich allerdings einmal total auspowern. Zugegeben, dies ist gerade für Laufanfänger keine leichte Aufgabe. Und ein solcher Maximaltest ist auch nur mit Vorsicht zu genießen: Maximal ausbelasten dürfen sich nur Laufanfänger, die kerngesund sind und in der Vorgeschichte keinerlei Herzprobleme hatten. Ein Maximaltest für Einsteiger sollte unbedingt unter Aufsicht (zum Beispiel durch erfahrene Läufer, Trainer eines Fitnessstudios oder örtlichen Sportvereins) durchgeführt werden.
Der Maximaltest
Es gibt viele Möglichkeiten, sich maximal auszubelasten, manche sind effektiver als andere. Die sicherlich zeiteffektivste Methode basiert auf einer sogenannten Intervallbelastung. Das sind kurze, intensive Belastungen mit nicht ausreichenden Pausen, bei denen man sich in den maximalen Pulsbereich „hochschaukelt”. Beispiel: Laufen Sie sich fünf bis zehn Minuten langsam ein, und belasten Sie sich anschließend zwei mal drei Minuten im höchstmöglichen Tempo. Traben Sie zwischen den beiden Belastungen nur eine Minute langsam. Nehmen Sie fünf Sekunden nach der letzten der beiden Drei-Minuten--Spritzen den Puls. Der gemessene Wert sollte in etwa Ihrem Maximalpuls entsprechen.
Dauerlauf ist nicht gleich Dauerlauf
Wer seine maximale Herzfrequenz kennt, muss nun von dieser die Pulsvorgaben für die verschiedenen Belastungsbereiche ableiten. Dabei sollten Anfänger wissen, dass sich ein effektives Training längerfristig aus vielen Elementen zusammensetzt, die sich vor allem durch das Lauftempo unterscheiden. Aber beim Lauftraining ohne Wettkampfziel unterscheidet man zunächst nur in verschiedene Dauerlauftempi, bevor in einer gezielten Wettkampfvorbereitung auch noch schnellere Laufvarianten hinzukommen.
1. Der langsame Dauerlauf
Er spricht das niedrigste Trainingstempo an und ist somit das sinnvollste Trainingsmittel für Laufeinsteiger. Sein Tempo unterscheidet sich von dem des schnellen Gehens nur wenig. Der Belastungsbereich für einen langsamen (regenerativen) Dauerlauf liegt annähernd bei 70 bis 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Die Herzfrequenzmessung soll hier das Tempo nicht antreiben, denn es gibt bei dieser Trainingsform keine untere Belastungsgrenze. Beim langsamen Dauerlauf misst man die Herzfrequenz nur, um nicht in einen zu hohen Belastungsbereich zu kommen.
2. Lockerer Dauerlauf
Bei dieser Laufbelastung ist man schneller unterwegs als beim langsamen Dauerlauf. Der lockere Dauerlauf entspricht dem meistgenutzten Lauftempo erfahrener Läufer. Hier hat die Messung der Herzfrequenz für Laufanfänger eine Doppelfunktion: als Begrenzung nach oben und als Antrieb, wenn das Tempo allzu langsam werden sollte. Der Belastungsbereich für einen lockeren Dauerlauf sollte etwa bei 75 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen. Wichtig ist bei dieser Laufintensität, dass man langsam losläuft und erst nach Ablauf der Aufwärmphase versucht, die Herzfrequenz (also die Belastung) der Intensität eines lockeren Dauerlaufs anzupassen.
3. Zügiger Dauerlauf
Ein großes „Achtung” vorweg: Dieses Dauerlauftempo ist nichts für blutige Laufanfänger und nur Laufeinsteigern, die schon ihre ersten Erfahrungen mit der Laufbelastung gesammelt haben, zu empfehlen. Zügige Dauerläufe sind die schnellste Dauerlaufbelastung. Sie liegen im höchsten, gerade noch ohne Übersäuerung möglichen Tempobereich. Zur Erklärung: Bei hohem Lauftempo wird der Sauerstoffbedarf des Körpers zur Gewinnung von Energie durch den Abbau von in der Muskulatur und in der Leber gespeichertem Glykogen nicht mehr gedeckt. Die Atmung wird intensiver und schneller, von Unterhaltung kann keine Rede mehr sein. Mit Übersäuerung bezeichnet man also einen Vorgang, bei dem der Läufer unter großer Belastung in eine Sauerstoffschuld gerät: Der Organismus greift auf den anaeroben Stoffwechsel (Energiegewinnung ohne Sauerstoff) zurück, bei dem Milchsäure (Laktat) gebildet wird. Der Vorteil: Laufen in diesem Bereich trainiert am effektivsten die Ökonomisierung des Stoffwechsels.
Mehr als einmal pro Woche sollte ein zügiger Dauerlauf allerdings in keinem Fall auf dem Programm stehen. Auch hier verwendet man die Herzfrequenzmessung vor allem als obere und untere Grenze. Ein Kriterium für einen effektiven Tempodauerlauf ohne zunehmende Übersäuerung ist ein relativ stabiler Herzfrequenzverlauf. Das bedeutet, dass die Herzfrequenz ab der fünften Belastungsminute bis zum Ende des Tempodauerlaufs nicht mehr weiter steigt. Der Belastungsbereich für einen Tempodauerlauf sollte etwa bei 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz liegen.