Überblick: Das kann die neue Polar Grit X
Die Polar Grit X spielt in einer neuen Liga und sprengt die bislang gültigen Dimensionen bei Polar: Die Grit X ist als GPS-Multisportuhr robuster und bei den Smartwatch-Funktionen smarter als vorherige Modelle; sie hat einen besseren Akku und liefert neue Trainingsfunktionen. Sie hat GPS, Kompass und Höhenmesser. Trotzdem ist die Grit X kaum größer als eine Polar Vantage, wirkt aber hochwertiger.
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Polar gilt als Pionier der Pulsmessung, und natürlich misst auch die Grit X den Puls: Zehn kleine LEDs auf der Unterseite messen ihn am Handgelenk. Das funktioniert in Ruhelage sehr gut. Und was die Uhr aus dem Herzschlag herauslesen kann, ist beachtlich. Etwa mit der Funktion Training Load Pro, die nicht nur die absolvierten Trainingseinheiten, sondern auch den aktuellen Zustand des Läufers in eine Trainingsempfehlung einbezieht (ausgeruht? gestresst? wenig Schlaf?). Das ist für den Laufalltag sehr praxisgerecht. Ebenso die sehr genaue Schlafanalyse, die detailliert die Schlafqualität bestimmt und an eigenen Durchschnittswerten misst.
GPS kann bei dieser Polar-Uhr jetzt auch für die Routenführung eingesetzt werden, wozu die Route in „Komoot“ online geplant wird und dann via Polar-Flow-Software an die Uhr übertragen wird. Das ist mitunter etwas hakelig. Und auch in anderen Softwarebereichen ruckelt es noch etwas. Andererseits lassen sich die Grundfunktionen per Touchscreen oder Knopfdruck einfach bedienen. Das macht die Polar Grit X mit dem großen Funktionsspektrum und der guten Ergonomie zu einem attraktiven Gesamtpaket – für verschiedene Laufniveaus. Dazu zeigt sich die Grit X mit einem Design zwischen Smartwatch und Outdoor-Uhr auch ästhetisch eigenständig.
Die Polar Grit X im Detail
Die Polar Grit X ist eine Uhr für Outdoorer, so preist Polar sie an. Aber sie ist nicht so ein Klotz am Handgelenk wie viele klassische Outdoor-Uhren. Das würde auch nicht zur Marke passen, denn Polar, so viel zur Historie, hat sich bislang im sportlichen, ambitionierten Ausdauerbereich einen Namen gemacht – und das vor allem mit zunächst hochwertigen Pulsuhren, schließlich auch mit GPS- und Smartwatch-Technologie. Die Grit X erinnert designmäßig an bestehende Polar-Modelle, namentlich aus der Vantage-Serie. Und, das sei vorweggenommen, wer eine Vantage, oder ein anderes Modell aus der Polar-Familie mal am Arm hatte, kann sich sehr schnell mit der Grit X anfreunden, ergonomisch wie funktionell.
Natürlich schaut man bei einem Topmodell wie der Grit X: Was kann die Uhr? Aber bevor ich darauf eingehe und die Eigenschaften der Uhr aus Läuferperspektive betrachte, fällt direkt eins auf: Die Funktionslogik und das Bedienschema folgen grundsätzlich der Polar-Logik. Auch, wer nur vier oder fünf Funktionen der Uhr nutzen möchtet (eigentlich ein Frevel), findet sich schnell mit der Bedienung zurecht. Das ist – um dieses Fazit mal vorab zu ziehen – vielleicht einer der größten Vorteile. Denn erfahrungsgemäß nutzen auch die Läufer, die ein Topmodell der Uhrenhersteller besitzen, nur einen Bruchteil der zur Verfügung stehenden Funktionen.
Deshalb will ich hier auf einige der in der Laufpraxis am häufigsten aufgerufenen Funktionen eingehen – und auf die, die neu sind bei der Grit X und für Läufer potentiell interessant sind.
Vor dem Lauf steht die Theorie: Zeitaufwändiges Kennenlernen
Zunächst zum Kennenlernen und Einrichten der Uhr: Zum Ausnutzen der Funktionsbreite ist es unerlässlich, sich nicht nur intensiv mit der Uhr und der über 160-seitigen Gebrauchsanleitung zu beschäftigen, sondern auch in die Tiefen der Polar-Flow-App und FlowSync-Software einzutauchen. Nicht zuletzt benötigt man einige Läufe und etliche Testkilometer – plus die Zeit zur Auswertung der Trainingsdaten – um die persönlichen Einstellungen zu optimieren. Die Einrichtung der Uhr erfolgt am Rechner oder per Smartphone-App. Dabei begegnet man vielen Funktionen, die man erst einmal bei Seite lassen kann.
Pulsmessung am Handgelenk oder mit Gurt
Die Polar Grit X kann den Puls am Handgelenk messen, allerdings hat diese Messung ihre Tücken. Zur exakten Messung muss die Uhr exakt hinter dem Handgelenksknochen fixiert werden, also entsprechend fest auf der Haut sitzen. Bei der Grit X funktioniert die Pulsmessung im Alltag mit ruhigen Bewegungen oder auch für die Schlafanalyse sehr gut, die zehn LEDs am Gehäuseboden sind von Polar so weiterentwickelt, dass hier die Pulsmessung im Text exakter erscheint als bei Vorgängermodellen. Auch beim Laufen sind die Werte näher an der Realität – allerdings ergaben sich im Testmittel immer noch unbefriedigende Abweichungen, so dass die Uhr für ambitioniertes pulsorientiertes Training nur bedingt einsetzbar ist: Wer die Grit X dazu nutzen möchte, sollte unbedingt auf den klassischen Brustgurt H10 setzen, der am Oberarm getragen wird. Dann kann das volle Funktionsspektrum und die Qualität der pulsorientieren Trainingsanalyse ausgeschöpft werden.
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Routenführung
Eine wesentliche Neuerung bei Polar ist die Möglichkeit zur Routennavigation. Eine Enttäuschung vorab: Die Standards eines Navigationssystems im Auto oder selbst die eines Smartphones erreicht die Grit X nicht, eine Kartenanzeige auf dem Display gibt es nicht. Stattdessen ist Polar eine Kooperation mit Komoot eingegangen, eine der meist genutzten Routen-Apps bei Outdoorern, Radfahrern – und in geringerem Maße auch Läufern. Komoot gibt für eine gewünschte Region Routenvorschläge anderer User, oder man erstellt sich selbst eine Laufrunde. Diese lässt sich auf die Uhr laden. Das Display weist mit einer Fadennavigation die Richtung. Abbiegungen werden rechtzeitig vorab angekündigt, optisch und zusätzlich durch eine leichte Vibration der Uhr am Handgelenk. Das klappt nach kurzer Eingewöhnung hervorragend – und man vermisst die mangelnde Kartenanzeige kaum. Allerdings ist das System bisweilen anfällig – etwa wenn man die angegebene Route verlässt oder abkürzt; dann verwechselt die Uhr schon mal die Richtung. Wenn man also die Routennavigation nutzt, muss man sich auch an die angezeigte Route halten. Und man muss sich bei Komoot kostenpflichtig registrieren, um von der vollen Routenfunktion zu profitieren.

Trink-Assistent
Eine neue Funktion ist der „FuelWise“-Assistent. Er erinnert an das regelmäßige Trinken und die Kalorienaufnahme während längerer Trainingseinheiten (oder Wettkämpfe), lässt sich entsprechend mit Flüssigkeitsmenge und Zeitintervallen programmieren. Man mag über die Funktion zunächst etwas schmunzeln – aber an heißen Sommertagen und während langer Läufe kann die Funktion durchaus praktisch sein. Die Polar Grit X analysiert sogar die unterschiedlichen Energiequellen, aus denen der Körper sich speist, unterteilt in Kohlenhydrate, Proteine und Fette. – Das sind durchaus interessante und aufschlussreiche Werte, die im Anschluss ans Training deutliche Unterschiede aufweisen, je nachdem in welcher Intensität trainiert wurde. Bei Trainingsläufen im hohen Pulsbereich steigen entsprechend die Kohlenhydrat-Anteile, bei langen, ruhigen Läufen ist der Fettanteil am Energieverbrauch höher. Die Uhr bemisst das aus den Körperdaten und den individuellen Pulswerten. So entsteht eine sehr detaillierte Analyse der gelieferten Laufleistung.

Wattmessung
Wie schon die Polar Vantage V zeigt die Grit X sogar Wattwerte an – für die durchschnittliche und die maximale Wattleistung, die der Läufer beim Lauf leistet, beziehungsweise in der Analyse nach dem Lauf. Gut, auch diese Werte sind eher etwas für Zahlenfreaks und Trainingstheoretiker oder -Analysten; aber sie liefern zusätzliche interessante Werte über die körperliche Belastung.
Barometrische Höhenmessung
Auch die barometrische Höhenmessung wird mit in die Analyse einbezogen. Eine praktische Funktion, die ebenfalls von der Vantage V bekannt ist und gerade für Läufe in den Bergen eine hohe Relevanz hat; spätestens in der Trainingsanalyse ist man oft durchaus erstaunt, wie viele Höhenmeter absolviert wurden. Dazu gibt es jetzt die neue Funktion „Hill Splitter“: Sie misst im Wesentlichen, wie viele Steigungen und Gefällstrecken absolviert werden und welche Zeit dafür benötigt wird. Das Datenfeld erscheint automatisch, wenn man eine bergige Strecke läuft; auf einer Flachland-Laufstrecke in Friesland zeigt sie nichts an. Wenn jedoch der erste Deich erklommen wird, tritt die Anzeige in Erscheinung (oder man wählt sie aus). Das ist für Wiederholungsläufe am Berg interessant. Für das nächste Software-Update würde man sich freilich auch die Angabe der erklommenen Höhenmeter wünschen, eventuell auch den Grad der Steigung – diese Werte fehlen nämlich bislang. In Kombination mit dem sehr genauen GPS steigert der Höhenmesser jedenfalls die Traillauf-Qualitäten der Grit X.
Gleiches gilt für die Barometer-Funktion: Wenn die Uhr ans Smartphone gekoppelt ist, zeigt das Wetter-Display die Prognosen für Hoch- und Niedrigtemperatur und Winddaten – und das nicht nur für den aktuellen Tag, sondern auch als Vorhersage für den Rest der Woche.

Starke Akkukapazität
Polar bewirbt bis zu 100 Stunden Laufzeit pro Akkuladung. Das ist freilich ein theoretischer Wert, der nur durch reduziertes GPS-Tracking, ausgeschaltete Pulsmessung und reduzierte Display-Anzeige (Screensaver) erreichen mag; dazu nutzt man aber die Grit X nicht. Relevanter ist, dass selbst bei vollem Funktionsspektrum der Akku über 30 Stunden hält. Also auch bei langen Alpenetappen oder Etappenläufen hält der Akku, selbst bei GPS-Nutzung. Und auch bei mehrmaligen Trainings macht die Uhr nicht gleich schlapp, wie so manche Smartwatch. Das ist für den Trainings- und Tagesalltag ein deutlicher Fortschritt – und insgesamt eine der relevanten Neuerungen bei der Grit X.
Langsame Synchronisierung
Etwas Geduld benötigt man allerdings im Anschluss an den Lauf bei der Synchronisierung mit dem Smartphone. Das dauert ganz schön lange. Und wenn ein anderer Screen dazwischen ploppt – etwa die Aufforderung zum Update der Software des H10-Pulsgurtes – dann bricht die Synchronisierung ab. Überhaupt dauert die Kommunikation mit dem Smartphone ungewöhnlich lange. Auch etwa, um vergleichsweise einfache Einstellungen zu verändern, wie das Ein- oder Ausschalten von Smart-Notifications. Währenddessen ist das Smartphone zudem für andere Aktivitäten blockiert.
Die Software der Uhr ist deutlich weiterentwickelt (gerade im Vergleich zum Start der Vantage-Serie), wenngleich kleinere Bugs an den verschiedensten Stellen lauern. Dazu sind einige Funktionen noch nicht zugänglich – und sind auf dem Uhrendisplay dann einfach durchgestrichen.
Detaillierte Schlafanalyse
Voll funktionsfähig ist die Schlafanalyse: Im Grunde erhält man das bestätigt, was man sowieso weiß, könnte man meinen, nämlich ob man gut geschlafen hat oder nicht. Für Zahlen-Freaks und unter gewissen selbst-erfahrerischen Aspekten – vor allem auch wenn man leistungssportlich unterwegs ist – sind die Daten aber interessant. So unterscheiden sich der durchschnittliche Ruhepuls, die Dauer der Schlafphasen und die Atemfrequenz sehr deutlich; je nach vorherigem Tag inklusive Stresslevel, je nach Mondphase oder wovon immer der Schlaf noch abhängen mag. Man lernt mit der Zeit, individuelle Einflussfaktoren für den Schlaf kennen, ob es das private oder ein fremdes Umfeld ist, ein (zu spätes) abendliches Lauftraining, abendlicher Alkoholkonsum oder die geographische Lage: In dünner Höhenluft ist dann der nächtliche Ruhepuls schon mal zehn oder mehr Schläge im Durchschnitt höher als in angepasstem Umfeld. Die Schlafanalyse gibt zudem Auskunft über die Dauer der unterschiedlichen Schlafphasen (Leicht- und Tiefschlafphase sowie REM-Phase) und die Schlafqualität (Schlaftracking).
Viele weitere Funktionen
Ansonsten ist die Uhr mit zahlreichen weiteren Features gespickt, von der Koppelung mit Strava-Live-Segmenten über angeleitete Gelassenheits-Atemübungen („Serene“) bis hin zum angeleiteten Fitnesstest via Pulsmessung. Und natürlich kann man sich Trainingsempfehlungen geben lassen, einen Trainingsplan erstellen oder das Activity Tracking nutzen.
Gute Ergonomie auch an schmalen Handgelenken, konfigurierbares Display
Für den Alltag hilfreich sind aber vor allem auch die ergonomischen Eigenschaften. Die Uhr lässt sich mit verschiedenen Armbändern (auch verschiedenfarbig) kombinieren, passt damit auch an schmalere Handgelenke. Das Display lässt sich nach Wunsch konfigurieren. Im Training sind die Anzeigen bisweilen etwas klein, beziehungsweise bei starker Sonneneinstrahlung schwer erkennbar. Deutlich spürbar sind die Druckpunkte der Drücker, die zudem gut erreichbar sind und einen hochwertigen haptischen Eindruck vermitteln. Sie machen den Touchscreen – der auch sensibel reagiert – fast überflüssig.
Fazit: Alleskönner mit Stil und guter Ergonomie
Die Polar Grit X mit Pulsmessung am Handgelenk, GPS, Kompass und Höhenmesser bietet umfangreiche Trainings- und Analysefunktionen, auch für den Alltag und die Nacht inklusive detaillierterer Schlafanalyse. Ob Routenführung über Komoot, Trainingsempfehlungen anhand des aktuellen Erschöpfungszustands und absolvierter Trainingseinheiten oder Atemübungen: Funktionell kann man am Gesamtpaket kaum etwas vermissen.
Dazu punktet die Grit X mit einer hochwertigen Verarbeitung, einem eigenständigen Design, guter Ergonomie und einem starkem Akku. Zudem folgt das Bedienschema der bisherigen Polar-Logik, was allen, die schon mal mit einer Polar gelaufen sind, sehr entgegen kommen wird.
Punktabzug gibt es für die langsame Synchronisierung und für Kinderkrankheiten: An den verschiedensten Stellen lauern noch kleinere Bugs, einige geplante Funktionen sind bislang noch nicht zugänglich. Wie schon bei den Vorgänger-Modellen Vantage M und Vantage V muss hier über Software-Updates nach dem Verkaufsstart nachgebessert werden. Das trübt den insgesamt sehr guten Eindruck des neuen Polar-Modells allerdings nur unwesentlich.
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