Um es vorwegzunehmen: Ich bin ein Befürworter von Krafttraining. Wer regelmäßig ins Studio geht, um Kreislauf und Muskeln zu trainieren (oder dies zu Hause praktiziert), macht grundsätzlich nichts falsch. Die Motive können dabei sicher unterschiedlich ausfallen. Muskulös zu sein, sieht zunächst einmal gut und sexy aus. Zudem haben gut ausgebildete Muskeln einen ganz praktisch-funktionalen Wert: Man kann schneller laufen und seine Kraft in verschiedenen Situationen des Alltags nutzbringend einsetzen.
In Fitness- und Lifestyle-Magazinen kann man in letzter Zeit lesen, dass große Muskelmassen auch den Stoffwechsel gehörig ankurbelten, und zwar derart, dass man selbst im Schlaf mehr Kalorien verbrenne und damit besser abnehme. In diesem Punkt wird die Wirkung des Krafttrainings allerdings erheblich überbewertet.
Der Stoffwechsel
Um auf gesunde Weise abzunehmen, sollte der Gesamtenergieumsatz erhöht werden. Dessen Summe ergibt sich aus vier Teilmengen des Energieverbrauchs, für die in der Fachliteratur die Abkürzungen BMR, TEF, PAEE und EPOC verwendet werden.
BMR (Basal methabolic rate) ist der Grundumsatz, auch Ruheenergieverbrauch genannt, und bezeichnet die Menge der Energie, die wir im inaktiven Zustand verbrauchen. Der Grundumsatz macht einen beträchtlichen Teil des Gesamtenergieverbrauchs aus, und doch können wir ihn kaum beeinflussen. Seine Höhe wird im wesentlichen durch genetische Faktoren und das Körpergewicht bestimmt. Wollte man diesen Teil des Stoffwechsels ankurbeln, müsste man zunehmen, was wiederum für unser Ziel, eine gute Figur zu machen, wenig förderlich ist.
Unter TEF (thermic effect of feeding) versteht man die Wärmeenenergiemenge, die nach der Nahrungsaufnahme im Prozess der Verdauung verbraucht wird. Sie hat einen Anteil von ungefähr zehn Prozent am täglichen Energieumsatz und lässt sich durch den Verzehr mehrerer kleiner anstelle von wenigen großen Mahlzeiten wie auch durch die Verdauung fördernde Getränke, zum Beispiel Kaffee und Tee, durch scharfe Gewürze und besonders eiweißhaltige Nahrungsmittel leicht erhöhen.
Der dritte Anteil des Gesamtenergieumsatzes ist PAEE (physical-activity energy expenditure), der Leistungsumsatz, also die Energie, die für zusätzliche Leistungen wie Lauftraining und andere körperliche Aktivitäten aufgebracht wird. Hier kommt neben dem Sport auch ein Spaziergang zum Supermarkt oder zum Ausführen des Hundes, Treppensteigen, Tanzen und Hausarbeit zur Wirkung. Je nachdem, wie viel Bewegung Sie sich verschaffen, kann diese Summe irgendwo zwischen Null und einer hohen Zahl verbrannter Kalorien liegen. Dadurch, dass wir diesen Leistungsumsatz durch unsere Lebensweise beeinflussen können, stellt er den wichtigsten Bestandteil des Gesamtenergieumsatzes dar.
Der EPOC-Wert oder nach dem Training erhöhte Sauerstoffverbrauch galt bis vor nicht allzu langer Zeit als einigermaßen stoffwechselanregend, doch mittlerweile sind die Fachleute in ihrer Bewertung zurückhaltender. Heute geht man davon aus, dass durch den EPOC noch einmal 20 bis 30 Kalorien verbrannt werden, das gilt für das Laufen wie für das Krafttraining, jeweils in Abhängigkeit von der Dauer und Intensität des Trainings. Laufen ist immer noch mit 386 Kalorien im Vorteil.
Grundumsatz (BMR)
Der Grundumsatz ist kaum beeinflussbar und durch zusätzliche Muskelmasse allenfalls mit vier bis sechs Kalorien pro Pfund zu Buche schlägt. Auch ist die Bildung von Muskeln gar nicht so einfach, wie gemeinhin angenommen wird. Insbesondere Frauen haben es auf Grund ihres niedrigeren Testosteron-Niveaus sehr schwer, Muskelzuwachs zu erreichen.
Ich will aber einmal großzügig sein und dem Krafttraining 30 zusätzliche Kalorien pro Tag zugestehen, vorausgesetzt, dass Sie fleißig trainieren, einige Pfunde Körpergewicht in Muskelmasse umwandeln und diese Muskeln bei vielen alltäglichen Bewegungen einsetzen. Am Ende führt das Laufen gegenüber dem Krafttraining beim Energieverbrauch je Trainingseinheit immer noch mit 356 Kalorien. Im Vergleich dazu fällt der vierte und letzte Bestandteil unseres Stoffwechsels, der EPOC-Wert (excess post-exercise oxygen consumption), also der erhöhte Sauerstoffverbrauch im Anschluss an eine körperliche Belastung, wiederum sehr gering aus, selbst bei Menschen, die intensiv Sport treiben. Nicht-Sportler haben hier ohnehin einen Wert von Null auf der Ausgabenseite der Energiebilanz.
Krafttraining und Energieverbrauch
Zurück zur Behauptung, Krafttraining wirke sich positiv auf den Kalorienverbrauch aus. Hierzu seien zwei amerikanische Bücher zum Thema Krafttraining erwähnt, die durch eine absurde Besprechung in der New York Times im vergangenen Jahr einem sehr breiten Publikum nahegebracht wurden. Einer der Autoren, Adam Zickerman, wird in besagter Abhandlung ausführlich zitiert. In seinem Buch „Power of 10: The Once-a-Week Slow Motion Fitness Revolution“ führt Zickerman aus, dass durch ein einziges, 20-minütiges Krafttraining ebenso viele Kalorien verbrannt werden wie durch einen 40-km-Lauf. Wörtlich behauptet er: „Drei zusätzliche Pfunde Muskelmasse verbrennen etwa 10.000 Kalorien pro Monat, und das ohne jegliche Bewegung.“
Adam Zickerman ist mit dieser These nicht allein. Andere Theorien behaupten in ähnlicher Weise, dass jedes hinzukommende Pfund Muskelmasse Tag für Tag 50 bis 100 Kalorien zusätzlich verbrennt, und das auch im Schlaf. Nun, man sollte nicht alles glauben, was man so liest oder hört.
Nun versprechen zwar nicht selten auch Trainer in Sportstudios einen förderlichen Effekt des Muskelaufbaus, die meisten angesehenen Autoren und Wissenschaftler jedoch widersprechen dieser Theorie. So befragte Gina Kolota in ihrem Buch „Ultimative Fitness: The Quest for Truth About Exercise And Health“ Dr. Claude Bouchard, eine Autorität in allen Fragen von Übergewicht und Fettleibigkeit, konkret zu diesem Thema. Dessen Antwort lautet: "Sie werden enttäuscht sein, aber im Ruhezustand ist der Energieumsatz der Muskeln relativ gering".
Bouchard führt im selben Interview auch einen im Jahr 2001 im Fachjournal „Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care“ erschienenen Aufsatz an, der den Energiebedarf des menschlichen Körpers genauestens analysiert. Demzufolge verbrennen die Nieren pro Pfund ihrer Masse täglich 200 Kalorien, das Gehirn 120 Kalorien, die Muskeln aber, die laut Bouchard eher als faul gelten, tragen mit 6,5 Kalorien pro Pfund nur wenig mehr als Fett (reichlich zwei Kalorien) zum Energieumsatz bei. Für Ihren Stoffwechselumsatz hilft es Ihnen also nicht gerade viel, wenn Sie ein Kilo Fettgewebe durch ein Kilo Muskelmasse ersetzen.
Wie erhöhe ich meinen Energieumsatz?
Wenn Sie Ihren Energieumsatz mit dem Ziel der Gewichtsabnahme erhöhen wollen, dann sollten Sie sich eher vorwiegend aeroben Betätigungen wie Laufen, Gehen, Radfahren, Schwimmen oder Skilanglauf widmen bzw. auf dem Stairclimber oder Ellypsentrainer betätigen, statt auf Krafttraining zu schwören. Warum das so ist, lässt sich gut aus einem Zahlenbeispiel ablesen, das dem wissenschaftlich fundierten „Compendium of Physical Activities“ entlehnt ist.
Nehmen wir an, Sie haben täglich 40 Minuten Zeit für Sport, wiegen etwa 68 Kilogramm und müssen sich entscheiden zwischen 40 Minuten Laufen im mäßigen Tempo von 5:30 Minuten pro Kilometer und dem gleichen Zeitaufwand für ein moderates Krafttraining. Hier die Bilanz: Der Leistungsumsatz (PAEE) beträgt 522 Kalorien für das Laufen und 136 Kalorien für das Krafttraining. Bei letzterem legt man zwischen den einzelnen Übungen immer wieder Pausen ein. Das Laufen gewinnt also gegenüber dem Krafttraining mit 386 Kalorien.
Abnehmen: So geht’s
Fazit: Wollen Sie Ihren Energieumsatz erhöhen, um Kilos loszuwerden, so bewegen Sie sich laufend oder gehend, so viel Sie können und so lange es Ihre Zeit gestattet. Genauso wichtig im Sinne Ihres Zieles ist es dennoch, weniger zu essen. Sportmediziner und Ernährungswissenschaftler sind sich einig in der generellen Empfehlung, die tägliche Kalorienaufnahme um 500 bis 1000 Kalorien zu senken.
Mit Sport allein gelingt es nur wenigen Menschen, erfolgreich abzunehmen. Das beste Konzept zur Gewichtsreduzierung lautet:
1. Gesünder essen und flüssige Kalorien, wie Softgetränke vermeiden (Meist geht eine gesunde Ernährung mit einer geringeren Energieaufnahme daher, deshalb müssen sie nicht zwingend weniger essen)
2. Mehr trainieren, um mehr Kalorien zu verbrauchen
3. Weiter trainieren, um nicht wieder zuzunehmen.
Für das Training gilt: je mehr, desto besser. In einer Studie der amerikanischen Gesellschaft für Gewichtskontrolle wurden die Gewohnheiten von 5.000 Personen untersucht, die zuvor mindestens 13 Kilo abgenommen und dann mindestens sechs Jahre nicht mehr zugenommen hatten. Wie haben es diese Menschen geschafft, ihr Gewicht zu halten?Der Hauptgrund: Sie verbrennen mindestens 400 Kalorien pro Tag durch Bewegung, hauptsächlich durch sportliches Gehen. Dafür benötigt man etwa eine Stunde. Mit Laufen lässt sich der Zeitaufwand auf fast die Hälfte verkürzen.Nach dem Laufen oder Walking sollten Sie sich ruhig noch einige Minuten Zeit für Krafttraining nehmen. Damit erhält die sportliche Betätigung mehr Abwechslung, und Sie entwickeln bei geringer Verletzungsgefahr mehr Muskeln, die sich gut mit der durch das aerobe Training erzielten Kondition ergänzen. Und – hier schließt sich der Kreis unserer Erörterung – dem sportlichen und attraktiven Aussehen kann dies nur förderlich sein. Wer hätte dagegen wohl etwas einzuwenden?
Wie viele Kalorien verbraucht man am Tag?
Die verbrauchte Energie pro Tag ermittelt sich aus dem Grund- und Leistungsumsatz. Der Grundumsatz ist der Wert an Kalorienmenge, die dein Körper verbraucht, wenn du 24h im Bett liegen und keine Nahrungsmittel zu dir nehmen würdest. Er ist abhängig von den verschiedensten Faktoren wie Gewicht, Alter, Größe, Geschlecht etc.. Der Leistungsumsatz beinhaltet sowohl die verbrauchte Kalorienmenge durch physische Aktivität, den thermischen Effekt der Nahrung (also die Kalorienmenge, die dein Körper für das Verdauen der aufgenommenen Lebensmittel benötigt) als auch den Kalorienverbrauch durch unbewusste Bewegungen.
Wie Sie merken, ist der Kalorienverbrauch komplexer als man vielleicht denkt. Da er aus mehreren Komponenten berechnet wird, kann man den Kalorienverbrauch nicht pauschalisieren. Für jeden Menschen ist er individuell.
Mit der "Harris-Benedict-Formel" kann man den Grundumsatz näherungsweise berechnen:
- für Männer:
Grundumsatz [kcal/24 h] = 66,47 + (13,7 * Körpergewicht [kg]) + (5 * Körpergrösse [cm]) - (6,8 * Alter [Jahre]) - für Frauen:
Grundumsatz [kcal/24 h] = 655,1 + (9,6 * Körpergewicht [kg]) + (1,8 * Körpergrösse [cm]) - (4,7 * Alter [Jahre])