Fünf, sechs Marathons im Jahr? Zu Risiken und Nebenwirkungen frage andere Läuferinnen und Läufer. Meistens klappt das nämlich nicht gut, zumindest nicht mit ambitionierten Zeitzielen. Die orthopädischen Praxen sind gut besucht von ehrgeizigen Vielstartern, die mit Überlastungsbeschwerden zu kämpfen haben. Pauschale Empfehlungen, wie oft du einen halben oder ganzen Marathon laufen solltest, helfen nur begrenzt weiter. Besser ist es, seine individuelle Belastungsgrenze zu kennen und sie zu respektieren.
Wie oft kann ich einen (Halb-)Marathon pro Jahr laufen?
Es gibt Faustregeln, die du zur Orientierung nutzen kannst. Weit verbreitet ist die Formel, dass du die halbe Wettkampfdistanz in Tagen mit dem Laufen pausieren solltest. Das heißt:
- Nach einem Marathon 42:2 = 21 Ruhetage
- Nach einem Halbmarathon 21:2 = 10 Tage Ruhetage
Diese Zeitangaben für die Erholung beziehen sich auf intensive Laufeinheiten – leichte Aktivitäten wie Spaziergänge, Radfahren, Schwimmen oder Beweglichkeitstraining kannst du bereits nach wenigen Tagen wieder durchführen, sie fördern sogar die Regeneration. Nach der Ruhephase erfolgt ein mehrmonatiges Wiederaufbautraining nach dem Prinzip der Periodisierung.
Bricht man das alles auf zwölf Monate herunter, lautet der allgemeine Rat
- pro Jahr nicht mehr als zwei Marathons
- bzw. vier bis sechs Halbmarathons zu laufen.
Jetzt gibt es aber genügend Beispiele, die sich überhaupt nicht an diese Empfehlungen halten und damit offenbar gut zurechtkommen. Die Mitglieder des 100 Marathon Clubs etwa spulen deutlich mehr als die empfohlenen zwei Rennen pro Saison ab. Der individuelle Lebensstil und die körperlichen Voraussetzungen beeinflussen, wie viele (Halb)Marathons du jährlich wegstecken kannst – die Faustregeln können so in beide Richtungen gravierend von deinem persönlichen Verträglichkeitsmaß abweichen.
Was beeinflusst die (Halb-)Marathonfrequenz?
Eine ganze Reihe innerer und äußerer Rahmenbedingungen bestimmt, wie oft du im Jahr einen Halbmarathon oder Marathon sinnvoll laufen kannst. Nicht alle haben direkt mit dem Sport zu tun und fallen gerne unter den Tisch:
Trainingszustand
Eine solide Grundlagenausdauer verkürzt die Erholungsphasen und reduziert Muskelkater und neuromuskuläre Ermüdung.
Erfahrung
Wer schon länger läuft, hat oft ein besseres Gespür für sein Belastungslimit und steuert seine Intensität und Regeneration gezielter.
Alter
Mit zunehmendem Alter verlangsamt sich die Geweberegeneration. Jüngere Läuferinnen und Läufer erholen sich in der Regel schneller.
Genetik
Manche Menschen sind von Natur aus belastungsresistenter und brauchen weniger Zeit für die Regeneration.
Schlafqualität
Ausreichend erholsamer Schlaf ist entscheidend für die Muskelreparatur und das hormonelle Gleichgewicht.
Stresslevel
Eine hohe mentale oder berufliche Belastung verlängert deine Erholungszeiten. Die Folgen von Stress für die sportliche Leistung können verheerend sein.
Ernährung und Hydration
Eine ausgewogene Zufuhr von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten unterstützt den Muskelaufbau und die -reparatur. Insbesondere Magnesium, Eisen und Vitamin D spielen eine Schlüsselrolle bei der Regeneration, ebenso ein ausgewogener Flüssigkeitshaushalt. Du kannst aktiv Verletzungsprävention durch Ernährung betreiben!
Trainingsgestaltung
Häufige intensive Einheiten wie Tempoläufe, Intervalle und lange Läufe führen zu kumulativer Ermüdung. Beim Erstellen eines Trainingsplans sind unbedingt Regenerationstage und Erholungswochen einzubauen – in der direkten (Halb)Marathonvorbereitung und im Jahresverlauf. Nur so ist eine konstante Leistungsentwicklung möglich.
Verletzungsanfälligkeit
Hast du bereits Probleme mit den Gelenken, Sehnen oder Bändern, schränkt das die Frequenz an Marathons und Halbmarathons ein. Einmal erlittene Überlastungsverletzungen wie etwa eine Plantarfasziitis neigen zu Rezidiven, wenn die Belastung zu hoch ist. Und auch deine sonstige Gesundheit sollte robust sein: Fängst du dir dauernd grippale Infekte ein, kann das ein Zeichen für Übertraining sein.
Zeitliche Aspekte
Trainings- und Regenerationszeiten müssen sich mit deinen beruflichen und familiären Alltagspflichten vereinbaren lassen.
Psychische Faktoren
Mentale Frische ist ebenso wichtig wie die körperliche Konstitution. Nach einem harten (Halb)Marathon kann auch der Kopf eine längere Pause verlangen.
Zielsetzung
Möchtest du viele schnelle Rennen laufen, sieht dein Trainingsplan ganz anders aus als wenn du „nur“ ankommen möchtest. Eventuell macht’s die Mischung: Nicht jeder Wettkampf muss am Anschlag gelaufen werden und es darf auch mal die kürzere Strecke sein.
Regeneration: Wie viel Pause braucht mein Körper?
Gerade ein Marathon ist eine erhebliche Belastung für den Körper, aber auch das Training fordert seinen Tribut. Ausreichend Regeneration ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Frage nach der Dauer der Pause klingt profan, ist sie aber nicht. Denn das eigene Gefühl kann stark trügen. Nicht alle Strukturen im Körper regenerieren gleich schnell, außerdem ist der Erholungsprozess dynamisch. Es kann gut sein, dass du dich nach zwei Tagen schon wieder recht fit fühlst. Direkt nach dem Rennen laufen in den ersten 48 Stunden besonders viele Reparatur- und Wiederauffüllungsprozesse ab – dein Wohlbefinden verbessert sich schnell. Danach flacht die Erholungskurve ab, der Körper arbeitet aber weiter an der Wiederherstellung aller Strukturen. Sehnen, Knochen und Nervensystem brauchen dabei länger Pause als die Muskulatur.
Die angegebenen Erholungszeiten gelten bei optimaler Regeneration, bei der alle wichtigen Bausteine wie Ernährung, Schlaf, passive und aktive Erholungsmaßnahmen sowie Stressmanagement stimmen. Sie können individuell auch länger sein.
Ältere Sportlerinnen und Sportler brauchen auf jeden Fall längere Pausen. Die Kollagensynthese etwa verlangsamt sich ab etwa 50 Jahren deutlich, sodass Sehnen bis zu doppelt so lange für die Wiederherstellung benötigen. Auch der Knochenumbau dauert durch die verringerte Osteoblastenaktivität deutlich länger. Bei den übrigen Strukturen kannst du zwischen 25 und 60 % Zeit aufschlagen.
Was passiert, wenn man zu oft einen (Halb-)Marathon läuft?
Eine zu hohe Frequenz bei diesen Distanzen kann ungesund und sogar gefährlich sein. Nämlich dann, wenn der Körper dauerhaft Schaden durch die Überbeanspruchung nimmt. Am heikelsten sind Herzprobleme, die in seltenen Fällen zum plötzlichen Herztod führen können. Oft sind angeborene Herzfehler die Ursache, manchmal auch eine unerkannte koronare Herzkrankheit. Ein medizinischer Check-up vor dem ersten Marathon oder Halbmarathon sollte Standard sein und mit steigendem Lebensalter wiederholt werden. Grundsätzlich wirkt sich Laufen aber äußerst positiv auf die Herzleistung und Gefäßfunktion aus.
Läufst du zu oft eine Langstrecke ohne ausreichende Regenerationsphasen, drohen weitere Gesundheitsprobleme:
- Überlastungsverletzungen wie Stressfrakturen, Sehnenreizungen, Läuferknie, Muskelzerrungen und Faserrisse
- Übertraining und chronische Erschöpfung mit Leistungseinbruch, erhöhtem Ruhepuls, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und hormonellem Ungleichgewicht
- erhöhtes Erkältungs- und Infektrisiko durch ein geschwächtes Immunsystem – insbesondere in der Phase nach dem Lauf. Zu viel Laufen kann dem Immunsystem schaden (Open‑Window-Effekt)
- verlängerte Regenerationszeiten
- mentale Erschöpfung, Burn-out, Motivationsverlust und Blockaden durch Leistungsdruck
Wie viele Marathons laufen Profis?
Natürlich besteht in puncto Frequenz ein großer Unterschied zwischen Profi, Freizeitläufer und ambitioniertem Läufer. Die Mehrheit der Elite setzt auf zwei Hauptwettkämpfe pro Saison – meist einen im Frühjahr und einen im Herbst. Auch viele ambitionierte Sportlerinnen und Sportler halten es so. Die mehrmonatige Pause zwischen den Wettkämpfen stellt sicher, dass komplette Trainings- und Erholungszyklen absolviert und optimale Ergebnisse bei den Rennen erzielt werden können.
Wer Marathons ohne Zeitziele im Wohlfühltempo läuft, erholt sich viel schneller und kann mehr Rennen pro Saison bestreiten. Auch bei den Profis gibt es Vielstarter, insbesondere auf den Trail-Marathonstrecken. Die Belastung ist hier durch das langsamere Renntempo und den abwechslungsreicheren Untergrund geringer als beim Straßenmarathon.
Häufige Fragen und Antworten zur (Halb-)Marathonfrequenz
Wie verändert sich die Marathonfrequenz im Alter?
Mit zunehmendem Alter sinkt die Rennfrequenz um etwa 20 bis 30 % alle zehn Jahre – ab 40, 50 Jahren benötigst du mehr Erholung und kannst weniger Wettkämpfe laufen.
Wie kurz hintereinander kann ich einen (Halb)Marathon laufen?
Zwischen zwei Halbmarathons sollten mindestens 2 Wochen liegen, zwischen zwei Marathons wenigstens 3 Monate – sofern du auf gute Zeiten aus bist.
Kann eine zu hohe Marathonfrequenz zu Leistungseinbußen führen?
Ja. Zu wenig Regeneration steigert die Erschöpfung, erhöht den Ruhepuls und führt langfristig dazu, dass du nicht mehr so schnell rennen kannst.
Welchen Einfluss haben Vorbereitungsrennen darauf, wie oft ich einen (Halb)Marathon laufen kann?
Gut dosiert liefern Unterdistanzläufe und Testrennen wichtige Hinweise für deine Trainingsplanung und Zielzeit. 1 bis 2 in der Halbmarathon- und 2 bis 3 in der Marathon‑Wettkampfvorbereitung sind ideal. Zu viele Testläufe erschöpfen hingegen zu stark.
Fazit: Faustregeln sind gut, individuelle Grenzen besser
Regelmäßige Halbmarathons und Marathons können motivierend und leistungsfördernd sein – allerdings nur, wenn du sie in ein durchdachtes Trainings‑ und Erholungsprogramm einbettest. Gehst du zu oft ohne ausreichende Regeneration an den Start, riskierst du Verletzungen, Leistungseinbußen und langfristige gesundheitliche Probleme. Die optimale (Halb‑)Marathonfrequenz ergibt sich aus einem komplexen Zusammenspiel von körperlicher Verfassung, Aufbau und Gestaltung des Trainings, deiner individuellen Regenerationsfähigkeit, der Ernährung, gesundheitlichen Voraussetzungen sowie zeitlichen und psychischen Rahmenbedingungen. Indem du alle Faktoren bewusst steuerst und beobachtest, kannst du eine für dich nachhaltige und leistungsfördernde Wettkampffrequenz finden.