Warum heißt der Marathon eigentlich Marathon? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir ganz weit in die Geschichte der Menschheit zurücklaufen: zu den alten Griechen. Der Name hat seinen Ursprung in den Perserkriegen. Die Schlacht bei Marathon 490 vor Christus war der Namensgeber für die Königsdisziplin. Damals griffen die Perser die Attika-Halbinsel an, um diesen Teil Griechenlands mit der Stadt Athen zu erobern. Sie gingen in der Nähe von Marathon 40 Kilometer nordöstlich von Athen an Land. In einer für die Griechen wegweisenden und strategisch geschickten Schlacht gelang es ihnen, erstmals die zahlenmäßig überlegenen Perser zu besiegen und damit entscheidend zurückzuschlagen. Etliche Historiker sind der Ansicht, dass diese Schlacht und der Sieg der Griechen für die Entwicklung der gesamten europäischen Kultur von entscheidender Bedeutung war. Und für den Marathonlauf sowieso!
Wer war der erste Marathonläufer?
Der erste Marathonläufer in der Zeitepoche der klassischen Antike hieß Pheidippides, er lief nicht die komplette Marathondistanz, sondern knapp 40 Kilometer von Marathon bis nach Athen. Um den Sieg über die Perser zu vermelden, wurde er als Bote geschickt. Pheidippides war die komplette Strecke ohne anzuhalten in voller Kampfausrüstung gelaufen, um in Athen zu verkünden: „Nenikékamen“ (ein Jubelruf, der soviel bedeutet wie: „Wir haben gesiegt“). Dann brach er tot zusammen, heißt es – Legende oder Wahrheit? Man geht eher von einer Legende aus.
Wie Yannis Emiris in dem 2004 zu den Olympischen Spielen in Athen erschienen Buch „Marathon Run“ allerdings berichtete, gibt es Historiker, die davon ausgehen, dass es sich genau so zugetragen hatte. Der Geschichtsschreiber Herodotus, der die Hauptquelle bezüglich der Überlieferung der Schlacht von Marathon gewesen war, erwähnte diesen ersten Marathonlauf allerdings nicht. Erst bei anderen, wesentlich später lebenden Historikern, taucht der Name Pheidippides auf, schreibt Emiris.
Kurzer Exkurs zu den alten Griechen: Mithilfe von laufenden Boten wurden in der Antike Briefe überbracht. Die Läufer legten dabei große Strecken zurück, wie zum Beispiel von Athen nach Sparta. Pheidippides war einer von ihnen und soll diese Distanz von knapp 250 Kilometern auch vor der Schlacht von Marathon gerannt sein, um Hilfe von Sparta anzufordern. Er erreichte Sparta demnach einen Tag nachdem er in Athen losgelaufen war. Das muss man sich mal vorstellen: Was für eine Ausdauer die alten Griechen hatten, jedenfalls ihre Boten! Übrigens lebten zur Zeit der klassischen Antike und der Perserkriege weitere berühmte Griechen, die unseren Alltag teilweise heute noch prägen, wie zum Beispiel der Mathematiker Pythagoras: Wer kennt ihn nicht, den berühmten Satz des Pythagoras? Aber auch der griechische Philosoph Heraklit mit seinem prägenden Satz: „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“ Und natürlich Miltiades: Er war der General aus Athen, der die Schlacht von Marathon anführte.
Marathon-Sieger der ersten Olympischen Spiele
In der Vorbereitung auf die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit, die im April 1896 in Athen stattfanden, hatten die Initiatoren um Pierre de Coubertain nach einem Wettbewerb gesucht, der eng mit der antiken Historie Griechenlands verknüpft war. Es war dann Coubertains Landsmann gewesen, der Franzose Michel Bréal, der zwei Jahre vor der Olympia-Premiere bei einem Treffen in Paris vorgeschlagen hatte, einen Langstreckenlauf zu organisieren, in Erinnerung an den Lauf des Boten nach der Schlacht von Marathon. Damit war sowohl die Strecke als auch die Bezeichnung klar: Der Marathon führte von Marathon in die olympische Arena von Athen, das Panathinaikon-Stadion. Es gibt Vermutungen, die besagen, dass es Michael Bréal nicht bewusst war, dass es sich dabei um eine so große Distanz von rund 40 Kilometern handelte. Dass es ein Grieche war, der dieses Rennen mit damals nur knapp über zehn Teilnehmern gewann, erfüllte die Zuschauer mit großem Stolz. Spiridon Louis, der aus Maroussi in der Nähe von Athen stammte und sich bis dato als Schafshirte sein Geld verdiente, erreichte das Ziel nach 2:58:50 Stunden und wurde zu einem Volkshelden in seinem Land. Es blieb aber sein einziges Rennen.
Der Marathonerfinder: Alles Wissenswerte über Michael Bréal
Warum ist der Marathon 42,195 Kilometer lang?
Der Grund dafür liegt bei den Olympischen Spielen von 1908 in London. Die Distanz des Marathons betrug damals ja zuvor rund 40 Kilometer. Die Strecke war auch bei den auf Athen 1896 folgenden Olympischen Spielen nie genau festgelegt worden. Zum ersten Mal wurden bei Olympia in London 1908 genau 42,195 Kilometer gelaufen. Diese krumme Distanz auf dem Weg vom Schloss Windsor ins Olympiastadion kam zustande, weil sich das Ziel vor der königlichen Loge befinden musste. Das Internationale Olympische Komitee beschloss 1914 zunächst eine Marathonlänge von genau 42 Kilometern. Doch nachdem die Strecke in Amsterdam 1920 auf 42,75 Kilometer verlängert worden war, gab es eine neue Diskussion. Es war schließlich die Weltrekord-Kommission des internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF, die ein Jahr nach den Spielen von Amsterdam entschied, dass die Distanz fortan genau 42,195 Kilometer betragen soll (so wie in London 1908).

Wo fand der erste City-Marathon statt?
Der erste Stadtmarathon fand in Boston statt. 1897 gingen rund 20 Läufer in der Hauptstadt des US-Bundesstaates Massachusetts an den Start. Der Marathon wird seither traditionell immer am Feiertag „Patriot’s Day“, also am dritten Montag im April, ausgetragen. Die Streckenführung: Der Marathon startet in Hopkinton (Country Middlesex) und endet in Boston. Es ist ein Punkt-zu-Punkt-Kurs, was bedeutet, dass die Strecke einmal waagerecht durch Boston führt, Natur und leichtes Gefälle inklusive. Die Teilnehmerzahl explodierte später und musste stark begrenzt werden, weil so viele Laufenden daran teilnehmen möchten. Das Besondere am Boston-Marathon ist unter anderem dessen Altersklassenwertung, es gibt eine Würdigung der Besten sämtlicher Altersklassen.
Einer der traditionellen und der weltweit größte City-Marathon ist der New York Marathon, ein Traum für viele Läuferinnen und Läufer. Er fand zum ersten Mal 1970 statt. Die Strecke führte damals hauptsächlich durch den Central Park. Doch seit 1976, also schon sechs Jahre später, verläuft die Strecke durch alle fünf Stadtbezirke und endet mit den letzten Kilometern traditionell im Central Park. Der New York City Marathon entwickelte sich rasant und ist bis heute der größte Marathonlauf der Welt, gefolgt von Paris und Berlin.
Marathon-Guide: Eine Übersicht von Marathons weltweit
Der erste Marathon in Deutschland
Der erste größere Stadtmarathon in Deutschland fand in Berlin im Jahr 1974 statt. Das Teilnehmerfeld entwickelte sich in den vergangen 50 Jahren rasant nach oben. Günter Hallas, heute bereits über 80 Jahre alt und immer noch begeisterter Läufer, schrieb als Sieger des ersten Berlin-Marathon 1974, Laufgeschichte. Damals startete er in einem Läuferfeld von weniger als 300 Mitläufern und lief mit einer Zeit von 2:44:53 über die Ziellinie. Am 50. Jubiläum des Marathons 2024 nahmen über 54000 Marathonläuferinnen und Läufer teil, sie machten den Marathon weltweit neben dem New York City-Marathon und Paris zum größten des Jahres 2024. Und wie fast jedes Jahr in Berlin war auch Günter Hallas wieder am Start. Um Zeiten geht es dem fitten Senior aber heute nicht mehr. Jutta von Haase war übrigens die Siegerin des ersten Berlin-Marathon 1974 (mit einer Zeit von 3:22:01). Sie ist auch heute noch sportlich aktiv, allerdings nicht mehr als Läuferin.
Berlin-Marathon: 50 Jahre Laufgeschichte
Neben Berlin schrieben unter anderen die Städte Frankfurt (erster Marathon 1981), Essen (erster Marathon 1963) und Hamburg (erster Marathon 1986) deutsche Marathongeschichte im Bereich der Stadtmarathons. Parallel dazu entwickelten sich Landschafts- und Naturmarathons, auch sie erfreuen sich großer Beliebtheit und pflegen ihre Tradition, wie beispielsweise der Schwarzwald-Marathon und der Bodensee-Marathon.
Der Marathon bei den Olympischen Spielen ist für die Topläuferinnen und Marathonstars bis heute das Ereignis schlechthin in dieser Disziplin. Doch während es früher nur wenige andere hochklassige Rennen gab – darunter waren die jährlichen Marathonläufe in Chiswick (London), Boston oder Fukuoka – erlebte der Lauf über die klassische Distanz vor allem in den 80er Jahren einen ersten internationalen Boom. Weltweit entstanden City-Marathonrennen mit großen Teilnehmerfeldern, die auch hochklassig besetzt waren. Vorbild war und ist bis heute für viele Städte der New York City-Marathon.
Aber gehen wir noch einmal etwas weiter zurück, in die 50er Jahre: In Griechenland veranstaltete der nationale Leichtathletik-Verband SEGAS zunächst ab 1955 zweijährig einen Marathon für Topathleten auf der Originalstrecke, der aber natürlich die offizielle Streckenlänge von 42,195 Kilometern besaß. Mitte der 70er Jahre verschwand diese Veranstaltung dann aber, weil das Interesse der Eliteläufer sich auf leichtere Strecken konzentrierte und zudem anderswo zunehmend Preisgeld geboten wurde.
Athen-Marathon für jedermann seit 1983
1983 startete SEGAS dann den Athens Classic Marathon, der seitdem jährlich auf der Originalstrecke – sozusagen auf den Spuren von Pheidippides – veranstaltet wird. Die Strecke von Marathon nach Athen ist außerordentlich schwer. Die ersten rund zwölf Kilometer des Kurses sind flach und führen unter anderem um die historische Gedenkstätte der Schlacht von Marathon herum. Anschließend geht es zunächst allmählich und ab Kilometer 20 deutlich bergauf. Rund zehn Kilometer vor dem Ziel ist der höchste Punkt auf der Anhöhe zwischen Marathon und Athen erreicht. Von gut 200 Metern Höhe geht es dann mehr als 100 Meter bergab bis ins Ziel im Panathinaikon-Stadion. Die antike Arena wurde ursprünglich 330 vor Christus errichtet. Nach und nach zerstört, wurde das Stadion schließlich für die Olympischen Spiele 1896 neu errichtet.
Die langgezogene Marmor-Arena, deren Laufbahn nicht wie in heutigen Stadien üblich 400 sondern 333,33 Meter misst, war auch bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1997 und bei den Olympischen Spielen 2004 Zielpunkt des Marathons, der auf der historischen Strecke veranstaltet wurde. Die Kursrekorde des Rennens wurden jeweils bei Olympia 2004 aufgestellt. In extremer Sommerhitze lief damals der Italiener Stefano Baldini 2:10:55 Stunden und die Japanerin Mizuki Noguchi gewann Gold nach 2:26:20 Stunden.
„Es könnte keinen besseren Ort geben als hier an der Gedenkstätte der Schlacht von Marathon, um unsere Verpflichtung gegenüber dem Laufsport, die auf Fairplay, Freundschaft und Frieden beruht, zu bekunden“, erklärte Paco Borao, der Vize-Präsident von AIMS, ein Jahr vor dem Jubiläum an der Gedenkstätte von Marathon. „Als Königsdisziplin der Olympischen Spiele wird der Marathon sein Image von Ethik, Solidarität und Frieden weiter repräsentieren. AIMS“, so Paco Borao weiter, „hat sich dazu verschrieben, in Zusammenarbeit mit der IAAF den Laufsport weltweit weiter zu bewerben und das Wissen sowie die Erfahrung zwischen den Mitgliedsrennen auszutauschen, um unseren Sport weiter gut zu entwickeln. Millionen von Menschen betreiben den einfachsten, gesündesten und billigsten Sport im Leben: Laufen.“ Einmal im Leben beim Athen-Marathon mitlaufen, das wünschen sich unter anderem aufrund der Marathon-Geschichte viele Läuferinnen und Läufer.
Wie sich der Marathon emanzipierte
Genauso spannend wie die Historie des Marathonlaufs ist die Geschichte der Frauen in diesem Kontext. Denn anfangs waren Frauen von langen Laufdistanzen, auch vom Marathon, ausgeschlossen. Die Argumente dafür waren haarsträubend, wir möchten sie hier lieber nicht aufzählen. Wir konzentrieren uns besser auf die Fakten: 1966 nahm zum ersten Mal eine Frau an einem Marathon teil, in Boston: Roberta Gibb (genannt „Bobbi“, Jahrgang 1942) schmuggelte sich in Männerfeld und lief nach 3:21:40 ins Ziel. Sie wurde zur Berühmtheit und zum Vorbild vieler Läuferinnen und Läufer. Auf sie folgte wieder eine mutige Amerikanerin, Kathrine Switzer. Sie wandte einen cleveren Trick an, um ein Jahr später in Boston Marathon zu laufen. In ihre Anmeldung schrieb sie „K. V. Switzer“, ohne Angabe des Geschlechts. Als die Veranstalter bemerkten, dass sich wieder eine Frau unter den Teilnehmenden befand, wollten sie sie mit Gewalt verdrängen. Ihr Freund, der sie auf der Strecke begleitete, verhinderte dies aber glücklicherweise. Diesen drei besonderen Personen: Roberta Gibb, Kathrine Switzer und deren Freund, der damals an ihrer Seite lief, ist es zu verdanken, dass Frauen heutzutage ganz selbstverständlich gleichberechtigt an den Startlinien der Marathons weltweit stehen.
Frauengeschichte im Marathon: So eroberten sich Läuferinnen die Königsdisziplin
Fazit: Die Geschichte des Marathons reicht bis in die Antike zurück!
- Auch den Marathon haben wir, wie so vieles, den schlauen alten Griechen zu verdanken.
- Der eigentliche Ideengeber war allerdings ein Franzose namens Michel Bréal.
- In der Neuzeit war die Strecke im Rahmen der Olympischen Spiele vorerst nur Top-Athleten vorbehalten.
- Der erste große Marathon für die Allgemeinheit fand in Boston statt.
- Roberta Gibb heißt die Frau, die heimlich als Erste an einem Marathon im Jahr 1966 teilnahm, ein Jahr später folgte ihre Landsfrau, die Amerikanerin Kathrine Switzer.
- Die Teilnehmerzahlen der Stadtmarathons entwickelten sich in den 80er Jahren rasant.
- Für viele ist der Stadtmarathon nebenbei Sightseeing, weshalb die meisten Städte sehr schöne Streckenführungen aufweisen.
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