Der Countdown zum Marathon
Die letzten Tage vor dem Marathon

Eine Marathonvorbereitung umfasst viele anspruchsvolle Trainingswochen, hier lesen Sie, wie Sie den Erfolg in den letzten Tagen vor dem Marathon nicht aufs Spiel setzen.
Die letzten Tage vor dem Marathon
Foto: iStockphoto

Wochenlang haben Sie für den Marathon hart trainiert und fühlen sich fit wie nie. Ob Sie Ihre volle Leistung aber auch am Renntag tatsächlich abrufen können, darüber entscheiden die letzten Tage vor dem Start.

Trainingsumstellung, Kohlenhydrataufnahme und alles, was sonst noch wichtig ist

Damit jetzt nichts mehr schiefgeht, zeigen wir Ihnen, was an jedem einzelnen Tag der finalen Woche wichtig ist - von der Trainingsumstellung über die Kohlenhydrataufnahme bis zur richtigen Hydration. Außerdem gibt es Tipps zur mentalen Vorbereitung und für die letzten Stunden vor dem Start. Ihnen sollte aber vor allem bewusst sein, dass sich, was das Training betrifft, in der letzten Woche vor dem Marathon nichts wettmachen lässt, was Sie in den Wochen zuvor versäumt haben. Jetzt geht es "nur" darum, das Optimum aus Ihrer vorhandenen Form herauszuholen.

Fit für den Marathon
iStockphoto
Das Ziel ist es, das Tempo, für das Sie trainiert haben, auch im Rennen zu halten.

Wie trainiere ich in der letzten Woche vor dem Marathon?

Bevor Sie in die finale Woche starten, sollten Sie einige trainingswissenschaftlichen Grundlagen kennen. Das Wichtig ist vor allem, dass Sie es mit dem Training kurz vor dem Marathon nicht mehr übertreiben.

1. Kilometerumfang reduzieren

Ein sinnvoller Marathon-Trainingsplan beinhaltet in den letzten Tagen vor einem Wettkampf ein reduziertes Training (Tapering). Die letzten Tage vor dem Marathon stehen vor allem im Zeichen der Erholung. Rein subjektiv fühlt sich der Läufer jetzt in bester Form und kann der Versuchung, hier und da noch einen zusätzlichen Trainingslauf einzubauen, oft nur schwer widerstehen. Da kommt es besonders darauf an, sich immer wieder klarzumachen, dass der Marathon das Einzige ist, was zählt, und dass zusätzliche Kilometer jetzt nicht mehr schneller, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit nur müde und damit langsamer machen. Alle Läuferinnen und Läufer mit Marathonszielen von über 3:30 Stunden laufen in der letzten Woche nur noch maximal jeden zweiten Tag, machen also in der letzten Woche fast so viele Ruhe- wie Lauftage. Auch die, die schnellere Marathonziele haben, machen mindestens zwei Ruhetage in dieser Woche.

2. Spritzigkeit bewahren

Die besondere Herausforderung der letzten Trainingsphase beim Marathon besteht darin, sich vom vielwöchigen und anspruchsvollen Training zu erholen, ohne die erworbene Konditio und Tempohärte wieder einzubüßen. Dies schaffen Sie am besten, indem Sie auf wenige, aber kurze und ab und zu auch intensive Einheiten setzen. Solche verkürzten, dafür jedoch etwas schnelleren Läufe erinnern sozusagen Ihr Herz-Kreislauf-System und Ihre Beinmuskulatur an die hohe Belastung, die im Wettkampf zu erwarten ist. Ihre Leistungsfähigkeit wird konserviert. Zudem beugen Läufe im Marathonrenntempo der Angst vor, das Zieltempo im Wettkampf nicht halten zu können.

Geeignete Tempoläufe, z.B. für Tag vier bis fünf vor dem Marathon, könnten folgendermaßen aussehen:

  • 4 bis 6 x 800 Meter in 5000-m-Renntempo, mit jeweils 400 Meter Trabpausen oder
  • 6 bis 10 x 400 Meter etwas schneller als das 5000-m-Tempo, ebenfalls mit 400 Meter Trabpausen

Der Klassiker unter den „Belastungen“ in der letzten Woche vor dem Marathon ist aber eine Laufeinheit, die nach einer Einlaufphase nur fünf Kilometer im Marathon-Renntempo beinhaltet.

Keine Longruns direkt vor dem Marathon

Als Longrun oder auch Longjog werden lange, langsame Läufe bezeichnet, die Ihre Langzeitausdauer und die Fettverbrennung verbessern. Diese langen Läufe sind die wichtigsten Trainingseinheiten einer jeden Marathonvorbereitung. In der "direkten", in der Regel 12 Wochen langen Marathonvorbereitung sollten Sie mindestens acht lange Läufe absolviert haben. Die meisten Marathonläuferinnen und -läufer absolvieren diese an den Wochenenden, da sie dort am meisten Zeit haben. Die Länge der Longruns steigert sich und erreicht das Maximum üblicherweise zwei Wochen vor dem Marathon. Meist am Freitag der vorletzten Trainingswoche wird noch ein verkürzter Longrun von beispielsweise 18 Kilometern absolviert, sodass Sie sich vor dem Marathon noch komplett davon erholen können.

Sollten Sie jetzt kurz vorm Marathon feststellen, dass Ihnen Longruns fehlen, holen Sie diese bloß nicht nach – gehen Sie dann stattdessen mit einer defensiven Renntaktik an den Start und starten Sie also besser etwas langsamer als ursprünglich geplant. Wenn Sie sich bei Kilometer 30 noch gut fühlen, können Sie immer noch eine Schippe drauf legen.

Wann sollte ich vor dem Marathon das letzte Mal laufen?

Der letzte Lauf vor dem Marathon sollte nur ein ruhiges Tempo ansprechen, abgerundet mit drei Steigerungen, bei denen Sie dreimal über 80 Meter das Tempo vom Trab bis zum Sprint sukzessive steigern und wieder zurück zum Startpunkt starten. Der letzte Dauerlauf sollte insgesamt nur 20 bis 30 Minuten dauern. Bei allen Läferinnen und Läufern, die Marathonziele von über 3:30 Stunden haben, findet der letzte Lauf am vorletzten Tag vor dem Marathon statt, alle, die schnellere Laufziele haben, gehen am Vortag des Marathons nochmal raus.

Wie sollte die Ernährung in den letzten Tagen vor dem Marathon aussehen?

Wie lange Sie Ihr Zieltempo beim Marathon aufrechterhalten können, hängt auch davon ab, wie viel Kohlenhydrate zur Energiegewinnung in den Muskelzellen gespeichert sind. Aufgefüllt werden diese Energiespeicher mit kohlenhydratreichen nahrungsmitteln, wie Teigwaren, Reis, Kartoffeln und Obst. Dennoch wäre es ein Fehler, sich nun "mit Spaghetti vollzustopfen, bis nichts mehr geht", sagt unsere Ernährungsexpertin Dr. Liz Applegate und warnt immer wieder davor, es mit dem „Carboloading“ zu übertreiben: „Gerade während des Taperings essen Läufer in der Regel zu viel. Dies führt dann zu spürbarer Gewichtszunahme und einem Gefühl von Trägheit vor dem Wettkampf. Der Körper kann nur eine begrenzte Menge Glykogen speichern; alle überschüssigen Kalorien werden unweigerlich als Fett eingelagert.“

Essen in der Marathonvorbereitung

In der letzten Woche vor dem Marathon sollten Sie etwas weniger Kalorien als vorher zu sich nehmen. Je nach Trainingsintensität setzten Sie dafür 37 bis 57 Kalorien je Kilogramm Körpergewicht an. Für eine 70 Kilogramm schwere Person sind das zwischen 2.600 und 4.000 Kalorien am Tag. Nun ziehen Sie für jeden Kilometer, den Sie weniger als in einer normalen Trainingsphase laufen, 40 Kalorien von Ihrem Tagesbedarf ab.

Den dabei ermittelten Kalorienbedarf decken Sie am besten zu 60 Prozent aus Kohlenhydraten (ca. 450 Gramm bei moderatem Training), zu 20 bis 25 Prozent aus Fetten (60 bis 90 Gramm) und zu 15 bis 20 Prozent aus Eiweiß (60 bis 80 Gramm).

Glykogenspeicher füllen

Vier Tage vor dem Marathon beginnt die Phase, in der Sie ihre Energiespeicher in Vorbereitung auf das Rennen füllen sollten. Erhöhen Sie deshalb den Kohlenhydratanteil in Ihrer Ernährung auf gut über 60 Prozent (das entspricht etwa 500 Gramm täglich). Gleichzeitig sollten Sie den Fettgehalt Ihrer Nahrung reduzieren, da die Kaloriengleichung sonst nicht mehr aufgeht. Falls Ihnen bereits der Appetit auf Pasta und Kartoffeln vergangen ist, bieten sich auch Kohlenhydrate in flüssiger Form an: Fruchtsäfte und Sportdrinks sind hervorragende Spender. In unserem großen Getränketest erfahren Sie, welche Sportdrinks am besten geeignet sind.

Am Tag einer etwaigen Anreise zum Wettkampfort kommt es häufig zu einem Bruch in der Ernährungsstrategie, die den normalen Tagesablauf durcheinanderbringt und es schwer macht, einen regelmäßigen Plan für die Mahlzeiten zu befolgen. Hierbei ist es hilfreich, sich bereits im Vorfeld der Reise über das Restaurantangebot und die Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe Ihrer Unterkunft zu erkundigen. Am besten haben Sie stets kohlenhydratreiche, haltbare Lebensmittel wie Energie- oder Müsliriegel, Sportgetränke oder Trockenfrüchte bei sich. Damit lässt sich jedes Nahrungsangebot optimal ergänzen. Weiterhin sind 500 bis 600 Gramm Kohlenhydrate das tägliche Ernährungsziel.

1 Tag vor dem Marathon

Am Tag vor dem Marathon sollten Sie auf keinen Fall mit Speisen experimentieren, die Sie nicht kennen. Zudem empfiehlt es sich kleine, dafür aber mehrere Mahlzeiten einem großen Essen vorzuziehen. Die dabei aufgenommenen Kohlenhydrate können somit besser in Form von Glykogen gespeichert werden. Insbesondere die Mahlzeit am Mittag verdient besondere Aufmerksamkeit. Sie sollte 800 bis 1000 Kalorien enthalten und wie gewohnt vorwiegend aus Kohlenhydraten bestehen. Auf blähende Speisen (Hülsenfrüchte, Brokkoli, etc.), Fisch und Meeresfrüchte sollten Sie am Tag vor dem Wettkampf verzichten, weil hier das Risiko für Magen- und Verdauungsprobleme zu hoch ist.

Wenn Sie sich in den letzten Tagen kohlenhydratreich ernährt und bei Fetten und Proteinen zurückgehalten haben, sollten Ihre Glykogenspeicher jetzt ausreichend gefüllt sein.

Frühstück vor dem Marathon

Der große Tag ist da! Als Faustregel für die Nahrungsaufnahme am Renntag gilt: Eine leicht verdauliche Mahlzeit am Morgen etwa drei bis vier Stunden vor dem Start. Diese sollte mindestens 200 Gramm Kohlenhydrate enthalten, was etwa 800 Kalorien entspricht. Am schnellsten verdaut werden fett- und ballaststoffarme Speisen bzw. Getränke. Aber auch Rosinenbrötchen, Toast und Bananen sind ausgezeichnete Energiespender vor dem Rennen. Wegen eventueller Schwankungen des Blutzuckerspiegels müssen Sie sich keine Sorgen machen: Diese wirken sich nicht nachteilig auf die Wettkampfleistung aus.

Sollten Sie so früh am Morgen keinen Appetit auf feste Nahrung verspüren oder Magenprobleme befürchten, tut es auch Flüssignahrung wie ein Sportdrink, ein stark kohlenhydrathaltiges Getränk oder ein gesüßter Brei.

Wie viel sollte ich vor dem Marathon trinken?

Trinken ist vor allem in den Tagen vor dem Marathon sehr wichtig, um alle Wasserspeicher im Körper zu füllen. Spätestens zwei Tage vor dem Wettkampf sollte auch das Auftanken mit Flüssigkeit ernst genommen werden. Trinken Sie häufiger als üblich und im gesamten Tagesverlauf immer mal wieder ein Glas Wasser. Hilfreich ist dabei, immer eine stets gefüllte Trinkflasche bei sich zu tragen. Insgesamt sollten Sie eine Wassermenge zwischen zwei und vier Litern am Tag vor dem Marathon zu sich nehmen. Ein guter Anzeiger für ausreichende Hydrierung ist die Farbe des Urins. Ist er hell bis farblos, sind Sie gut hydriert. Übertreiben sollten Sie es mit dem Wassertrinken allerdings auch nicht, da Sie sonst wichtige Mineralien verlieren.

Was sollte ich am Abend vor dem Marathon beachten?

Der Abend vor dem Marathon sollte ganz unter dem Zeichen „Entspannung“ stehen. Wenn Ihnen danach ist, können Sie ein paar Stretching-Übungen zur Regeneration vor dem Marathon durchführen. Übertreiben Sie es bei Ihrem Abendessen nicht mit dem „Carboloading“ um mögliche Verdauungsbeschwerden oder Trägheit am Marathontag zu verhindern. Gehen Sie zudem früh ins Bett, damit sie am Wettkampftag im vollen Besitz Ihrer Kräfte sind.

Was sollte ich direkt vor dem Marathon tun?

Gehen Sie auf alle Fälle früh genug in Richtung des Starts. Auf dem Weg dorthin können Sie sich locker aufwärmen und einlaufen, möglicherweise noch etwas trinken sowie ein letztes Mal vor dem Rennen auf die Toilette gehen. Denken Sie daran, dass sich an den Dixitoiletten im Startbereich mitunter lange Schlangen bilden und planen Sie großzüguge Zeitpuffer ein. Bereiten Sie sich zudem mental auf das bevorstehende Rennen vor und verlassen Sie sich auf Ihr Können.

Mentale Vorbereitung auf dem Marathon

Wenige Tage vor dem Marathon überkommen viele Läuferinnen und Läufer regelrechte Panikattacken: Der Fuß schmerzt – es ist bestimmt ein Ermüdungsbruch! Was ist, wenn bei der Anreise etwas schief geht? Was, wenn „der Mann mit dem Hammer“ mich bei Kilometer 30 umhaut?

Hier hilft es, sich auf das eigene Training zu besinnen und die Logistik am Renntag nochmals zu überprüfen. Schauen Sie sich Ihr Trainingstagebuch an und machen Sie sich bewusst, dass Sie gut auf den Marathon vorbereitet sind. Gehen Sie mögliche Problemsituationen mental durch: Was tun bei Seitenstechen, einer Blase oder Ermüdungserscheinungen? Informieren Sie sich auch nochmals über Startunterlagen, Streckenverlauf, etc. Visualieren Sie sich den Ablauf im Marathon und Ihren Umgang mit möglichen Situationen am besten in der Badewanne, bei einer Massage oder in einer anderen entspannenden Situation. So bekommen Sie die Sicherheit und die mentale Stärke, die Sie für den Marathon benötigen.

Fazit: Der Qualität der Vorbereitung hängt auch von den letzten Tagen ab

Egal, ob Sie als Marathoneinsteiger mit Ihrem ersten Marathon-Trainingsplan oder als erfahrenere Läuferin an den Start des Marathons gehen – für alle, die den Marathon laufen wollen, gilt es auf der Zielgeraden der Vorbereitung zentrale Tipps zu beachten, damit sich die Anstrengung der Vorbereitung mit all den langen Läufen am Ende lohnt und Sie Ihr volles Potenzial abrufen können. Hierzu gehört etwa das Training rechtzeitig und passend zu reduzieren, aber auch die Ernährung gezielt anzupassen. Sehen Sie sich zudem Ihr absolviertes Training in Ihrem Trainingstagebuch noch einmal an und informieren Sie sich über den genauen Ablauf am Marathontag, damit Sie ruhiger an den Start des Wettkampfs gehen können.

Die aktuelle Ausgabe
10 / 2023

Erscheinungsdatum 19.09.2023